Hallo, *.*!
Seit einigen Monaten war auf der Suche nach einer elektroakustischen Jumbo (nicht wegen der absoluten Groesse, sondern wegen der Proportionen), die sowohl etwas fuers Ohr als auch fuers Auge bietet. Und bezahlbar sollte sie sein. (Mensch, das sind ja gleich drei Sachen auf einmal...
Also habe ich erst einmal die Ibanez AEL40 getestet. Ein wunderschoenes Modell mit einem matten Finish, extrem leicht, mit einer hoelzernen Weinranke im Griffbrett, einer (matten) Schalllocheinfassung aus Abalone und einer Kopfplatte zum Verlieben. Die Decke aus massiver Fichte, Zarge und Boden aus rotbraun lackiertem Ahorn, perfekt passend zu der Kopfplatte mit den goldenen Mechaniken. Der akustische Klang war gut, aber nicht die Offenbarung. Die habe ich bei 400EUR auch nicht erwartet. Leider musste das Instrument mehrfach getauscht werden, weil es nicht zu tolerierende Verarbeitungsfehler gab. Nach drei Tauschs hatte ich erst mal keinen Nerv mehr und habe das Projekt "Jumbo" auf Eis gelegt.
Vorletzte Woche hat sich das GAS wieder gemeldet. Also musste wieder eine AEL40 her; und ausserdem etwas zum Vergleichen. Als langjaehriger Takamine-Schwaermer fiel meine Wahl recht schnell auf die EG523SC. Die Kombination aus massiver Fichtendecke und Ahornzargen im Originalfarbton mit dem geschnoerkelten Tortoise-Schlagbrett hat mich schon lange fasziniert. Aber mir da beim Auspacken entgegenfunkelte, uebertraf meine Erwartungen bei Weitem. Die Abaloneeinlagen ums Schallloch haben durch die Klarlackierung eine enorme Tiefenwirkung, auch die Abaloneeinlagen im Griffbrett sehen toll aus und geben den Perlmutteinlagen den "letzten Schliff". Das Stimmgeraet ist wirklich durchdacht; nie habe ich eine Gitarre schneller gestimmt. Die Pfeile blinken um so schneller, je weiter man vom Ton entfernt ist.
Leider hat sich die tolle Optik nicht im Klang wiedergespiegelt - trotz der D'Addario EXP-Saiten klang sie etwas flacher als die Ibanez. Ein schoenes Detail war der geteilte Steg - die Gitarre war absolut oktavrein. Ausserdem war das Instrument wunderbar zu bespielen, selten sind bei einer Akustikgitarre die Bendings so geflutscht wie bei der EG523. Leider gab es ein Problem - Barrees im ersten Bund brauchen extrem viel Kraft. Trotz meiner >20 Jahren Gitarrenpraxis habe ich es nicht geschafft, einen sauberen F-Dur ohne extreme Konzentration zu spielen; irgendwas hat immer gescharzt.
Verstaerkt klangen die Ibanez und die Takamine sehr aehnlich - brillant, aber etwas synthetisch.
Obwohl diese zwei Jumbos unter'm Strich unterschiedlicher nicht sein koennten, konnte ich mich zwischen diesen beiden Modellen nicht entscheiden. Die Ibanez klang akustisch marginal besser, die Takamine war wesentlich besser bespielbar... und von der Optik her haette ich am Liebsten beide behalten.
Aber keine dieser Gitarren hat mich vollends ueberzeugt. Also musste noch ein dritter Proband her. Nach guten Erfahrungen mit Yamahas Akustik-Gitarren entschied ich mich fuer die CPX900 in Mocca Black. Obwohl ich eigentlich etwas in "Natur" haben wollte. Aber die Kombination aus "Dunkelstbraun", Abalonerosette und Goldmechaniken fand ich einfach genial.
Erst mal gestimmt. Wie schoen, auch das Stimmgeraet der Yamaha hat das verstimmungsabhaengige Blinken.
Also erst mal gestimmt und einen simplen E-Dur gestrummt. Wow - was fuer ein Klang. Warm & brillant, voluminoes, ausgewogen - einfach toll. Dann das Wichtigste (weil es mich bei der Takamine so gestoert hat): Klappen F-Dur und Bb-Dur ohne Stoergeraeusche? Ja, wunderbar, absolut perfekt. Nach ein paar Minuten Dauerlauf uebers Griffbrett konnte ich eine gute Bespielbarkeit bis in die hoechsten Lagen attestieren. Dann ueberkam mich die Vorfreude auf das laut Werbung ach so tolle neuartige Tonabnehmersystem. Also Plug & Play
Was mir da aus den Lautsprechern entgegenschallte, war einfach nur schoen. Nur "natuerlicher" Akustikgitarrensound ohne irgendwelche synthetischen Bestandteile. Weil ich meinen Ohren nicht traute, habe ich die Ibanez noch einmal angeschlossen - der Unterschied war nicht zu ueberhoeren.
Dann habe ich mit einer Person, die keine Beziehung zu Gitarren hat, einen Blindtest gemacht. Auch hier stand ganz klar die CPX900 auf dem Siegerpodest, dann die AEL40, dann die Takamine.
Eigentlich suchte ich eine preiswerte Jumbo und... naja... die CPX ist es dann geworden. Allerdings habe ich da nicht das Gefuehl, einen Kompromiss eingegangen zu sein; der akustische Klang ist sehr gut und der verstaerkte Klang noch ein bisschen besser.
Ich habe sie gestern im Duett mit einer (vollmassiven) Yamaha LL16 (einer Dreadnought aus der Lotus-Serie) hoeren koennen - diese Gitarren aehneln sich klanglich sehr; ein "Besser" oder "Schlechter" haben wir uns nicht getraut, zu vergeben.
Aus mir unverstaendlichen Gruenden gibt es in der 16er Lotus-Serie kein Jumbo-Modell mit Pickup und Cutaway. Sonst haette ich mich evtl. dafuer entschieden. Aber so bin ich mit meiner Entscheidung auch sehr gluecklich, zumal die Optik der CPX900 in Mocca Black mir mehr zusagt als die der Lotus.
Na toll... eigentlich wollte ich nur einige Zeilen ueber die CPX schreiben mit einer abschliessenden Frage - schlussendlich ist es doch ein Roman geworden.
Schoene Gruesse...
Bjoern