Daß Jazz etwas mit Klassik zu tun hat, ist gar nicht mal so abwegig. Der charakteristische Rhytmus und die Improvisation sind Elemente, die mit Klassik nicht viel am Hut haben, gewiss. Jazz hat aber vielfältige Wurzeln, so stammt die Harmonik aus der europäischen Kunstmusik (=Klassik) und wurde ab der Zeit, in der der Jazz anfing, selbst Kunst zu werden, also ab dem Bebop, in ihrer Komplexität auf die Spitze getrieben. Und äußerst starke Parallelen mit der Klassik sind in der Melodik zu finden, so tragen viele Improvisationen bei Jazz-Balladen deutliche Züge von Chopin und den Romantikern. Ohne Chopins lyrische Spielweise und Beethovens virtuose Figuren würde ich jetzt noch in meinen Soli immer nur die Blues-Skala rauf und runternudeln, wie es manche "Jazz"-Schüler leider nur zu oft vormachen.
Ich sehe es insgesamt etwas anders als Jay - Klassik zu spielen verhilft nicht nur zur nackten Tecknik, auch als Ideen- und Inspirationslieferant ist Klassik nicht zu unterschätzen, obendrein als ein klasse Lehrmeister, wenn es darum geht, ausdrucksvoll zu spielen.