Grüße euch!
Wie versprochen jetzt ein paar Infos zu meiner 58er Les Paul.
Zu Anfang aber erstmal ein paar Bilder. Viel Spaß….
Also, im Großen und Ganzen habe ich das so in der Art gemacht, wie bereits hier z.B. von Peter ausführlich beschrieben. Ich habe die Gitarre ja schon mit einigen Lackrissen und "Abnutzungsspuren" bekommen. Jedoch habe ich mich gleich nach dem Auspacken dazu entschieden, dass da noch einiges dran gemacht werden müsse, um ein harmonisches Gesamtbild zu ergeben. So habe ich dann einige Lackrisse mit Skalpell, aber auch Eisspray und Heißluftfön hinzugefügt und einige bereits vorhandene Risse "erweitert". Bei der Heiß-Kalt-Methode werden die natürlichen Temperaturschwankungen in sekundenschneller Zeitraffer simuliert, denen die Gitarre im laufe von Jahren ausgesetzt ist. Hier muss man ein "glückliches Händchen" haben, damit der Lack nicht zu lange abgekühlt und nicht zu schnell und zu sehr erhitzt wird. Sonst wird es nichts! Bei mir hat es ganz gut geklappt. War wohl Anfängerglück - oder Talent…
Dann habe ich noch "Crack-Enhancing" (so nenne ich das jetzt mal) betrieben. Damit habe ich die natürliche, über Jahre andauernde Ablagerung von Dreck und Schweiß in den Lackrissen simuliert. Dies ist besonders der Fall, wo viel Kontakt mit der Haut besteht. Siehe hier:
Während ich hier die Risse in der Rundung unbehandelt gelassen habe, da ich da kaum anfasse:
Auch hier an der Zarge hab ich "Enhancing" betrieben wo ich auch recht oft anfasse, um mir die Gitarre anzusehen, wenn ich sie z.b. mal nicht um habe:
Ich habe also mein natürliches "Grabschverhalten" zur Vorlage für die neuralgischen Stellen genommen und somit die "Verschmutzungen" simuliert, die über Jahre(zehnte) bei mir wohl entstehen würden. Somit hat sie schon eine kleine, gewisse Note von mir…
Das "Enhancing" habe ich mit verschiedenen Produkten gemacht. Schuhcreme hat sich als sehr effektiv herausgestellt. Ein paar Macken waren schon Lack, als ich sie bekam. Die anderen Macken und Schrammen wurden dann z.B. mit Hammer und Meißel aber auch Holzfeilen hinzugefügt. Dabei ist immer darauf zu achten, dass die Macken nur an realistischen Punkten vorkommen. Da wären wir z.B. bei einer Sache, die ich so nicht gemacht hätte, wenn ich die komplette Gitarre von vornherein komplett selbst geaged hätte: die Rückseite:
Dort wird extremer Gürtelschnallenabrieb simuliert. Ich hätte es bei Weitem nicht so extrem gemacht, aber gut. Es passt irgendwie schon zum Gesamtbild, aber trotzdem… So muss ich zumindest nicht groß aus Hemd- oder Jackenknöpfe achten.
Auf der Rückseite habe ich dann noch ein paar weitere Lackrisse hinzugefügt. Nur diese abgeschrammelten Stellen und ein paar minimale Risse wirken auf mich nicht soooo überzeugend. Weiterhin habe ich die abgeschrammelten Stellen etwas nachgedunkelt, um auch hier Schweiß und Dreck zu simulieren.
Auf den Fotos kommen diese Stellen noch zu hell rüber. Ich habe sie aber auch nicht richtig dunkel (dreckig) gemacht da ich nur eine leichte Verschmutzung simulieren wollte. Ich spiele nämlich nicht Oberkörper frei sondern trage mindestens ein T-Shirt. Auch schwitze ich nicht wie ein Wasserfall am Bauch wenn ich "rocke". Von daher wollte ich die etwas "übertriebenen" Abriebstellen wenigstens noch etwas retten, realistischer darstellen.
Jetzt zu einem ganz kritischen Part… Wenn man hier Mist macht, kann man sich die ganze Gitarre neu lackieren lassen:
Auch hier brauch man eine gaaaaanz ruhige Hand und ein exaktes Vorstellungsvermögen wie es aussehen soll. Zerstörungsfrei korrigierbar sind Fehler hier so gut wie gar nicht.
