Zu Pete Townshend:
Die erste Gitarre zerschlug er 1965 bei einem sehr frühen Gig von The Who in London.
Er rammte seine Rickenbacker aus Versehen in die niedrige Decke des Clubs, wodurch die Kopfplatte
abbrach.
Er erschrak zunächst, dachte sich dann aber "Hey, ich habe eine Skulptur gemacht!"
Als er merkte, wie sehr das Publikum ausrastete vor Ekstase, beschloss er das Prozedere immer wieder zu wiederholen.
Es steckte aber weit aus mehr dahinter als blinde Zerstörungswut.
Pete ging auf die Kunstschule und war entsprechend künstlerisch-avantgardistisch orientiert.
Das Vorbild für die Zerstörungen auf der Bühne war der deutsche Destruktionskünstler Gustav Metzger,
den Townshend Jahre später sogar persönlich kennen lernte.
Leider wussten weite Teile des Publikums dies nicht zu würdigen, sie wollten einfach nur einen Typen sehen,
der eine Gitarre zerschlägt.
Ein weiteres Problem waren die immensen Kosten, die der Band dadurch entstanden.
Eine Rickenbacker war damals umgerechnet nicht billiger als heute: 2.000-3.000 Euro kamen pro Instrument zusammen.
Wenn Pete nun jeden Abend eine davon zerschlug, würde das mit der Zeit ziemlich teuer, zumal The Who zu diesem
Zeitpunkt ('65, '66) noch keine Megastars waren und nicht im Geld schwammen.
Aus diesem Grund wechselte Pete bald zu Fender Gitarren, da er diese nach dem Gig aus den Trümmern
zerstörter Strats und Teles wieder zu "neuen" Gitarren zusammen setzen konnte.
Alle mechanischen Teile waren miteinander austauschbar, das zersplitterte Holz leimte er mit Holzkleber über Nacht wieder
zusammen.
Dadurch sind in dieser Zeit viele Frankenstrats und -teles entstanden, mit denen Pete auf die Bühne ging.
Die große Bewährungsprobe für dieses Verfahren kam, als The Who 1967 in den USA auf eine Package-Tour mit zwei
Gigs pro Tag geschickt wurden. Hier mussten also sogar zwei Gitarren pro Tag dran glauben.
Diese Tour war extrem wichtig, da die Band in den USA den Durchbruch schaffen wollte und da gehörte es
einfach dazu dieses "Gimmick" der Zerstörung jedes mal zu zeigen.
Als sich dann allerdings 1969 der große internationale Erfolg mit dem Album "Tommy" einstellte, waren die Geldprobleme
beseitigt und Pete musste seine Gitarren nicht mehr reparieren.
Sein bevorzugtes Modell zu dieser Zeit war eine Gibson SG Special mit P90s.
In den späten 60ern und frühen 70ern gingen ab sofort jeden Abend mehrere dieser Gitarren über den
Jordan - auf das Geld musste nicht mehr so geachtet werden wie früher und außerdem waren die SG Specials relativ günstig im Vergleich zu Rickenbacker oder den Fenders.
Pete sagte später "Die Fender-Gitarren waren schwer zu zertrümmern, aber die SGs brachen wie Balsaholz."
Dann, ab ca. 1972, trat etwas unerwartetes ein:
Gibson stellte die Produktion der SG Special ein und bald gab es keine neuen mehr und es wurde schwierig welche aufzutreiben.
Nachdem es in sämtlichen Geschäften England keine Exemplare mehr gab, wechselte Pete zur damals neuen Les Paul Deluxe mit Mini-Humbuckern.
Von diesem Zeitpunkt an, ist die Geschichte des Gitarrenzerschlagens sehr wechselhaft bei The Who.
Phasenweise hatten sie sich die Zerstörung ganz abgewöhnt.
Als ich die Band 1997 live sah, ging nichts zu Bruch, mittlerweile soll Pete aber das ein oder andere mal wieder eine seiner Eric Clapton-Strats (die er seit 1989 fast ausschließlich spielt) auf der Bühne zerstört haben.
Meine Meinung dazu:
Ich finde es überhaupt nicht schlimm.
Eine Gitarre ist ein Konsumgut. Paradoxerweise Zeichen von Rebellion und bürgerlichem Wohlstand zugleich.
Gerade in vielen modernen Kunstrichtungen ist der kritische Umgang mit dem Thema 'Kapitalismus und Konsum'
doch immer wieder Thema gewesen.
In den 60er Jahren war Pete damit nicht alleine. Man denke an Pop-Art und an den Fluxus.
Pete hatte das Pech, dass er eine zeitlang aus der Nummer nicht mehr rauskam und jeden Abend eine Gitarre
zerstören musste, damit Teile des Publikums das Konzert als gelungen ansahen.