Transistor (Solidstate) Amps - pro/contra

  • Ersteller Dr_Martin
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Es sollte lediglich drauf hinweisen das seit Anbeginn der Zeit - 80er Jahre bis zur Gegenwart - bei der einen Technologie immer alles ausgereizt wurde und bei der anderen sich aufs nötigste beschränkt wurde um alle günstig zu halten. [...] Oder kannst du mir einen Transistorverstärker nennen mit drei oder vier
Kanälen, zwei schaltbaren Mastervolumen und einen oder zwei schaltbaren Effektwegen?

Nein, das kann ich nicht. Aber woran dein Beispiel (meiner bescheidenen Meinung nach ;)) entscheidend hinkt, ist, dass ich, wenn ich an Röhren-Amps denke (besonders im Jahr 2020) ... äh, na ja, ich denke halt an alles Mögliche (geiler Ton, aber teuer, schwer und unhandlich usw.), aber bestimmt nicht an "technischen Fortschritt". Hättest du dich - anstatt auf ein feature-überladenes Rockmonster, das für alles steht, wofür das Gros der Röhren-Amps eben überhaupt nicht steht - auf einen dieser mojo-umwehten einkanaligen Boutique-Amps konzentriert, die mit Worten wie "magic of pure valve tone", "vintage sound" und geschickt eingestreutem "selected NOS parts" für Gänsehaut sorgen, dann hätte ich dir vorbehaltlos zugestimmt. Technik von vorgestern, aber akribisch abgestimmt und kompromisslos auf Tonqualität hin optimiert.

Also, meiner Meinung nach: Röhre = Ton, sonst nix. Dafür werden klaglos schwere Amps geschleppt, für Aufnahmen kompliziert abmikrofoniert, Tausende in fette Pedalboards, Looper, Switcher, Attenuatoren usw. gesteckt. Technischer Fortschritt ist, den ganzen Kram und noch viel mehr in einer kleinen Kiste zu haben, oder einen Fender-Modelling-Amp, der gerade mal 10, 12 Kilo wiegt. Im Idealfall in der gleichen Qualität wie die verehrten Vorbilder natürlich, aber "Fortschritt" ist auch dann Fortschritt, wenn das Optimum noch nicht erreicht ist. Sonst hieße es ja auch nicht "Fortschritt", sondern "Ziel erreicht".

Wo ich dir aber - wenngleich, wie du gesehen hast, aus anderen Gründen - zustimme, ist, wenn du auf die günstig (und als Massenware) hergestellten Transen abzielst. Völlig richtig. Die Dinger gab es und die gibt es noch heute. Schlecht für das Image. Aber wie bereits ein geschätzter Forumsteilnehmer richtig feststellte: Das gilt heute nur noch bedingt. Ich habe das Gefühl, dass der große Erfolg der digitalen Modelling-Amps zu der kuriosen Situation geführt hat, dass die vorher ach so gescholtenen Transen seit einigen Jahren plötzlich mit dem Argument "analog" einen zweiten Frühling erleben. Ja, so nach dem Motto, ja, ja, ist keine Vollröhre, aber es hat entweder so ein winziges, kleines Röhrchen drin oder eine komplizierte Transistor-Schaltung, aber, hey, es iss net digital, sondern analog und damit den Röhren-Gerätschaften irgendwie doch näher verwandt als diese sterilen Bitschleudern mit ihren Latenzen und digitalen Flatulenzen (in den Hochmitten).

Insofern würde ich sagen: Na, sooo schlecht sieht es für das Image der Transen gehobener Klasse gar nicht aus. Für Leute wie mich, die das Gras (zum Glück) nicht wachsen hören können, können sie eine gleichwertige Alternative zum Röhren-Original darstellen (ähnlich einem sehr guten Modelling-Amp). Und, so habe ich ein bisschen den Eindruck, vielleicht richtig oder auch falsch, sind gute Transen in den letzten Jahren auch für rückenschmerzengeplagte ältere Musiker oder aus irgendwelchen anderen praktischen Gründen (Gewicht, Stabilität usw.) valide und zunehmend weniger belächelte Optionen. Eben unter anderem auch deshalb, weil der Weg von der Röhre zu einem wirklich guten Transistor-Amp immer noch im analogen Umfeld liegt. Und mal ehrlich: Eine gute Transe in Grund und Boden zu reden, aber auf transistorbestückte Pedale zu schwören, ist dann schon ein bissel schizophren. Ich seh' deshalb die Zukunft für anspruchsvolle Transistor-Amps oder Modelling-Transistor-Kombinationen ziemlich rosig.
 
