nu muss ich hier auch mal meinen Senf dazugeben, besonders, da hier fast nur Besitzer des AC-15CC schreiben...
Generell habe ich den Eindruck, dass die Aussage, der klinge ja so richtig toll nach Vox eher von Leuten kommt, die den "richtigen" Vox-Sound hauptsächlich von Aufnahmen kennen oder die einen Vox-Sound fürs Wohnzimmer suchen. Ist jetzt nicht abwertend gemeint, aber das geht doch oft schon aus dem beschriebenen Einsatzgebiet der Geräte hervor. Ein AC-15 ist traditionell ja kein wirklich "kleiner" Amp, sondern eine ziemlich schweinelaute Kiste - der Wirkungsgrad dieser Teile ist legendär. Muss man einfach mal im Vergleich mit anderen Verstärkern der gleichen Größenordnung gehört haben...
Der AC-15 CC ist für sich genommen sicher ein ziemlich ordentlicher und absolut alltagstauglicher Amp, aber wer nur den kennt, weiß nicht wirklich, was am "richtigen"AC-15 dran ist.
Banalitäten zuerst: Die Wharfdale-Speaker sind ja wirklich nicht schlecht, die Blue Bulldog klingen aber doch schon ziemlich anders. Besonders, wenn man sie eine Weile einspielt, dann werden sie erst so richtig schön rund, und wenn man sie ordentlich laut anbläst. Wer sich also fragt, ob sich der Mehrpreis lohnt, suche sich zum Antesten a) einen Laden, wo man RICHTIG Lärm machen kann oder besser b) jemanden, der einen Vox mit gut eingespielten Bulldogs hat. wenn man das nur in Zimmerlautstärke oder mit Cleansound+Overdrivepedal probiert, hört man die Unterschiede deutlich weniger...
Weniger banal: Ein Amp mit Diodengleichrichtung wird niemals so klingen, wie einer mit Röhrengleichrichtung, das merkt man aber eben wiederum besser, wenn man die Kiste ziemlich fordert. Die Version mit Diodengleichrichtung wird tendenziell eher "fester", strammer klingen. Das finde ich zwar nicht so prickelnd, es kann aber auch Vorteile haben, in Bezug auf die Durchsetzungsfähigkeit - aber damit hat sowieso kein Vox Probleme...
Auch die Masterregelung des AC-15CC hat deutlichen Einfluss auf den Klang, aber natürlich auch ihre Vorteile...
Nun zu meinem Amp: Ich habe lange leihweise verschiedene alte AC-30 und auch einen alten AC-15 gespielt, aber nie einen gekauft, sondern ich habe mich dann entschlossen, zuzuschlagen, als die chinesische Handwired-Serie ("Heritage Collection") auf den Markt kam.
Denn: Es gibt sicher viele (teure) alte Originale, die noch besser klingen, als diese Amps, aber eben auch viele, die ziemlicher Mist sind. Und die alte Vox-Regel "Kauf zwei, damit einer läuft", trifft auf die alten Kisten wirklich zu. Auf die neuen chinesischen aber eben nicht in dem Maße und das liegt zu einem guten Teil sicherlich an der (bei verbohrten Vintage-Freaks verhassten...) Platine. Die Bauteile sind darauf auf Lötstiften montiert (insoweit also "handwired" - naja...) und übrigens von anderer Qualität als die in den AC-15 CC. Warum manche über die Platine so mäkeln, ist mir letztlich nicht klar, Marshall macht das schließlich traditionell so...
Was bei den alten Kisten vielleicht etwas besser war, war die Signalführung, ich habe z.B. auch den Eindruck, dass der Neue etwas mehr rauscht, als gut restaurierte alte Exemplare, aber evtl ist da noch einiges zu tunen, ich habe bisher allerdings noch keine Notwendigkeit dazu gesehen, denn verglichen mit vielen anderen Amps rauscht meiner immer noch eher wenig.
Was diesen Amp besonders auszeichnet, sind die beiden Kanäle:
Er hat den TopBoost -Kanal aus dem AC30 und den Normal-Kanal mit der EF-86 Vorstufenröhre.
Diese Kombination ist perfekt und es gab sie so in der Geschichte der Firma Vox noch nie, wenn ich mich nicht irre, zumindest nicht in Großserie.
- TopBoost mit nur 15 Watt und einem Speaker kommt richtig gut, diesen Amp kann man öfter mal ausfahren, wo ein AC-30 viel zu laut wäre.
