Hi,
die Diskussion finde ich ziemlich interessant, nicht zuletzt im Kontext eigener Erfahrung mit runterstimmenden Bands. In dem Punkt hatte ich mit einem halben Ton noch wenig Probleme, aber bei einem Ganzton klang mir das alles doch schon ein bisschen fremd - da musste ich mich lange dran gewöhnen. Obwohl ich weiß Gott kein absolutes Gehör habe, klang es doch immer ein bisschen "falsch". Nicht im Sinne von schräg oder verstimmt, sondern eben doch anders, bei manchen Songs einfach etwas weniger lebendig und offen. So ganz hatte ich mich daran auch nach einem Jahr noch nicht gewöhnt, aber gut, der Sänger muss es halt auch packen, das war dann eben wichtiger.
Jetzt kann ich den Standpunkt auf jeden Fall nachvollziehen, dass die gleichstufige Stimmung so etwas wie einen "Tonartcharakter" ausschließt, aber was mir bisher etwas zu kurz gekommen ist, ist dass wir hier halt doch von Saiteninstrumenten reden und nicht von elektronisch erzeugten Klängen. Und hier haben wir dann doch auch physikalisch noch einige Eigenheiten.
Eine tiefer gestimmte, dickere Saite hat eben auch messbar andere Schwingungseigenschaften als eine dünnere bei gleicher Stimmung, Stichwort Inharmonizität. Ein Short Scale-Bass mit .110er E-Saite hat eben nicht den gleichen Klang wie ein Longscale mit .095er. Je kürzer und dicker, desto "unsauberer" schwingt die Saite, und erzeugt zunehmend nicht ganz passende Teilschwingungen und damit Obertöne. Die Möglichkeit, tiefere Stimmungen durch dickere Saiten zu kompensieren, hat daher auch Grenzen - es hat schon seinen Grund, weshalb das Angebot bei Shortscale-Bässen unter den dafür klassischen 76,2 cm sehr dünn wird. Da wirds einfach sehr schwierig, noch einen guten Ton zu erzeugen.
Diese Klangveränderung muss dagegen innerhalb gewisser Grenzen keineswegs negativ sein, in Rock und Blues können allzu perfekte Intervalle mMn sogar langweilig und steril klingen. Ich habe mal eine Gitarre mit Tru Temperament-Bundierung ausprobiert - und fand das Erlebnis total irritierend. Es klang alles tatsächlich reiner und "richtiger", vor allem Akkorde - aber gerade dadurch auch irgendwie "falsch"... Ein Jazzer würde das aber vielleicht anders sehen.
Um zur Ausgangsfrage zurück zu kommen: ich finde, dass man auch bei dem oben geposteten Video des Malmsteen-Fans (alle Achtung übrigens, wie der das Zeug nachspielt) durchaus deutliche Unterschiede im Klangcharakter hört. Dieses typisch bauchige, glucksende in Yngwies Strat-Sound geht zu einem guten Teil verloren, finde ich. Das hat aber auch aus meiner Sicht eben weniger mit der Tonart selbst als mit dem Umstand zu tun, dass es eine Gitarre ist, die da tiefer gestimmt wurde.
Mit GNR habe ich mich jetzt nicht so intensiv beschäftigt, auch wenn ich etliches mag, in dem Fall war mir das mit dem Runterstimmen gar nicht bewusst. Ich habe mich allerdings schon immer ein bisschen gefragt, wie Slash mit klassischen Marshalls und den Duncan Alnico II Pro in seiner LP so fett klingt. Entgegen landläufiger Meinung klingen speziell diese HB nämlich von Haus aus gar nicht so dick und warm; da hat sich schon mancher Käufer gewundert, dass diese Kombination sogar recht schrill werden kann. Klar, die Amps sind gemoddet usw., aber ich denke schon, dass ein Halbton tiefer bei dickeren Saiten dazu einiges beitragen kann.
Gruß, bagotrix