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man sollte aber auch fairerweise erwähnen , das gute alte solid state amps , auch ihr gewicht haben ....... deshalb klingen sie ja auch noch
Liegt eigentlich nur daran, dass sie noch keine Schaltnetzteile oder Class D Endstufen haben. Da musste noch viel Kupfer herhalten um, 100W zu bekommen.
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Nein, das kann ich nicht. Aber woran dein Beispiel (meiner bescheidenen Meinung nach ;)) entscheidend hinkt, ist, dass ich, wenn ich an Röhren-Amps denke (besonders im Jahr 2020) ... äh, na ja, ich denke halt an alles Mögliche (geiler Ton, aber teuer, schwer und unhandlich usw.), aber bestimmt nicht an "technischen Fortschritt".
Liegt aber auch am Kunden. Ich hab fast den Eindruck, das Ziel ist nur noch einen Plexi zu bekommen, ohne das Trommelfell bersten zu lassen.

Technischen Fortschritt gibt es schon, nur wird der nicht so gefragt oder gepriesen. Korg's NuTube ist eine komplette Neuerung bei Vakuumröhren, der Line 6 DT25 hat eine Röhrenendstufe die sich ferngesteuert im laufenden Betrieb umkonfigurierten lässt. Aber der Boutique-Kunde will nur eine Replik von 60'er Jahre Designs, keine Neuerungen. Wenn ich mich recht erinnere, hat Reinhold Bogner in einem Interview mal fallen lassen, dass er Prototypen mit neuen Sounds gebaut hat, die aber einfach keiner haben wollte.

Man siehts bei Modeling auch: Was sind dort die Presets? Tweed, Blackface, Plexi, JCM800, Mesa Boogie. In der digitalen Welt gibt es keine Spielregeln, man könnte jeden möglichen und unmöglichen Verstärker simulieren. Neue Sounds gibt's trotzdem nicht, sondern nur Neuaufgüsse der 1960er.

Was war denn der letzte „neue“ Verstärkersound der sich etablieren konnte? 5150 vor fast 30 Jahren? Line 6 „Insane“ war zwar ein eigener Sound, stieß aber nicht auf viel Gegenliebe.
 
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Liegt aber auch am Kunden. [...]

Gebe ich dir völlig recht. Es liegt "auch" am Kunden ... und vielleicht sogar "hauptsächlich"? Ich würde nie behaupten, dass diejenigen, die Röhren-Amps bauen, nicht dazu in der Lage sind, über innovative Produkte nachzudenken und/oder zu konstruieren. Aber wenn das Interesse nicht da ist, dann gibts auch keine Innovationen und man steckt im Altbewährten, das im Detail zwar immer weiter raffiniert und ausdifferenziert wird, bei dem sich aber letztlich alles im Kreis dreht.

Ich sehe eine große Zukunft für Hersteller, die Transistor-Technologie, Modelling und meinetwegen auch Röhren-Derivate gekonnt in Produkten vereinen, die sowohl klang- und spieltechnisch überzeugen als auch preisgünstig, klein, leicht, flexibel, anschlussfreudig (sprich: ganz einfach praktisch) sind. Das ist das große Problem der typischen Röhren-Liebhaber, dass sich alles nur um den "perfekten" (oder als so empfundenen) Klang dreht, dem sich alles andere unterzuordnen hat (Preis, Praktikabilität usw.) - aber ich habe das Gefühl, immer mehr Gitarristen beginnen ganz anders zu ticken und sagen, solange es anständig klingt und sich gut spielt, sind mir andere Dinge mittlerweile viel wichtiger.
 
