Die ersten Eindrücke, die über die Qualität einer Gitarre was aussagen sind: Hals und Bundierung (Kanten, falsch gesetzte Bünde gibts seit ~50 Jahren defacto nicht mehr), trockener Klang und verwendete Hardware.
Wenn man sie dann anspielt, ein schnelles kleines Setup macht, kennt man die Gitarre nach etwa einer halben Stunde recht gut und findet dann die weiteren (meiner) Kriterien: Abrichtung der Bünde, ggf. verdrehten, versetzten Hals, schlecht gefeilte Sattel, klapprige Mechaniken, etc.
Im allgemeinen können wir uns freuen, dass es kaum noch wirklich miese Gitarren gibt. Meistens mangelt es nur an Setup und einzelnen Komponenten und da meistens Buchsen, Gurtpins und Mechaniken, also nichts, was nicht behebbar wäre.
Die Wahl der Hölzer ist eine andere Sache, die aber imho meistens nichts mit der Qualität zu tun hat (von manchen €50,- Strats abgesehen, wo das Holz das Trem nicht trägt). Aber je nach Einsatzgebiet können auch Pappel, Linde oder Birke gut passen. Auch bei den Pickups gibt es nur mehr selten "extrem schlechte" oder unpassende.
Aber ja, es gibt viele Punkte, die nix mit der Qualität zu tun haben, die einen dann an einer Gitarre nerven können. Das fängt bei der Anordnung der Mechaniken und dem Saitenzug am Sattel an, geht über Halsprofil und -Finish und Handballenauflage an der Brücke über Konstruktionsbedingte Saitenlageneinstellung (speziell bei 24+ Bünden) bis zur Optik oder der Lage der Klinkenbuchse.
Es ist auch immer eine Frage der Relation. Bei einer Gibson Les Paul Standard um inzwischen € 3.000,- stören mich lockere Mechaniken oder Buchsen mehr, als bei einer € 150,- Harley Benton, da wird halt leichter verziehen.
Schade ist es dennoch, wenn bei einer "sonst sehr guten" Gitarre, erst die Mechaniken oder der Sattel ersetzt werden müssen, was dann schon mal 50% oder mehr des Kaufpreises erreicht.
Zum Glück gibt es kaum noch Reste der "schlechten" Gitarren aus den 60er bis 90er Jahren, wo man sich in alle Richtungen verziehende Hälse erwischen konnte, oder die Gitarren nicht bundrein waren, dauernd Wackelkontakte hatten, der Bunddraht locker war oder der Body am Halsfuß entzwei gerissen ist oder sich in seine Sperrholzeinzelteile zerlegt hat....
Ich erinnere mich noch an meine erste "ES" (keine Ahnung mehr was das für eine "Marke" war) bei der sich nach wenigen Wochen die Decke gelöst hat, an die wunden Finger (Bundkanten) meiner ersten Squier Strat (deren Ende dann die ausgerissenen Tremoloschrauben besiegelten), an meine erste billig-Paula aus den 70ern, die ihr Griffbrett verlor oder an die Semi mit nicht zur Mensur passender Brücke (ab dem 6. Bund extrem daneben, da haben >2cm gefehlt). Das waren schlechte Gitarren. Damals vergleichsweise teurer und viel schlechter als heute beim großen T die Hausmarke oder die Einsteigerinstrumente der Markentöchter (Squier, Epiphone, Ibanez Gio,...)