Hallo zusammen,
ich habe den Beitrag schon länger verfolgt und wollte hier meine Erfahrung mit dem RD-88 teilen.
Quelle:
https://www.thomann.de/de/roland_rd_88.htm
Ich komme vom Nord Electro 5D 73, Korg SV-1, Rhodes MKII, und habe auch Auftritte mit Masterkeybords und VST gehabt und eine ganze Reihe weiterer Instrumente gespielt. Jedes hat so seine Vor- und Nachteile und Kompromisse, die man eingehen muss.
Natürlich ist das RD-88 kein Profi Instrument, sondern wendet sich an den Amateur, der ab und zu mal einen Auftritt spielt und in der Regel nur ein Instrument mitschleppt.
Für alle anderen Anwendungsfälle gibt es weitaus bessere/teurere Kombinationen.
RD-88
Piano live Sound....der wichtigste Punkt bei einem Stage Piano: ich bin glücklich damit, NACHDEM ich mir die Sounds zurecht gefeilt habe.
Wenn man Roland etwas vorwerfen kann/muss, dann dass die Werkseinstellungen für den europäisch geprägten, vom Klavier kommenden Spieler, eher nach "Lang Lang" tönen.
Anschlagsdynamik eine Stufe schwerer stellen, Ausklingdauer erhöhen hilft schon einmal und dann passt man div andere Parameter noch nach Wunsch an.
Im Vergleich zu Nord erscheint mir das dortige White Grand etwas besser, aber ansonsten kann der Sound meiner Meinung nach mithalten und klingt natürlich.
Wer das Instrument auf "hold the line" reduziert, konnte oder wollte sich nicht weiter damit beschäftigen, auch wenn der Vergleich natürlich witzig ist.
Wie es hier schon angeklungen ist, die Sounds sind für den live Einsatz konzipiert, gerade auch für Bandeinsatz, das sehe ich 100% auch so, es muss sich im Mix behaupten, ohne unerwünschte Frequenzen zu erzeugen. Sicher kann ein teures VST im Studio "echter" klingen, aber erzeugt dann live eine Menge Sound der im Raum nachschwingt.
Der Rhodes Sound gefällt mir sehr gut, teils kann ich auf der Aufnahme nicht sagen ob das ein "echter" Rhodes spielt oder das RD-88 und ich hatte einige Jahre ausschließlich ein 1980-er MKII als Instrument. Man sucht als ehemaliger Besitzer nach bestimmten Merkmalen, also zB Ausklingdauer (ein Problem beim SV-1), glockigem Sound bei leichtem Anschlag und bei stärkerem Anschlag dem "bark" sowie den typischen Klackergeäuschen der Mechanik (nicht vorhanden bei Nord) und einer mehr oder weniger leichten "Verstimmung", die gerade bei den höheren Tönen hörbar wird. Dazu gibt es bestimmte Stimmkurven, die zu erklären mein Wissen leider übersteigt. Das RD-88 kann sowohl ein sehr realistisches MKI als auch MKII imitieren.
Synthie Sounds sind gut, layern & splitten geht sehr gut, also zwei Klaviere übereinander, oder sogar extrem EP/Klavier + Pad und unten ein Bass.
Die eingebaute Rhythmus Sektion ist eine nette Dreingabe, sicher kann der eine oder andere etwas damit anfangen.
Orgel naja....hab ich mich wenig beschäftigen wollen bisher, klingt nicht schlecht, aber kein Vergleich zu Nord.
Die einfache Verarbeitung stört mich nicht, in Anbetracht des niedrigen Preises von knapp 1.200 € geht die in Ordnung. Sicher hätte ich
lieber +150 € gezahlt und dafür eine Alublende gehabt.
Als Kauftipp würde ich den passenden Roland Z Stand betrachten. Steht Bombenfest, nix wackelt und man kann auch sehr gut im Stehen spielen. Für das gebotene ist er mit ca 110 € unverschämt günstig.
Die Wurly Sounds werden ja hier und da kritisiert, ich fand die aber auch bei Nord nicht so gut. Ich habe einen Layer Wurly/Rhodes versucht und fand ihn dann schon einigermaßen akzeptabel.
Hier mein subjektiver Vergleich zu meinen bisherigen Instrumenten:
vs Nord Electro 5D73:
Das Nord schaut wertiger aus, und hat die bessere Orgel. White Grand geht immer. An die Tastatur gewöhnt man sich, aber am Schluss merkte ich, dass ich als Pianist damit nicht "weiter komme" also mich technisch nicht verbessern kann. Rhodes Sounds sind nicht gut, also gar nicht, die Effekte so lala.
Syntie Sounds sind nicht so dolle. Technisch sind die Instrumente nicht die besten, das Netzteil brummte (wie bei vielen anderen) und die Tastatur hätte sicher nicht mehr ewig gehalten.
vs Korg SV-1:
Das Korg fand ich nochmals wertiger, es hat eine schwergängige und rutschige Tastatur, die leider so auch fürs SV-2 übernommen wurde. Die hat 10 Jahre tägl. mind. 1 Std. Folter klaglos überstanden, aber zB bei Außenauftritten im Winter oder bei längerem spielen taten die Hände weh.
Hier sehe ich die Roland Tastatur besser, die hat eine rauhe Oberfläche und lässt sich ermüdungsfreier spielen.
Das SV-1 eignet sich nicht für Orgelspiel. Rhodes Effekte sind gut, eigentlich klingt das Instrument nur gut, wenn man Rhodes mit Verstärker Simulation über Röhre + Effekte und dann laut spielt. Dazu einfach mal die Vergleich bei Andertons anschauen, die immer "nackt" also Grundsounds ohne Effekte eingespielt werden. Klaviersounds ganz OK, beim SV-2 soweit ich das beurteilen kann nochmals verbessert, im 1:1 live Einsatz waren die Klaviere denen des Nord klar unterlegen.
Am Ende ist mir das Instrument für Auftritte zu schwer und die Einstellung am Laptop nervt und ist umständlich.
RD-88 Pluspunkte
+ gerade noch leicht genug mit 13,5 kg
+ sehr kompakte Maße für ein 88-er
+ gute, realistische "klavierähnliche" Tastatur
+ viele Einstellmöglichkeiten am Instrument, Sounds lassen sich direkt auf der Bühne schnell anpassen
+ Akustik Piano Sounds (nach Einstellung)
+ Rhodes Sounds
+ passender Roland Z Stand
+ Syntie Sounds, Pads, Effekte
+ eingebautes Audio Interface, man kann es als Master Keyboard nutzen.
+ eingebaute Lautsprecher zum üben, oder als Monitor auf der Bühne, ggfs. eingeschränkt auch für Auftritte in sehr kleinen Räumen.
+ Pitch/Bend Rad, teilweise auch mit Effekten belegbar
+ externes Netzteil (viele sehen diesen Punkt als Minuspunkt)
RD-88 Minuspunkte
- haptische Anmutung
- verschachteltes, umständliches Menü
- viele Einstellmöglichkeiten stehen nicht in der Bedienungsanleitung.
- Orgel Effekte (Rotary im Vergleich zu Nord)
- Wurly & Clav Sounds
In Summe seiner Eigenschaften sehe ich nur ein Instrument, dass in diesem unteren Preissegment möglicherweise besser ist,
das Yamaha CK88, hier sogar mit der Möglichkeit es mit Batterien zu betreiben und (nehme ich an) deutlich besserer Orgelsektion.
Das wäre eine mögliche Alternative, ich stand längere Zeit zwischen der Kaufentscheidung eines Yamaha CP73 und RD-88, letztlich wollte ich
aber eingebaute Lautsprecher und eine leichte 88-er Tastatur und habe mich für Roland entschieden. Das CK88 habe ich noch nicht getestet.
Casio könnte objektiv sicher auch noch dagegen halten, hier muss ich aber leider sagen, dass ich keine Touchleisten mag und es für mich noch
einige weitere Negativpunkte bei Casio gibt.