übermodernen Geräusch-Krach à la 'Dubstep'
Och nö, nicht wieder die alte "Das war noch richtige Musik!"-Leier. Mit Minimoog, Streicherkeyboards, Prophet-5, Oberheim DMX und Konsorten hat man damals auch genug Schund produziert. Gerade in den 80ern wurden synthetische Klänge oft genug für Lieder missbraucht, die in ihrer Ästhetik und Komplexität kaum wertvoller sind als das, was Hobby-Produzenten heutzutage auf YouTube und Soundcloud hochladen.
Aber nach drei Jahrzehnten sind die schlimmeren Songs aus der Zeit zurecht in Vergessenheit geraten…genauso, wie es mit den weniger bemerkenswerten Songs dieser Zeit auch passieren wird.
Dubstep hat mit seinen oftmals verschachtelten Half-Time-Beats und dem Einsatz von Triolen für Bässe und Melodien gleich zwei Elemente aufgegriffen, für die sich ein Großteil der Musiker des 21. Jahrhunderts aus welchem Grund auch immer kaum interessiert hat. Insofern hat die Popularität von Dubstep und verwandten Genres der bis dahin recht einfach gestrickten Rhythmik von Top40-Musik einen guten Dienst erwiesen.
Dass die charakteristischen Elemente dann schnell kommerzialisiert und bis zum Erbrechen ausgenutzt wurden, passiert mit so ziemlich jeder Musikrichtung, die populär wird.
Die Klangästhethik von stark verzerrten Synths und verfremdeten Samples gefällt vielleicht nicht jedem. In der selben Situation waren…
…Jazz ("Akkorde, die nicht einfach Dur oder Moll sind? Sakrileg!")
…Rock'n'Roll ("Elektrische Gitarren? Sakrileg!")
…Rock ("Verzerrte elektrische Gitarren? Sakrileg!")
…Heavy Metal ("Noch stärker verzerrte elektrische Gitarren? Sakrileg!")
…Synthpop ("Keine Gitarren? Sakrileg!")
…House ("Synthesizer, die von Sequencern gespielt werden? Sakrileg!")
und so ziemlich jedes andere Genre in ihrer Anfangsphase aber auch einmal.
Wenn man die anfänglichen Bedenken einmal weglässt, entdeckt man, dass eine neue Klangästhetik anders, aber nicht unbedingt schlechter als die bisherige ist. Und wenn man darüber hinweggekommen ist, die Musik einfach nur als "Krach" zu bezeichnen, dann erkennt man auch, wie komplex die Kompositionen sein können. Gerade dadurch, dass im Dubstep und verwandten Genres manche Elemente mehr durch Modulation als durch konventionelle Melodien variiert werden, ergeben sich Muster, die sich mit herkömmlicher Musiktheorie gar nicht erst beschreiben lassen, aber doch sehr mit der Antizipation des Hörers spielen und ziemlich mitreißend sein können.
Und wem es immer noch nicht gefällt, der darf sich darüber freuen, dass Dubstep so gut wie tot ist und sich stattdessen über den neuen "Krach" in Form von Trap ärgern.