Ich nutze mal den Thread hier (gar nicht gemerkt dass wir schon fünf Seiten haben) für einen Ersteindruck des Geräts, das seit Samstag neben mir in der Bude steht, die Kollegen haben sich das gewünscht. Ausführliches Review folgt dann vermutlich irgendwann... Also here we go.
RD88 Ersteindruck
warum?
Gute Frage. Eigentlich mal wieder völlig ungeplant. Stand im Laden eines Tages zuunterst im Roland-Stack und ich wollte "nur mal gucken". Aber wie's manchmal so ist. Liebe auf den ersten Akkord. Danach mal gegooglet, was das Teil eigentlich so drauf hat, und dabei festgestellt, das wäre eigentlich das ideale Gerät für ein schon etwas länger ungelöstes Problem.
Mein Workflow zuhause rotiert zuhause seit einer guten Weile um Ableton herum, gesteuert aktuell von zwei Novation Launchkeys und einem per MIDI ans Interface angeschlossenen Kurzweil PC3 Custom (modifiziert von Bordkollege @microbug), der darüber hinaus ein paar Brot und Butter – Sounds abdeckte, weil gewisse Sounds (v.a. Piano/EP) vom Feeling her einfach anders ansprechen bei Hardware als über den Softwareweg, und nebenbei als schnell einschaltbares Klavier dient. Selbiger Kurzweil hab ich mir damals Ende 2019 eigentlich mit einem halben Hintergedanken an die Bühne geholt, aber wie vermutlich jeder weiss, ist daraus im Folgejahr Essig geworden.
Zusammen mit dem Release von Novation im letzten Jahr stand mit dem Kurzweil also halbtotes Kapital rum. In die Kiste werde ich mich vermutlich nie intuitiv reinfinden, auch wenn sie verdammt gut klingt. Auf die Bühne werde ich sie auch nicht nehmen, da klemme ich mir inzwischen das Launchkey 61 MK3 unter den Arm, den Laptop unter den anderen und ab gehts. Das ist einfach komfortabler, weil für alle Jobs wo ich das nicht nutzen kann, brauch ich eh n Klavier von irgendwo.
Aber eben. Klavier von irgendwo. Warum eigentlich nicht zuhause? Die Klavierparts, die man aufm Kurzweil zusammengespielt hat, hatten immer dieses fehlende Quäntchen Realismus, was einfach mit der Tastatur zusammenhängt. Warum eigentlich nicht mal wieder eine Hammermechanik?
Klar, der Utopist hätte einen brandneuen S90 (Urversion) hingestellt, aber finde mal einen nicht komplett zerrockten. Oder einen Nord Stage 2 76 (wichtig wegen Tastatur, die späteren haben ne für mich weniger geeignete), aber bezahl den mal. Ausserdem wäre das vermutlich auch wieder eine tote Workstation geworden. Es musste also diese ganz spezifische Anforderung sein, die bisher kaum abgedeckt wurde vom Markt.
was geht?
Bis jetzt. Denn Roland hat im neuen RD ein paar ziemlich schlaue Schachzüge vereint. Zum einen sind zum ersten mal in fünfunddreissig Jahren und locker 20 Iterationen interne Lautsprecher drin. Damit greift Roland in die FP-Serie über, bleibt sich aber der Bühnenorientierung treu. Als billige Dreingabe kann man die Mikro-Boxen dennoch nicht abtun. Auf der Hälfte des Regelwegs des Master Volumes wird es bereits problematisch für die handelsübliche Mietwohnung. Am Rechtsanschlag bestreitet man damit schon mal einen lauten Trio-Jazzgig im Rumpelkeller ohne zusätzlichen Amp. Aus den gegen unten abstrahlenden Tieftonkammern kommt übrigens ziemlich brauchbarer Bass. Trotzdem; an die durchdachten Lautsprechersysteme der höherpreisigen FP-Serie reicht es nicht heran, auch nicht von der Lautstärke her. Die Lautsprecher sind in dieser Hinsicht also vielleicht nicht der Weisheit letzter Schluss, aber ein willkommenes Add-On. Zumal die Speaker On/Off – Taste inklusive LED direkt aufm Frontpanel liegt, anstatt als Schalter auf der Rückseite wie bei den FPs, und das Gerät einen Line-In (stereo Miniklinke, mono Mikrofon-Jack) inkl. Regler auf der Oberfläche aufweist – und eine (von mir noch nicht getestete) Audio-Interface-mässige Integration der DAW bzw. des Livehosts (Roland promotet explizit Mainstage, schliesst andere aber nicht aus) als Rückführung direkt ins Piano. Wie auch immer die funktioniert, aber aufm Papier ist sie da.
