Sinn und Unsinn neutraler Abhören

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jeeens
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Hi,

in einem anderen Thread haben sich auf meiner Seite einige Fragen entwickelt, die ich hier - an richtiger Stelle - gerne noch einmal separat stellen würden.

[...]

Die Monitore sollen nicht nur fürs heimische Spielen auf dem Stagepiano herhalten, sondern auch zum Produzieren elektronischer Musik - das nur nebenbei und als Überleitung zu meiner nächsten Frage.

Frage 2: Wieso gibt es eigentlich unterschiedliche Meinungen was die Neutralität von Monitoren angeht?

Denn ich verstehe das so: Offensichtlich kann man die Neutralität von Studiomonitoren doch objektiv messen. Gut - jetzt hat nicht jeder daheim entsprechende Gerätschaften dazu. Trotzdem verstehe ich nicht, wie Einige bestimmte Monitore so definitiv "total nicht neutral" nennen und Andere wiederum auf die Neutralität eben dieser Monitore schwören können. Meine im Startpost genannten Kopfhörer (Beyerdymamic DT 770 (250 ohm)) zum Beispiel sind der Topseller beim großen T. Die Bewertungen schreien förmlich "neutral, super, klasse, kaufen!" - und das sind nicht wenige. Aber hier im Thread werden sie erstmal als "deutlich nicht neutral" identifiziert. Und man selbst hat ja meine Möglichkeit, sich ein neutrales (höhö) Bild davon zu machen. Auf welcher Grundlage denn auch? Man hat so als kleiner Mann ja auch keinen akustischen Maßstab, keine Richtlinie. Aber selbst wenn man diese hätte:

Frage 3: Wieso braucht man eigentlich möglichst neutrale Monitore?

Die Antwort ist meistens, wenn ich das richtig im Kopf habe, dass man so eben alle Frequenzen und Details hört und nichts überbetont wird. Aber was hilft mir das, wenn die Masse, die meine Musik hört, eben dieses über HiFi-Boxen tut, die ja - da scheinen sich alle einig - in aller Regel nicht neutral sind. Warum muss ein Musikproduzent in teure neutrale Monitore investieren, obwohl es ihm letztlich (spinnt man meine Theorie weiter) sogar schadet? Letztlich kommt es doch immer auf das Setup der Hörer an. Und ich meine, dass man als Musikproduzent statt neutralen Monitoren vielmehr so etwas wie einen Durchschnittslautsprecher bräuchte. Ich habe auch nie verstanden, wieso man zusätzlich zu so guten neutralen Monitoren noch Kopfhörer braucht. Es hieß immer "ja, dann hört sich das alles nochmal ganz anders an, das ist wichtig". In meinen Augen ist das einfach inkonsequent.

Um Frage 3 nochmal Pfeffer zu geben: Ich betone nochmal, dass das Roland RD-700 NX (ein Stagepiano für 2.599€, viel gelobte Super Natural Sounds) an den ebenso viel gelobten Yamaha HS80M Studiomonitoren trotz diverser Einstellungen an den Monitoren und im Equalizer des Pianos BESCHISSEN klingt. Und ich würde behaupten, dass das nicht einmal Geschmackssache ist. Ich finde schon, dass es - trotz unterschiedlichen Geschmäckern - so etwas wie qualitativ hochwertige Sounds gibt. Und die nehme ich in diesem Setup eben nicht wahr. Jetzt ist der Tipp, dass ich doch mal weniger neutrale Monitore testen soll, weil sie mein Piano zu ehrlich wiedergeben und ich vielleicht das erste mal höre, wie sich das Roland wirklich anhört. Ist ja erstmal so nicht abwegig. Aber wer bestimmt denn darüber, wie sich mein Roland wirklich anhört? Ich habe im Musikhaus mit dem dort teuersten Kopfhörer gespielt und war begeistert vom Roland. Zuhause bin ich es weder über die HS80M noch über die Beyerdynamics. Und wer weiß, wie sich das Ganze nachher aufgenommen auf den unterschiedlichsten Setups anhört. Der andere Tipp war, ein anderes Stagepiano zu holen... Ich denke es ist klar, was ich sagen bzw. fragen will. ;)

Könnt ihr helfen, meine Denkfehler zu finden?

