Hallo,
auch ich hatte kürzlich beim besagten Shop zugeschlagen: Ich nenne nun eine James Neligan NA76CBB mein Eigen. UVP 570 Euro, Ebay-Preis unter 170 Euro. Da gibt es erst mal nichts zu meckern. Zusätzlich ergatterte ich noch einen passenden Koffer für etwa 30 Euro (UVP 90 Euro, was auch immer man von der angegebenen Preisempfehlung halten soll). In der Produktbeschreibung waren keine Fehler explizit erwähnt. Dass es sich um B-Ware handelt ist bekannt. Geliefert wurde die Gitarre wie gewünscht im Koffer und somit bestens geschützt. Das Paket kam bereits am übernächsten Tag nach der Auktion an: Super.
Wie schon von anderen Leuten hier in diesem Thread festgestellt, war auch bei meinem Stückchen die Saitenlage unbefriedigend (d.h. überhaupt nicht) eingestellt. Das war aber bei meinen drei (sowohl gebrauchten als auch einer neuen) Klassikgitarren aus der Bucht auch nicht viel anders.
Der Saitenabstand zum ersten Bund verlief gleichmäßig von 0,8 mm bis 0,55 mm vom tiefen zum hohen E, gemessen mit Fühlerlehren. Das ist viel zu viel. Da ich keine Sattelfeilen habe, hatte ich die Unterseite des Sattels (wie schon des öfteren) bearbeitet: Saiten entspannt und seitlich am Sattel vorbei gehievt, Sattel mit kräftigem Druck beider Daumen in Richtung Kopfplatte abgedrückt (an sonsten brauchts einen leichten Hammerschlag mit einem Holzklötzchen), mit Schieblehre die Höhe gemessen und dann auf einem 120er Schleifpapier auf ebener Unterlage (in diesem Fall leicht schräg und in mehreren Arbeitsgängen ) abgeschliffen. Jetzt haben die Saiten einen Abstand zwischen 0,3 und 0,4 mm.
Die beiden tiefsten Saiten lagen etwa mit dem halben Durchmesser im Sattel (perfekt), die Schlitze der zwei höchsten Saiten waren dagegen viel zu tief, die mittleren irgendwo dazwischen. Da ich es nicht mag, wenn die Saiten im Sattel ersaufen, habe ich die Oberseite des Sattels ebenfalls mit Schleifpapier bearbeitet und somit die Saiten aus der Versenkung hochgeholt. Danach habe ich den Saitenabstand zum 12. Bundstäbchen gemessen: 2,4 2,8 2,7 2,5 2,5 2,3 von tief zu hoch. Das war ungewöhnlich ungleichmäßig und ist mit bloßem Auge aufgefallen. Also Stegeinlage raus, vorher alle 6 Auflagepunkte markiert, gemessen und die 4 mittleren Punkte um die jeweis doppelte Differenz zu 2,4 ( der 12. Bund liegt ja genau in der Mitte der Saiten) mit einer kleinen Feile abgefeilt, geprüft, alles mit Schleifpapier schön egalisiert, abgerundet und wieder eingbaut. Danach den Halsstab fast eine halbe Umdrehung stärker angespannt und am 12. Bund ergeben sich jetzt folgende Abstände: 1,95 2,0 1,95 1,95 1,95 1,9. Und nirgendwo schnarrt es.
Jetzt macht das Spielen richtig Laune, der Einsatz hat sich gelohnt.
Den Saitensatz habe ich gegen Martin Bronze Extra Light ausgetauscht. Durch das mehrfache auf und ab sind ohnehin zwei der originalen Saiten zu Bruch gegangen.
Zur Optik: Jaja, die B-Ware. Nach genauer Inspektion der Oberflächen konnte ich auf der Decke an drei Stellen gelbliche Verfärbungen entdecken (siehe Foto, in der Rosette links oben und rechts unten und an der oberen Kante direkt links neben dem Griffbrett. Das Griffbrett ist an der oberen Kante am Ansatz zur Kopfplatte seltsam dunkel, so als ob beim Dunkelfärben der Kopfplatte die Stirnseite des Griffbrettes etwas abbekommen hätte. Man erkennt dies auf dem Foto. Ich würde dies als einen optischen Mangel bezeichnen. An sonsten keine Dongs oder sonst was.
Fazit: Die NA76CBB ist die teuerste Western von Stagg und mit den Einlegearbeiten auch die schönste, eben mein Favorit dieses Herstellers. Die Farbfehler auf Decke und Griffbrett fallen erst auf den zweiten Blick auf und sind leicht zu verschmerzen. Am Klang gibt es wirklich nichts auszusetzen, entspricht absolut meinen Vorstellungen. Die Bespielbarkeit nach dem Arbeitseinsatz und mit den Martin-Saiten ist prima. Die Elektronik arbeitet einwandfrei in sofern ich dies im Einsatz mit meinem E-Gitarren-Verstärker feststellen konnte. Einen speziellen Akustikgitarrenverstärker werde ich mir (vorerst) eh nicht zulegen. Die Elektronik wird bei mir erst mal so gut wie nicht zum Einsatz kommen. Aber schön, wenn man sie hat.
Hätte ich eine Gitarre bei einem Händler zu einem offiziellen Preis gekauft, hätte ich die Farbfehler abgelehnt, die Einstellarbeiten vom Fachmann durchführen lassen und für meine max. 300 Euro (mein urspr. Budget) sicher wesentlich weniger Gitarre erhalten. Ich bin mit meiner neuen Western (und vor allem mit dem Preis) wirklich mehr als zufrieden. Ebenso mit der Kaufabwicklung.
P.S.: Übrigens wurde genau dieses Modell von "Gitarre und Bass", Heft 05/2008 getestet. Man kann den Test auf der Stagg-Seite herunterladen:
http://www.staggmusic.com/press/press_list.php?catid=15&langue=uk
Außer, dass man sich über die Girlande auf dem Griffbrett lustig gemacht hat, die Funktion des Tuners für mangelhaft befunden hat (stimmt, ich verwende deshalb ein gescheites Stimmgerätchen) und die Bedienknöpfchen besser weiter vorne sitzen sollten, gab es eigentlich nur Lob.
Gruß Dieter