Zum anderen, dieses Gerät ist kompakt. Also wirklich kompakt. Mit gerade einmal 25 cm von Tastaturspitze zu den Anschlüssen verschwinden nur gerade die drei letzten Zentimeter unter der zweiten Ablage meines treuen K&M 18990, und auch wenn man den Gummiauflagen mit der Bastelschere und Gaffa ans Leben musste, um sie zwischen die beiden X-Streben zu kriegen, damit das Gerät wieder stabil liegt, ist die ganze Ecke so kompakt wie eh und je, nur kann man sie tatsächlich bedienen. Roland hat sich hier offensichtlich beim hauseigenen A88 bedient, das angeflanschte Bedienmodul links gestrichen und auf den schmalen Streifen oben gepackt. Dafür ist das Gerät umso ausladender gen unten geraten, fast 15cm, ich musste mehrere Zähne tiefer stellen um dieselbe Spielhöhe wie vorher zu haben. Knapp 14 Kilo, das krieg ich zur Not auch auf den Einfach-Streben-X, ohne Angst haben zu müssen dass er einkracht.
Andere Traditionen bleiben. Roland verweigert sich als so ziemlich letzter Hersteller einer 76er-Variante, die hier wirklich Sinn gemacht hätte – immerhin ist das Bedienpanel aber schmal genug, um selbige eventuell noch nachzuschieben. Dafür ist bei den Anschlüssen die Reduktionsseuche weitergegangen, aber nicht ganz so weit wie anderswo – das eigentlich gelungene FP60 steht bei mir auch deshalb auf der Kriegsliste, weil da das DIN-MIDI wegrationalisiert wurde. Beim RD88 ist zumindest der DIN-Out noch da und genau den brauche ich auch, um die Daten gen Interface in die DAW zu schieben. Inklusive der Null-Datei die da scheinbar ständig rüber geschickt wird und die MIDI-Feedback-Led am Interface zum Ausrasten bringt... Daneben siehts okay aus, drei Fusspedal-Inputs und sowohl das DP-10 am Sustain (der mitgelieferte DP-2 ist Schrott, warum legt man sowas bei, ich musste durchs Pisswetter zurück und n Pedal kaufen!?) als auch das vorhandene EV-5 Expression am Input links tun was sie sollen auf Anhieb. Stereo-Out plus Kopfhörer, die beiden oben erwähnten Line-Ins, USB-B für in den Rechner plus USB-A fürn Stick, Anschluss fürs externe Netzteil (immerhin keine Wandwarze, gut!), fertig. Die Tastatur selbst ist angeblich die Bottom-Line-PH4 von Roland, aber wenn das schon das Einsteigermodell ist, kann Yamaha mal ganz schnell einpacken, bis zum P155 bzw. den Vorgängern seiner Preisklasse findet sich da nichts vergleichbares. Spielbar, etwas schwerer, macht aber ziemlich Spass, auch für mich, der die Referenz nach wie vor zwischen RH3 und TP40 einordnet.
Zurück zum Bedienpanel: was ist da jetzt drauf? Nun ja, von links nach rechts, zwei Wheels, etwas sehr kompakt, aber mehr Platz war nicht (und DANKE dafür dass das kein Joystick ist). Es folgt der Anschaltknopf (das Ding ist innert 5 Sekunden ready, kein Vergleich zum Kurzweil), Master Volume, eine erste Sektion mit vier Potis plus Knöppen für den Sound (Tone Adjust / MFX / Chorus/Delay / Reverb) plus EQ (Dreiband, wird bei Aktivierung auf Knöpfe zugewiesen), Assignable (dann spucken alle acht Knöppe CCs), Compressor on/off (wo's der Regler? Roland???) und superschnellem Transpose (Knopf drücken und Taste neben C3 halten, fertig, definiert, danach superschnell on-off per Knopf). Es folgt die zweite Sektion mit Reglern für die drei Zonen (Lower/Upper1/Upper2) und die Line-Ins, sowie Knöppen für Split/Dual, den Einstellungen für External-Controller und Mikro/Line-In. Per Shift noch die Demo, die DAW-Steuerung und einen kompletten MIDI-Panic. Insbesonders letzter ist clever gelöst. Die Taste ist in Griffweite und mit einer gespreizten Hand auch einhändig per Shift zu erreichen, aber versehentliches Auslösen ist nicht. Die kleinen Details...
