...Man muss nicht das Real-Book, alle Jazz-Akkorde, alle Skalen auswendig kennen, um Jazz zu machen und Freude daran zu haben. Es gibt und geht alles - auf verschiedenem Niveau. Und oftmals ist das Einfache, das Unbekümmerte das Echte.... Jazz ist kein Lexikon, keine Theorie, kein festgefügtes Gebäude oder kein abgeschottetes Schloss für akademisch gebildete Historiker. Jazz ist Leben und Experiment. Aber das ist nur meine Meinung.
danke für das Kompliment - Dein Wort in Gottes Ohr
von auswendig war erst einmal überhaupt nicht die Rede. Ich bin auch jemand, der gewöhnt ist, immer nach Noten zu spielen, am Liebsten von Lead Sheets, die
ich aber inzwischen ziemlich in die Mangel nehme, verbessere, erweitere etc.. Natürlich geht bei dem Thema sehr viel und es muss jeder selbst wissen, was er da
machen will und woran er Spaß hat. Heute kann man aber schon froh sein, wenn man autodidaktisch noch klar kommt und kein Musikstudium benötigt, wenn man
tiefer einsteigen will. Alles ist sehr kompliziert geworden. Aber natürlich, Kreativität ist da noch eine ganz andere Geschichte...
Ich sehe es halt so: Ich werde auch bald 54 und will mich nicht mehr verzetteln und keine Zeit mehr vergeuden. Und heute hat ja jeder die Möglichkeit sich einen
Überblick zu verschaffen und das geeignete für einen selbst herauszufiltern. Diese Möglichkeit will ich in jedem Fall nutzen und auch anderen gerne dabei helfen.
Wenn ich an meine Kindheit denke, da wurde man verschaukelt von Leuten, die es eigentlich hätten wissen sollen. Nach Grundlagen auf der Orgel hat da niemand
zu mir gesagt, du hast Talent, wenn Du Unterhaltungsmusik, Rock, Blues oder Jazz machen willst, schnapp Dir mal ein Real Book und sehe mal wie Du damit klar
kommst, bei Problemen helfe ich Dir. Ohne Musiker in der Familie oder im Bekanntenkreis der Eltern war man da ziemlich aufgeschmissen. Von Lehrerseite kam diese
Hilfe nicht und das war in der Gegend, in der ich gelebt habe, normal. Schön, wenn es anderswo auch besser gelaufen ist.
Bei uns, da hieß es von Lehrerseite, jetzt geht es an die Sonatinenbücher auf dem Klavier oder an die Kirchenorgel, egal ob jemand überhaupt Bock auf Klassik hatte.
Mit dem Ende vom Lied, dass man schnell die Lust verloren und mit dem Unterricht aufgehört hat. Und die wissenden Jazz- und Unterhaltungsmusiker haben sich
wieder die Hände gerieben...wieder wurde einer rausgekegelt...wenn man dann keinen guten Zugang in die Musikszene bekommen hat, vielleicht über Kumpels etc.
hat man das Ganze total aufgegeben. Ich selbst habe dann immer so alle 10 Jahre mal einen Wiedereinstieg gewagt und mal für ein Jahr dann gespielt oder sagen
wir besser planlos gedudelt. Seit einigen Jahren will ich es aber nochmal richtig wissen und dran bleiben an der Sache und nicht wieder aufgeben, egal wie weit das
noch geht.
Und auf dem Klavier? Da gab es Leute, die nach etlichen Jahren noch keinen blassen Dunst von Harmonielehre hatten. Die haben geübt wie blöd und nachdem
ein Stück einigermaßen saß und danach immer weniger gespielt wurde, hat das Vergessen des Stücks bereits schon wieder angefangen und nach einigen Monaten
musste man das alte Stück schon wieder länger üben, um es überhaupt noch gut spielen zu können.
Dieses ganze System war letztlich darauf zugeschnitten, dass nur diejenigen richtig gut werden konnten, die mehr oder minder ein photographischen Notengedächtnis
hatten, wie es gute Klassikpianisten sicherlich haben sollten. Alle anderen fielen früher oder später durch den Rost oder kamen nicht wirklich mehr voran.
Aber ein Unterhaltungs- und Jazzmusiker kann auch weit kommen, ohne Festplatte im Kopf. Und kann auch ganz andere Qualitäten entwickeln und einsetzen und
dabei als strukturgebende Komponente intensiv die Harmonielehre nutzen und das sollte man so früh es geht auch tun.
Ich wollte mit meinem Beitrag nur den Leuten helfen, dass ihnen nicht das passiert, was mir in der Kindheit passiert ist. Schließlich wird mir bei Fragen im Forum
auch immer mal wieder geholfen...