So nun hab ich den Classic seit einer Woche hier und hab ihn sowohl am Übungs-Interface als auch am Amp gehört. Gestern hatte ich bei Musik Produktiv auch noch die Gelegenheit einige Epiphones (Standard,Pro, Classic, Nikki Sixx) mit dem Gibson Original und dem roten Sixx Signature zu vergleichen. Der Gibson Standard hat mir am besten gefallen.
Erstmal zur Bespielbarkeit: Im ersten Moment konnte ich keinen Unterschied zwischen dem Hals vom Pro und Classic feststellen, wie ich hier auch geschrieben hab. Das Griffbrett vom Classic wirkt aber tatsächlich noch ein Stück schmaler und wird nach unten hin nicht breiter wie beim Pro. Der Hals gefällt mir noch besser und die Saitenlage lässt sich angenehm tief einstellen. Halskrümmung justieren war auch kein Problem, der brauchte ein bisschen mehr Krümmung. Insgesamt spielt sich mein Classic flüssiger und mit weniger Kraftaufwand, egal in welcher Lage. Viel viel besser als mein Pro, ich schätze auch da hab ich ein schlechtes Modell erwischt.
Nur die A-Saite ist bei meinem Classic in den höheren Lagen ein wenig störrisch, die fühlt sich unterm Plek sehr starr an und schwingt nicht so schön gleichmäßig wie die anderen. Das hört man auch ab dem 7. Bund, vor allem über Kopfhörer die nicht so viel Bass wiedergeben wie ein Amp. Gibt dann einen sehr starken Impuls und der Ton, vor allem die Obertöne, fällt schneller ab, so als würde ein Kompressor mit langem Attack plötzlich eingreifen. Natürlich nicht so krass wie es sich jetzt anhört, aber wenn man gleichzeitig den Bass in der Hand hat und die Saite fühlt, hört man es auch. Meinen Bandkollegen würde das vermutlich nie auffallen, am Amp ist der Effekt auch nicht so stark, weil der Bassanteil des Tons weiter dröhnt. Der Classic bei Musik Produktiv hatte dieses Problem nicht.
Die Bespielbarkeit der verschiedenen Modelle im Laden zu vergleichen war natürlich schwierig, weil keiner der Bässe optimal eingestellt war und sie vermutlich mit verschiedenen Saiten bestückt waren. Klarer Favorit war der Standard Gibson Thunderbird, der spielte sich trotz hoher Saitenlage wirklich gut. Dürfte beim roten Gibson Sixx ähnlich sein, die Einstellung war aber jenseits von gut und böse, da kann ich wirklich kein Urteil abgeben. Der Epiphone Classic spielte sich genau wie meiner hier zu Hause, der Pro im Laden war besser als meiner, schnarrte aber auch kräftig.
Zum Sound: Viel Bass. Das war mein erster Eindruck und der ist geblieben. Damit kann man definitiv alles platt machen wenn man will. Ich brauche keine Höhen mehr im Sound um mich bei der Probe zu hören, der Classic drückt so von unten, dass ich meinen Anschlag spüren kann. Leider ist er auch tatsächlich etwas dumpf und die Höhenblende zeigt nicht viel Wirkung. Unter 5 gibt es quasi keine Höhen mehr, ab 7 sind sie da und nehmen bis 10 nicht mehr wirklich zu. Ich spiele mit beiden Pickups voll aufgedreht, ich denke man kann dem Sound noch mehr Mitten geben, indem man den Bridge PU offen lässt und den Hals PU etwas zurücknimmt. Die beiden Tonabnehmer klingen wie erwartet, Hals sehr bassig mit einem Mittenloch und ein paar Höhen/Pick Attack, Bridge nasal mit dreckigen Hochmitten. Wenn man beide Tonabnehmer verwendet, muss man dem Vogel die gewünschten Hochmitten per Klangregelung entlocken, das funktioniert bei meinem Ashdwon MAG dank des Mittenbandes bei 1.6 khz sehr gut, zusammen mit Sansamp bekomme ich dann auch meinen Wunschsound. Meine Einschätzung vom Sound ist natürlich sehr subjektiv, ich habe vorher den aktiven Thunderbird Pro von Epiphone als Hauptbass gespielt, der hat oft mehr Höhen als mir lieb ist und überträgt viel Saitenschnarren, was beim Classic scheinbar kaum bis gar nicht durch die Pickups kommt. Ich würde den Classic eher mit meinem Precision Bass vergleichen als mit dem aktiven Vogel.
