„Stammtisch-Argumente“ bzgl. nicht „handgemachter“ Musik u.ä.

Guvnor
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Servus,

es wird mal wieder Zeit für ein bisschen Rumgemecker ;)

Es gibt da so eine Sache, die mich wirklich sehr nervt, und das sind diese ignoranten Kommentare gegenüber bestimmten Musikrichtungen, teilweise kommen diese sogar von Musikern, obwohl man denen eigentlich zusprechen sollte, dass sie wissen, wovon sie reden. Aber teilweise auch vom Hörervolk. Ein stückweit kann ichs natürlich verstehen, schliesslich mag man eben nunmal nicht alles, und auch ich rede natürlich gerne mal abfällig über Dinge, die mir nicht gefallen. Aber es stört mich, wenn solche Aussagen wirklich als ernstgemeinte Argumente verstanden werden sollen, warum eine Musikrichtung schlechter ist - oder noch besser, gar nicht erst als Musik gezählt werden dürfte.


Argument 1: "Das ist ja keine handgemachte Musik"

Oftmals verwendet wenn es um elektronische Musik geht. Was für ein sinnfreier Kommentar. Erstens mal wird natürlich jede Musik letztendlich "handgemacht", denn es sind immer Menschen involviert. Gemeint ist natürlich meist, dass keine "echten" Instrumente gespielt werden. Nun ist die Frage, was sind überhaupt "echte Instrumente" bzw. warum ist ein Synthesizer oder eine Drum Machine kein echtes Instrument. Letztendlich sind alle Instrumente von Menschen erschaffene Geräte und Hilfsmittel (wenn man mal von der Gesangsstimme absieht). Das Wort "Instrument" legt das doch schon nahe. Wo ist nun das Problem, wenn ein Instrument Strom benötigt, oder eine Sequenz von alleine spielt (die man aber vielleicht trotzdem als Mensch hineinprogrammieren muss). Wo ist der künstlerische Unterschied, wenn die Drum Machine einen simplen 4/4-Beat spielt, den der echte menschliche Schlagzeuger von Hand auch spielt, was aber letztendlich nichts besonderes ist. Oder die C-G-Am-F-Akkordfolge, die der Gitarrist auf seiner Wandergitarre schrammelt, was letztendlich auch nichts anderes ist als das, was er damals innerhalb der ersten paar Wochen bereits gelernt hat.
Dann noch die Kehrseite: Wie viel Technik ist denn heutzutage selbst bei Rock-Alben-Produktion vorhanden. Auch dort werden die Drums oftmals gar nicht von einem Menschen eingespielt. Auch dort werden die Gitarrenriffs oftmals am Computer nochmal ausgeschnitten und zurechtgerückt. Wie viel "handgemacht" steckt denn heute überhaupt in einer durchschnittlichen Produktion?

Letztendlich ist dieses Argument ("das ist ja nicht handgemacht") auf eine Linie zu setzen wie wenn ein Rentner über eine Rockband sagt, "aber die brauchen ja Strom! Wenn man denen den Saft abdreht, hört man nix mehr!" -> folglich kann das keine Musik sein.

Dann nochmal allumfassend gesprochen: Warum hat Musik denn überhaupt handgemacht zu sein? Wer hat das jemals festgelegt? Kann Musik nicht auch schön sein, wenn sie von einem Automaten abgespielt wird? Was ist mit einem Glockenspiel in einer Kirche? Was ist mit einer Spieluhr? Ist es nicht eine wunderschöne Sache, einen Kasten zu haben, dem man einen Drum Beat einprogrammieren kann, den dieser dann selbständig abspielt? Dürften Leute, die handgemachte Musik wollen, überhaupt mit einem mp3-Player rumlaufen? Dürften diejenigen überhaupt auf ein Rock-Konzert gehen, wo Loops im Hintergrund abgespielt werden? Dürften diese überhaupt E-Gitarren gut finden, denn diese sind ja elektrisch verstärkt? Da ist ja Strom im Spiel?

