(Nicht-)Pianisten als Livekeyboarder

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Mir fällt immer wieder etwas auf, wenn es um Keyboarder in Bands geht, und zwar: Wann immer von so einem Live-Keyboarder die Rede ist, erfährt man, daß derjenige schon seit seiner Kindheit Klavier spielt und mindestens eine klassische Klavierausbildung hinter sich, wenn nicht gar am Klavier studiert hat.

Ich will nicht abstreiten, daß das etwas bringt, oder den Sinn hinterfragen. Aber es gibt mir zu denken, und zwar deshalb, weil ich kein gelernter oder ar studierter Pianist bin und dennoch in einer Band spiele. Amateurband, die die Musik als Hobby betrachtet, zugegebenermaßen, aber auch das ist eine Band. Gibt es außer mir überhaupt noch Bandkeyboarder, die nie das Klavierspiel erlernt haben? Die von einem anderen Tasteninstrument kommen und/oder Autodidakten sind?

Falls die Pianistenfraktion so extrem überwiegt, wie ich denke, frage ich mich, wie ich überhaupt in die Band gerutscht bin. War es ihnen egal? Sind sie – wie man es wohl von einer auch nur halbwegs ambitionierten Band erwarten sollte – davon ausgegangen, daß ich Klavier spielen kann? Vielleicht, weil man davon ausgeht, daß jeder Livekeyboarder Klavierunterricht hatte? Oder weil der Irrglaube immer noch vorherrscht, wer ein Tasteninstrument spielen kann, kann sie alle gleichermaßen gut spielen? Denn so ganz haben sich meine Bandkollegen noch nicht daran gewöhnt, daß ich kein Pianist bin, und was das heißt, daß ich keiner bin.

Last but not least: Ich bin mir sehr wohl der Tatsache bewußt, daß Pianisten ihre Vorteile haben, etwa eine größere Beweglichkeit und vor allem die Fähigkeit, mit beiden Händen, eigentlich gar mit allen zehn Fingern vollkommen unabhängig zu spielen. Aber bringt eine reine Klavierausbildung nur Vorteile, und zwar auch dann, wenn man in einer Band nicht nur Klavier spielt, sondern querbeet alles – Streicher, Hörner, Synthesizer?

Da würde ich gern eure Ansichten hören bzw. lesen.


Martman
 
Eigenschaft
 
Hi Martman !

Ich bin auch kein "gelernter" Pianist. Grundsätzlich würde ich mich überhaupt nicht als Pianist bezeichnen. Ich komme ursprünglich von der (Heim)-Orgel. Habe darauf allerdings eine sehr gute Ausbildung genossen und auch viele Klavier-Übungen absolvieren müssen.
Ich bezeichne mich als Live-Keyboarder und komme damit auch gut zurecht.

Nun zum Thema Pianisten in Bands:

Ich kenne viele Bands die keine "ausgebildeten" Pianisten an den Tasten haben.
M.E. ist es auch nicht wichtig was einer ist, sondern was "hinten raus kommt".
D.H. wenn man "abliefert" was von einem erwartet wird, ist doch alles OK, und wenn man irgendwann an seine spielerischen Grenzen stößt muss man entweder üben oder Kapitulieren ;-))

Sicherlich ist ein klassicher Pianist spieltechnisch besser ausgebildet als andere, dafür habe ich es aber schon oft erlebt, dass diese Leute ohne Noten "blind" sind. Auch Sound-Editierung, verschiedene Spielweisen (z.B. Bläsersounds), Orgeln usw. fehlt manchmal auch bei diesen Leuten.
Natürlich gibt es auch Granaten die alles können.....

Somit lässt sich das nicht verallgemeinern.

keep on rockin

ciao

bluebox
 
Ich kann Michaels Aussage nur bestätigen.

Tatsächlich kenne ich im Moment nur zwei Keyboarder in Bands, die "ausgebildet" sind. Ich glaube in den Bands finden sich eher die "Keyboarder" der Sorte BlueBox, Martman und co.

