Nur von der Musik leben - Erfahrungen

  • Ersteller Templar
  • Erstellt am
90 % von uns allen wären doch gern der große Rockstar geworden, der heute in London und übermorgen in New York vor Zehntausend Leuten spielt.

Also ich wollte nie ein Rockstar werden :)) Und ich kenne genug MusikerInnen/MusiklehrerInnen, denen dieser Gedanke ebenso fern wäre. Wollte ich Rockstar werden msste ich definitiv jemand anders sein :))
 
Ein schöner Plan B, wie ich finde, auch wenn ich ihn andersherum gelebt habe. Nachdem ich 15 Jahre ausschließlich von Musik leben konnte, hab ich einen Job angefangen, der mir eine sorgenfreie Existenz sichert, und mache nur noch nebenbei Musik, ein paar Sachen, die unkommerziell sind, und nachwievor Tanzmusik, mit der ich die Musik finanzieren kann.
Der Vorteil hierbei ist, dass durch meinen Hauptjob meine Rente gesichert ist, worum ich mich bei einer selbständigen Tätigkeit, wie das auch bei dem hier nett diskutierten Thema "Leben nur von Musik" der Fall ist, selber kümmern müsste. Und genau da liegt das größere Problem, wie ich denke.
Viele wären vielleicht in der Lage, durch die Einkünfte mit Musik ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, aber wenn ich irgendwann mal nicht mehr auf der Bühne stehen kann, muss ich ja auch von was leben. Man könnte dann zwar - auch mit 70 oder älter - noch Unterricht geben, aber auch damit ist irgendwann mal Schluss.
Und kommt mir jetzt nicht mit "Rockmusiker werden nicht alt"...
 
Eine Frage hätte ich noch @all, ist aber ein bisschen privat und wurde vielleicht auch schon diskutiert, aber sei's drum... hat man bzw. habt ihr denn so den Plan B (vorige Ausbildung in anderem Beruf o.ä.) in der Tasche? Ich meine, falls es mit der Musik aus irgendwelchen Gründen nicht geklappt hätte oder nicht mehr klappen wird, gibt es den Ausweichplan oder ist das schon alles mit 100%igem Einsatz, Herzblut und dem ganzen Leben allein auf das Ziel "ich will von Musik leben" ausgerichtet?

Ich habe zuerst eine Ausbildung und dann ein Studium abgeschlossen, die beide nichts mit Musik zu tun haben. Habe dann allerdings festgestellt, daß das Studium zwar toll war, aber zu einem Beruf führte, der mir nicht wirklich lag. Deshalb habe ich ein weiteres - wissenschaftliches - Studium begonnen und gleichzeitig damit angefangen, Gesangsunterricht zu geben. Ich dachte zunächst, ich könnte das teilweise machen, um mir etwas dazuzuverdienen. Im Laufe der Jahre kam es dann aber dazu, daß ich immer mehr Unterricht gegeben habe, daß ich eine Honorarstelle an einer Musikschule bekam und diverse andere Projekte auf Honorarbasis angenommen habe - Und mein Nebenverdienst wurde zu einem Hauptberuf. Heute bin ich darüber sehr froh und kann auch gut davon leben. Ich kenne auch keinen Überdruss, weil ich gerne mit SchülerInnen arbeite und mich mit Gesang und Musik befasse.

Ich habe natürlich auch diverse Auftritte und "bühnenreichere Phasen" in meinem Leben gehabt, aber letztendlich bin ich einfach nicht für das ganze Drumherum geschaffen. Ein Bandauftritt am Abend bedeutet, daß man sich am Nachmittag oder noch früher am Proberaum trifft, alle Sachen einpacken muss, daß man dann mehr oder weniger weit zum Auftrittsort fahren muss, dort ausladen, alles aufbauen, Soundcheck, irgendwas essen, mich selber aufbrezeln (STRESS!!!!) Bis es dann zu unserem Auftritt kam hatte ich oft schon Kopfschmerzen. Sehr oft habe ich kaum von der Bühne runter eine Riesenmigräne bekommen :-( Dann aber noch alles abbauen, wieder in den Autos verstauen, zum Proberaum, alles ausladen, nach Hause fahren, mitten in der Nacht totmüde und mit rasender Migräne ins Bett....
Auch Ensembleauftritte zu Hochzeiten oder so erfordern, daß man sich passend zurechtmacht, rechtzeitig da ist, die gesamte Veranstaltung dabei sitzt, zu den Auftritten perfekt abliefert usw.
Ich finde das bei aller Freude am Singen einfach irre anstrengend.

