Bin gerade von der Musikmesse wieder zu Hause und habe dort spontan noch einen kurzen Termin mit CP73-/88-Einführung von YAMAHA bekommen. Bei der Gelegenheit hab ich übrigens auch erfahren, dass Testberichte für YAMAHA im Moment so gar nicht Not tun, weil die CPs gerade völlig durch die Decke gehen und bis Juli ausverkauft sind. Das wäre dann also die Erklärung, wieso die hier alle paar Wochen mal vereinzelt bei Leuten eintreffen und dann beim Händler weg sind (oder er lässt das Ausstellungs-Stück da um weiter Vorbestellungen zu sammeln)... ;-)
Hab mir dann auf jeden Fall alles zeigen lassen (Bedienung ist selbsterklärend, also versteht man eigentlich alles auch durch Ausprobieren) und sehr lange angespielt. Erstmal das CP-73.
Die Tastatur hat mich sehr positiv überrascht. Irgendwie war ich von den Nord Stages gewohnt, dass man bei 73 Tasten krasse Abstriche machen muss, was die Tastatur angeht. Diese Tastatur ist kein.. äh.. Abstrich. Für meinen Geschmack ist die genau richtig gewichtet, um Klavier zu spielen, aber eben auch Rhodes und sogar auch ein Synth-Solo. Und das fühlt sich dann ziemlich definiert an und überhaupt nicht so schwammig wie die Nord Stage-73er, die ich vor Jahren angespielt habe. Und das ganze für 13 kg. Da hab ich mir dann natürlich sofort eine Compact-Version mit 61 Tasten gewünscht, die dann nur 10 kg wiegt. Ist natürlich ein exotischer Wunsch. Leider, denn wenn ich mit Band spiele, brauche ich nicht mehr als 61 Tasten.
Bin dann zur 88er-Tastatur rüber. Die ist natürlich deutlich schwerer gewichtet. Habe mich mit der Tastatur gar nicht so lange befasst, da die Lautsprecher auch auf der anderen Seite des Showrooms angebracht waren
Aber da haben sich ja schon einige dazu geäußert. Fühlte sich sehr wertig an. Würd ich viel zu Hause spielen, würd ich mich vielleicht für die 88 Tasten entscheiden. Für live hat für mich aber definitiv die 73er gewonnen.
Sounds: Flügel super. Gute Auswahl, klingen gut. Für jeden was dabei (mir fehlt ja bei Nord nach wie vor ein brillianter Pop-Klaviersound), brilliant, mellow, drahtig, jazzig. Und vorallem sind die Klaviere sehr gut an die Tastatur angepasst. Ich habe großen Spaß gehabt beim Spielen. An die Rhodes hatte ich ziemlich hohe Erwartungen und wurde nicht enttäuscht. Mit den verschiedenen Samples könnte ich super arbeiten. Bei Nord habe ich immer das Problem, dass meine Lieblings-Rhodes in den hohen Lagen viel zu dünn sind und live beim Solospiel nicht durchkommen (wenn man nicht den EQ noch aufreißt). Und wenn man einen Phaser draufpackt, erst recht nicht. Schade, Phaser habe ich vergessen auszuprobieren. Vielleicht kann ja wer der erfolgreichen Käufer was dazu sagen
Aber Chorus, Tremolo funktioniert wunderbar und dank LED-Potis sieht man bei jedem Preset, was Sache ist (wovon sich Nord mit dem NS3 ja verabschiedet hat - warum auch immer). Mit der Advanced-Funktion, die ich bei der kurzen 30-min-Vorführung nicht vollends verstanden habe, kann man auch die Effekte der Sub-Sektion mit den anderen, also z.B. E-Pianos, verwenden. Rhodes + Rotary ging somit also auch und klang auch sehr schön. Orgeln hab ich bewusst gar nicht erst angespielt, da ich dachte, zu wissen, was mich erwartet ;-)
CPs (also CP-80 etc.) haben sich auch super gespielt. Gibt mindestens zwei verschiedene CP-Sounds, die auch recht unterschiedlich klingen. Nicht weder will immer Celebration und Boogie Down spielen. Aber wer will, kann
Da ich ja eine Schwäche für DX-Pianos habe, hab ich mir die natürlich auch angeschaut. Kleine aber sinnvolle Auswahl. Die Namen kamen mir bekannt vor (DX Woody, DX Mellow o.ä.) - kennt man aus den Motifs. Was ja gut ist, denn sie klingen gut und spielen sich dynamisch (im Gegensatz zu den Nord-DX-Sounds, die 2014 [wär das denn so schwer gewesen?]). Wurli ist auch gut geworden... geht immer besser, aber zumindest geht mehr als nur der perkussive Supertramp-Sound, der so in (zu) vielen Digitalpianos festgebacken ist. (Früher wusste ich gar nicht, dass man Wurlitzer-E-Pianos auch leise spielen kann.)
Welche drei Sounds gerade jeweils eingestellt sind, sieht man übrigens anhand der Namen für alle drei Sektionen im Display. Find ich super, so weiß man auch unabhängig vom Preset-Namen, was kommt, wenn man anfängt zu spielen. Macht das Nord Stage 3 ja auch. Gut so.