Man kann es auch mal so herum betrachten: Man stelle sich ein klassisches Orchester vor. Zweifelsohne ist die Musik, die von diesem Orchester gespielt wird, "handgemacht". Aber die spielen alle die Noten vom Notenblatt runter, wie eine Maschine. Sie spielen das, was ein Komponist sich damals ausgedacht hat und auf Papier aufgeschrieben hat. Das ist eigentlich sehr vergleichbar mit einem Musiker, der am PC oder an einem Sequencer die Musik einprogrammiert. Und dieser lässt die Musik dann von seinen Geräten spielen, während der klassische Komponist die Musik eben von geschulten Orchester-Instrumentalisten abspielen lässt. Da findet keine Improvisation und vermutlich auch keine Interpretation mehr statt, es wird alles haargenau so abgespielt wie es auf dem Blatt vorgegeben ist. Warum ist das jetzt qualitativ besser?


Argument 2: "Die können ja gar nicht singen" (HipHop)

Ich bin mit Sicherheit kein großer HipHop-Fan. Aber warum muss man HipHoppern und Rappern gleich absprechen, dass das, was sie tun, Musik darstellen soll? Ist es Pflicht, singen zu können? Muss ein Lied unbedingt Gesang beinhalten? Können diejenigen Popstars, die nur mithilfe von Autotune einigermaßen anhörbar klingen, irgendetwas besser als Rapper, die ja auch gar nicht behaupten, zu singen, sondern einfach rappen? Ist Gesang besser als Rap? Ist Sprechgesang kein Gesang? Es gibt zig Beispiele von Musik aus anderen Bereichen, wie z.B. auch Rock und Metal, wo der Gesang ebenfalls nicht melodisch ist. Aerosmith - Walk this Way, eigentlich rappt der doch. Ist Aerosmith jetzt keine Musik mehr? Was ist mit Fred Schneider von den B-52's? Bei vielen Metal-Gruppen wird gegrunzt, teilweise versteht man nichtmal den Text. Ist das jetzt folglich auch keine Musik? Ist es nicht doch Musik, denn letztendlich ist Sprechgesang doch etwas rhythmisches, und es liegt ja auch zweifelsohne ein musikalischer Beat drunter. Warum ist ein Musikstück kein Musikstück, wenn derjenige, der eine menschliche Stimme dazu liefert, dies nicht in Form von verschieden hohen Tönen tut? Ist eigentlich Queen - We will rock you keine Musik? Da dürfte weitaus weniger musikalischer Anteil drin sein als in so manchem Rap- und HipHop-Stück.

Dann mal wieder etwas allumfassender: Wer sagt überhaupt, dass ein Rapper nicht singen "kann"? Vielleicht tut er es einfach nur nicht, weil er nunmal eben lieber rappen will? Und weil das nunmal in der Musikrichtung, in der er unterwegs ist, besser passt? Wer sagt, dass jemand nur deshalb etwas tut, weil er etwas "besseres" nicht kann? Kann jeder gute Sänger im Umkehrschluss auch automatisch rappen?

Dieses Argument ist wiederum für mich genauso hirnlos wie wenn man zu einem Sänger oder einer Sängerin (z.B. Helene Fischer) sagen würde, "die kann ja gar nicht Gitarre spielen", in der Erwartung, dass jeder, der auf der Bühne ein bisschen Singsang macht, eigentlich doch auch eine Gitarre um den Hals hängen haben sollte.


Argument 3: "Rumschreien kann ja jeder"

Wird gerne bei Rockmusik gesagt, wenn derjenige, der diese Aussage macht, die Art des Gesangs nicht mag. Natürlich ist es dann automatisch Geschrei. Nun könnte man versucht sein, zu argumentieren, dass das ja gar kein Geschrei ist sondern tatsächlich Gesang, und dann irgendwelche allgemein als gut anerkannte Metal-Sänger nennen. Aber muss man das überhaupt? Gibt sicherlich auch viele Sänger, bei denen das wirklich nur Geschrei ist - trotzdem kann das ja nicht automatisch jeder. Zumindest nicht so, dass es sich dann auch für andere Menschen bzw. Fans der Musik gut anhört. Warum darf man denn eigentlich auch Geschrei nicht gut finden? Ist Musikempfinden nicht sowieso subjektiv? Kann man das Geschrei von Mariah Carey und Whitney Houston nicht ebenfalls kacke finden und dann daraus folgern, die beiden Damen könnten halt nicht singen? Vielleicht sollten sie es mal mit Rap versuchen?