Dem aber
Ich sehe eine große Zukunft für Hersteller, die Transistor-Technologie, Modelling und meinetwegen auch Röhren-Derivate gekonnt in Produkten vereinen,
ich glaube der analoge Transistor wird außerhalb von Pedalen an Bedeutung verlieren und von digitalem Modeling überholt werden. Valvestates und Bandits werden vielleicht eines Tages Sammlerobjekte?

jedenfalls gibt es wenig, was ein analoger Transistor besser kann als ein Modeler - und wie man an Einstiegsmodellen sieht, muss das auch nicht teuer sein.

Spannend wird, wie die High End Schmieden auf Modeling reagieren werden. Boutique-Modelle, bei denen man B+ nach Geschmack einstellen kann, auch auf Pegel die eine echte Röhre keine 10min Aushalten würde? Oder gibt‘s eine digitiale Neuauflage von Fish und Triple Giant?
 
Das "Modelling" betrifft ja nur die Klangformung bzw, Klangmodullierung. Die Leistungsverstärkung macht nach wie vor die Endstufe und da kann man sowohl
Röhren, Transistor oder Schaltverstärker verwenden, z. Bsp. die Kombination digitales Multieffektgerät/Röhrenverstärker.
 
Auch dort glaube ich, dass der analoge Transistor der digitalen Variante weichen wird.
 
was sind denn legendäre Spitzenamps mit Transistorsound?

Acoustic Amplification 200W Solidstate mit 2 Kanal technologie und 5 Kanal EQ plus Distortion und Reverb
Keine Ahnung wie das Modell genau hiess.
 
Oder der gute alte Roland Jazz Chorus
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Auch dort glaube ich, dass der analoge Transistor der digitalen Variante weichen wird.
Da gibts nur leider keine digitale Variante.
 
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naja ...... das neueste ist nicht immer das beste .

... wenn ich mal bedenke , das schon einige kemper zb hier im flohmarkt gelandet sind , sich röhren über jahrzehnte halten , hat der gute solid state amp sicher noch eine zukunft .
 
Einen Unterschied, den ich prophezeie:
  • Ein 1965er Fender funktioniert auch 55 Jahre später noch im Jahr 2020 weitgehend so wie damals. Er wird auch noch weitere 55 Jahre wartbar sein und auch im Jahr 2075 noch laufen, weil es die Bauteile weiterhin geben wird (Kondensatoren, Widerstände, Potis, etc.) bzw. man sich notfalls mit Lagerbestand behelfen kann (NOS tubes, etc.)
  • Einen 2020er Kemper kann bereits im Jahr 2035 kaum noch jemand mehr reparieren können, wenn irgendwas kaputt geht. Bisschen Power-Elkos gingen noch, auch ein paar Widerstände, aber es wird Chips und Bildschirme usw. schlichtweg nicht mehr geben. Klar, dafür gibt's halt bis dahin die Version 4 oder 5 die alles viel besser macht als davor.
  • Transistoren fallen irgendwo dazwischen - für ein paar Sammlerstücke und High-End Amps gibt es dank viel gleicher Bauteile im Hifi-Bereich genug Teile, auch längerfristig. Sonst halt auch eher Wegwerf-Teile, weil nicht mehr wirtschaftlich wartbar.
 
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Oder der gute alte Roland Jazz Chorus
Da gibts nur leider keine digitale Variante.

Wie wärs mit dem?
Oder meintest du was anderes?

Clip.jpg
 
Nein ich meinte daß es grundsätzlich keine digitalen Endstufen gibt
--- Beiträge wurden zusammengefasst ---
Einen Unterschied, den ich prophezeie:
  • Ein 1965er Fender funktioniert auch 55 Jahre später noch im Jahr 2020 weitgehend so wie damals. Er wird auch noch weitere 55 Jahre wartbar sein und auch im Jahr 2075 noch laufen, weil es die Bauteile weiterhin geben wird (Kondensatoren, Widerstände, Potis, etc.) bzw. man sich notfalls mit Lagerbestand behelfen kann (NOS tubes, etc.)
  • Einen 2020er Kemper kann bereits im Jahr 2035 kaum noch jemand mehr reparieren können, wenn irgendwas kaputt geht. Bisschen Power-Elkos gingen noch, auch ein paar Widerstände, aber es wird Chips und Bildschirme usw. schlichtweg nicht mehr geben. Klar, dafür gibt's halt bis dahin die Version 4 oder 5 die alles viel besser macht als davor.
  • Transistoren fallen irgendwo dazwischen - für ein paar Sammlerstücke und High-End Amps gibt es dank viel gleicher Bauteile im Hifi-Bereich genug Teile, auch längerfristig. Sonst halt auch eher Wegwerf-Teile, weil nicht mehr wirtschaftlich wartbar.
Einen Transistoramp kann man doch immer günstig reparieren (halt dann mit einem Transistor-Vergleichstyp).
 
