Ganz ehrlich? Musik ist Luxus. Musikunterricht ist noch mehr Luxus.
Da bin ich anderer Meinung. Wenn man so verfährt, dann führt das dazu, daß nur diejenigen Musikunterricht kaufen, die um dessen Wichtigkeit wissen oder ihren Kindern einfach was Gutes tun wollen. Musik ginge dann an der breiten Bevölkerung noch mehr vorbei.
Heute weiß man aber : Musikausbildung ist extrem wichtig, weil wegen der Hand-Augen-Koordination einseits und der Verknüpfung von Notenlesen und Spielen andererseits Gehirnregionen aktiviert und trainiert werden, welche auf andere Weise nicht oder kaum angeregt werden können. Solche Dinge sind durch Untersuchungen mit Magnetresonanz-Tomografen ab Mitte der 2000er verstärkt herausgefunden worden. Bis dahin wusste man nur, DASS Musik und Mathematikbegabung zusammenhängt, nur nicht WARUM das so ist.
Musik ist neben der grafischen Kunst ein wesentlicher Aspekt, der auch beide Hirnhälften gleichzeitig fordert und damit "per Software" verknüpft. Das heißt, Zusammenhänge, die die eine Hälfte lösen kann, stehen der zweiten "um die Ecke" zur Verfügung. Das ist wiederum essenziell für andere Dinge, wo beide HH gebraucht werden -> Stichwort "Transferdenken". Auch da zeigt sich, dass Musik eine sher positive Wirkung hat und es ist ausdrücklich so, dass nicht etwa nur die Musikbegabten irgendwie auch Mathe können, sondern in der Tat so, dass sich beides gegenseitig beeinflusst und dies in beide Richtungen! Ich könnte da jetzt viele weitere Beispiele bringen und Belege zitieren. Wer da einsteigen will, lese sich mal in die Wirkung von Spiegelneuronen ein. Mittels deren interessanten Effekte ist es z.B. möglich, eine küstliche Hand durch Ansehen der Bewegung der noch gesunden Hand zu trainiern. Die Hirnhälften spielen sich die Bewegungsmuster gegenseitig zu. Genau so ist das durch Musikmachen unbewusst erlernte Wissen auf der anderen Seit mitgelernt und nutzbar.
Fakt ist aber leider, dass in DE Musik an Schulen sehr schwach und teilweise nur empochal unterrichtet wird und wurde, inzwischen durch G8 auch noch zusammgestrichen worden ist und die Ausbildung zum Notenlesen und Instrumentenspielen da nicht geleistet werden kann. Bei Weitem nicht! Fakt ist auch, dass in z.B. osteuropäischen Ländern wie Polen, Lettland und auch Tschechien Musik sehr viel stärker im Fokus steht oder zumindest stand. Neuere Betrachtungen zeigen, dass z.B. die Leistungen in Musik sehr eng an die Ergebnisse der PISA-Studie geknüpft sind und man einen Zusammenhang zwischen Menge und Qualität der Musikausbildung in einem Land mit dessen Werten im Bezug auf die Leistungen der Schüler und Studenten dort ziehen kann. Das heißt, die, die Musik abbauen, bauen auch bei PISA ab!
Daher ist aus meiner Sicht eine Musikausbildung zusätzlich unabdingbar! Entweder bekommen die Schüler in den Schulen mehr staatlichen Unterricht, oder man finanziert den Kindern eine Mindestmenge an kostenlosem Musikunterricht in Musikschulen.
Machen wir das in DE nicht, werden wir weiter von anderen Ländern technisch und intellektuell abgehängt!
Im Übrigen gilt das Gleiche auch für den Sport! Auch da liegen inzwischen Fakten vor, die zeigen, wie Hand-Augen-Koordination gerade bei kleinen Kindern nötig ist, um später zu lernen und zu denken! Um z.B. abstrakte mehrdimensionale Abläufe, Räume und Probleme erfassen und im Kopf managen zu können, ist es erforderlich, dass Gehirnstrukturen entstehen, die das ermöglichen. Dazu ist es u.a. nötig, dass Kinder mit komplizierten Formen spielen, die sie greifen und zugleich sehen können. Sie müssen das Fallen, das Abprallen, Weichheit, Dehnbarkeit, Verzögerung und vieles mehr erst erlernen, um darauf basierend dann weitere mögliche Vorgänge antizipiren zu können. So komisch es klingt, je mehr die Kinder anfassen, desto besser können sie später denken. Im Fachvortrag des Neurologen, der das publiziert hatte, nannte er es : "Begreifen durch Be-Greifen".
Man kann das Thema endlos ausdehen, aber egal wie man das entscheidet: Die Kinder brauchen mehr Sport und mehr Musik und auch wieder mehr Kunst! Dieses breit gefächerte humboldtsche Bildungsideal hat uns Deutsche einst zur führenden Nation gemacht, was Technik, Mathematik und und Physik angeht. Das war eindeutig auf Bildung und nicht etwa Genetik zurückzuführen, weil wir Deutschen - mitten in Europa - wegen der Völkerwanderungen und Kriege genetisch ein Mischvolk sind.
Die Bildung ist das A und O unseres Wohlstandes. Leider hat man hier schon seit Ende der 1980er eine Abflachung zu verzeichnen und es wurden wegen Wiedervereinigung und anderer politischen Beweggründe andere Prioritäten gesetzt und Bildung vernachlässigt. Da gab es infolge mangelnder Planung die Lehrerschwemme, später die Studentenschwemme und heute haben wir Lehrermangel und Sportstättenmangel.
Deutschland geht weiter in den Ar....h, wenn es so weiter geht.
Das Zusammenkürzen von Musik ist ein weiterer Sargnagel, der dazu führen wird, dass wir ein kleines unbedeutendes Entwicklungsland sein werden.