Der Gepuschelte
Registrierter Benutzer
Das halte ich für ein Gerücht, es gibt in Deutschland genug Menschen, deren Einkommen nicht viel höher als der Hartz-IV-Satz ist. Dazu kommt, dass ich, wenn ich Kinder, dafür aber kein sehr hohes Einkommen habe, ich zum Einstieg lieber etwas günstiges kaufe, anstatt meinen talentierten Nachwuchs gleich mit einem Fodera oder einem Marleaux zu beglücken, eine jahrelange Erfahrung bezüglich der Qualität von Instrumenten und dem Wissen, dass man diese Qualität auch ohne Verlust wieder los wird, und dass man dem Nachwuchs keinen unspielbaren Schrott besorgt, fehlt oft schlichtweg. Dazu braucht man Rücklagen, die man bei solchen Vermögensverhältnissen dann doch eher für Mobilität (Auto), Kommunikation (neues Telefon) oder den Jahresurlaub verwendet, wenn man sie denn hat?wo die Einkommen nicht so hoch sein dürften wie in Deutschland.
Man kann aber mit entsprechender Erfahrung üblicherweise sehen, dass die Qualität nicht die Beste ist:
- auf der Kopfplatte ist ein schlichtes Logo mit einem Standard-Zeichensatz (manchmal auch gar keins), oft schlecht aufgebracht (Decal statt Druck)
- Art der Lackierung: die sieht irgendwie billig aus, Einsteigerserienniveau, an diversen Instrumenten finden sich dann auch Lacknasen oder mehr oder weniger stark ausgeprägte Orangenhaut
- fehlende (oder aufgeklebte) Seriennummern
- generell das Fehlen von Brands: keine Marken-Bridge, keine Marken-Pickups, No-Name-Mechaniken. Markenhersteller knallen selbst auf ihren günstigen Teile oft ihr Logo drauf
- oft sind die Abdeckungen vom E-Fach auch sehr schlecht hergestellt und eingefasst
- Schrauben werden teilweise krumm und schief ins Holz gejagt
- Der Sattel wird nicht abgerichtet und ist zu hoch
- Bünde sind unsauber verarbeitet: massiv unterschiedliche Bundhöhen, Grat an den Bünden, teilweise sind Bünde schief eingesetzt
- oft ist die Halstasche extrem unsauber gefertigt, sowohl von der Planheit der Auflage, als auch von der Breite (zu breit, der Hals kann sich drehen) > solche wichtigen Merkmale sieht man oft erst, wenn an das Instrument mal auseinanderbaut
- Die Lackierung: deckende Farben, damit man die schlechte Holzqualität darunter nicht erkennt, das Finish des Klarlacks ist entsprechend: eine qualitativ hochwertige Lackierung sieht anders aus. Lacknasen finden sich auch oft an den Instrumenten.
- Die Bridge ist aus billigen Materialien und hat teilweise Grat, etc. > Oft sind dies Brücken nach ein paar Jahren hin, entweder weil der billige Alu-Guss durch den Zug reißt oder weil durch den qualitativ minderwertigen Stahl der irgendwann reißt oder nachgibt. Bei Stahl-Brücken sieht man teilweise an Neuware schon Rost.
