Ich sehe da ein paar Probleme oder Denkfehler.
Sagen wir, du willst die Oszillatoren eines 1972er Minimoog Model D absamplen. Wo greifst du das Signal ab? Direkt an den Oszis klingt das Ding 08/15, nur mit mehr Drift. Und ganz am Ende, also hinter VCF, VCA und allen Stellen im Signalweg, wo das Signal in die Sättigung fährt, wäre es mit Filterung, als wenn du ein Moogerfooger-Filter oder ein Moog 921 hinter den Minimoog schalten würdest, aber nicht wie mit dem eingebauten Filter des Minimoog, weil du keine Minimoog-Oszillatoren filterst, sondern einen ganzen Minimoog mit offenen Filter.
Wellenform-Samples werden auch schon deshalb wenig bringen, weil das Original immer schön lustig in der Stimmung zittert und driftet. Gerade die alten Moogs hatten damit zu kämpfen. Du mußt also ein sauber stimmendes Sample haben und das nachträglich zum Zittern (Noise → OSC FM) und Driften (langsamer Random-LFO → OSC FM) bringen. Wenn du das mit einem Sample machst, gibt's Artefakte.
Dann wäre da das Problem des Freilaufens. Keines der drei verschiedenen VCO-Boards des Minimoog, um den noch einmal als Beispiel zu nehmen, hat bei Tastendruck die Waveform bei null neu gestartet. Wie will man frei laufende VCOs mit samplebasierten Oszillatoren emulieren, ohne dafür Stimmen zu verheizen?
Und dann kommen noch so Spielchen hinzu wie PWM und FM. FM meint hier nicht Yamaha DX7, sondern vom Ausgang eines Moog 901 VCO in den FM-Eingang eines anderen Moog 901. Bei beiden muß die Abspielgeschwindigkeit des Samples innerhalb eines Wellenformdurchganges rasend schnell geändert werden. Auch das dürfte mit Samples schwerlich ohne digitale Artefakte gehen.
Im übrigen kommt der Sound eines spannungsgesteuerten analogen Klassikers weder primär aus den Filtern noch primär aus den Oszillatoren. Da spielt zuviel rein, als daß man sich Hoffnungen machen sollte, mit Samples von Minimoog-VCO-Waveforms und einer Minimoog-VCF-Emulation (Ion/Micron/Fusion/Miniak, King Korg) wie ein Minimoog zu klingen.
Also, ich formuliere mal um: Bei den Unzulänglichkeiten virtueller Synths spielt der Oszillator im Vergleich zu Filter und Modulationen eine untergeordnete Rolle (von Aliasing mal abgesehen) - was nicht heißt, dass der Oszillatorsound nicht wichtig wäre. Nur hat man das eigentlich noch mit am besten im Griff von allen Baustellen...
Ausnahme Virus. So geil der auch ist, so sind die Oszillatoren seine Achillesferse. Beispielsweise kannst du ihn nicht mittels Ringmodulation zu metallischem Bimmeln verleiten. Die sind auch der Grund, warum der Virus im Vergleich zum Nord Lead als "Softie" eingestuft ist. Dazu kommt erschwerend, daß es unmöglich ist, OSC 1 und 2 genau gleich zu stimmen.
Das mit den frei schwingenden OSC habe ich auch versucht. Alternate Sample Start auf das Ende der ersten Periode und dann mit einem Zufallsgenerator innerhalb der Welle gestartet. Hat gut funktioniert, nur es gab natürlich unschöne Klicks.
1. Wie bekommt man die weg?
2. Wie ist das bei analogen Synths? Warum klickt da nichts?
Weil ein analoger VCA im Gegensatz zu einem Digitalverstärker nicht von jetzt auf gleich sofort von null auf volle Lautstärke schalten kann. Auch nicht, wenn du VCA Attack auf null drehst oder – was auch bestimmte Synths können – auf eine Amp Env komplett verzichtest. Bis der VCA offen ist, ist der Klick durch das Einstarten außerhalb des Nulldurchgangs schon vorbei.
Deswegen wirken VAs auch nicht unbedingt wirklich analog, wenn du an der Amp Env Attack auf genau null stehen hast – außer null ist nicht exakt null.
Interessanter ist die Frage tatsächlich (vor allem) bei polyphonen Synths - was macht da ein Oszillator einer Stimme, die gerade nicht zugeordnet ist?
Bei Polysynths wird die Tastatur seit seligen Eµ-Zeiten meist digital abgetastet. Das heißt, selbst wenn du VCOs hast, wird die CV für die Frequenz einmalig gewählt, wenn ein entsprechender digitaler Wert gesandt wird. Und dann bleibt die so. Das heißt, selbst bei etwas so Krudem wie ein Oberheim Four-Voice (der tatsächlich eine Tastatur aus dem Hause Rossum hat) schwingen die VCOs, die man gerade nicht hört, mit der Frequenz weiter, die sie das letzte Mal hatten, als man sie hörte.
Wie das bei Synths mit Orgeltechnik ist, die raumgreifende und im Sanierungsfall kopfschmerzerzeugende analoge Tastaturverharfung mit Voicecards kombinieren, kann ich nicht sagen. Wird aber nicht anders sein.
Martman