Gruß
Jens
 
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Ich habe im Musikhaus mit dem dort teuersten Kopfhörer gespielt und war begeistert vom Roland.
Da liegt schon mal ein Problem. Auch wenn es der teuerste, neutralste Kopfhörer war - Du kanntest ihn nicht und wusstest nicht wie Du diesen Sound - z.B. mit Deiner Lieblingsmusik oder Deinen Erwartungen - vergleichen kannst.

Wenn ich z.B. Keys testen gehe, nehme mich immer den Kopfhörer mit, den ich am besten kenne und über den ich schon am meisten gehört haben.

Wieso gibt es eigentlich unterschiedliche Meinungen was die Neutralität von Monitoren angeht?
Weil es unterschiedliche Räume gibt, in denen diese Monitore sich befinden, während sie bewertet werden.

Aber was hilft mir das, wenn die Masse, die meine Musik hört, eben dieses über HiFi-Boxen tut, die ja - da scheinen sich alle einig - in aller Regel nicht neutral sind.
Das gleiche wie oben beim Kopfhörer. Die Masse hat "Referenzen". Man hört die Musik die man mag über eine (eventuell!) mangelhafte Hifianlage und gewöhnt sich an den Sound. Das Hirn im Verbund mit den Hörorganen leistet - was die Anpassung der Hörwahrnehmung angeht - gigantische Arbeit.

Was aber passiert, wenn Deine Musik ganz anders als gewohnt klingt? Der Sound wird "der Masse" nicht gefallen.

Ich denke es ist klar, was ich sagen bzw. fragen will.
Nicht ganz.
Ich würde an Deiner Stelle erstmal versuchen, sowohl Roland als auch Yamahas neutral zu lassen und den Sound durch Optimierung der Boxenaufstellung möglichst gut hin zu kriegen.
Im zweiten Schritt würde ich eine der beiden Anpassungsmöglichkeiten ausprobieren. Meistens ist es kontraproduktiv, wenn man an zu vielen Verschiedenen Parametern gleichzeitig rumspielt.

Ich würde vermutlich an den Boxen - gemäß Aufstellungsregeln - die Anpassungen vornehmen. (Bassabsenkung bei Aufstellung in der Ecke usw.). Diese beiden Schritte würde ich immer mit meiner Lieblingsmusik "testen".
(Im Zweifel kann man hier sogar raumakustische Maßnahmen treffen - da ist ein Ferndiagnose aber schwer)

Wenn Boxen und Raum einigermaßen zusammenpassen kann man sehen, ob und wenn ja was man mit dem Piano macht.

Clemens
 
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Mal ganz allgemein: auch "neutral" ist relativ. Die HS80 für 255€ stellt da sicher nicht den Maßstab auf. Gerade in dem Preissegment bedeutet "neutral" bestenfalls, dass auf ein "Hypen" von Höhen oder Bässen verzichtet wurde, wie man es in ähnlicher Preisklasse bei HiFi-Boxen gerne tut. Stattdessen wurde versucht, im Rahmen der durch das Budget vorgegebenen Möglichkeiten eine ausgewogene Abstimmung zu finden. Dass dabei Kompromisse eingegangen werden müssen und diese bei verschiedenen Herstellern unterschiedlich ausfallen und deshalb nicht alle "neutralen" Boxen gleich klingen, liegt auf der Hand.

Im oberen HiFi-Segment wird im Übrigen oft auch auf Neutralität geachtet, insofern ist das von der von Dir erwähnte Vorbehalt gegenüber HiFi-Boxen nicht immer angebracht und ich bin nicht einig damit;)

Inwieweit eine neutrale Box jetzt überhaupt für das Stage Piano geeignet ist, vermag ich nicht zu ermessen. Warum geht Du nicht zum Händler und probierst das Ding mit einer Auswahl von Boxen durch?

