Hier wurden einige m.E. sehr relevante Punkte genannt, die für das Produkt "Stage", die Produktpolitik von Nord und auch ganz allgemein für die angeregten Philosophie-Diskussionen hinter vielen anderen Keys ausschlaggebend zu sein scheinen:
Ich selber bin kein Einstein und kein Synthexperte und tue mich an einem NL deutlich schwerer, als an einem Stage. Ein Stage hat einfach weniger Regler und weniger "gedönse", dass man auch als nicht Martman klar damit kommt und genau das ist der Sinn dahinter. Eben ohne viel oder sogar komplett ohne Plan etwas auf die Reihe zu bekommen und das geht wirklich.
Das ist es!
Wer sagt denn, daß man (im Sinne von: die Leute, die das Ding tatsächlich kaufen) sich mit den erweiterten Möglichkeiten überhaupt befassen will?
Ich meine: ich persönlich hätte das gerne, da ich davon regen Gebrauch machen würde. Es wäre aber ein Fehler, von meinen speziellen persönlichen Bedürfnissen (gleichermaßen Spaß am Klavier/Orgelspielen wie am Synth-Programmieren, Sammler von 80er/90er-Jahre Digitalsynths) auf die Allgemeinheit zu schliessen.
Hier kommt nun die Zielgruppe ins Spiel. Und die kauft das Ding nach meiner Beobachtung in erster Linie als "Stage Keyboard", nicht als Synthesizer oder Workstation. Sprich, sie will auf hohem Niveau Orgel, Klavier und E-Piano spielen. Zusätzlich kann sie Vintage-Sounds aller Art gebrauchen, denn die kommen in handgespielter Musik mit hohem Orgel/Rhodes/usw-Anteil auch häufig vor. Drittens hat für ein wenig Brot-und-Butter wohl fast jeder eine Verwendung. Und viertens gibt sie eine Menge Geld für ein Instrument aus, weil sie das Alleinstellungsmerkmal "Echtzeitzugriff der Bedienoberfläche" schätzt.
Muss man das (Anm.: "Einstein") denn zwingend für einen NL2 oder Wave sein?
Oder anders: Ein 'Nicht-Einstein' könnte (und wird) erstmal die Funktionen links liegen lassen, welche er nicht kennt!
Zweifellos zählen NL und Co zu den zugänglichsten, überschaubarsten Synthesizern, weshalb ich sie auch gerne als "Lern"-Instrumente empfehle, so mich jemand dannach fragt
Das macht aber nur bei Leuten Sinn, die aktiv daran interessiert sind, Klangprogrammierung zu erlernen und zu nutzen.
Ich denke dennoch, daß dies im Kontext eines Nord Stage zu viel des Guten wäre - das Panel ist schon jetzt (auf den ersten Blick) sehr überfrachtet. Wenn man es nicht besser weiß, kommt man da nicht auf die Idee, daß das Gerät nach einer kurzen Kennenlernphase sehr einfach, übersichtlich und flink zu bedienen ist.
Da die Leute, die so was kaufen (> eher "Instrumentalisten", "Hand-Spieler", weniger "Techniker") anders ticken als z.B. Martman, hätte ich tatsächlich Bedenken, daß ein komplexer Synth eher links liegen gelassen würde. Der oben genannte "nicht-Einstein" lässt ja nicht die die erweiterten Funktionen links liegen und nutzt den Rest fleissig - sondern ist vom gesamten Synth frustriert und kommt zu dem Schluß, daß das Gerät nicht zu ihm passt. Nord versucht hier oder auch im A1, denen eine Brücke zu bauen.
Ob dies klappt, wird die Geschichte zeigen - lobenswert finde ich den Versuch allemal.
Und vor allem finde ich es gerade vom Standpunkt des Sound-Schraubers besser als den häufig zu beobachtenden Versuch, eine "unter der Haube" komplexe Architektur als Presetgerät schmackhaft zu machen und an der Oberfläche nur Regler für Cutoff, Resonanz, Attack, Release und einen gaaanz großen Presetauswahl-Regler anzubieten.
Andererseits erhebt wohl auch keiner den Anspruch, auf der Bühne alleine mit einem Juno als 'Allzweckwaffe' zu musizieren.
Nun wird der Stage vom Hersteller ja auch gar nicht als Allzweckwaffe (= Workstation) kommuniziert - das ist eine Projektion einiger Teilnehmer hier im Thread.
Nord selbst listet das Instrument unter
"Stage Pianos" und nennt es schlicht "Flagship" (= der Stage-Piano-Produktgruppe)
Und noch ein wenig OT:
Die ist leider ein Ding der Unmöglichkeit - liegt in der Natur der Synthese.
Die
Bedienoberfläche des DX7 ist m.E. besser als ihr Ruf - vor allem, wenn man bedenkt, daß sie aus der Computer-Steinzeit kommt und ohne Vorbild auskommen musste. Ich finde, mit ein wenig Übung sitzt zumindest am DX7II jeder Handgriff und man kommt recht fix von A nach B.
Das Problem liegt nicht nur in der Soft- und Hardware des Instruments. Sondern darin, daß hier - viel mehr als bei der in sich intuitiven subtraktiven Synthese - zwei weitere Faktoren ausschlaggebend sind, die auch mit einem "besseren" Bedienpanel nicht zu eliminieren sind:
- das Verständnis der FM-Synthese allgemein (einfach, aber nicht als selbstverständlich vorauszusetzen) und die Kenntnis der DX-Architektur (auch leistbar)
- sowie längere Praxis-
Erfahrung mit der FM-Programmierung, und die ist rar. Die reine Kenntnis und das abstrakte Verständnis der DX-Parameter bedeuten erstmal wenig. Anders als bei subtraktiven Synths läßt sich eine Klangvorstellung schwer "im Kopf" vordenken, wenn man nicht sowieso aus Erfahrung weiß, wie ein bestimmtes Spektrum zu realisieren ist.
Man hat also bei FM das Problem, daß stets der Dreiklang
"Gute Bedienoberfläche am Gerät + Theoretische Kenntnis der FM + Erfahrungswissen"
erfüllt sein muß, um damit zielgerichtet arbeiten zu können.