Argument 4: "Am Computer was zusammenklicken kann ja jeder"

Im Prinzip das gleiche wie Argument 3, nur hier wieder eher auf elektronische Musik bezogen, die nach wie vor dem Vorurteil unterliegt, dass das eh alles aus dem Computer kommt und nichts handgemachtes ist (siehe Punkt 1), letztendlich muss man ja nur am PC ein paar richtige Knöpfe drücken. Klar, theoretisch muss man ja auch am Klavier nur die richtigen Tasten drücken. Von daher kann eigentlich auch jeder Klavier spielen, würde ich sagen.

Dazu kommt im Umkehrschluss noch ein weiterer Punkt: Muss Musik immer kompliziert sein? Muss es immer etwas sein, was eben nicht jeder kann? Muss Musik elitär sein? Ist dann ein am Lagerfeuer gesungenes "Lady in Black" (stolze 2 Akkorde übrigens!) auch keine richtige Musik?

Eigentlich müsste doch dann auch jeder zum Profi-Fussballer werden können, oder nicht? Das bisschen Ball-kicken kann ja nicht so schwer sein.

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Was denkt ihr darüber? Gehen euch solche Argumente auch auf die Nerven (ich rede jetzt wie gesagt von dem Fall, dass diese Argumente im ernsthaften Sinne gebraucht werden, und nicht im Spass oder in abfälligen Lästereien, sondern wirklich von Leuten, die einem damit weismachen wollen, dass bestimmte Musikrichtungen usw. keine Daseinsberechtigung haben oder zumindest objektiv schlechter seien) und fallen euch noch weitere Argumente ein?

Warum muss man generell immer alles schlechtreden, was dem eigenen Geschmack nicht entspricht? Klar, ich mag auch nicht jede Musikrichtung und ich äussere mich durchaus auch mal negativ drüber. Mit Sicherheit auch mal mit leichten Übertreibungen. Aber niemals würde ich ernsthaft irgendeine Musikrichtung als "keine Musik" bezeichnen, nur weil dort bestimmte Dinge anders gemacht werden, als in den von mir bevorzugten Musikstilen.
 
Eigenschaft
 
Man kann es auch mal so herum betrachten: Man stelle sich ein klassisches Orchester vor. Zweifelsohne ist die Musik, die von diesem Orchester gespielt wird, "handgemacht". Aber die spielen alle die Noten vom Notenblatt runter, wie eine Maschine. Sie spielen das, was ein Komponist sich damals ausgedacht hat und auf Papier aufgeschrieben hat.
tun sie definitiv nicht - die Notation enthält einiges an Interpretationsspielraum.
Ich hab's auch mal live erlebt, dass ein klassisches Orchester durchaus Zeit braucht, um sich richtig 'einzugrooven'. (war übrigens ein renommiertes Ensemble)
In den Proben werden da Diskussionen über Timing geführt, die sich dem Gelegenheits-Hörer allerdings nicht erschliessen... aber für die Gesamtwirkung hat das sicher Bedeutung.

Mich stört etwas der Begriff 'Opa' im Titel (obwohl ich ihn aus eigener familiärer Erfahrung schon nachvollziehen kann...)
Die kritisierte Haltung ist weder an eine Alters- noch soziale Gruppe gebunden, sondern individuell.
Unter'm Strich die übliche Herden-Dynamik. Man sortiert sich (selbst) irgendwo ein, um einen Status zu unterstreichen.
Entweder nach dem Motto: wir sind viele... oder bewusst elitär indem man versucht, sich von einer vermeintlichen Masse abzuheben.