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Sonst halt auch eher Wegwerf-Teile, weil nicht mehr wirtschaftlich wartbar

ich sag mal jain ..... es kommt darauf an , wie so ein teil aufgebaut ist ....... wenns nach alter art und sitte ist , kriegt man die immer wieder ans laufen ...... ist es aber sone zugepackte smd ( billich will ich ) kagge , bleibt wohl nur wegschmeißen .
 
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Wenn du aus dem Modeling-DSP direkt mit einem quantisierten Signal in die Endstufe gehst, passiert erst im Tiefpass die DA-Umwandlung. Ich sehe keinen Grund, das nicht mehr als digitale Endstufe zu bezeichnen. Man könnte natürlich noch über den Rückopplungsweg diskutieren, aber das würde zu weit ablenken.

Haarspalterei bei Seite: Mein eigentlicher Punkt war, dass mit Class D, im Gegensatz zu A/AB, die Kennlinie des Transistors als Klangfärbung ausfällt.

theoretisch könnte man auch einen Class D Verstärker ohne Transistoren auf Röhrenbasis bauen, vom Klang und Spielverhalten wäre er jedoch weit entfernt von dem, was man gemeinhin als "Röhrensound" bezeichnet. Von daher würde ich einem Class D-Verstärker keinen "Transistorsound" attestieren sondern als Kategorie behandeln.
 
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ich glaube, das Problem ist nicht, ob ein Transistorenamp besser oder schlechter als Fender X oder Marshall Y klingt.
Ich glaube, das Problem ist hauptsächlich, dass sie anders klingen.
und das ist bei uns konservativen Gitarristen ein Problem.
 
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und das ist bei uns konservativen Gitarristen ein Problem.

nun ja ...... bezeichnen wir das mal nicht als " problem " , die kommen ja erst , wenn man die dingers versucht zu hause zu spielen ...... es ist nur halt etwas " unkreativ " aus anderem material , einen neuen sound zu formen ;) .
 
... es ist nur halt etwas " unkreativ " aus anderem material , einen neuen sound zu formen .
ich verstehe ehrlich gesagt nicht, was du meinst.
mein Punkt ist genau das Gegenteil:
ich finde es kreativ, aus unterschiedlichem Material eben einen neuen sound zu formen.
aber typischerweise geht es um authentisch (imho das Gegenteil von kreativ) oder "vintage korrekt", d.h. es ist nur korrekt, also richtig, und damit gut, wenn es 100 % genau so klingt wie Hendrix 1967, oder Led Zeppelin 1970 oder Guns'n Roses 1987.

und wenn ein amp dann einen anderen Sound erzeugt, ist das eben nicht das, was jeder hören will.

ob das besser oder schlechter klingt, kann ja sowieso keiner entscheiden, das ist eben Geschmacksache.
aber manche basteln sich ihren sound auch so zurecht, dass er möglichst so klingt, wie sie es sich im kopf vorstellen - ob das dann authentisch Vox oder Mesa Boogie oder was ganz anderes ist, ist dabei Wurscht.

und ich denke, dass das bei Transistorenamps, die eben nicht genau wie die grossen Vorbilder klingen, für Fundamentalisten schwierig zu akzeptieren ist.
 
aber typischerweise geht es um authentisch (imho das Gegenteil von kreativ) oder "vintage korrekt", d.h. es ist nur korrekt, also richtig, und damit gut, wenn es 100 % genau so klingt wie Hendrix 1967, oder Led Zeppelin 1970 oder Guns'n Roses 1987.

das meinte ich aber auch .

;)
 

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