Harleyman
Registrierter Benutzer
@ Xanadu & @ relact
ich bin zwar an der Gitarre noch ein Greenhorn, aber ich habe immerhin 30 Jahre Keyboards gespielt und über viele Jahre Klavierunterricht gehabt. Von daher äußere ich mich mal dazu:
Ihr habt beide Recht! Und ich denke, das wißt Ihr beiden "Alten Hasen" auch
Ich persönlich sehe technische Übungen als sinnvolles Fundament, quasi als das Handwerkszeug für späteres "richtiges Spielen". Ein guter Bildhauer muß wahrscheinlich auch erstmal lernen, viereckige Steine zu kloppen, bis er ´ne Venus von Milo hinkriegt. Meine täglichen Übungen sind deswegen auch immer ein Mix aus "Etüden" und "Mini-Solis" (Licks), wobei die Gewichtung nach Tagesstimmung schwankt. Dazu kommen noch Fingerstyle, Country & Folk Picking, Strumming Übungen etc., da ich auch auf der A-Git fleißig unterwegs bin. Mein Übungsprogramm ist daher sehr abwechslungsreich. Ich suche für mich jedoch immer den Mix aus "Etüden" und "Nachspielen" ("Praxis"), egal welchen Spiel- u. Musikstil ich gerade übe. Ich habe für mich jedenfalls immer festgestellt, dass das Üben und Beherrschen von Technik das Lernen der "schönen", musikalischen Seite der Musik beschleunigt. Ich habe früher nie technische Übungen auf der Gitarre gemacht. Jetzt, wo ich´s regelmäßig mitübe, lerne ich schneller! Ob das im umgekehrten Fall - Erkennen von nützlichen spiel- u. fingertechnischen Gesetzmäßigkeiten durch Nachspielen - in gleichem Maß der Fall ist, wage ich mal vorsichtig zu bezweifeln.
Als gelernter Linguist gibt´s übrigens zu diesem Thema eine schöne Analogie: eine fremde Sprache kann man natürlich durch Pauken von Grammatik und Vokabeln lernen. Sie wird aber immer sehr formal klingen und oft dem situativen (!) Kontext nicht 100%ig entsprechen (Stichwort "Schulenglisch"). Neue Sichtweisen (Stichwort "Discourse Analysis") geben dem Lernen von s.g. Satz- bzw. Kommunikations-Clustern jedoch den Vorrang. Hierbei lernt man nicht die einzelnen Elemente einer Sprache, sondern gleich ganze Kommunikationssituationen, z.B. per Video gefilmte und anschließend transscribierte Alltagssituationen von Native Speakern wie Fahrkartenkauf, Bewerbung für ein Zimmer in einer WG usw. Vorteil hierbei ist die absolute Sprachauthentizität in einer speziellen Situation. Hat für den Lernenden allerdings den Nachteil, bzw. birgt das Problem, diese Fertigkeit adäquat in neue Sprechsituationen zu tranferieren, wenn´s am Wissen und Kenntnis der sprachlichen Elemente (Vokabeln u. Grammatik) mangelt. Also auch hier: die richtige Mischung macht´s!
Zum Schluß noch ein Beispiel aus meinen ganz frühen Gitarrenjahren: hatte mir mal das Solo von Rod Stewards Maggie Mae rausgehört. Fingersatz? Katastrophal! Scheißegal! Hat daher auch ewig gedauerd, bis ich´s raushatte und mir merken konnte. Heute, mit Basis-Kenntnissen von Fingersatz und Lagenspiel nahezu ein Kinderspiel.....
Ich muß allerdings ehrlicherweise zugeben, dass ich, was das Raushören und Nachspielen von Riffs, Licks und Solos betrifft, ein "akustischer Legastheniker" bin. Da erscheint mir die Kenntnis von spiel- u. fingertechnischen Regeln und Strukturen eh zumeist sehr hilfreich. Übrigens auch wenn´s darum geht, musikalisch selbst kreativ zu werden! Na ja, vielleicht würde ich die Sache demensprechend auch etwas anders sehen, wenn ich nach zweimal Hinhören alles nachspielen könnte....
Ein guter Bekannter von mir ist jedenfalls auch so ein Spieltechnik- u. Fingersatz-Fetischist. Und da muß ich allerdings relact beipflichten: dieses Spielen hört sich immer irgendwie tot und völlig emotionslos an!
