Ich habe mal etwas Zeit investiert und nen gründlichen Kabelvergleich angestellt, da ich noch ein paar Kabel bestellen muss und mir bei den hohen Preisen auch sicher sein möchte, das optimale Kabel zu haben.
Vorab möchte ich erwähnen, dass ich mir bewusst bin, dass viele hier das Thema recht kontrovers sehen, und bei den hohen Preisen der Kabel muss ohnehin jeder für sich selbst entscheiden, was er ausgeben möchte und wie wichtig ihm die Einzelkomponenten des Equipments sind. Mit gutem Equipment - einer guten Gitarre und einem Amp, der die Feinheiten in Anschlag und Spieldynamik gut umsetzen kann (z.B. ein puristischer Einkanaler) - bin ich davon überzeugt, dass wirklich jeder die deutlichen Unterschiede zwischen guten und schlechten Kabeln hören kann. Ich mag gerne eine möglichst direkte Kopplung mit wenigen Verlusten / Effekten zwischen Amp und Gitarre, um mit Anschlag und Gitarreneinstellungen möglichst viel ausdrücken zu können, und an dieser Stelle ist das Bindeglied Kabel nunmal sehr wichtig, bzw. ist die Grundlage.
So, genug der Vorgeschichte - ohnehin lang genug geworden:
Die Kabeltypen
Es ging hier zwar nicht vorrangig um Patchkabel, sondern normale 3m / 3.50m-Kabel. Kann man aber so übertragen, denke ich. Getestet habe ich mit einer Strat und einer Les Paul, um sowohl Single Coils als auch Humbucker zu berücksichtigen (beide mit Kloppmann Pickups). Folgende Kabel habe ich verglichen:
- Vovox Link Protect (3.50m, 6.00m),
- Vovox Sonorus Protect (3.50m),
- Evidence Lyric HG (10ft, 15ft),
- Sommer Spirit XXL (3.00m, 4.50m, 6.00m).
An Patchkabeln habe ich analog verglichen:
- Vovox Link 30cm,
- Sommer Spirit XXL 30cm (selbstgelötet Neutrik),
- Evidence Monorail 30cm (selbstgelötet Amphenol Winkelstecker u. Neutrik),
- Evidence Monorail (mit GeorgeL-Steckern),
- Evidence Lyric HG 30cm (selbstgelötet, Neutrik),
- GeorgeL Patchkabel Set (ohne Lötverbindung),
- diverse Alternativen von Planet Waves, Klotz, Fender, NoName usw.
Solidcore gegen normale Kabel
Zunächst fällt auf, dass die Solidcore-Leiter (Evidence und beide Vovox) gegenüber konventionellen Kabeln enorm weniger Signalverluste bei langen Längen haben, außerdem ein deutlich klareres Signal und eine bessere Höhenauflösung. Kann man sehr gut beobachten beim Vergleich von 3m- und 6m-Kabeln von Vovox und Sommer.
Einspielen der Kabel + Laufrichtung
Sowohl beim Evidence Lyric HG als auch beim Vovox Sonorus wird vom Hersteller darauf hingewiesen, dass sich der Klang in den ersten Stunden verändert. Begründet wird dies durch den Ausrichtevorgang der Kristalle. Ob man dies nun ernst nimmt oder für Voodoo hält, muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich konnte jedenfalls bei diesen Kabeln eine deutliche Klangverbesserung nach einigen Stunden feststellen. Die Veränderung beim Sonorus war so, dass das Kabel anfangs sehr dünn und grell klang - es hat mich geradezu abgeschreckt. Nach und nach wurde das Kabel in den Bässen und Höhen weicher und musikalischer, hat allerdings die unglaubliche Transparenz behalten. Das Evidence war dagegen anfangs recht matt, dann nahmen die Höhen zu. Klanglich muss ich sagen, dass sich Lyric HG und Sonorus charakterlich nach der Einspielzeit angeglichen haben.