- Der EF-86-Kanal ist eine Klasse für sich, besonders wenn man ihn aufreisst. Soviel Detailreichtum in der Verzerrung kenne ich von keinem anderen Amp (außer Boutiqueteilen, die genau diesem Sound nacheifern - für seeeeehr viel Geld gibt´s da realistisch betrachtet sicher welche, die noch ein wenig besser sind). Das ist schon etwas anderes, als der Normal-Kanal im alten AC-30, der ja eine 12AX7 in der Vorstufe hat. Die Schalter für die Brilliance- bzw Bass-Abstimmung sind übrigens praxistauglicher, als bei den alten Vöxen.
-Die Handwired-Serie hat natürlich kein Mastervolume, aber doch Möglichkeiten, zivilere Lautstärken zu erreichen: Die Endstufe lässt sich von Pentode auf Triode umschalten, ebenso der Normal-Kanal. Wenn man den dann mit Overdrive-Pedal spielt, kriegt man durchaus auch brauchbare Sounds in Zimmerlautstärke raus, ganz clean sowieso.
-Diese Serie hat weder Hall noch Tremolo, ich denke, man wollte keine halbgare Halbleiterlösung reinbauen, die das Konzept des Amps versaut hätte und der originale Vibrato-Kanal wäre deutlich teurer gekommen - nutzen viele ja doch eher selten...
Anzumerken ist noch, dass ich vom AC-30 Handwired etwas enttäuscht bin. Der ist im wesentlichen identisch aufgebaut, nur halt mit 30W und 2*12. Da wäre doch mehr drin gewesen! Z.B. doch ein "richtiger" röhrenbasierter Vibrato-Kanal, oder etwas origineller: der Zerrkanal des AC-50...
Vöxe sind übrigens generell sehr gutmütig, was Effekte vor dem Eingang angeht. Bestes Beispiel: The Edge von U2, der hat fast alle seiner drölfmillionen Effekte zwischen Gitarre und Ampeingang.
Eigentlich gehen alle Arten von Verzerrern gut, der Hinweis, dass Treble-Booster vor dem TopBoost-Kanal ein wenig zuviel des Guten sein können, ist aber natürlich plausibel - geht aber duchaus auch, denn sooooviel Höhen muss der Kanal nicht liefern, die Bezeichnung "TopBoost" war damals eher in Relation zum älteren Normal-Kanal gewählt... Treble-Booster vor dem EF-86-Kanal kann sehr geil sein. Tubescreamer und Klones gehen immer gut, habe aber auch z.B. den Marshall Drivemaster am Start, auch Zendrive etc macht Sinn. Viele sagen, der ProCo Rat würde besonders gut mit dem Vox harmonieren - kann ich mir vorstellen, kenne ich aber nicht. Der MXR-Micro-Amp als Booster, wie oben empfohlen, ist eine sehr gute Wahl, den gibt´s übrigens als günstigen Bausatz (wie auch viele andere Verzerrer) bei uk-electronic.de - eher besser, als das Original, habe mir gerade einen bestellt.
Wenn die Effektgeräte das vom Pegel her mitmachen, gibt es ja bei den Handwired-Vöxen noch eine andere Möglichkeit, indem man die Kanäle brückt und den Effekt dazwischen hängt, wobei es einen großen Unterschied macht, ob man erst in den Normal- oder erst in den TopBoost-Kanal geht. Wobei man aber nicht vergessen darf, dass da technisch betrachtet keine zwei völlig separaten kompletten Vorstufenkanäle am Start sind, sie hängen intern schon zusammen...
Letztlich sind es diese ganzen Eigenheiten, die ich am Handwired-Vox mag und auch da hat der AC-15CC leider weniger zu bieten...
Da der Vox obenrum so klar und offen klingt, finde ich übrigens inzwischen viele meiner alten Effektpedale qualitativ eher mäßig und fange an, sie entsprechend zu modifizieren, z.B. die OP-Amps zu tauschen oder die Kondensatoren gegen bessere zu wechseln. So hat mein mit Abstand teuerster Verstärker letztlich mein G.A.S. geheilt - statt teuren Gitarren, Effekten und Amps kaufe ich jetzt IC´s für 1,80€ und werfe dafür solche für 0,15€ raus...
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Nachtrag: Bei Verstärkern wie dem AC-15 bzw AC-30 muss man grundsätzlich nie den Bias abgleichen, wichtig ist allerdings, dass die Röhren möglichst gut gematched sind, also auch immer gleichzeitig erneuert werden. Asymmetrien verzeiht so eine Schaltung kaum, da sind dann fix alle Endstufenröhren hin...