Ich kann eigentlich nichts zu der Diskussion beisteuern,
habe ich doch auf noch keinem digitalen Akkordeon gespielt.
Ja, warum denn eigentlich nicht ?
Ich sitze fast den ganzen Tag am Computer
Ach, polifonico,
ich kann Dein Argument soooo gut nachvollziehen: in Deiner Argumentation kommt sehr gut die geradezu liebevolle Beziehung zu einem echten, indiviuellen, einzigartigen, unvollkommenen gerade deshalb "lebendingen" Instrument zum Ausdruck, aber eines fällt mir auf:
Du grenzt zwischen dem computerdominierten beruflichen Alltag und dem Freizeitbereich ab, in welchem Du Dir den "Luxus" gönnst, auf Elektronik verzichten zu können.
Bei mir ist es ähnlich: meine üblichen Tastenistrumente (Orgel, Klavier...) sind so schwer, groß und unhandlich, daß man meist um digitalen Ersatz nicht herumkommt. Im Gegensatz dazu ist ein "echtes" Akkordeon auch nicht weniger transportabel als ein V-Accordion. Genau deshalb gönne ich mir wenigestens in diesem Punkt den "Luxus", akustisch spielen zu können und habe deshalb
kein V-Accordion.
Für Synthesizer-, Orgel-, Klavierklänge usw. habe ich schließlich Synthesizer, Orgel und Klavier, das
muß mein Akkordeon nicht können.
Da haben wir's ja: Im Hobby hat man oft viel mehr die Wahl als im Beruf. Ein Berufsmusiker muß auch mal Dinge tun, die ihm nicht passen, oder Kompromisse eingehen - viel mehr als ein Freizeitmusiker (das ist jetzt nicht abwertend gemeint, ich bin ja selbst einer).
Mich persönlich würde interessieren, wie bei Dir als Fotograf der Übergang von der analogen zur digitalen Fotografie vonstatten gegangen ist und da hat man ja quasi genau ähnliche Probleme: Anfangs konnte die Digitaltechnik der Analogfotografie noch nicht das Wasser reichen, irgendwann näherte sie sich so an, daß zumindest im Pressebereich bald alle Analogkameras verdrängt waren - und jetzt?
Wie fühlt Dein Fotografenherz sich mit der kalten, digitalisierten Photoshop-Welt im Gegensatz zur "Magie der Dunkelkammer" an?
Was hat Dich dazu bewogen,
beruflich auf Digitaltechnik umzusatteln?
P.S.: Auch eine gesamplete Seele ist noch tote Materie.
Klangbutter hat schon sehr treffend darüber geschrieben.
Ich möchte noch sagen: Die "Seele" eines Akkordeons sind für mich die Stimmzungen. Und wenn man schon einmal eine Stimmzunge so losgelöst von allen anderen klangformenden Einflüssen auf dem Stimmtisch gehört hat - määääääääääääääääää!
Die Digitaltechnik muß es einfach schaffen, das komplexe Zusammenspiel aller Einzelteile nachzubilden, das geht eben weit über das bloße Abspielen von Samples hinaus - also hin zu virtuellen Instrumenten, meinetwegen
teilweise noch auf Samplebasis.
Ich sähe es als ein neues Original, welches ein anderes Original in bestimmten Belangen übertrifft.
Wenn man für einen Flügel 40k Eu bezahlen kann, oder für ein Akkordeon auch über 20k Eu, dann sollte das für ein V Accordion auch möglich sein. Aber es wird eben billig produziert, gerade so dass es sich rechnen könnte.
Das ist ja die Crux. Ein Instrument wird ja irgendwie immer an seiner Tonerzeugung gemessen (deshalb auch die Einteilung in Holzbläser, Blechbläser, Streicher, Metallophone usw.). Und solange die
Tonerzeugung nichts Neues bietet (also nur schon Gehabtes imitiert), wird man kaum von einem "neuen Original" ausgehen können.
Da hatte man es "früher" leichter, denn da waren die Imitationen (E-Pianos wie Rhodes, Wurlitzer oder gar CP/80, Hammond-Orgel, Clavinet) durch ihre Imperfektion so eigenständig, daß sie sich etablieren,
um ihrer selbst Willen halten konnten und heute ebenfalls digital nachgebildet werden.
Heute sind die digitalen Nachbildungen immerhin so gut, daß es nicht zu Eigenständigkeit reicht.
Wenn eine Gesellschaft nicht nach größtmöglichem Kapital sondern nach entwickeltster Kultur streben würde, wäre kein Aufwand zu groß.
Das wäre schön, aber leider muß der Aufwand vor irgendjemand bezahlt werden.
Von den großen, kostenoptimierten Branchenriesen kann man da wohl leider nicht viel erwarten.
Meine Hoffnungen gingen da eher in Richtung "kleine Tüftelbetriebe", wie sie im Hammond-Bereich große Entwicklungen angestoßen haben. Wenn die Konkurrenz es auch nicht besser kann, besteht kein wirklicher Bedarf, etwas zu verbessern.
Oder es werden innerhalb des Kapitalismus Interessen entwickelt, die solche Entwicklungen erforderlich machen (wie z.B. unvernünftige Mondlandungen damals)
Ich glaube, die Mondlandung hat nichts mit dem
Islam Kapitalismus zu tun. Die
Wettbewerbssituation im Kalten Krieg zwischen den beiden Systemen war die größte treibende Kraft. Im irrsinnigen Rennen um den ersten Menschen auf dem Mond wurden auch von den Anit-Kapitalisten keine Kosten und Mühen gescheut. Auf beiden Seiten stellte der Staat quasi unbegrenzte Mittel zur Verfügung und Menschenleben hatten auch nicht erste Priorität - man hatte schließlich keine Zeit zu verlieren.
Viele Grüße
Torsten
PS: Ich habe mir nochmal Gedanken über eine "kontinuierliche Tastaturabfrage" gemacht und bin zu dem Schluß gekommen, daß so etwas wohl am besten mit optischen Sensoren zu realisieren wäre: Wenn eine Taste per Hebelmechansimus nicht eine Klappe öffnet, sondern eine Art Blende, so daß die Intesität des durch den Spalt fallenden Lichts gemessen werden kann...
Wenn es mit genügender Genauigkeit/Geschwindigkeit möglich wäre, per Fotodiode oder CCD-Sensor den Lichteinfall zu messen, könnte man alle erforderlichen Parameter aus diesen Daten errechnen.
Vielleicht macht's ja mal einer (Träumen darf man ja wie gesagt).