Musik ist imho nur in ganz seltenen Ausnahmen Selbstzweck, wenn überhaupt...
Ob ich nun mit der Violine oder Solo Gitarre pose: die Form variiert, der Zweck ist derselbe: die Bühnenpräsenz hebt das eigene Selbstbefinden.
Massentaugliche Musik wird wird in erster Linie wegen der 'verbesserten' Möglichkeiten bei der Partnersuche konsumiert, nicht wegen Klang- und Tonfolgen.
Oder (Musik allgemein) als psychologische Stimulanz, sei es nun Trauer, Zorn, Wut oder Entspannung.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nimm' es mir nicht krumm, aber ich finde solche Themen echt ermüdend.
Vermutlich werden ganz viele Leute eine Meinung dazu haben, aber letztlich ändert das nichts an der Natur des Menschen.
Wie Tom auch schon schrieb, es geht um Ingroup und Outgroup.
Mir erschließen sich auch nicht (mehr) die Untereschiede der gefühlt 1000 Metal-Varianten. Und recht eigentlich sind die mir auch total egal. Und Leute, die sich wegen irgendwelcher Andersartigkeiten herablassend äussern, sind eben Rassisten. Mehr gibt es von meiner Seite dazu nicht zu sagen.
 
@Guvnor

Noch bin ich mit 55 kein Opa!:D:redface:

Mensch dieses Thema is doch schon uralt. Was meinst du wie es in den 60/70ern Jahren zugegangen ist!!
Eltern stock konservativ und ich kam mit Deep Purple- , Uriah Heep- , Iron Butterfly - Platten und wie sie alle heissen nach hause. Da war Krieg zu Hause angesagt, teilweise sogar noch mit schläge!:ugly:
Die Kommentare die da fiehlen schreibe ich hier mal lieber nicht nieder.

Also ich bin mit sogenannter "Affenmusik" aufgewachsen und lebe heute immer noch:D
Lass die anderen mit ihrer Meinung über bestimmte Musik usw einfach links liegen und du lebst besser, wirst sehen;):)
 
Lauter Opas hier :D

Naja gut, der Titel war natürlich mehr so gemeint, dass halt die typischen Rentner immer schimpfen, und mit solchen Stammtisch-Argumenten daherkommen ("die brauchen ja Strom!").

Mir ist schon klar, dass die Leute immer irgend einen Mist reden werden, und dass dieser Thread vermutlich nicht alle umkehren wird. Trotzdem muss es natürlich auch eine Möglichkeit geben, seinem Ärger mal Luft zu machen. Und je mehr drüber geredet und geschrieben wird, vielleicht gibt es ja dem ein oder anderen dann letztendlich doch auch mal einen Denkanstoß.

Und gerade hier im Forum tummeln sich bestimmt auch ein paar, die so reden - vielleicht antworten diese hier nicht, aber lesen still mit und kommen vielleicht auch auf den Gedanken, vielleicht ein paar Dinge mal mit anderen Augen zu sehen... ;)

EDIT: Und ich möchte nochmals betonen, dass es mir hier ja nicht primär um die ahnungslosen geht, die halt rumschimpfen. Sondern mich stört es eben, wenn sogar Leute, die sich tatsächlich mit Musik beschäftigen oder Ahnung davon haben, solche "Argumente" nutzen, um ernsthaft eine Musikrichtung zu diskreditieren.
 
Ich versteh dich schon was du da meinst aber Geschmäcker sind nun mal sehr verschieden (zum Glück) und diese Kommentare?Na und...

Das wird höchstwahrscheinlich wieder so ein Endlosthread wie der komische "Gottesthread", später bei Beitrag 20576 wirst du/wir genauso "gescheit" sein wie im ersten Beitrag:)


Wie gesagt, ich verstehe dich sehr gut:great:
 
Geschmäcker sind nun mal sehr verschieden
Zweifelsohne. Das Problem ist nur wenn Leute das zwar sagen aber nicht wirklich glauben. Die habens dann nämlich nötig, einem die oben genannten Scheinargumente entgegenzubringen. Aus meiner Sicht ein Zeichen von Unsicherheit und manchmal ziemlich lästig.
 