Es folgt Mäusekino, das auch doppelt so gross Platz gehabt hätte, aber ja, Roland will nerven. Neunerblock mit Dec/Inc, Vierfachpfeilen, Shift/Exit/Enter, soweit eigentlich bekanntes. Zehn Category-Taster in gross, darüber noch eine Reihe in klein, einmal einen One-Touch-Piano Knopp, um auch immer garantiert zum Standardklavier zu finden, das sehr gelungene Favosystem (mir bekannt) aus dem Juno Di mit 10x10 Plätzen, steuerbar über die Category-Taster, Menü-Knopf, Write-Knopf, daneben die Einstellungen für Key Touch (sehr angenehm das alles auf der Oberfläche zu haben!), zwei Knöpfe für Rythmus/Song Mode, einmal der Aktivator-Knopp, dahinter verbergen sich 201 Metronom-Varianten und einfache Drumrythmen als Begleitmotiv, sowie ein Song-Modus, den ich noch nicht ganz gerafft habe wie er läuft, daneben die Play-Taste für Start/Stop. Das man bei selbigem Drumcomputer NICHT beim Juno Di geschielt und die 10-Taster darunter mit einbezogen hat, sondern sich mit Dec/Inc durch 201 Varianten klicken darf... klassischer Roland. Es folgt der Knopf für Speaker an/aus und zum Abschluss noch Panel Lock. Hier wurde also wirklich für die Bühne gedacht. Die immerhin 35-jährige Tradition der RD's wurde also doch recht würdevoll aufrecht erhalten, auch in einer neueren Form & Struktursprache. Ob das auch für die Sounds gilt?
wie klingt?
Eins vorab; in dem Gerät steckt deutlich mehr drin an Sounds, als es auf dem ersten Blick aussieht. Von über 3000 ist die Rede, und ausgehend von etwas Rumgeklicke, könnte das auch durchaus stimmen. Unter der Haube werkelt ZEN-Core, bei den RDs dürfte das eine Premiere sein (das RD2000 arbeitet noch mit V-Piano / Supernatural). Um zwei Fragen gleich vorab zu klären. Ja, Seamless Switching geht, man hört keine Effekte umschalten, und ja, bei Split/Dual on-off bricht der Sound nicht ab, sondern einfach die Eingabe. Streicherpad halten und weiterspielen funzt. Sogar durchklicken bei gehaltenem Pad geht. Im blödesten Falle bleibt er nach gewisser Umschalterei auch ohne Pedal stehen, MIDI-Panic und gut ist...
Die folgende Aufzählung bezieht sich auf den Auslieferzustand im Scene-Modus. Der ist (wie bspw. beim Montage) daueraktiv und besteht aus 400 (mutmasslich überschreibbaren) Speicherplätzen, von denen etwa drei Viertel von Haus aus bespielt wurden. Diese werden in Kategorien mit den zehn Tastern angesteuert und beinhalten innerhalb ihrer Szenen den Zugriff auf die jeweiligen Sounds (wobei "OTHER" alle umfassen kann, bei den anderen müsste ich den Category Lock noch irgendwie wegbasteln, sofern das geht, aber fragt mich nicht wie die sortiert sind, das entbehrt jeglicher Logik). Also mal der Reihe nach:
Piano:
Klar. Paradedisziplin. Um es kurz zu machen, es ist ein Roland und es ist ein RD. Sprich. Bühne. Der One-Touch-Piano-Knopp ist geboren für den Moment, wo der Kollege "Hold The Line" über die Bühne brüllt und man in einer Sekunde bereit sein und loslegen muss. Denn das ist das Basispiano. Hold The Line. Knallig beim reinhauen, als "Concert Grand" brighter als bei den meisten das Bright Piano, vor allem über die internen Boxen. Dynamisch gegen unten gibts ne gute Dynamik und kann auch leiser, aber overall schon mehr Smash-Grand den Klaviertupfer. Das echte "Bright Piano" ist dann einfach nur noch Treble auf Anschlag. Schätze da muss man für den Universalgebrauch noch ran.