Viel mehr liebe ich es, ins Studio zu gehen und dort unsere eigenen Songs in aller Ruhe in eine richtig schöne Form zu bringen. Dann kann ich meine Songs im Internet veröffentlichen und das reicht mir an Öffentlichkeit für meine Musik.

Wer ein Star sein will muss vor allem sich selbst verkaufen können.

Vielleicht hätte ich das Bühnenleben eher langfristig lieben können, wenn ich nur hingehen, mich auf die Bühne stellen und singen hätte müssen ;-)
 
Zuletzt bearbeitet:
90 % von uns allen wären doch gern ... vor Zehntausend Leuten spielt.

Das scheint mir überhaupt ein Hauptmotiv für viele hier zu sein, Musik zu machen. Vor tausenden Leuten auftreten ...
Ein Motiv, und ein scheinbarer Qualitätsanspruch ...

Ich will jetzt bitte bei Gott nicht mit dem großen Zeigefinger wacheln ... nur, meine rein persönliche (!) Ansicht ist: Wer D A S als Motivation braucht, um Musik zu machen, der darf sich wohl kaum als Vollblutmusiker bezeichnen ...

Thomas
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Na gut, was zeichnet einen Vollblutmusiker aus? :gruebel:
Fakt ist, dass ein Profimusiker vor 10.000 Leuten genauso motiviert und überzeugend spielt wie vor 100 oder noch weniger. Wir haben es schon öfter erlebt, dass eine Veranstaltung nicht so gut besucht wurde, wie vom Veranstalter erwartet. Und besonders dann ist es wichtig, sich nicht demotiviert hängen zu lassen, sondern um so engagierter die vorhandenen Gäste zu unterhalten. Somit demonstriert man zum einen, dass man sein Geld wert ist, dass man natürlich trotzdem laut Vertrag hinterher kassiert, zum anderen gehen die Gäste, die da waren, nicht enttäuscht nach Hause und bestätigen diejenigen, die nicht zu der Veranstaltung gekommen sind, sondern sorgen eher dafür, dass beim nächsten Mal wieder mehr los ist, weil sich dann vielleicht der eine oder andere doch ärgert, dass er zu Hause geblieben ist. Somit ist man als Musiker gewissermaßen auch selber ein Stück aktiv an dem Veranstaltungs-Business beteiligt.
 
Der Aspekt der Unterhaltungsfähigkeit und die Lust an der Selbstvermarktung haben für mich nichts damit zu tun, ob jemand MusikerIn ist.
Ein Künstler ist ja auch nicht erst dann ein Künstler, wenn er soundsoviele Ausstellungen mit großem Publikum hat und seine Bilder 10.000,- € kosten.

Allenfalls kann man etwas darüber sagen, ob jemand mit Musik Geld zum leben verdienen kann, ob also "Musiker" im individuellen Fall eine Berufsbezeichnung ist.

Als hauptberufliche Gesangslehrerin beschäftige mich jeden Tag mit Musik und damit wie man sie anderen vermitteln kann. Diese Leute bezahlen mich für mein Können und mein Know How als Sängerin/Musikerin.
Außerdem muss ich mich als Sängerin/Musikerin selber immer weiter entwickeln. Durch die SchülerInnen werde ich immer wieder mit Musik konfrontiert, die ich sonst gar nicht kennen würde. Außerdem nehme ich selber immer mal wieder Unterricht in Gitarre und Querflöte, begleite meine SchülerInnen regelmäßig auf der Gitarre und schreibe und singe nicht zuletzt ja auch meine eigenen Songs (auch wenn ich selten auftrete).
 
Zuletzt bearbeitet:
Na gut, was zeichnet einen Vollblutmusiker aus? :gruebel:

Daß er Musik macht, weil ihm die Musik als solches Freude bereitet. Unabhängig davon, ob 3 oder 10.000 Menschen zuhören. Oder, mit anderen Worten: Daß er an der Probenarbeit genausoviel Freude hat, wie an Auftritten.

Lediglich MEINE Meinung ...

Daß das nicht durchzuhalten ist, wenn man richtig gut im Geschäft ist, ist klar. Aber das müßte einmal der grundsätzliche Ansatz sein, meine ich ...