@_pole da gebe ich Dir vollkommen Recht!

Den Satz "Geschmäcker sind nun mal verschieden" verwendet gefühlt jeder, aber wenn es wirklich so wäre, dass das jeder so sieht, dann dürfte es eigentlich selten solcherlei Diskussionen geben ;)
 
Klar nervt das gewaltig wenn jemand, mit welchen Argumenten auch immer, über mein Geschmack egal in welcher Beziehung lästert.
Aber was willst denn dagegen machen, rum diskutieren? Mit Sicherheit ziemlich sinnlos.

So, da meine Nachbarn nicht da sind und ich noch ca 2 Stunden alleine bin höre ich jetzt echte Musik , dreh die Anlage auf 8 und lass Pink Floyd auf'n Teller drehn. Echte Musik ohne Drummachine:D;);););) duck und weg;)
 
Ich erlaube mir mal, 2 "Argumente" rauszupicken umnd meinen Senf dazu zu geben:

Argument 1: "Das ist ja keine handgemachte Musik"

"Handgemacht" im wörtlichen Sinne ist mir nicht so wichtig, ein mitspielender Looper oder Drums vom PC sind auch live durchaus mal okay.
Was mir aber unheimlich auf den Seiher geht, ist "Live-Musik", bei dem 95 Prozent der Mucke vom Sequenzer kommt (und eigentlich nur wichtig ist, dass da droben ein paar hübsche Mädels posen). Bei "Live-Band"-Szenen wie

- Gitarrensolo ertönt, der (einzige) Gitarrist klatscht dabei mit den Händen über dem Kopf
- mehrstimmiger Gesang, alle drei Sänger sind in dem Moment meterweit von ihren Mikros entfernt (ohne Headsets)
- volles Schlagzeug, der Drummer wischt sich währenddessen die Hände mit dem Handtuch ab, die Sticks liegen auf der Stand Tom

fühle ich mich einfach verar.... äh, ja.... -äppelt, das ist für mich nicht "handgemacht".


Argument 4: "Am Computer was zusammenklicken kann ja jeder"

Das kann nicht jeder - ich zum Beispiel kann es nicht (genau so wie "rumschreien", da bin ich als Baß-Bariton aber sowas von draußen aus der Nummer....)
 
Was Live-Musik angeht gebe ich Dir Recht, es sollte zumindest der Zuschauer/hörer dabei nicht verarscht werden. Sehe ich kein Schlagzeug auf der Bühne aber höre ich eines, so ist das für mich vollkommen ok. Wenn dem Zuschauer aber was vorgemacht wird, ist das natürlich nicht in Ordnung.

Zu Deinen Beispielen: Hast Du exakt solche Dinge bereits erlebt oder waren die jetzt etwas übertrieben formuliert? Ich habe mal im TV ein Volksmusik-OpenAir gesehen, da hatten die ne richtige Outdoor-Bühne (also kein TV-Studio, auch kein "TV-Garten" oder sowas) und auch richtige Zuschauer und alles. Also wie ein richtiges OpenAir-Konzert. Aber auf der Bühne stand kein einziger Mikroständer (und es gab auch keine Headsets oder Handmikros). Das fand ich sehr kurios.
 
Ich habe mal im TV ein Volksmusik-OpenAir gesehen, da hatten die ne richtige Outdoor-Bühne (also kein TV-Studio, auch kein "TV-Garten" oder sowas) und auch richtige Zuschauer und alles. Also wie ein richtiges OpenAir-Konzert. Aber auf der Bühne stand kein einziger Mikroständer (und es gab auch keine Headsets oder Handmikros). Das fand ich sehr kurios.
Ist leider in diesem Genre Standard. Aber was solls? Solange das Zielpublikum damit zufrieden ist ...
 