Es folgt eine Reihe von Variationen und dann sehr schön vorbereitete Layerpatches mit allesamt gut gemixten und expressiv spielbaren Pads und Strings auf Zone 2. Gefällt mir. Dahinter der E-Grand-Teil und auch der ist rolandtypisch gelungen, vor allem die hauseigenen JD800 und RD1000 – Sounds klingen wie sie sollen.
Abgerundet wird der erste Scene-Block von etwas Legacy. Interessanterweise ist das alte "Expressive Grand" Sample (und seine Variationen) immer noch hochklassig und funktioniert teils besser als die Aushängeschild-Klaviere. Nach einem guten Upright (Referenz der Black Upright von Nord) sucht man aber vergebens, bzw. überhaupt nach einem Upright, mal sehen was die Engine da noch hergeben kann.
EPs:
Licht und Schatten. Dynos gibts einige, und diese werden vor allem von den gelungenen Effekten gecarriet, sowie dem gern genutzten Trick, auf Zone 2 ein Keyoff-Sample zu packen. Rough und ohne Keyoff klingen die meisten Patches eher semi. Ein gut eingestellter Lounge Lizard kommt hier definitiv weiter, aber den hat man vermutlich nicht immer dabei und für das gelegentliche Rhodes ist hier alles an Bord (und auch vorbereitet) was man so braucht. Layer-Patches diverser Couleur inklusive.
Ganz anders siehts beim Rest aus. Der Wurlitzer ist kacke. Richtig kacke. Und die FM-Pianos à la DX sind das absolute Minimum. Davon überzeugen tut mich das FM-4 Patch noch am meisten, als Notlösung tut's das schon irgendwie, aber der Rest ist maximal ne Bastelgrundlage. Wenn ein 2020-Gerät hier von meiner ollen X5D von vor 25 Jahren geplättet wird, ist das kein gutes Zeichen. SA-EPs übrigens dasselbe Problem. Einzig das MK-80 – Sample klingt wieder richtig gut.
Clav/Mallet:
ÜRGS! Was einem da als "Clav" entgegen springt, wenn man die Taste drückt, ist Patch gewordenes "lass mich im Laden stehen" – Geschreie. Wer das hier implementiert hat gehört aber mal ganz schnell gefeuert. Die weiteren Scenes sind dann etwas erträglicher: "Phase-Clav 1" profitiert wie schon die EPs vom exzellenten Phaser, und die Layers haben einige experimentellere Sounds zu bieten. Analog Clav auch sehr geil als synthieske Alternative. Touch Wah dagegen komplett Crap – eine nettere Formulierung finde ich dafür nicht mehr. Auch wird die gesamte Clavinet-Abteilung von einem zwanzig Jahre alten Ur-Motif völlig platt gemacht, inklusive der Tastatur-Ansprache (das ist bei Yamaha einfach so viel spielbarer, auch auf Hammermechanik). Für ein dediziertes Tasteninstrument schon sehr bedenklich.
Die beiden Harpsichords; geht so. Vibraphon geht mehr in Richtung Steps Ahead den Orchester-Vibes. Marimba und Kalimba; okay. Positiv auffallen tun noch ein Bell-Mallet namens "Snoflakes" und die sehr expressiven, wenn auch ein bisschen chorus-lastigen Steel Drums.
Organ:
Na ja. Es ist ein Roland. Was erwartet man? Nichts. Was bekommt man? Richtig. Das pure Grauen. Mir egal ob da "VK Organ" dran steht. Nein. Einfach nein. Es gibt eine einzige Scene (Rotary Organ 3), die einen wirklich soliden 888800000-Grundklang hat und wo man mit dem Modwheel noch zusätzliche Register reinfaden kann. Die klingt echt okay. Bei so ziemlich allen anderen dreht man mit dem Modwheel das Leslie hoch und das ist mit Abstand das grauenhafteste was ich seit langem in einem Rompler vorgesetzt bekommen habe. Mein alter Juno-Di hatte ein besseres Leslie als das da, ein zwanzig Jahre alter Ur-Motif klingt locker hundertmal besser (Slow Jam, Rocky, Draw Organ, Left Manual, um einige Referenzen zu nennen). Auch hier ist hoffentlich noch genügend Legacy-Material in den Tiefen vergraben (oder zumindest ZEN-Core genügend erweiterbar) um was zu retten, aber vom Auslieferzustand her ist diese ganze Kategorie kompletter Murks, (inklusive völlig sinnloser Layer-Kombis). Selbst die aktuelle (bzw. letzte) FP-Generation hat reihenweise mehr brauchbare B3s als das hier. Ventilator drankloppen ist wegen fehlenden Sub-Outs auch schwieriger. Insgesamt also eine Nullrunde, hier werde ich wirklich den Laptop mitnehmen und die Blue3 hochfahren müssen, wenns über ein smoothes 8880000 im Untergrund hinausgehen soll. Erschwerend kommt noch hinzu, dass die Tastatur nun wirklich überhaupt nicht zum Orgeln geeignet ist. Das ist keine TP40 oder RH3, wo das trotz Hammermechanik recht gut von der Hand geht, nein, hier wirds wirklich krampfig und tut mittelfristig ungelogen weh.
Kirchenorgel dagegen völlig in Ordnung (ist vermutlich auch noch mehr drin als die zwei Scene-Patches zeigen) und das Akkordeon in seinen drei Variationen (klassisch, Musette, Bandoneon) tut auch was es soll (wenngleich ich mir da von Yamaha spielbareres gewohnt bin).
Strings:
Bisher eher ernüchternde Eindrücke, aber jetzt dreht der Wind. Von 140 bis 170 ist jedes Patch ein Treffer. Sowohl die Akustik-Ensembles wie auch die Synth-Strings gehören mit zum besten was der Markt hergibt und lassen – gerade von der Spielbarkeit her – zuweilen auch Marktführer wie Omnisphere zurück. Ob leise auf Zone 2/3 unters Piano gelegt oder solo gespielt, gerade die SlowStrings setzen hier Massstäbe. Fat -, Deep - & Lush – Strings ebenfalls sehr gelungen, auch die Tremolostrings haben gut Bumms und das Pizzicato macht seinen Job. Drei gelungene Orchesterlayers runden das ab. Den Bühnenfokus im Auge habend hat man in der Erstauswahl komplett auf Solostreicher verzichtet (leider auch auf Chamber-Strings) und liefert dafür bombenfestes Bandmaterial.
Bei den Synths geht dann erst recht die Sonne auf. JP-8 – Strings; kongenial. JP-6 – Layer: grossartig. Juno & JX profitieren vom vermutlich unter der Haube werkelnden ZEN-Core Modell (oder sind einfach hervorragend gesamplet), die OB-Strings kommen gut in die Nähe und dank der herausragenden Effekte haben wir hier sogar die ersten Flanger-Strings, die nicht scheisse klingen. Ganz ganz grossartige Leistung, und ich wiederhole mich aus der alten V-Combo VR-09-Review; alleine für diese Sounds würde ich dieses Gerät kaufen.
Pad/Choir:
Und weiter geht die Glanzparade. Auch hier; egal ob Teppich auf Zone 2/3 oder solo, jedes Patch ein Treffer ins schwarze (ein paar wenige Legacys gegen Ende sind "nur" sehr brauchbar). Slow Pad im dumpfen Zustand mit das beste was ich je aus einem Rompler gehört hab, die Layerstacks sind Omnisphere-würdig, die Klassiker absolute Spitzenküche, ein besseres Hollow-Pad hab ich selten gehört (ausm Rompler). Das Modwheel ist klug mit eingebunden, hier mal mit Cutoff (wobei einige Sounds eeeeetwas viel Resonance mitbringen, was bspw. das erste Slow-Pad in einen Trance-Sweep verwandelt), dort mal als Sweep-Stopper oder eine zusätzliche Klangfarbe hinzufügend. Auch hier absolute Créme de la créme. Synth-Chorpads herausragend, normale Chöre sehr brauchbar, inklusive Uh-Ah – Verschiebungen aufm Modwheel. Das Jazz-Scat-Patch ist wohl irgendwo in die Tiefen der Patches verschwunden, hier bleibt bühnentaugliches Teppichmaterial. Mein altes Lieblingspatch (Cosmic Rays) wurde in der aktuellen Generation etwas versaubeutelt, aber man kann damit leben, zumal man es gut mit dem Phase Pad eine Szene davor stacken kann, welches gerade – ich wiederhole mich – von den exzellenten Effekten lebt. Abgerundet wird die Kategorie von allesamt hervorragenden Synth-Bell-Stacks vom klassischen Fantasia bis zum modernsten Stacc-Heaven. K-o-n-g-e-n-i-a-l.