Bei der Laufrichtung kann man auch durchaus einen Unterschied feststellen - in Laufrichtung klingen die Kabel transparent und klar, entgegen werden sie etwas weicher und verwaschener. Manche Leute setzen dies im Studio auch gezielt ein: in Laufrichtung für cleane, gegen für verzerrte nicht so definierte Sounds.
Beim Vovox Link kann ich auch eine Klangveränderung feststellen, wenn ich das Kabel einmal verknote. Durch die Induktion wird der Klang dann in den Höhen weicher und voller. Beim Sonorus ist dieser Effekt nicht ausgeprägt.
Abschirmung
Sowohl das Evidence Lyric HG als auch die beiden Vovox-Kabel haben Masse und Leiter als separate Kerne und eine einseitig verbundene Abschirmung. D.h. die Abschirmung wird am Signalempfänger (Amp) angeschlossen und läuft auf der anderen Seite aus. Sicherlich lassen sich auch so die Klangunterschiede bei Drehen des Kabels erklären. Ich hatte schon weiter oben im Thread angedeutet, dass die Kabel daher sehr schwierig zu löten sind.
Haptische Unterschiede
Das Sommer Spirit XXL liegt am nächsten an konventionellen Instrumentenkabeln, hat aber eine faszinierende Optik: die Hülle ist transparent-grau und zeigt die geflochtene Abschirmung - erinnert etwas an Carbon-Teile. Die Oberfläche ist gut gelungen, selbst nass wird es nie rutschig und vermeidet so böse Bühnenunfälle. Unkompliziert aufzurollen.
Das Lyric HG ist sehr dick und steif. Das Äußere aus grün-schwarzem Geflecht macht es langlebig und robust, doch es legt sich immer recht steif auf die Bühne - man muss darauf achten, dass es nicht verdreht ist.
Die Vovox-Kabel fallen durch das innere Verdrillen einfach perfekt und lassen sich sehr gut aufrollen. Die Geflechtumhüllung ist sehr edel und äußerst robust - auch nach Jahren sehen meine Link-Kabel noch aus wie neu. Super durchdacht und mein Favorit.
Klangliche Unterschiede
So, jetzt wird es subjektiv. Ich halte das Sommer Spirit XXL für ein sehr gutes Allround-Kabel mit einem super Preis-Leistungs-Verhältnis. Mit einer normalen Kabellänge von 9m (3m Gitarre >> Effektboard, 6m Effektboard >> Amp) hat man noch erträgliche Verluste und kann diese sehr gut durch einen aktiven Buffer ausgleichen.
Beim Wechsel zu Solidcore-Leitern jedoch fällt sofort der deutliche Gewinn an Dynamik (Unterschied harter Anschlag gegen leise gespielte Nuancen / Fingerpicking) und beim Klangspektrum auf. Man fühlt sofort, dass einfach mehr Farben zur Verfügung stehen und dass die Verbindung irgendwie direkter und "schneller" wird. Beim Spielen hat man einfach mehr Ausdrucksmöglichkeiten, ohne etwas am Setup zu verändern. Und dieses Plus an Ton steht auch in Livesituationen so deutlich zur Verfügung, dass ich nicht darauf verzichten möchte.
Unterschied Evidence Lyric HG / Vovox Sonorus
Diese beiden Kabel sind ganz klar meine Favoriten unter allen Kabeln die ich kenne - preislich kann man das sicher auch erwarten. Im Vergleich hat hat das Lyric HG tendentiell etwas mehr Tiefmitten und einen punchigen Ton, während die Höhen weicher aufgelöst werden und nicht so im Vordergrund sind wie beim Vovox. Es kommt mir so vor, dass das Kabel die Mitten boostet und diese zum Singen bringt. Man kann schnell nachvollziehen, warum es bei Gitarristen wie David Gilmour und John Mayer so ein wichtiger Teil im Sound ist. Es färbt definitiv etwas, tut dieses aber extrem "musikalisch", warm und rund. Beim Spielen fühlt es sich fast wie eine leichte Kompression in den Mitten an, die Tonentfaltung ist sehr angenehm, trägt und inspiriert.
