Wenn wir mal die Gemeinde der Apfelfon- oder Apfeltouch-User nehmen, kann es kaum einfacher sein, einen Song via iTunes zu kaufen. Man kann zunächst 30-Sekunden Ausschnitte aus jedem beliebigen Song hören.
30-Sekunden-Schnipsel mögen vielleicht zur kurzen Identifizierung eines bekannten Chart-Hits brauchbar sein. Aber in vielen Fällen ist das Schwachsinn. So haben z. B. die Extended/Club-Mixe von Dance/Trance-Platten oftmals einen längeren Part dabei, der nur aus einem durchgehenden Beat besteht. Allzu häufig passiert es, dass die 30-Sek.-Höprobe dann genau diesen Songteil rauspickt. Von der Melodie kann man sich dann keinen Eindruck verschaffen, weil man sie nicht zu Gehör bekommt. Andererseits ist es auch nicht möglich, in den Online-Shop jemanden hinzusetzen, der Millionen von Songs analysiert und dann die Hörproben manuell so schneidet, dass eben die "Highlights" gezeigt werden. Ein anderes Beispiel sind Songs, die eine längere Geschichte erzählen, wie es etwa bei Reinhard Mey üblich ist ("Einen Antrag auf Erteilung", "Mann aus Alemannia" etc.). Da sind kurze Hörproben der letzte Dreck. Und ich kenne auch keinen Klassik-Fan, der im Online-Shop in alle möglichen 30-Sek-Hörproben reinhört und sich daraufhin eine Richard Wagner CD bestellt, deren Stücke er noch nie in voller Länge gehört hat.
War eher eine Gedankenspielerei. Für sinnvoll halte ich das bei unbekannten Acts auch nicht. Ich finde vielmehr, dass man Singles (und die kursieren ja auf YouTube und co) als Promotion fürs Album sehen sollte. Je weiter sie verbreitet werden, umso besser! Insbesondere als unbekannter Act sollte man sich nicht zu viele Sorgen machen, dass sich jemand die eigene Musik kostenlos runterlädt. Man sollte jede Gelegenheit nutzen, um sich bekannt zu machen. Dazu kann es z.B. auch nicht schaden, kostenlose Song-Downloads auf der eigenen Webseite anzubieten.
Singles als Promo fürs Album anzusehen, funktioniert in vielen Musikrichtungen nicht. Das bekommen viele Musiker hier im Forum nicht so mit, weil viele Leute hier im Rockbereich unterwegs sind. Und im Rockbereich ist das Album-Format immer schon von hoher Bedeutung gewesen. In anderen Musikrichtungen ist das aber anders, z. B. im Dance-Bereich: So erreichten im Sommer 1997 Bellini mit "Samba De Janeiro" Platz 2 der Single-Charts und landeten damit den Sommerhit des Jahres. Weltweit verkaufte sich die Maxi über 5 Millionen Mal. Das im gleichen Jahr erschienene Album kam jedoch nur auf Platz 63. Die belgische Vocal-Trance-Formation Lasgo schaffte 2001 mit "Something" einen Platz 5 in den deutschen Single-Charts, die zweite Single "Alone" war mit Platz 22 auch noch recht erfolgreich. Das parallel erschienene Album kam jedoch nur auf Platz 82. Auch bei Schlagern ist dieses Phänomen zu beobachten: Nic schaffte es in den Single-Charts bis auf Platz 9, in den Album-Charts jedoch nur auf 68. Ich höre sehr viel Dance und Schlager, daher bekomme ich das da sehr gut mit: Hohe Einträge in den Single-Charts, aber fast durchweg floppende Alben. In letzter Zeit ist die Plattenindustrie in diesen Genres sogar dazu übergegangen, oft gar keine ganzen Alben mehr zu produzieren. Yolanda Be Cool & DCUP haben es etwa vor wenigen Wochen auf Platz 1 der Single-Charts in vielen Ländern geschafft. Ein Album gibt es aber nicht. Dasselbe bei Laserkraft 3D: Aktuell Platz 6 der Single-Charts, aber kein Album am Markt.