Guitar/Bass:
Uff, Roland. Hat es diesen Taster wirklich gebraucht? Die Nylon-Gitarre, welche einem da beim draufdrücken begrüsst, ist wieder dieses "Patch wo man das Ding im Laden stehen lassen will" – Phänomen und wird von jeder Yamaha-Einsteigerhupe links überholt. Für das E-Gitarren-Material (was schon nach drei Szenen folgt, nicht mal ne Steelstring gibts da) gilt exakt dasselbe, maximal noch die Dist-Guitar ist für ne untergemischte Zerrfläche gut, wenn grad keine echte zur Hand ist. Brauchbare Sololeads; nope. Funk-Klampfe; nope. Zweihändige Split-Riff-Gitarre (Spezialität der Motifs); nope.
Wenigstens die Bässe haben den einen oder anderen brauchbaren E-Bass zum mit links mitspielen, aber auch hier, kein Stich gegen Yamaha oder Kurzweil. Der Slap-Bass hat KEINE DYNAMIK, lmao, wie die Kids im Internet vor 20 Jahren gesagt haben. Synthbässe ein ähnlich gruseliges Pflaster, von okayen Sub-Bässen bis hin zu wirrem Plick-Plock-Quiek-Scheiss (teils ohne Dynamik), der wohl nie jemand auch nur ansatzweise benutzen wird. Ich sehe mich in dieser Kategorie am Laufmeter Scenes erasen. Sorry, welches Jahr haben wir? Abgerundet wird der ganze Murks von einer Sitar, welche von jedem Kurzweilnutzer der 90er-Jahre ausgelacht werden würde.
Brass/Woods:
Es ist wie mit der Autoerotik (nach Freud); Handjob geht, Blowjob tut weh. Was Roland einem hier serviert, ist jedem, der vor zwanzig Jahren mal an einem Tyros und dessen Akustik-Engines gesessen hat (nein, nicht "Mega" oder "S-Art", da reicht "Sweet/Cool/Live!"), nicht mal ein müdes Lächeln wert. Die Solo-Blechbläser und - Woodwinds sind durch die Bank hinweg furchtbar, damit spielt man keine ernsthaften Lines (vielleicht noch mit der Panflöte, die klang noch nie schlecht aus nem Rompler, nur "echt" ist die andere Frage). Ensemble-mässig siehts kaum besser aus. Die Brass-Section, die einem da auf Tastendruck begrüsst, ist an Peinlichkeit kaum zu überbieten und man verzieht beim Versuch, Funk-Lines zu spielen, angewidert das Gesicht (bevor man hysterisch lacht). Auch Sax - und Trompeten – Sektion sind komplett Grütze.
Interessanterweise gibt es da ein Layerpatch namens BB Ensemble, welches (vermutlich weil gut abgemixt) zwar immer noch deutlich nach Keyboard klingt, aber für "mellowe" Brass-Lines wie den Anfang eines "That's The Way Of The World" (EW&F) recht okay funktioniert (so langsam erschliesst sich mir warum Board-Unikum @Martman seine Bläser aus Einzelpatches baut). Für Staccatofunk (sofern der auf dieser Tastatur überhaupt geht) greift man dann aber doch auf ein Patch namens "Biggie Brass" zurück, dem man das Alter überdeutlich anhört (tippe auf XP-80-Generation oder maximal Ur-Fantom), dass aber von allen Sections noch am besten rüberkommt. Mit "VoyagerBrass" und "ChamberWoodwinds" sind auch noch zwei Sektionen für ruhigen Flächenkram mit bei, wobei der letzte etwas ungewollt nach Mellotron klingt. Kann man aber beides denk ich mal brauchen.