Das Vovox Sonorus kann dagegen mit einem breiteren, offenen, klareren und naturgetreuen "Ton" punkten, welcher ein wirklich unfassbares Dynamikspektrum bietet. So hört man z.B. ganz phantastisch das "Glitzern", wenn man mit dem Pick leicht über die Saiten streicht. Die Saitentrennung ist durch dieses Kabel unglaublich gut, und es kommen Spielnuancen zum Tageslicht, die man sonst nicht hören kann. Die Unterschiede zwischen verschiedenen Gitarren und Pickups werden mit diesem Kabel maximiert und das Detailreichtum ist einfach bemerkenswert. Der Ton klart in den Höhen auch beim Runterdrehen des Volumereglers besser auf, er bleibt knackig und behält seinen Charakter, während er beim Lyric HG etwas matter wird.
Mein Favorit ist also, nach dem Einspielen, das Vovox Sonorus.
Unterschied Vovox Link / Vovox Sonorus
Im Internet kann man viel davon lesen, dass das Link in den Hochmitten eine störende Ausprägung hat. Dies kann ich bestätigen, mich hat hier auch immer der etwas grell wirkende Eindruck gestört. Bei manchen Amps störte dies wirklich sehr. Das ist beim Sonorus nun nicht mehr vorhanden, es ist sehr ausgewogen. Dazu ist es durch die reinere Kupfermischung noch ein weiterer großer Schritt zu mehr Dynamik und Transparenz. Der Unterschied zwischen beiden Kabeln ist jedenfalls hörbar, auch wenn das Link an sich schon ein Referenzkabel ist.
Patchkabel
Ich wollte noch erwähnen, dass die Lötverbindungen bei den Patchkabeln in jedem Fall vorzuziehen sind. Ich habe eine Weile GeorgeL-Kabel und später die Monorail mit den lötfreien Steckern verwendet, doch die Zuverlässigkeit ist hier nicht gegeben. Die Verbindung muss regelmäßig geprüft und nachgezogen werden, und oft hat man plötzlich einen Verlust in den Höhen oder Bässen, den man sich nicht erklären kann. Das liegt dann an einer nicht ausreichenden Verbindung von Kabel zu Steckernadel. Kurz: nicht livetauglich.
Das Monorail ist, wie ich oben schon geschrieben habe, eine hervorragende Lösung und sehr günstig und einfach selbst zu löten. Es hat einen dünneren Solidcore-Leiter, passt aber dann zum Rest. Bei langen Längen (>3m) fällt auf, dass die Höhen nicht mehr so fein auflösen, aber bei kurzen Patchkabeln ist das kein Problem.
Die Vovox-Patchkabel dagegen sind eine vorgefertigte Lösung und setzen auch in den Steckern die Massivleiter-Technik fort. Preislich leider sehr teuer, aber ebenfalls äußerst hochwertig und kompromisslos. Ich denke, wenn man auf Sonorus Instrumenten- und Speakerkabel setzt, sollte man für das optimale Ergebnis auch bei deren Patchkabeln bleiben.
Um die GeorgeL sollte man einen Bogen machen - klanglich können sie mit den Alternativen nicht mithalten. Der Leiterquerschnitt (Litze) ist auch sehr sehr dünn!
Das Lyric HG scheidet für mich wg. der komplizierten, frickeligen Fertigung und der unflexiblen, steifen Form als Patchkabel aus.
Bemerkenswert ist übrigens auch die Klangverbesserung, die man mit dem Sonorus-Speakerkabel erzielen kann. Auch von Evidence gibt es mit dem Siren II eine sehr gute Solidcore-Alternative. Stabilere Bässe und eine sehr detaillierte Klangauflösung sind die Vorteile.
Viele Grüße, Ron