- ähnliche Qualität bei Schrauben, die dann gerne nach 2x, 3x rausschrauben reißen. Oft sind die Schraubenköpfe beim Neuinstrument schon ausgenudelt, zumindest sieht man Spuren an den Köpfen vom Einschrauben. Auch hier ist beim Neuinstrument Rost zu entdecken
- Poti-Knöpfe und Elektronik sind teilweise krumm und schief verbaut
- die meisten Instrumente dieser Preisklasse sind allenfalls gestimmt, sehr wahrscheinlich aber nicht sauber oktavrein eingestellt (wenn das überhaupt möglich ist)
- gerade wenn die Instrumente älter sind (als H+S, später H+K) dann sollte man Hals und Korpus genau angucken, oft wurde das Holz nicht richtig abgelagert und ist generell extrem minderer Qualität und verzieht sich: tordierter Hals und "Flitzebogen" (der Hals verzieht sich nach oben) sind die Folge
Die Einsteiger-Serien der Markenhersteller kosten neu ab 200-300 Euro, das ist ein Endkundenpreis bei dem man zu 95% Qualität und Bespielbarkeit sicherstellen kann (auch bei denen fällt ab und an ein Montagsinstrument aus der Fabrik), aber alles was darunter liegt kann zwangsweise nicht mehr diese Qualität und Bespielbarkeit bieten, und je billiger das Instrument ist, desto weniger kommt hinten was raus was man irgendwie als Instrument einsetzen kann. Das ist dann wie russisches Roulette: man kann einen guten Bass bekommen, aus dem Bauch heraus würde ich aber sagen, dass 7 von 10 Instrumenten solcher Hersteller einfach nix taugen.
Und ich habe schon Bässe für 75€ neu bei eBay gesehen, für die Wand ist so etwas OK, aber zum spielen...?
Mal so zum Vergleich: Markenhersteller kaufen entweder bei einem entsprechenden OEM (oft: Cort/Ibanez) ein oder verwenden selber industrielle Herstellung, also Korpus und Hals werden komplett maschinell hergestellt, Beschlagteile (und Instrumente) werden in Massen, und damit günstig, hergestellt. Generell wird versucht menschliche Arbeitskraft so weit wie möglich zu reduzieren, sowohl vom Ablauf (Fließbandfertigung) als auch generell bei der Herstellung (CNC-Fertigung). Herstellung und Einkauf passiert in Asien, wo Löhne niedriger als in Deutschland sind, dadurch können die Hersteller ein Instrument mit einer Grundqualität (vernünftige Bespielbarkeit und Holzqualität) herstellen, die man in Deutschland für 200-300 Euro verkaufen kann. Der "Chinese" hat irgendeine Hinterhofbude wo unter miesesten Bedingungen und Werkzeugen aus billigem, schlechtem Holz, oft von Tagelöhnern bzw. Niedriglöhnern, irgendetwas zusammengeschustert wird. QR? Warum? Passgenauigkeit? Sieht doch nach einem Instrument aus. Astlöcher? OK, dann ordentlich Lack drauf.
Man kann sicherlich auch noch mal eine Stufe niedriger bei Cort/Ibanez und Co. bestellen, mittlerweile wird ja auf die Billigserien dort Maserung aufgedruckt, damit die Instrumente etwas wertiger aussehen. Ich vermute, dass die sogar BB600er-Bässe und die Serien mit dem durchgehenden Hals von Thomanns Hausmarke aus der Cort-Fabrik fallen, die sind auch nicht ganz so unterirdisch, zumindest der Hals beim BB600 ist gut, aber irgendwann ist auch bei den OEMs der Punkt gekommen, wo es einfach qualitativ und preislich nichts mehr nach unten geht, das lässt deren Fertigung nicht mehr zu. Bei "chinesischer" Hinterhof-Fertigung gilt hingegen kapitalistische Grundsatz: es gibt nichts, was man nicht in noch schlechterer Qualität noch ein bisschen günstiger herstellen kann.
Anmerkung: der "Chinese" ist natürlich ein Stereotyp, generell gibt es Gegenden in Fernostasien in denen die Lebenskosten niedrig sind, und wo irgendwer für ein Appel und ein Ei etwas zusammenbaut das irgendwie entfernt nach einem Instrument aussieht, aber es hat sich nun mal eingebürgert, dass wir Europäer unglaublich viel Zeug aus China kaufen, Küchengeräte, Computer, Mobiltelefone. Deswegen verwende ich den Begriff, setzte ihn allerdings in Häkchen, da der Laote, der Vietnamese oder bald wohl auch der Kasache eine ähnliche (mindere) Qualität liefern kann und wird, sollte da jemand Begehrlichkeiten wecken. China lagert übrigens immer mehr Fertigung nach Afrika aus, es wird also wohl nicht mehr lange Dauern, bis wir von afrikanischen Waren reden...?