Und ach ja. Synthbrass gibts auch noch. Der ist wie üblich hervorragend. JP/JX/Juno vermutlich wieder Engine oder einfach sehr gutes Samplematerial. Sweep&Swell-Brass und käsiges Zeug auch drin, alles tiptop.
Synth:
Hm. Durchwachsen. Zum einen klingt keines dieser Patches wirklich schlecht, zum anderen bin ich mir von anderen Rolands die ich im Einsatz hatte (Juno Di / Fantom XR / FP90) irgendwie deutlich besseres gewohnt. Schätze mal, hier ist in der Tiefe des Systems noch so einiges mehr verbuddelt. Gleichzeitig kommt man, sofern man es brauchen würde, auch mit dem bereits gebotenen recht gut klar, gerade an Leadsounds ist der Standardkram gegeben und alles was ein Roland-Vorbild hat, klingt auch nach selbigem. Analogsound ist aber was anderes.
Other:
Primär noch ein paar Dutzend Init-Scenes, angeführt von ungefähr zehn eine-Note-halbe-Song Layerpatches, worunter mit "Transcend" auch noch ein ganz brauchbares ist. Der Rest ist Erase-Material für die Ladendemo ("guck mal wie toll der klingt").
und jetzt?
Mal sehen. Das Ding ist gerade mal drei Tage hier. Den Job, für den ich es gekauft hab, erledigt es bisher gekonnt und auch deutlich besser als der davor genutzte Kurzweil, der da völlig unterfordert rumstand. Als Standalone-Gerät jenseits der Aufgabe fehlt mir aktuell noch die Verwendung, allerdings auch noch irgendwie das Potential.
Das fängt bei den kleinen Detalis an. Das RD-Erbe zu leugnen und den DIN-MIDI-Input wegzulassen, trotz drei Zonen, ist ein ziemliches Ärgernis. Über die Rythmusmaschine (welche man mit einem Softwareupdate gefixt bekäme!!!) hab ich mich schon weiter oben aufgeregt. Und ich rege mich notabene auch jetzt schon über die Bedienung auf, irgendwie so ein Roland-Staple zurzeit. Feel you, @Duplobaustein. Man glaubt es erst wenn man es sieht. Würde ich das Teil hier für einen Stagepiano-Job mit Setups und allem verwenden müssen, ich würde es zurück in den Laden tragen.
Allerhöchste Eisenbahn wäre insofern ein anständiger Editor für Szenen und Patches, um dem üppigen Soundvorrat ohne grausamstes Menüdiving per Mäusekino Herr zu werden. Gerne auch als iPad-App, weil technisch geht da einiges, es macht nur halt einfach keinen Spass es einzustellen. Alleine für mit dem Upright-Piano (es gibt doch eins, klingt halt so mittel) eine Szene zu bauen hat mich fast zehn Minuten gekostet und war alles andere als intuitiv. Allgemein wäre die Rechnerkonnektivität wünschenswert zu erweitern. Dass ich per USB-Stick updaten muss (sagt zumindest die Website), ist so dermassen aus der Zeit gefallen, dass es fast schon wieder witzig ist. Wie das mit dem zusätzlichen Soundcontent oder der Mainstage-Integration funktioniert, erschliesst sich mir auch noch nicht. Aber mal sehen, hat ja alles Zeit, aktuell sind noch nicht mal die Treiber geladen.
Ich werde auf dem Laufenden halten. Allgemein sieht es zumindest so aus, als hätte Roland hier durchaus einen Wurf mit Potential gelandet, welches gefühlt noch zur Hälfte ausserhalb der Kiste ist. Mal sehen, wie ich in ein paar Wochen dazu denke. Seinen Hauptjob macht es indessen ganz okay. MIDI ausgeben. Und ein Klavier sein. Schnell einschaltbar, mit internen Boxen. Ich muss nichts mehr hochfahren, nicht mal die Monitore. Das ist eigentlich schon fast Argument genug.