Generell bin ich mehr ein Gitarren- als ein Amp-Typ. Ich gehöre also eher zu den Leuten, die unterschiedliche Sounds in diversen Gitarren suchen als in 20 verschiedenen Amps. Trotzdem sind in 40 Jahren natürlich so einige Teile gekommen und wieder gegangen.
Dabei ist mein bester "Amp" im etwas weiteren Sinn mein
Groove Tubes Trio Preamp. Nicht der vielseitigste, aber irgendwie einfach
mein Sound, vor allem der phänomenale zweite "Mean"-Kanal (von dreien) mit einer Art kultiviertem, fetterem Marshall-Sound. Dazu einer der besten Cleansounds (Richtung Blackface Fender), den ich bei Mehrkanal-Preamps bisher gehört habe, und ein ziemlich eigenständiger, eher singend und fett abgestimmter HiGain-Kanal ("Scream") mit irrwitzigen Gainreserven, den man per Minischalter mit dem Clean-Kanal irgendwie zusammenschalten kann, was ihm nochmal eine andere Note gibt (übrigens in Reihe, nicht parallel als Clean-Beimischung). Letztere Variante wird öfter mal in Reviews schlecht bewertet, was aber mMn an einer falschen Einstellung des Clean-Kanals liegt - das 1+3 klingt nur gut, wenn im Cleankanal Gain und Klangregler
sehr weit aufgedreht ist, was man auch durchaus ohne Zerren tun kann. Einziges Manko ist das Fehlen eines nur leicht angezerrten 4. Kanals, was aber für die meisten Rack-Preamps gilt.
Bei den Amps im engeren Sinn, sprich komplett mit Vor- und Endstufe, habe ich seit einiger Zeit einen eindeutigen Favoriten, den
Koch Studiotone XL. Ich hab schon sehr viel Kram gehabt oder mindestens angespielt, aber der hat mich sofort gepackt. Der Cleansound ist für mich eigentlich nicht zu toppen. Auch wenn ich den Fender-Cleansound wie die meisten durchaus schätze, klingt der hier für mich "vollständiger" und natürlicher. Den individuellen Charakter einer Gitarre lässt der Studiotone für mich besonders schön durch, gleichzeitig gibt er ihr noch ein bisschen Wärme in den Mitten, ohne dadurch aufdringlich oder gar künstlich zu klingen.
Die Overdrive-Abteilung lässt sich sehr variabel einstellen. Wenn die Zerrsounds in Reviews öfter mal als "Marshall-ähnlich" beschrieben werden, kann ich das aber nicht wirklich nachvollziehen. Dazu funktioniert die Klangregelung viel zu effektiv...
Also ja, man kann ihn tendenziell britisch klingen lassen, aber dabei bleibt er doch immer höflicher, nicht so kratzig. Vielleicht wäre letzteres mit einem Vintage 30 leichter zu provozieren, habe ich aber noch nicht probiert. Der Mid Shift-Schalter bringt eine doch recht deutliche Änderung des Grundsounds, und dazu gibts einen Bright-Schalter mit drei Stellungen, sondern neben der neutralen "0"-Stellung auch "-" (was sehr runde, weiche Leadsounds ermöglicht, ohne dumpf zu werden) und "+", was schärfere Sounds bis in zu Metal ermöglicht. der ist auch sehr nützlich, wenn man die Mitten stark zurück nimmt, um brutalere Metal-Sounds zu erzeugen, was ebenfalls erstaunlich überzeugend funktioniert. Aus nur einem Amp, noch dazu mit relativ wenig Reglern, habe ich noch nie so viele unterschiedliche Sounds rausbekommen, die mich alle überzeugen.
Der Gainregler hat nicht nur - wie mMn bei vielen Amps - einen bestimmten Punkt, für den der Amp optimal abgestimmt ist, sondern ist fast über den ganzen Bereich sinnvoll nutzbar, bei entsprechender Anpassung der anderen Regler und Schalter. Crunchy Overdrive, Classic Rock-Sounds und HiGain mit dem Overdrive Plus (der nicht nur drei! Stellungen hat, sondern auch ein eigenes Master Volume) und zünftige Metalsounds. Echt verliebt bin ich allerdings in den Leadsound bei aufgedrehten Mitten, der wirklich zum Weinen schön klingt - und kein bisschen topfig, was mich bei 1x12" Combos fast immer stört.
Vielleicht noch ein bisschen Honeymoon-Phase, aber wow, was für ein Amp. Erst recht zu einem Gebrauchtpreis, für den man neu allenfalls einen Mittelklasse-Modeller bekommt.
Gruß, bagotrix