Damit wären wir beim nächsten Punkt, der Vergleich im Laden mit verschiedenen Birds. Ich habe dort über einen Hartke Kilo Amp mit passender 410er Box gespielt. Ein wenig Overdrive, viel Kompressor, mit dem graphischen Equalizer meinen Wunschsound eingestellt und mit Plek gespielt. EQ-Einstellungen waren relativ simpel, 125hz und 250hz Band angehoben, 500hz und 1khz abgesenkt, 2khz und 3khz angehoben, 5khz und 8khz wieder leicht abgesenkt.
Der größte Unterschied besteht zweifelsohne zwischen den aktiven Epiphones und allen anderen Thunderbirds. Der Epiphone Thunderbird Pro hat viel mehr Hochmitten, Höhen und Brillianzen als seine Geschwister. So viel, dass man mit dem Höhenregler am Bass vorsichtig sein muss, jedes Schnarren geht durch die Pickups. Auch im Bassbereich verhält er sich anders als die passiven Birds. Sein Bassregister scheint irgendwie ein ganzes Stück tiefer zu liegen, im Grundtonbreich. Die anderen Vögel reichen viel weiter in die Tiefmitten, so ähnlich wie ein Precision, beim Pro scheint hier regelrecht ein Loch im Frequenzgang zu liegen. Wie schon gesagt, mein Classic Thunderbird und mein Precision sind sich sehr viel ähnlicher als die beiden Birds.
Alle anderen Thunderbirds sind eng miteinander verwandt, vor allem Classic und Gibson. Kein nerviges Schnarren durch die Pickups und ein sehr breiter Bassbereich, der von den Grundtönen bis zu den Precision-mäßigen Tiefmitten reicht. Ein klein wenig dumpf sind sie in meinen Ohren alle. Aus dem Standard Epiphone, dem Classic und dem Gibson Standard bekommt man mit dem Bridge Pickup und offener Höhenblende einen schönen Attack, der Nikki Sixx Blackbird von Epiphone fällt hier durch fehlende Regler negativ auf und bleibt immer mulmig. Was den Epiphone Standard angeht, teile ich die Einschätzung von GeddyHarris, ein wenig dunkler als der Rest. Ich finde ihn aber durchaus gut, hab selbst nicht so lange drauf gespielt, mische aber unter anderem gerade einen Song, der mit einem Standard Epibird eingespielt wurde.
Wo liegt nun der Unterschied zwischen dem Epiphone Classic und dem Gibson Original? Auf jeden Fall nicht im Handling, sie fühlen sich sehr ähnlich an, sind gleich gebaut und hoffentlich auf einem Verabeitungsniveau, danach hab ich nicht so genau geguckt, hatte ohnehin nicht vor, einen Bass zu kaufen. Der Gibson war überraschend leicht, aber ein Schwergewicht im Sound. Das gilt für beide Bässe, sie klingen schwerer als sie wiegen und sie klingen fast gleich. Der Gibson hat aber insgesamt einen klareren Sound, er ist definierter und "sauberer" im Bassbereich. Ich kann nicht genau sagen, was es ist, vielleicht auch nur Placebo weils das sagenumwobene Original ist, aber wenn man beide hintereinander spielt, klingt der Gibson straffer und besser. Das sind Unterschiede, die im Bandkontext wahrscheinlich untergehen, weder Bandkollegen noch Nicht-Musiker würden das hören schätze ich. Ziemlicher Roman hier, tut mir Leid, hoffe es interessiert irgendwen hier, für mich wars auf jeden Fall interessant mal alle Thunderbirds zu vergleichen und zu erfahren wie ein Thunderbird wirklich klingt, nachem ich lange nur den Epiphone Pro kannte, der nicht wirklich nah am Original ist.
Nachtrag: Sweet Spot gefunden! Bridge PU voll auf, Höhenblende 7/8, den Neck PU auf 9 runterdrehen, dann schaltet irgendwas um, das hört man. Auf einmal sind sie da, die dreckigen Mitten. Das ist der Bass den ich haben wollte, röhrt richtig geil