Sicherlich gibt es einige Genres, wo das klassische Album-Format weiterhin beliebt ist. Aber vielfach dreht es sich eben wirklich um einzelne Songs. Der weitaus größte Teil des Musikmarktes sind so genannte "One-Hit-Wonder": Riesen-Single-Erfolg, aber Album floppt bzw. wird gar nicht erst produziert.
DJ Nameless
War auch nicht gegen dich gerichtet, aber es gibt wirklich Leute die haben den ganzen Tag keine anderen Sorgen als dass jemand ihre Musik hören könnte - da frag ich mich dann ehrlich warum sie überhaupt veröffentlichen. Schön zuhause im Panzerschrank - da ist das geistige Eigentum doch sicher vor all den fiesen Raubhörern da draußen.
Sicher wollen die Künstler schon, dass man ihre Songs hört, aber man muss diese Leute genauso verstehen, dass sie dafür auch angemessen entlohnt werden wollen. Wenn nun von einem Act ein einzelner Song veröffentlicht wird, also nur eine Single, dann steckt auch in dieser ein enormer Aufwand (Unterricht/Üben/Instrumentenbeherrschung, Kosten für Instrumente und Equipment, Studiokosten, Videodreh, Werbung...), und dieses Geld/Arbeitszeit muss nun irgendwie über den Plattenverkauf wieder reingeholt werden. Wenn man jetzt Euren Tipps folgen würde, und würde die Verbreitung dieser Single im Internet als "Promo" ansehen, dann würden die meisten Musiker rein gar nichts mehr verdienen.
Es gibt natürlich nach wie vor Bands, die über Jahre hinweg in regelmäßigen Abständen immer wieder ganze Alben rausbringen, den Musikmarkt nachhaltig prägen, viel live spielen usw., und sich so im Laufe der Zeit eine "Fanbase" erspielt haben. Hier kann es tatsächlich funktionieren, dass man z. B. einen kostenlosen Promo-Song ins Netz stellt als "Appetit-Anreger" fürs neue Album. Das haben ja teilweise auch schon bekannte Stars gemacht, z. B. Madonna oder George Michael.
Was würde aber passieren, wenn nun "We No Speak Americano" kostenlos und legal zum "Promo-Download" angeboten würde? Die Kids würden sich den Song einfach runtersaugen, und der Interpret/Komponist hat NICHTS davon, da im Grunde schon sicher ist, dass die Nachfolge-Platte - so es überhaupt eine geben sollte - so oder so höchstwahrscheinlich floppen wird, und die Plattenfirma den Musiker dann wieder einfach fallen lässt.
So gesehen ist das Sperren von Youtube-Videos und dergleichen im Grunde genommen schon richtig, weil viele Musiker außer dem einen einzigen erfolgreichen Hit nichts haben, was die Leute interessiert. Es wird ja auch immer wieder behauptet, kostenlose MP3-Downloads seien eine gute Werbung auch für Konzerte. Nur auch da ist das Problem, dass man schlecht ein Konzert veranstalten kann, wenn man nur ein einziges Stück im Repertoire hat. Hinzu kommt das Problem, dass gerade der Dance- und Schlager-Sound fast nur noch aus der Retorte kommt, und die Auftritte dann unglaublich peinliche Playback-Shows sind. Daher würde ich auch nicht zu einem Konzert eines Eurodance-Acts gehen. Auf Platte hingegen finde ich viele Titel super. Und wenn der eine Hit dann kostenlos und legal zum Runterladen angeboten wird, verdient der Künstler rein gar nichts, und die ganze Investition in Werbung war umsonst.
Man darf nicht nur jene Bands/Musikrichtungen berücksichtigen, die den Markt nachhaltig prägen, eine Fanbase haben usw., sondern man muss auch bedenken, dass es auch einen sehr großen Markt für Musik gibt, wo ein Musiker eben nicht mehr als 3:30 Minuten Material zu bieten hat.
DJ Nameless