Thomas
 
Der Vorteil hierbei ist, dass durch meinen Hauptjob meine Rente gesichert ist, worum ich mich bei einer selbständigen Tätigkeit, wie das auch bei dem hier nett diskutierten Thema "Leben nur von Musik" der Fall ist, selber kümmern müsste. Und genau da liegt das größere Problem, wie ich denke.
Viele wären vielleicht in der Lage, durch die Einkünfte mit Musik ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, aber wenn ich irgendwann mal nicht mehr auf der Bühne stehen kann, muss ich ja auch von was leben. Man könnte dann zwar - auch mit 70 oder älter - noch Unterricht geben, aber auch damit ist irgendwann mal Schluss.

Das ist absolut richtig, aber mit 25 mag sich niemand darüber Gedanken machen.
Bei mir hat es auch eine Weile gedauert, bis mir die Risiken der Selbständigkeit so richtig bewußt wurden.
Wenn ich gesundheitlich fit bleibe, könnte ich mir durchaus vorstellen, daß ich noch unterrichte - ich bin eine Zeit lang auch zu einer längst pensionierten Gesangslehrerin gegangen, ein wahres Füllhorn an Erfahrung, Anekdoten und Scharfsinn. Aber das wird so oder so nicht zum Leben reichen. Und auf der Bühne werde ich mit 70 eher nicht mehr stehen ;)
Ich bin verheiratet - ebenfalls mit einem Selbständigen. Wir versuchen privat vorzusorgen, was halt so geht. Viel wird es nicht sein, aber eine kleine Rente wird schon zusammenkommen, hoffe ich.
Anstrengend fand ich die Tanzmusikerjobs in großen Besetzungen - obwohl diese Bands damals so gut verdienten, daß sie oft Roadies hatten, ich mußte dann tatsächlich nur noch auf die Bühne gehen und singen und hinterher gab´s auch keine Plackerei mit Abbauen und Schleppen! - wegen der wahnsinnigen Lautstärke auf der Bühne und außerhalb davon. Mir haben manchmal auf der Heimfahrt die Ohren geklingelt. Das will ich nicht mehr haben.
In meinen jetzigen kleinen Besetzungen ist das kein Problem, oft brauchen wir nicht einmal Monitore! Der Auf- und Abbau geht schnelll, das Aufbrezeln dauert eigentlich nur zehn Minuten, und spät nach Hause zu kommen bin ich gewöhnt, also ein paar Jährchen kann ich das sicher noch machen!
 
...was mir hier auffällt ist,
dass die teilweise verschrobenen ansichten ausschließlich von menschen kommen, die in ihrem leben noch nicht von der musik gelebt haben.

menschen, die diese erfahrung gemacht haben, argumentieren hier zum einen vernünftig zum anderen der wahrheit entsprechend.
dabei spielt es keine rolle, ob sie noch aktiv sind oder früher ein anderes "leben" hatten.

warum ich das gerade erwähne?
ich erschrecke hier regelmäßig wenn ich das ein oder andere geschriebene lese - ärgere mich bisweilen fast darüber - letztendlich relativiert sich das aber durchgehend dadurch, dass diese dinge stets von menschen gepostet werden, die das musikerleben gar nicht selbst kennen.

ich für meinen teil habe zum beispiel erkannt, dass ich lieber einen abend top40 spiele , als für das gleiche geld bspw 4 mal 8 stunden regale zu pflegen
und JA ich kenne auch DIESE seite, weil es vor meinem derzeitigen stand in der musik auch mal eine zeit gab, in der ich begonnen habe mich zum berufsmusiker zu entwickeln und dieser übergang benötigte zeit.

zum thema "spaß":
ja - mir macht es spaß auf der bühne zu stehen. musik für andere zu machen, musik für mich zu machen.
und wenn mal nicht alles so super passt dann ist das völlig normal. deshalb verliert man doch nicht gleich die freude am musizieren?
oder anders herum:
ich kenne dutzende von menschen in anderen berufen, die zum größten teil dafür schaffen gehen , um am wochenende endlich nicht mehr schaffen zu müssen und sich ausschließlich auf ihre urlaubstage freuen.
warum soll das denn nun erfüllender sein als die musik zum beruf zu machen?
warum wird es bei der musik als beruf nahezu kategorisch ausgeschlossen, dass es eben auch sein darf, dass ein job mal nur ein job ist und nicht die erfüllung auf erden?
sind wir plötzlich alle van goghs, die sich aus frustration ihr ohr abschneiden?
ist man vielleicht sogar nur dann ein vollblutmusiker wenn man zutiefst darunter leidet wenn man gerade keine "kunst vor dem herrn" macht ?
sorry aber das ist unterm strich einfach völliger blödsinn
und wenn man sich WIRKLICH mit der materie auskennt dann weiß man das auch.

gruß
ron
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 6 Benutzer
Daß er Musik macht, weil ihm die Musik als solches Freude bereitet. Unabhängig davon, ob 3 oder 10.000 Menschen zuhören. Oder, mit anderen Worten: Daß er an der Probenarbeit genausoviel Freude hat, wie an Auftritten.

