(...) Ah ja, von da weht Dein Wind. (...)
Nein, kein Wind, nur eine Bemerkung zum
Vergleich der Wichtigkeit von Auto(industrie) und Kultur in unserem Land. Es wird viel am Geld/Umsatz und Profit gemessen, und gerade in Krisensituation wird diese Prioritätsliste sichtbar. Solche Entscheidungen (Kultur schließen, Autoindustrie unterstützen) lassen bei einem den Eindruck, daß ein Auto wichtiger im Leben sei als Kultur. Und das ist eindeutig nicht der Fall.
Für viele Menschen (und ich meine keine aktiven Berufsmusiker) ist ein gut funktionierendes Musikinstrument wichtiger als ein Auto, und sie fahren Fahrrad und Bus/Bahn, oder (auf dem Dorf) sie erledigen die täglichen Besorgungen mit einem
alten Auto und längere Strecken mit der Bahn.
(...) viel zu üben, Musik meiner Wahl zu hören und zu spielen, mich mit Gleichgesinnten weltweit darüber auszutauschen. (...)
Ja, ich übe/spiele jeden Tag, höre im Radio meinen Lieblingssender, höre CDs, schaue mir Opernübertragungen von DVD an, lese Bücher, aber nichts von dem kann mir den Besuch einer Bilderausstellung, das Erlebnis in einem Konzertsaal oder im Opernhaus ersetzen, und ich leide darunter. Mir fehlt die
frische kulturelle Nahrung, und ich leide mit den Künstlern mit, weil sie nicht auftreten dürfen.
(...) Absolut kein Grund zu jammern, die Einschränkungen für mich sind lächerlich klein und angemessen. (...)
Es ist kein Jammern, es ist nur eine Feststellung, daß es viele Menschen gibt, die von solchen Entscheidungen (wie richtig oder angemessen sie sein mögen)
sehr hart betroffen sind.
(...) dass die hier geäußerten Überlegungen Luxusprobleme von der Insel der Glücksseeligen darstellen (...)
Wie jeder von uns bin ich nackt und dumm geboren, und jede D-Mark oder Euro, die ich ausgebe, habe ich mit meiner Hände und meines Kopfes Arbeit verdient. Und wenn ich heute bereit (oder in der Lage) bin, mir eine Gitarre für 1.000 € zu kaufen, dann bedeutet es für mich gleichzeitig Verzicht auf andere Sachen - insbesondere Flugreisen und Urlaubsfahrten, teure Unterhaltungselektronik, Sportgeräte (Surfen, Abfahrtski, Fitneß-Studio), viele Haushaltsgeräte, Smartphone. Dies Jahr ist es auch noch anders - allein durch die Corona-Maßnahmen sind in meinen Sparstrumpf über 2.500 € gefallen (kein Theater/Konzert/Oper-Besuch, keine Ausstellungen, kein Klavierunterricht, kein Restaurant), und etwa 1.000 € haben wir (meine Frau und ich) an kulturelle Einrichtungen und die Musikschule gespendet.
Meine erste Gitarre (damals war ich 13) war eine Westerngitarre für etwa 250-300 DM (damals das niedrigste Preissegment für Anfänger) und sie war gar nicht so schlecht; jedenfalls habe ich daran die grundlegende Lied-Begleitung sehr schnell gelernt und habe sie gerne gespielt. Ich begrüße es sehr, daß Musikinstrumente und vor allem
Gitarren auch in den niedrigen Preissegmenten angeboten werden, damit sich jeder eine Gitarre leisten kann.
Warum Gitarre? Weil ich glaube, daß man sich auf der Gitarre die
Grundlagen zum Musizieren auch ohne Musikschule selbst (mit einem Buch/Heft, oder heute auch Internet) beibringen kann, denn die Anschaffung einer neuen Gitarre (für den Anfänger) stellt keine große finanzielle Ausgabe dar, aber die Musikschule geht richtig ins Geld (ich habe da jährlich 1.400-1.500 € gelassen).
.
(...) Ich für mich weiß das, was ich an Musikinstrumenten zur Verfügung habe, einfach sehr zu schätzen, habe Spaß daran, sehe mich damit durchaus sehr gut gestellt, ordne es aber schlicht als Wohlstandprivilegien ein. (...)
Das ist Dein gutes Recht; wir alle haben unsere individuellen Prioritäten; für mich gehören Musikinstrumente zur Bildungsgrundlage wie Sprechen/Singen/Schreiben/Lesen/Rechnen/Soziale Kommunikation und zur Grundausstattung eines Haushaltes. Und auch wenn wir kein Musikinstrument aus dem niedrigsten Preissegment haben, ein Luxus-Musikinstrument haben wir hier keines.
Gruß, Bert