Das Zauberwort heißt: Spiritusbeize! Damit ist die Einfärbung von Nitrolack möglich (zum Glück hat der Lack bei Gibson noch immer einen kleinen Nitroanteil). Recht einfach war das Fading unter dem Pickup-Rahmen und der Toggle-Switch-Plate. Da sich die Konturen leicht im Lack abgezeichnet haben, hat man eine Orientierung wo man das Fading anbringen muss. Aber auch hier ist eine ruhige Hand gefragt, damit man nicht über die Grenzen hinaus färbt oder es an den Rändern fransig aussieht. Auch muss die Färbung gleichmäßig sein. Man darf auch nicht zu viel Beize nehmen und auf den Lack "schmieren", sonst wirkt die Beize wie ein Lösungsmittel und löst den Lack an. Daher habe ich es erst in ein Tuch gemacht, es im Tuch verrieben bis es im Tuch eingezogen ist und dann erst das gefärbte Tuch zum Färben des Lackes genutzt. Ganz knifflig wurde der Part unter dem Pickguard. Hier hat man keine Konturen an denen man sich orientieren kann. Klebeband wollte ich dem Lack nicht antun - also auch hier frei Hand und frei nach Schnautze. Ich habe das Schlagbrett gefühlte 100 Mal angehalten und wieder weg genommen und mir dessen Form eingeprägt und dann alles auf eine Karte gesetzt. Zu erst hatte ich das Rot noch deutlich weiter nach unten gezogen als auf hier zu sehen:
Oben mit den geageted Sheptone PAFs und unten mit den noch bis vor kurzem eingebauten VH1-Pickups... Die Neu-Optik der VH1 passt nicht zum Rest der Gitarre.
Das wirkte mir in Anbetracht des sehr stark ausgeblichenen Sunburst dann aber etwas zu viel des guten bzw. unrealistisch. So habe ich dann entschieden, dass nur oben am Bohrloch noch richtig rot zu sehen sein soll und schnell reagiert und Ethanol zum entfernen der obersten Farbschicht genommen und gleich wieder weg gewischt. So konnte ich das rot weg bekommen, ohne den Lack zu beschädigen und zusätzlich ist noch ein ganz, ganz hauchdünner roter Schleier auf dem Lack verblieben, der das alte Sunburst andeutet. Das wirkt in der Realität total genial! Der rötlichste Bereich ist somit nur noch der Bereich um das Bohrloch bzw. etwas darunter. Dort liegt das Schlagbrett ja plan auf und "schützt" das Burst vor dem Ausbleichen. So wie es jetzt ist, wirkt es deutlich authentischer als, mit einem deutlich größeren roten Bereich unterhalb des Pickguards.
Um den Look aber noch realistischer hinzubekommen, habe ich die gefärbten Stellen mit Polierpaste von Clover (
http://www.cloverbasses.com/uploads/pics/clover_polish_01.jpg), welche man zum entfernen von leichten Kratzern benutzt (dagegen ist das Restauration-Set von Gibson, welches ich auch habe, der reinste Kindergarten) poliert bzw. leicht angeschliefen und dann mit Hochglanzpolitur auch von Clover poliert. So wurde die oberste eingefärbte Schicht im Mikrometerbereich abgetragen und die Färbung wirkt nicht mehr wie aufgesetzt sondern wirklich so, als ob das echter, farbiger Lack wäre… Genial!
Anschließend habe ich die blank polierten Stellen wieder mit Rasko Stahlwolle (Grade 0000) "bearbeitet", geanuso wie die gesamte Gitarre! Somit entsteht ein richtig geiles "worn" Finish mit einer Mischung aus noch etwas Glanz und ganz leicht mattem Lack und oberflächlichen Kratzern, die durch jahrzehntelange Nutzung und Polieren und säubern mit gröberen Tüchern usw. entstehen.
Tjoa…. Was gibt's sonst noch…. Die Toggle-Scheibe, die Pickup-Rahmen, die Anschlussbuchse, den Toggle-Switch-Tip, das Truss-Rod-Cover, Tuner und die rückseitgen Abdeckplatten habe ich bearbeitet und geaged.
Der Koffer ist übrigens ein original alter, "abgefuckter" Gibson Les Paul Koffer aus den späten 60er Jahren oder so. Ich will mir aber nochmal ein originales altes Lifton Case dazu holen. Das wär cool.