Mein Fazit als Kompromislösung: beide Ansätze sind sinnvoll und haben beide ihre Berechtigung und Nutzen. Die Gewichtung kann allerdings je nach Veranlagung des Musikers sehr unterschiedlich sein. Und die Technik sollte immer nur der Wanderstock auf dem Weg zum musikalischen Gipfelglück sein . Amen.
ich bin zwar an der Gitarre noch ein Greenhorn, aber ich habe immerhin 30 Jahre Keyboards gespielt und über viele Jahre Klavierunterricht gehabt. Von daher äußere ich mich mal dazu:
Ihr habt beide Recht! Und ich denke, das wißt Ihr beiden "Alten Hasen" auch
Ich persönlich sehe technische Übungen als sinnvolles Fundament, quasi als das Handwerkszeug für späteres "richtiges Spielen". Ein guter Bildhauer muß wahrscheinlich auch erstmal lernen, viereckige Steine zu kloppen, bis er ´ne Venus von Milo hinkriegt. Meine täglichen Übungen sind deswegen auch immer ein Mix aus "Etüden" und "Mini-Solis" (Licks), wobei die Gewichtung nach Tagesstimmung schwankt. Dazu kommen noch Fingerstyle, Country & Folk Picking, Strumming Übungen etc., da ich auch auf der A-Git fleißig unterwegs bin. Mein Übungsprogramm ist daher sehr abwechslungsreich. Ich suche für mich jedoch immer den Mix aus "Etüden" und "Nachspielen" ("Praxis"), egal welchen Spiel- u. Musikstil ich gerade übe. Ich habe für mich jedenfalls immer festgestellt, dass das Üben und Beherrschen von Technik das Lernen der "schönen", musikalischen Seite der Musik beschleunigt. Ich habe früher nie technische Übungen auf der Gitarre gemacht. Jetzt, wo ich´s regelmäßig mitübe, lerne ich schneller! Ob das im umgekehrten Fall - Erkennen von nützlichen spiel- u. fingertechnischen Gesetzmäßigkeiten durch Nachspielen - in gleichem Maß der Fall ist, wage ich mal vorsichtig zu bezweifeln.
Als gelernter Linguist gibt´s übrigens zu diesem Thema eine schöne Analogie: eine fremde Sprache kann man natürlich durch Pauken von Grammatik und Vokabeln lernen. Sie wird aber immer sehr formal klingen und oft dem situativen (!) Kontext nicht 100%ig entsprechen (Stichwort "Schulenglisch"). Neue Sichtweisen (Stichwort "Discourse Analysis") geben dem Lernen von s.g. Satz- bzw. Kommunikations-Clustern jedoch den Vorrang. Hierbei lernt man nicht die einzelnen Elemente einer Sprache, sondern gleich ganze Kommunikationssituationen, z.B. per Video gefilmte und anschließend transscribierte Alltagssituationen von Native Speakern wie Fahrkartenkauf, Bewerbung für ein Zimmer in einer WG usw. Vorteil hierbei ist die absolute Sprachauthentizität in einer speziellen Situation. Hat für den Lernenden allerdings den Nachteil, bzw. birgt das Problem, diese Fertigkeit adäquat in neue Sprechsituationen zu tranferieren, wenn´s am Wissen und Kenntnis der sprachlichen Elemente (Vokabeln u. Grammatik) mangelt. Also auch hier: die richtige Mischung macht´s!
Zum Schluß noch ein Beispiel aus meinen ganz frühen Gitarrenjahren: hatte mir mal das Solo von Rod Stewards Maggie Mae rausgehört. Fingersatz? Katastrophal! Scheißegal! Hat daher auch ewig gedauerd, bis ich´s raushatte und mir merken konnte. Heute, mit Basis-Kenntnissen von Fingersatz und Lagenspiel nahezu ein Kinderspiel.....
Ich muß allerdings ehrlicherweise zugeben, dass ich, was das Raushören und Nachspielen von Riffs, Licks und Solos betrifft, ein "akustischer Legastheniker" bin. Da erscheint mir die Kenntnis von spiel- u. fingertechnischen Regeln und Strukturen eh zumeist sehr hilfreich. Übrigens auch wenn´s darum geht, musikalisch selbst kreativ zu werden! Na ja, vielleicht würde ich die Sache demensprechend auch etwas anders sehen, wenn ich nach zweimal Hinhören alles nachspielen könnte....
Ein guter Bekannter von mir ist jedenfalls auch so ein Spieltechnik- u. Fingersatz-Fetischist. Und da muß ich allerdings relact beipflichten: dieses Spielen hört sich immer irgendwie tot und völlig emotionslos an!
Mein Fazit als Kompromislösung: beide Ansätze sind sinnvoll und haben beide ihre Berechtigung und Nutzen. Die Gewichtung kann allerdings je nach Veranlagung des Musikers sehr unterschiedlich sein. Und die Technik sollte immer nur der Wanderstock auf dem Weg zum musikalischen Gipfelglück sein . Amen.