Man könnte ja mal eine Abstimmung machen, wer was für eine "Ausbildung" bekommen hat. Wäre sicherlich mal interessant.
 
Ja also ich hab auch nie ne Klavier AUsbildung genossen, lediglich das Keyboard habe ich 2 Jahre in der Musikschule gespielt. Hat mir allerdings auch kaum weiter geholfen bei meinen jetzigen Aufgaben in der Band. Ich hab gelernt mit Noten zu spielen. Also nen Notenblatt bekommen und das hatt ich dann zu üben. War ja gut und schön, aber was mache ich jetzt in der band?
Ich höre mir Musik an, muss die Sounds rausfinden für dich ich zuständig bin und die auch noch an nem Synthie nachprogrammieren. Ich sagmal bis auf dass ich Tonleitern und Akkorde kenne hat mir das Keyboardspielen in der Musikschule für meine jetzigen Aufgaben sogut wie gar nich geholfen, leider.
just my 2 cents
 
Ich habe seinerzeit mit Tischhupenunterricht angefangen und das war ganz schrecklich (hätte fast wieder aufgehört), aber seit ich Klavierunterricht habe, ist das nicht wieder vorgekommen. Trotzdem bin ich nun wirklich kein Pianist, auch wenn ich natürlich auf einem Klavier spielen kann. Ich sehe mich eher als Allrounder, bzw. wenn man es nicht so nett ausdrückt: Ich kann alles, aber nichts richtig :rolleyes:
Stimmt aber eigentlich, wobei ich das als Vorteil für mich sehe. Ich würde mich nicht nur aufs Klavier / die Orgel / den Analogsynthi beschränken wollen, einfach weil mir alle Bereiche Spass machen! Natürlich kann ich dann nicht erwarten, in jedem Bereich Virtuose zu sein, aber das macht auch nichts - immerhin ist das auch nur ein Hobby, nicht mein Beruf.
Meiner Meinung nach braucht man für eine Band ein relativ weit gefächertes Interessengebiet, weil man sonst nicht alles abdecken kann. Klar, das hängt auch von der Band ab, aber bei Top40/Cover/Pop-Rock ist das wohl unumgänglich, auch wenn in der Jazzcombo vielleicht doch eher der "reine" Pianist gefragt ist.

Ich denke, man muss auch unterscheiden, wer wann welche Ausbildung bekommen hat. Wenn jemand in seiner frühen Kindheit mit Klavierunterricht angefangen hat, aber mittlerweile aktiver Bandkeyboarder und Synth-Schrauber ist, wird er sich nicht unbedingt als Pianist bezeichnen. Trotzdem hat er all die Vorteile, die eine Klavierausbildung mit sich bringt, mitgenommen, ohne sich einzig und allein darauf festzulegen. Das finde ich persönlich optimal, denn gerade der Anfang legt ja die wichtigen Grundlagen wie Technik, Taktgefühl, Fingersatzbau usw. - und das braucht man einfach immer.
Wichtig ist nur, dass man es rechtzeitig schafft, sich auch für anderes zu interessieren, denn wenn man jahrzehntelang nur vom Blatt irgendwelche klassischen Stücke runterspielt, dann landet man genau bei dem, was bluebox schon geschrieben hat: Man kann nur mit Noten spielen, und kennt nur das Klavier als möglichen Sound.

Übrigens gibt es heutzutage (jedenfalls für Kinder) kaum noch Möglichkeiten, anders als Klavier anzufangen. Keyboard halt, aber wer so eine Ausbildung durchläuft ist ja noch weniger für den Band-Einsatz vorbereitet als der reine Pianist.
Vor dem Hintergrund wundert es mich dann auch nicht, dass viele eine Klavierausbildung genossen haben - auch wenn sie sich nicht als Pianisten bezeichnen wollen. Wir können ja schließlich nicht aus dem Nichts entspringen ;)
 
Ich sehe mich eher als Allrounder, bzw. wenn man es nicht so nett ausdrückt: Ich kann alles, aber nichts richtig

Hi, genauso geht es mir auch! Ich habe zwar eine klassische Klavierausbildung von rund 11 Jahren genossen, bin aber dennoch weit unter dem Level, den ich eigentlich hätte erreichen können. Ich spiel neben Piano eben noch versch. Gitarren, Bass, andere kleinere Instrumente und beschäftige mich mit Recording.
Der Vorteil besteht jetzt wirklich darin, dass ich selber produzieren kann, ohne (zumindest meistens) auf die Hilfe von anderen angewiesen zu sein. Also lieber von jedem etwas als sich nur auf eine Sache zu beschränken.

Viele Grüße
 
wer so eine [Keyboard-]Ausbildung durchläuft ist ja noch weniger für den Band-Einsatz vorbereitet als der reine Pianist.

Wir arbeiten dran...in den VDM-Lehrplänen steht schon lange drin, daß Ensemblespiel gelernt werden sollte und daß Keyboarder Kompetenzen erwerben sollen, die sie fürs Bandspielen qualifizieren. An öffentlichen Musikschulen, wo fächerübergreifende Bands gebildet werden, macht das ja auch extrem Sinn. An privaten Musikschulen gibt es tendenziell seltener Bands und die Verbindlichkeit des VDM-Lehrplans ist nicht gegeben. Daher sollte gerade Keyboardunterricht an privaten Musikschulen stark hinterfragt werden.

Allerdings gibt es ein paar grundsätzliche Probleme, für die verschiedene Lösungen existieren:
  • es gibt kaum Bandkeyboarder als Musikschullehrkräfte, die meisten kommen aus ganz anderen Fächern
  • "Bandkeyboard" ist ein noch nicht mal halbwegs klar umrissenes Tätigkeitsfeld: wieviel pianistische Technik, wieviel Soundschrauberei, wieviel Notenlesen (Baßschlüssel? Partiturspiel?), wieviel Musikgeschichte (Vintage-Instrumente!), wieviel Studioarbeit, wieviel .... soll gelehrt werden?
  • die Schüler kommen meist mit unklaren Zielvorstellungen in den Unterricht. Sie wissen nicht, was man mit dem Instrument machen kann, wollen es aber trotzdem lernen. Einerseits gut für die Motivation, andererseits geht viel Zeit für die Zielsuche drauf, manchmal Jahre
  • viele Schüler wollen aber durchaus das Spiel mit Begleitautomatik lernen und finden die Ergebnisse hinterher gut. Ein nicht zu unterschätzender Motivationsfaktor - und: Keyboardschüler lernen dadurch extrem genaues Zählen

Jeder Lehrer muß da seine eigenen Lösungen finden, denn eine jahrelange Tradition gibt es nicht - dahergibt es auch keine jahrzehntelangen Fachbereichsleiter, die Hilfestellungen geben könnten.

Vor dem Hintergrund wundert es mich dann auch nicht, dass viele eine Klavierausbildung genossen haben - auch wenn sie sich nicht als Pianisten bezeichnen wollen. Wir können ja schließlich nicht aus dem Nichts entspringen ;)

Ja, wenn man ordentlich Klavier spielen kann, hat man dieses Feld zumindest schon mal abgedeckt. Es ist als Bandkeyboarder immer gut, wenn man auf einem Feld ein Spezialist ist - wenn man die anderen Felder nicht vernachlässigt.

Harald
 
@Harald:

Den letzten Satz solltest du dir in die Signatur schreiben ! :))

ciao

Michael
 
Wir arbeiten dran...in den VDM-Lehrplänen steht schon lange drin, daß Ensemblespiel gelernt werden sollte und daß Keyboarder Kompetenzen erwerben sollen, die sie fürs Bandspielen qualifizieren.[...]
Allerdings gibt es ein paar grundsätzliche Probleme, für die verschiedene Lösungen existieren:
Ich weiß, es war von mir eigentlich auch eher als Feststellung gemeint. Einen vernünftigen Lösungsvorschlag habe ich nämlich auch leider nicht zu bieten, was aber auch mit den von dir genannten Punkten zusammenhängt, z.B. mit der Tatsache, dass viele Schüler garnicht wissen, was sie eigentlich wollen. Was man ihnen allerdings auch teilweise garnicht vorwerfen kann:
Wenn ich überlege, dass ich mit 7 Jahren angefangen habe - wenn mich da jemand gefragt hätte, wo ich eigentlich mal hin will, ich hätte keine Antwort geben können. Ich weiß ehrlich gesagt garnicht mehr so genau, warum ich seinerzeit eigentlich angefangen habe; das ging wohl im Wesentlichen von meinen Eltern aus. Allerdings ohne Druck, mehr so "willst du nicht mal sowas ausprobieren?", und naja, das hab ich dann gemacht. Wieso das ausgerechnet Keyboard war, weiß ich garnicht. Sollte ich mal erfragen... ;)

viele Schüler wollen aber durchaus das Spiel mit Begleitautomatik lernen und finden die Ergebnisse hinterher gut. Ein nicht zu unterschätzender Motivationsfaktor - und: Keyboardschüler lernen dadurch extrem genaues Zählen
Ich sehe das Problem beim Keyboardunterricht auch garnicht in der Benutzung der Begleitautomatik (auch wenn es vielleicht manchmal so klingt). Ganz im Gegenteil, das kann durchaus seine Vorteile haben! Problem ist nur, wie es häufig vermittelt wird.
Null Technik, null Harmonielehre. Das einzige, was man beigebracht bekommt ist, Noten zu lesen (mehr oder weniger) und wie die einzelnen Akkorde gehen (was man dann auswendig lernt). So ist es jedenfalls häufig.
Und da sehe ich wirklich ein großes Problem: Gerade was die Technik angeht. Ist die einmal versaut, kriegt man das nur sehr schwer wieder raus (meine linke Hand ist auch nach Jahren noch musikalisch gesehen total verkrüppelt!). Harmonielehre kann man ja wenigstens später noch "nachlernen"...
 
Du sprichst ein paar sehr interessante Dinge an.
  • "Bandkeyboard" ist ein noch nicht mal halbwegs klar umrissenes Tätigkeitsfeld: wieviel pianistische Technik, wieviel Soundschrauberei, wieviel Notenlesen (Baßschlüssel? Partiturspiel?), wieviel Musikgeschichte (Vintage-Instrumente!), wieviel Studioarbeit, wieviel .... soll gelehrt werden?
Das erschließt sich eigentlich erst, wenn man eine Band an der Hand hat, und zwar dadurch, was das für eine Band ist. Children of Bodom-Tribute != ELP-Tribute != Stones-Tribute != ABBA-Tribute != Queen-Tribute != Top 40 != Soulband, die selber komponiert.

  • viele Schüler wollen aber durchaus das Spiel mit Begleitautomatik lernen und finden die Ergebnisse hinterher gut. Ein nicht zu unterschätzender Motivationsfaktor - und: Keyboardschüler lernen dadurch extrem genaues Zählen
Genau. Ich glaube, nicht wenige Pianisten, die immer nur allein gespielt haben, haben ein Problem, nach Metronom zu spielen, weil sie das Tempo nicht mehr selbst bestimmen können. Dasselbe trifft auf Hardcore-Oldschool-Orgler zu, die nichts benutzen, was eine Hammond B-3 nicht hat. Es ist ähnlich wie bei Schlagzeugern, die auch nur selten klicksynchrones Spiel lernen. Wenn man jemandem an Keyboard oder Orgel kategorisch verbietet, das Rhythmusgerät zu benutzen, weil das ja eine "Spielhilfe" ist, verwehrt demjenigen, das Spiel mit jemandem oder etwas zu erlernen, das das Tempo angibt.


Martman
 
Ich bin naja, wie sagt man das.... gelernter Keyboarder??? Hab sage und schreibe 10 Jahre Keyboardunterricht in einer Keyboard- und Orgelschule genommen und dann angefangen in ner Band zu spielen. Erst Schulbands und Chorbegleitung, dann Top 40-Covermucke...

Wenn ich zurückblicke würde ich sagen, dass die Keyboardschule zwar für Technik und Theorie nicht schlecht waren, aber am meisten habe ich doch im Spiel auf der Bühne gelernt. Ich kenne auch nur wenige Bühnenkeyboarder, die ausgebildete Pianisten sind und dennoch beherrschen sie alle ihren Job. Ich würde mich da Distance anschließen - ich beherrsche eher ein breiteres Spektrum und kann damit meine Musik wunderbar abdecken...
Bin also auch nicht der Meinung, dass man ausgebildeter Hammerschlagtaster sein muss, um sich auf die Bühne zu trauen - auch wenn's vielleicht (!!!) nicht schaden kann.

LG, Sketch


PS: Und ein super Pianist, den ich persönlich kenne ist auch nicht ausgebildet, sondern schlicht und ergreifend ein musikalisches Genies. Autodidakt, der nicht eine geschriebene Note lesen kann und einfach seinem Ohr nachspielt...
 
Hab beim Durchlesen gerade gedacht, wie viele Nicht-am-Piano-Ausgebildete Keyboarder doch hier mehr oder weniger professionell in Bands unterwegs sind. Hoffentlich zerstören sie jetzt nicht das Image, wo doch sicherlich jeder meint, ein Keyboarder hat immer eine Klavierausbildung hinter sich, je professioneller die Band, umso professioneller die Ausbildung.

Hier die Bestätigung, dass es offensichtlich nicht so ist, was mich zum einen beruhigt, da ich mich hier genau einreihe, und was bei näherer Überlegung auch von Betrachtern nachvollziehbar sein sollte.
Viele der mir bekannten Kollegen kommen vom Akkordeon. Ich habe mit 6 Jahren einige Zeit Klavierunterricht gehabt, dann lange pausiert, autodidaktisch weitergemacht, viele Jahre später dann mit einem Arrangerkeyboard wieder eingestiegen und mittlerweile seit 8 Jahren als Bandkeyboarder in verschiedenen Cover-Formationen unterwegs. Meine klassischen Klavier-Fähigkeiten sind meiner Einschätzung nach mittelmäßig, dafür kann ich sofort in jeder Tonlage die Melodielinien in einem Song und mit der linken Hand die Begleitung in Akkorden spielen, ohne dass ich dafür Noten brauche. Für viele Sachen muss ich erst einmal üben, gerade wenn ein Schwerpunkt auf Klavier liegt, z.B. Queen - Bohemian Rhapsody, John Miles - Music, Billy Joel - Lights go out on Broadway, Guns and Roses - November Rain. Das ist dann am Ende vermutlich nicht perfekt, im Bandgefüge aber völlig ausreichend, um den Song akzeptabel rüberzubringen. Dafür muss ich mich ja teilweise noch um andere Sounds bei diesen Songs kümmern, gerade bei Music ist da noch ein bisschen mehr, was man als Keyboarder spielen muss :rolleyes:

Es kommt sicherlich auf die Musikrichtung an. Es gibt ne Menge Songs, wo man klar hört, dass da ein Profi am Klavier unterwegs ist. Da würden mit Sicherheit auch der eine oder andere von uns an seine Grenzen stoßen, oder besser die Finger von lassen.

Wir sind uns sicher auch einig, dass ein vorangegangener Unterricht - auf welchem Tasten-Instrument auch immer, Klavier, Orgel, Keyboard oder Akkordeon - hilfreich für diesen Job ist. Klavier besonders, weil hier am meisten das unabhängige Spielen beider Hände geschult wird.

Betrachtet man nun den Band-Keyboarder, der nicht schwerpunktmäßig Klavier spielt - ich nehme mal als Beispiel eine Top40 Band - dann zählt hier viel mehr als die Fähigkeit, Tasten zu drücken. Ist der Bandkeyboarder doch derjenige, der alle Instrumente interpretiert, die nicht von den anderen Bandmitgliedern abgedeckt werden. Und das ist üblicherweise so ziemlich alles außer Gitarre, Bass, und Drums.
Zum einen braucht man dafür einiges an allgemeinem Musikverständnis. Man sollte sich mit allen Arten von Musikinstrumenten auseinandersetzen, um sie richtig interpretieren und damit möglichst authentisch rüberbringen zu können. Es reicht nicht, einen guten Saxofon-Sound aus der Kiste rauszuquälen. Man sollte schon über den Tonumfang, die Spielweise, die Eigenschaften (z.B. Monophonie) im Klaren sein.
Selbst beim Orgelspiel, was ja auf den ersten Blick dem Klavier schon recht nahe kommt -hat es ja in beiden Fällen schwarze und weiße Tasten - sollte man sich schon mal mit der Tonerzeugung auseinandersetzen. Keine Anschlagsdynamik, dafür vermehrter Einsatz mit dem Volumenpedal (was übrigens beim Piano während des Spielens typischerweise nicht eingesetzt würde), was machen die Zugriegel, wann setze ich sie wie ein, Percussion - ganz wichtig! und zuletzt vielleicht auch den Einsatz des Leslieeffekts.
Und wenn Du noch so gut Klavier spielst, wenn Du das nicht berücksichtigst, wirst keine Orgel vernünftig spielen können.

Letztlich kommt es bei einem Bandkeyboarder weniger auf Virtuosität als mehr auf Flexibilität, Vielseitigkeit und musikalisches Einfühlungsvermögen an.
Er muss gerade in einer Coverband auch in der Lage sein, bei Songs die entscheidenden Parts rauszuhören, da man oft nicht alles abdecken kann. Abgesehen von dem ganzen Programming von Sounds, Setups und Routings, soweit erforderlich. Auch das erfordert viel Training, Übung und Erfahrung.
 
Ich bin froh, dass ich klassichen Klavierunterricht hatte:
- Weil ich mir um die Spieltechnik weniger Gedanken machen muss
- Weil ich zählen lernte, mit Metronnom spielen, Fingersatz
- Noten lesen kann

Ich bin froh, dass ich Jazz-/Improunterrich habe (nocht nicht lange):
- Weil ich mir jetzt (einige wenige) Voicings bauen kann, die mir trotz mehrerer Bücher, Jahrelang verschlossen waren
- am lernen bin, freier zu spielen und die "Notenwichserei" zu unterlassen (uii kuck mal 16tel Ketten..ratatata ratatata)
- meine Art zu phrasieren momentan umgestellt wird
- lerne Harmonien zu bilden, zu ersetzen, einfach mehr Farbe ´reinzubringen.

Meine aktuelle Krankheit heisst "zu sehr vorziehen". Aber da bin ich am arbeiten.

OT:
Ausserdem darf ich noch anmerken, dass im Musiker-Board Logo (oben links) kein einziges Tasteninstrument zu sehen ist. Das ist mir gerade aufgefallen und macht mich sehr betroffen. :p
 
OT:
Ausserdem darf ich noch anmerken, dass im Musiker-Board Logo (oben links) kein einziges Tasteninstrument zu sehen ist. Das ist mir gerade aufgefallen und macht mich sehr betroffen. :p

Jepp, hab ich auch schon gedacht... Aber da stehen wir doch drüber, oder? :D
 
Nein. Es muss unbedingt ein riesen Flügelklavier in die Mitte rein. Die anderen Instrumente könnte man dann so am Rand verteilen. Was meint ihr?
 
Wozu verteilen - am besten eine Workstation in die Mitte, die ersetzt dann die anderen... :D
 
Als ich in meiner ersten "Band" spielte, waren die Rolling Stones für uns noch eine "harte" Band. Die spielen kein Moll. :screwy:
Heute weiß ich inzwischen, das die auch Moll und noch ganz andere Sachen spielen. :D

Also angefangen hat jeder einmal...

Das kann man alles nicht so eng sehen, bin zwar Gitarrist, trotzdem mal einige Beispiele.

1. Tanzmusik - Trio
Gelernt Akkordeon, typischer Alleinunterhalter. Der hat die Tonarten und Reihenfolge bei Medleys gewechselt wie dem das in Kopf kam. Da waren auch die richtig fetten Standarts dabei, für einen Bassisten und Klampfer das blanke Grauen.

2. Barmusik - Trio, Tanzmusik - Quintett
Der KB hatte von der Pike auf Klavier und Akkordeon gelernt und jahrelang als Barmusiker
gespielt. In der Barbranche war das Top, bei Standarts alle Noten vorhanden, neue Titel wurden arrangiert, alles hat gepaßt.
Dann haben wir zusätzlich Sängerin, Saxophonist/Flöte und Bassist in die Band geholt, ein Horrortrip.
Die Umkehrunge seiner Harmonien im "Barfeeling" waren unschlagbar, Bass und Gitarre hätte man auch sparen können.
Der KB hatte 10 Finger, konnte mit 10 Finger spielen und hat das auch unter Beweis gestellt:eek:
Wir sind musikalisch nur so auf Keyboardteppiche dahingeschwebt.:D

Sein Nachfolger hatte als Kind bei einem freischaffenden "nehme Dir die Liebe zur Musik" - Lehrer Unterricht im Akkordeonspielen. Das hat der Kumpel nicht lange über sich ergehen lassen und weg.
Mit 18 in ganz kleinen Tanz-Trios angefangen, durch jahrelange Routine ein versierter amtlicher Musiker geworden, auch ohne großartigen Unterricht. Aber - er kannte Harmonielehre und Noten, im Selbststudium beigebracht.

3. Bluesband
Einige KB getestet, hatten zwar Feeling, aber alle Akkordeon gelernt. Wir hatten immer den akustischen Eindruck, die schmieren alles zu.
Dann kam einer, der hatte richtig (5 Jahre?) Klavier an der Musikschule gelernt, aber halt Klassik.
Der wußte erst gar nicht richtig, was wir von ihm wollten.
Nach Erklärung der "tiefgründigen Geheimnisse" der Bluestonleitern, des Boogie Woogie und einiger Blueslicks auf Gitarre ging das ab wie eine Rakete. Der Mann war der Wahnsinn.

4. Ein junger Mann....
Spielt schon 10 Jahre in seinem Kämmerlein vor sich dahin und singt dazu wirklich sehr gut, allerdings nur Softpop und Schlager.
Keinen Unterricht, keine Notenkenntnisse.
Hört eine Melodie 1 bis 2x, kann die sofort nachspielen, die Akkorde passen auch, obwohl er nicht wußte, was er da drückt.
Den haben wir an Hand der C-Durtonleiter die Akkordsymbole erklärt.
Das hat er sich in 14 Tagen angeeignet, und transponiert sein Keyboard in die gewünschte Tonart, für ihn bleibt es bei C-Dur, es lebe die Technik...
Kommt ab und an zu unseren Proben, wir machen mal so ein paar Spaßtitel mit ihm und das funktioniert, der Mann ist voll Bandtauglich.:great:

Talent ist nicht alles, etwas Fleiß, Motivation und Bandroutine muß schon vorhanden sein.

Können, Wissen und Unterricht ist auch nicht alles, wenn Einsicht, Feeling und die Fähigkeit fehlt, sein Ego zurück zu nehmen und sich der jeweiligen Musikrichtung und Band anzupassen.

Will damit nur sagen, am wichtigsten ist die Liebe zur Musik, der Rest wird dann schon.:)
 

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