Banjo
 
Frage 2: Wieso gibt es eigentlich unterschiedliche Meinungen was die Neutralität von Monitoren angeht?
Meinst du jetzt dass verschiedene Personen verschiedene Monitore unterschiedlich beurteilen, oder dass nicht klar definiert ist was Neutralität ist? Wie Vill-Harmonix schon geschrieben hat, spielt der Raum (sowohl in seinen Abmessungen als auch in den Möbeln, die drin stehen, Dämmmaterialien ...) und auch der Abstand zu den Wänden und den Monitoren und der Hörposition, der Winkel, die Aufstellungshöhe etc. eine entscheindende Rolle.
Diese Parameter sind bei so gut wie jeder Person anders. Hinzu kommen kognitive Verzerrungen. All das führt zu Unterschiedlichen Rezensionen.

Meine im Startpost genannten Kopfhörer (Beyerdymamic DT 770 (250 ohm)) zum Beispiel sind der Topseller beim großen T. Die Bewertungen schreien förmlich "neutral, super, klasse, kaufen!" - und das sind nicht wenige.
Also eine kurze Suche nach dem Wort "neutral" hat unter hunderten Bewertungen nur ~4 Treffer ergeben. KH zu beurteilen ist nochmal schwieriger wie LS. Da gibt es das Problem mit dem fühlbaren Bass, kaum Übersprechen, individuelle HRTF, individuelle Ohrkanalresonanzen, unterschiedlicher Anpressdruck ... Selbst eine leicht veränderte Positionierung des KHs auf dem Kopf kann den Klang stark verändern.
-> Jeder hört (ein bisschen) etwas anderes.

Aber hier im Thread werden sie erstmal als "deutlich nicht neutral" identifiziert. Und man selbst hat ja meine Möglichkeit, sich ein neutrales (höhö) Bild davon zu machen. Auf welcher Grundlage denn auch? Man hat so als kleiner Mann ja auch keinen akustischen Maßstab, keine Richtlinie. Aber selbst wenn man diese hätte:
Doch, es gibt eine Möglichkeit sich eine Idee davon zu machen, wie neutral der KH ist: Frequenzgangmessungen. Klar, diese sind nicht unbedingt weniger problematisch als Rezensionen - aber konsistenter.

Frage 3: Wieso braucht man eigentlich möglichst neutrale Monitore?
Die Antwort ist meistens, wenn ich das richtig im Kopf habe, dass man so eben alle Frequenzen und Details hört und nichts überbetont wird. Aber was hilft mir das, wenn die Masse, die meine Musik hört, eben dieses über HiFi-Boxen tut, die ja - da scheinen sich alle einig - in aller Regel nicht neutral sind. Warum muss ein Musikproduzent in teure neutrale Monitore investieren, obwohl es ihm letztlich (spinnt man meine Theorie weiter) sogar schadet? Letztlich kommt es doch immer auf das Setup der Hörer an.
Also ich würde davon ausgehen, dass das Setup des Hörers halbwegs neutral ist. Meist ist der Bass etwas angehoben und der Hochtein leicht abgeschwächt.

Eine neutrale Abhöre soll dir einfach dabei helfen, wie du schon gesagt hast, alles im Mix zu hören. Eine neutrale Abhöre erspart dir aber nicht den Mix zB im Extremfall auf einem Küchenradio abzuhören (kann man theoretisch auch mit EQ simulieren)

Ich denke es ist wichtig, dass der Mix auf neutralen LS exzellent und auf nicht so neutralen LS immer noch gut klingt. Ohne Referenz ist das unmöglich. Und ohne neutrale Referenz wird es zwar möglich sein zu erreichen, aber wahrscheinlich mit viel mehr Aufwand.
 

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