Achso, die Double-White PAFs, das sind USA-handmade Sheptone Tribute PAF Clones, habe ich selbst noch geaged. Die "L"s an den Füßen habe ich zu erst gemacht und dann das Metall etwas geaged.
Ich habe aber jetzt mal ein Set originaler Gibson "Tim Shaw" PAFs von 1982 bzw. 1983 eingebaut. Für mich und auch andere die besten (Gibson) Pickups seit den originalen PAFs. Mit einer Brillianz und einem gläsernen Klang von dem die Burstbucker, P57 Classic usw. aber auch Seymour Duncan usw. meilenweit entfernt sind.
Ich find rein optisch kommt die 58er mit den Shaw's aufgrund der authentischen Kappenform noch echter/authentischer rüber als mit den Double-Whites. Das ist meine persönliche Meinung. Was meint ihr??? Hier mal zum Vergleich:
So…. hab ich irgendwas vergessen…?! Ich glaub nicht. Ahhh doch!!!
Die komplette Elektronik ist natürlich gegen hochwertigere, historisch korrekte Teile getauscht:
Log. 500k Ohm CTS-Potis (custom made)
0.022mF Bumblebees (echte Papier-in-Oil Kondensatoren) von Luxe
Und jetzt eben noch die original alten Gibson "Tim Shaw" PAFs (7,15 und 7,22 kOhm)
50s Wiring
Als ich vor 2 Wochen mal wieder bei Musik Produktiv war, habe ich 7 Historics mal angetestet. Baujahre 2011 und 2012. Erstens: Einen Unterschied zwischen den einteiligen und zweiteiligen Griffbrettern hört man nicht! Zweitens: auch bei den aktuellen Historics würde ich sofort wieder die Elektronik und besonders die Pickups tauschen. Die meisten klangen im Verhältnis zu der 58er, die ich dorthin mitgenommen hatte und damals noch nicht die Shaws sondern VH1 Pickups hatte, recht "dumpf" bzw. leblos. Also, ich meine das ist Kritik auf höchstem Niveau und würde ich nicht andere Klänge kennen, dann wäre ich von den Reissues dort sicherlich total begeistert gewesen. Aber meine 58er war damals die "lebloseste" bzw. am dumpfesten klingende meiner Les Pauls und selbst diese klang im direkten Vergleich "besser" also dynamischer und etwas glasiger/heller als die dortigen. Das sagte mir selbst der dortige Mitarbeiter, der bis dahin voll von der Überlegenheit seiner angebotenen Instrumente überzeugt war und er konnte gar nicht glauben, dass ich noch Gitarren habe, die noch "besser" sein sollen, als die 58er die ich dort mit hin genommen hatte. Ich hatte sogar bei den angetesteten Gitarren darauf geachtet, dass der Abstand zwischen Saiten und Pickups so gut wie identisch zu der meiner 58er war. Es gab nur 2 Gitarren, die in die Richtung der 58er gingen: Eine 2011er 58er Reissue und eine 59er Reissue von 2012 mit zweiteiligem Griffbrett.
Was ich damit sagen will ist nicht, dass die Gitarren die in den Läden hängen schlecht sind, nein ganz und gar nicht. Schließlich ist meine 58er auch von 2010! Ich will damit sagen, dass es sich lohnt die Elektronik und die Pickups gegen höherwertigere Teile zu tauschen. In den Gibson Historics steckt so viel Potential welches mit der Werksausstattung gar nicht abgerufen wird und das finde ich wirklich schade. Es sind so tolle Gitarren.
Und man muss die Bauteile auch mal in verschiedenen Gitarren testen. In meiner 59er von 2007 stecken in der Bridge-Position die gleichen Bauteile wie in der 58er von 2010 und ebenfalls auch je ein Gibson "Tim Shaw" PAF von 1983. Und die 59er klingt bei identischer Elektronik und Pickups nochmals "besser" bzw. glasiger/heller und dynamischer als die 58er. Dafür hat die 58er mehr obere und tiefere Mitten. Also schon sehr spannend das Ganze.
Ich denke Pekri59 (Peter) kann die tonalen Veränderungen durch den Ausbau der Elektronik gegen höherwertigere Teile bei seiner 59er ebenfalls so bestätigen…
So das reicht jetzt. Will nicht noch mehr nerven…
Sollte mir noch was einfallen, schreib ich es hier….