Lediglich MEINE Meinung ...

Daß das nicht durchzuhalten ist, wenn man richtig gut im Geschäft ist, ist klar. Aber das müßte einmal der grundsätzliche Ansatz sein, meine ich ...

Thomas

Ich bezieh das mal ein bisschen auf mich, weil du das Statement ja mit einem Zitat von mir begonnen hast... und ich kann dir sagen, ich bin musikalisch sehr éngagiert und viel unterwegs, obwohl ich weiß, dass ich sehr wahrscheinlich eben keiner dieser stadienfüllenden Stars sein werde.

Was ich, zugegebenermaßen etwas sehr flapsig, in den Raum gestellt habe, ist doch nur, dass viele von uns, wenn eine gute Fee vorbeikommen und fragen würde "wärst du gern jemand, der vor x Leuten spielt, die alle DEINE Songs mitgröhlen?", wohl "ja" sagen würden. Das heißt aber noch lange nicht, dass jeder von uns den Traum oder das feste Ziel hat. Natürlich muss an erster Stelle die Freude an der Sache selbst, nämlich an der Musik und der damit verbundenen Arbeit, stehen.

Genauso wenig definiere ich die Qualität eines Musikers darüber, wie viele CDs er in seinem Leben verkauft hat o.ä.. Der beste Musiker, den ich jemals selbst erleben durfte und den ich für weit besser halte als viele von den heutigen Pop"stars", ist mein Musiklehrer an der Schule - ein Paradebeispiel für das absolute Gehör und ein wahnsinniges Gespür für Melodie, Rhythmus und Arrangements und nebenbei ein wirklicher Multi-Instrumentalist.

Egal, ich wollte mit meiner sehr saloppen Aussage keine Diskussion vom Zaun brechen, welche Ziele oder Träume jemand haben muss, um ein "echter Musiker" werden zu können - siehe letzter Absatz. Ich achte und respektiere jeden, der mit der Musik seinen Lebensunterhalt verdient (so wie ich übrigens jeden achte, der ein halbwegs geregeltes Leben führt, hoffentlich ohne dass mir das jetzt einer als Diskriminierung von Arbeitslosen auslegt...), egal aus welchen Motiven, mit welchem vermeintlichen Erfolg und Einkommen etc. pp.

Ich weiß, ich kann nicht zu 100% mitreden, wahrscheinlich aufgrund meines Alters nicht mal zu 50%. Ich habe viel zu wenig Erfahrung im professionellen Bereich und verdiene nur einen winzigen Bruchteil meines Einkommens mit Musik, aber trotzdem interessiert mich die Thematik. Ich möchte nur darum bitten, dass man mir jetzt nicht eine interpretationsfähige Aussage um die Ohren haut. Denn ich gebe dir, turko, absolut recht: Das ist das, was in erster Linie einen Vollblutmusiker ausmacht. Nicht das Geld und nicht der Ruhm, sondern die Musik als solche.
 
Daß er Musik macht, weil ihm die Musik als solches Freude bereitet. Unabhängig davon, ob 3 oder 10.000 Menschen zuhören. Oder, mit anderen Worten: Daß er an der Probenarbeit genausoviel Freude hat, wie an Auftritten.

Lediglich MEINE Meinung ...

Daß das nicht durchzuhalten ist, wenn man richtig gut im Geschäft ist, ist klar.

Wieso soll das nicht durchzuhalten sein ?
Ich bin hier wahrscheinlich eine, die mit am längsten im Geschäft ist, und singe immer noch sehr gern. Ich finde meine Begleitmusiker toll, es macht einfach Spaß, mit so guten Leuten auf der Bühne zu stehen. Wir haben ein schönes Programm. Ich komme viel herum. Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen.
Ok, proben tun wir nur sehr selten, wenn wir neue Stücke ins Repertoire aufnehmen wollen, aber dann wird auch gerne geprobt, es ist Teil der Arbeit. Da kann dann auch schon mal ein ganzer Vormittag oder Abend draufgehen mit der Arbeit an den Songs, dem Ausprobieren von Sounds, den Pausen zum Schwatzen und Kaffeetrinken... da denkt keiner: scheiße, jetzt hab ich so eine blöde Probe, hoffentlich ist die bald rum.
 

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben