Schlimmer ist natürlich noch, wenn für den Experimentator das Wunsch-Ergebnis schon ideologisch klar ist.
Das ist das Kernproblem an seinen Veröffentlichungen, und das schlägt sich eben auch in der Methodik nieder. Jede Messung dient nur dazu, seine These zu belegen, dass alle Gitarristen und Gitarrenbauer leichtgläubige Deppen sind, die ihren eigenen Vorurteilen und den Interessen der Industrie auf den Leim gehen.
Die ganze Methodik nähert sich für mich immer mehr der von Verschwörungstheoretikern an, und wird argumentativ zun ehmend unsauberer, weil der Zweck ja die Mittel heiligt.
Zwar auch schon irgendwo hier im forum mal gepostet aber hier passts rein:
Speziell das erste Video belegt diese Herangehensweise. Er
demonstriert sogar, dass zwei Gitarren tatsächlich vom Holz her unterschiedlich klingen - und dann werden die Akkorde absichtlich unterschiedlich angeschlagen, um zu zeigen, dass das ja
viel mehr Einfluss habe... So treten die konkret vorhandenen und von ihm selbst bestätigten (!) Unterschiede gleich wieder in den Hintergrund.
Nach dem "Versuch" wird dem Publikum dann mehr oder weniger subtil eine Schlussfolgerung untergeschoben - nämlich, dass man mit Amschlagsart und -position den
gleichen Unterschied wie durch andere Hölzer erzielen können, und natürlich noch viel mehr. Nur ist das eben durch nichts bewiesene und hier gar nicht untersuchte These.
Natürlich klingt die am Hals gespielte Tele aus Esche fetter als die aus Erle, wenn man sie nahe der Bridge anschlägt. Das hat doch auch niemand in Frage gestellt! Nur kannst Du sie spielen wie Du willst, sie klingt nirgends genauso wie die Eschen-Tele. Mal abgesehen davon, dass sich selbst dann, wenn sich halbwegs glaubwürdig klingende Überschneidungen ergeben sollten, das durch Spieltechnik erreichbare Spektrum der Klänge eben verschiebt und es immer Bereiche gibt, die mit anderem Holz jeweils unerreichbar bleiben.
Auch der Vergleich mit der Tele auf der Kiste dient nur dazu, eine falsche Fährte zu legen. Hier werden auch wieder - was man in der Folge oft auch in Diskussionsbeiträgen liest - zwei grundsätzlich unterschiedliche Dinge durcheinander geworfen, nämlich die Auswirkung der Konstruktion auf die Saitenschwingung einerseits und die akustische Verstärkung durch mechanische Kopplung andererseits. Denn
selbstverständlich klingt eine Tele elektrisch nicht großartig anders, nur weil sie in einem kleinen Bereich an eine Kiste gelehnt ist.
Aber wetten, dass jeder den Unterschied auch rein elektrisch hören kann, wenn man den Tele-Body wegnimmt und den Hals, die Tele-Hardware und -Elektrik direkt auf die Kiste schraubt? Der Versuch wird hier aus gutem Grund
nicht gemacht.
Aber um einen methodisch sauberen, wissenschaftlichen Nachweis ging es bei dieser Versuchsanordnung ja nie. Es ist ein Trick, den man auch in Diskussionen immer mal wieder beobachten kann: Greife eine leicht zu widerlegende falsche Behauptung an, die die Gegenseite so gar nie aufgestellt hat, die aber auf den ersten Blick nahe genug dran liegt, um die andere Seite unglaubwürdig erscheinen zu lassen. Polemik statt sauberer Versuchsanordnung, ein Mittel zu dem Überzeugungstäter gerne greifen, wenn sie sonst nicht weiter wissen.
Gruß, bagotrix