Ist leider in diesem Genre Standard. Aber was solls? Solange das Zielpublikum damit zufrieden ist ...
Prinzipiell gebe ich Dir Recht, aber das war wirklich wie ein richtiges OpenAir-Konzert aufgezogen. Sah also nicht aus wie eine typische TV-Produktion (wo ich mit Playback eigentlich nicht unbedingt Probleme habe, da ich hier auch ein stückweit verstehen kann, warum es eingesetzt wird).
 
Hast Du exakt solche Dinge bereits erlebt oder waren die jetzt etwas übertrieben formuliert?
Das habe ich im Sommer 2017 echt erlebt, alle drei Szenen im Laufe von etwa 40 Minuten an einem Abend im Bierzelt: Es spielte eine Party-Band (den Namen lass ich lieber weg, die sind in Nord-Ost-Bayern bekannt und gern gebucht) "live". Wahrscheinlich war ich ab 21:00 Uhr einer der wenigen, die noch nüchtern waren. Deshalb vielleicht blieb dieses dieses seltsame Negativ-Erlebnis im Gedächtnis.
Da war Vollbesetzung auf der Bühne: Ein Gitarrist, ein Bassist, eine Keyboarderin, ein Schlagzeuger, eine Sängerin, also eigentlich alles, was man so braucht.
Man hört das Gitarrensolo in "We Will Rock You" (das am Schluss) - und der Gitarrist klatscht nur...
"Rocking All Over The World" - Gitarrist blödelt mit Drummer rum, Bassist dreht am Verstärker rum und die Sängerin klatscht über dem Kopf (Mikro liegt am Boden), und aus den Boxen mindestens zweistimmig "...and I like it, I like it..."
"Highway To Hell" - während des Refrains legt der Drummer die Sticks zur Seite und trocknet sich die Hände, Schlagzeug läuft unverändert weiter...

Ich bin dann gegangen und hab mir :facepalm1: gedacht...
 
Das finde ich jetzt irgendwie aber schon wieder interessant :D vor allem aus der Sicht heraus betrachtet, dass es in diesem Musik-Umfeld dem Publikum vermutlich wirklich wichtiger ist, dass die Lieder so kommen wie man sie halt kennt, als dass das jetzt jemand live spielt. In diesem Fall kann die Band sich das vermutlich schlichtweg erlauben, und ich finde es eigentlich sehr dreist aber irgendwie fast schon genial... :D
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Es hat was, so dreist zu sein - und damit durchzukommen.

Grundsätzlich ... hm ... also die Umsetzung von geschriebener Musik in Schallwellen und die verschiedenen Wege sind hier ja das ... dominanteste Thema.

Einerseits seh ichs wie Du - Musik ist erstmal Musik, erstmal muß sie mir ja auch nichteinmal gefallen und erstmal kann sie gespielt werden, womit das gewollt wird.

Die handwerkliche Umsetzung (mehr im Sinn von Kunsthandwerk - eher Maler als Anstreicher) stellt allerdings auch einen Wert für sich dar, der Einiges an Vorbereitung (man muß lernen, das Ding, das man spielt, zu spielen) fordert, an Zusammengewöhnung der Musiker - löst eine Software die Umsetzung, fehlt dieser Schritt. Klar, das ist nicht der Einzige, manchmal auch nicht der Bestimmende, aber eine komplizierte Tonfolge oder Progression in Echtzeit, wann sie eben dran ist, zu spielen, ist eben auch ... einerseits Nachweis intensiver Beschäftigung mit dem Thema, andererserseits ist auch das Entstehen synchron zum Hören, die fehlende Korrekturmöglichkeit, Teil der Faszination des Ganzen.

Am Ende komm ich aber auch nur dazu, daß ich eben einfach Vieles nicht mag und daß alles, was niemanden betrügt, zumindest in Ordnung ist. Und oft eben auch sehr schön, bzw zum Schönsten gehört, das Menschen so machen, die oft viele nicht so schöne Dinge machen.
 
Aber was willst denn dagegen machen, rum diskutieren? Mit Sicherheit ziemlich sinnlos.
Ich würds auf jeden Fall hinterfragen. Meine große Schwäche ist, dass ich an die Wirksamkeit von zwischenmenschlichem Austausch glaube.
 
Die Schwierigkeiten sind anders. In meinen früheren Bands spielte ich hauptsächlich Bass/Gitarre, jetzt isses primär elektronisch. Elektromugge verlangt sicher weniger Proben im gleichen Sinn wie eine klassische Bandprobe abläuft, weil Sequencer einem viel abnehmen, aber wer seine eigenen Songs nicht kennt und glaubt damit weit zu kommen, wird auch mit Sequencern ziemlich auf die Nase fallen. Ich würde behaupten, dass diejenigen, die elektronische Musik für grundsätzlich simpel und schlechter halten selbst eher wenig Anspruch an ihre Lieblingssgenres stellen (meistens Classic Rock) und daher, würden sie gebeten es mal selbst zu versuchen, schon deshalb gnadenlos versagen werden. Man braucht auf jeden Fall länger eine Beat/Basslead-Sequenz zu programmieren als ein Riff im Stil von AC/DC zu schreiben. Es einzuspielen ist eine andere Sache, Loopen geht schnell. In jedem Fall ist die Chance, am Ende ein Ergebnis zu haben, bei dem man sagen kann "UND GENAU SO WOLLTE ICH ES HABEN" elektronisch höher. Für verschrobene Künstlertypen allemal der bessere Ansatz, und nichts spricht dagegen trotzdem seine Gitarren oder welche Instrumente auch immer man spielt mit einzubeziehen.

Im übrigen ist eine Probe mit "echten" Instrumenten als "Support" und Sequencern als "Lead" auch nicht anders als einfach konsequent zu clicks zu proben, was hier im Forum ja wohl ziemlich üblich scheint.
 
Ein Unterschied bleibt - und das ist die Art der Live-Performance (oder eben nicht).

Was hier weniger erfasst wird, ist die Art und Weise wie viele (professionelle) Songs heute entstehen und fertiggestellt werden - im Studio, nur da, ohne Aufnahmen mal abgesehen (vielleicht) von Vocals. Oder über den Erdball verteilt Quellmaterial eingesammelt und dann zusammengebaut. Obendrauf noch AutoTune und sonstige Effekte. In Summe entsteht ein Werk, das dann "so wie aufgenommen" in einer Live-Situation nicht auch nur ansatzweise reproduzierbar ist - zumindest, wenn eben "live" gespielt werden soll. Da geht nur "PLAY" drücken, Track ablaufen lassen, und dazu singen (oder nur Lippen bewegen).

Ist ja auch das, was wir heute beim ESC, irgendwelchen Music Awards, usw. erleben. Bei den wenigsten echten Hits steht eine "Band" auf der Bühne. Klar, dann gibt's diejenigen die ihre "elektronischen" Tracks für den Live-Betrieb eben mit einem Band-Arrangement ersetzen... sieht man aber in letzter Zeit auch eher selten.

Auch bei eletronischer Tanzmusik wird ja in der Regel "live" nicht mehr an irgendwelchen Synths gedreht - das passiert im Studio. Live wird ein bisschen an Reglern gedreht, gemixt, geDJt, aber an sich läuft da ein fertiger Track vom Laptop.

Das "Handgemachte", also das erzeugen von Tönen just in dem Moment wo sie erklingen sollen - sei dies nun ein Akkord auf der Gitarre, ein Schlag auf ein Trommel-Fell, oder der Druck auf eine Taste oder ein Pad, ist unmittelbarer, einzigartiger, und direkter als zur Konserve singen, oder eine-Hand-am-Pult-eine-Hand-in-der-Luft-DJ-Gehabe. Eine "echte" und "komplette" Live-Performance ist aus Publikums-Sicht das befriedigendere Ergebnis (na gut, außer das Ziel ist viel "wooooo" und viel Alkohol und viel Abzappeln in der Masse).
 

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