Zu bedienen ist das sehr ähnlich wie bei den Nords. Menü, Piano, E-Piano, Sub ("diverse Sounds"), Delay, Reverb, EQ, fertig. Ziemlich selbsterklärend. Bei den Kippschaltern stimme ich zu. Habe auch zu allererst an Opas Heimorgel von 1960 gedacht. Tun aber, was sie sollen. Die Idee, für jede Sektion eine eigene Effektauswahl zu haben, find ich nicht verkehrt. Ich bin da zwar mit meinem Nord Stage 2 auch noch nicht an so enorme Grenzen gestoßen, dass ich mit dem modularen Routing nicht auch immer an's Ziel gekommen wäre, aber die Bedürfnisse sind ja unterschiedlich. Delay in den Varianten analog und digital, klingt gut. Den Hall gibt's übrigens nur in einer Variante. Dafür kann man Hall-Länge und Intensität einstellen. Guter Allround-Hall, soweit ich das über die 3 Meter entfernten Boxen beurteilen konnte. Drive klang für die Stage-Piano-Verhältnisse ganz ordentlich soweit ich es beurteilen konnte. Ist auf jeden Fall super, dass es das in der E-Piano-Sektion als eigenen LED-Encoder gibt, mit zusätzlichem On/Off-Schalter. So kann man ein Rhodes oder Wurli sehr schnell mal testweise anzerren, falls es über die Aktivboxen zu clean klingt (oder der Gitarrist das Keyboard-Solo so laut begleitet, dass er hinterher den Applaus für das Solo bekommt).
Layern geht ganz einfach. Einfach die Sektionen anschalten, die man haben möchte. Splitten geht mit einem Splitpunkt, den man mit dem "Split Point"-Button festlegen kann. Dann gibt man in jeder Sektion an, ob unten, oben oder beides. Kapiert man sofort, einfacher als beim Nord Stage. Aber dort hat man halt auch mehr Möglichkeiten.
Seamless Sound Switching geht gut. Oder halt eben so gut wie auch beim Montage, etwas smoother noch hab ich den Eindruck.
@mojkarma hatte es ja von Anfang an vermutet und wurde auch schon bestätigt: Wenn das Sustain-Pedal gehalten wird und man einen anderen Sound innerhalb der Sektion wählt, ist alles okay. Wenn man aber ein anderes Live Set auswählt, wird der erste Sound brav gehalten, der zweite Sound aber nicht (obwohl das Sustain-Pedal noch gedrückt ist). Sind wir hier bei VST-Instrumenten oder wie, wo das neue Instrument nichts von CC64 wissen kann?
Auf meine höfliche Nachfrage, warum das Verhalten so ist, wie es ist, konnten mir die YAMAHA-Mitarbeiter bisher nicht weiterhelfen. Ist halt in Japan ausgedacht worden. Man hat mir aber nach kurzem Nachhaken zugestimmt, dass das so nicht intuitiv ist und vorallem nicht konsistent. Habe aber mittlerweile einen weiteren Kontakt bekommen, der näher an der Entwicklung dran ist. (Ein eindeutiger Vorteil bei kleineren deutschen Firmen wie U-he, Access, RME, Waldorf etc., wo man auf der Messe auch wirklich mit den Leuten sprechen kann, "die es erfunden haben"
) Ich habe mehrfach betont, dass ich davon ausgehe, dass es sich um einen Bug handelt, der bald mit einem Firmware-Update behoben wird. Bin mal gespannt, wie es weitergeht...
Achso, die
Sub-Sektion... ja, da gibt's halt noch ein paar weitere Sounds, die sich u.a. auch zum Layern eignen. Pads, Streicher, Chromatic Percussion, Orgeln (vor denen ich wie gesagt etwas Angst hatte) und Sounds aus dem Genre "others". Die sind teils ganz gut, teilweise eher mäßig toll (wie auch schon erwähnt). Dass der Tone-Regler bei Pads wirklich nur sehr subtil eingreift, kann ich bestätigen. So +/-1 db in den oberen Mitten... kaum der Rede wert. Habe dann auch gesagt, ein richtiger Filter (LC) wäre da deutlich praxistauglicher. Bei Leadsounds natürlich genauso. Die fand ich übrigens gar nicht schlecht, vorallem in Kombination mit Delay, Hall und ein bisschen Verzerrung. Aber dass es gar keinen Filter gibt, ist natürlich wirklich schade.
Und ansonsten? Es gibt eine
Panel-Lock-Funktion. Sperrt die Bedienoberfläche solange, bis man Panel Lock wieder ausschaltet. Sehr praktisch, wenn man doch mal das Smartphone oder ein iPad oder sonstwas auf dem Keyboard ablegen will, ohne Angst haben zu müssen, irgendnen Button auszulösen. Habe ich schon an meinem CP-33 und bin froh drum.
Das CP-73/88 hat ein
Audio-Interface integriert. Find ich ganz großartig. So kann man per USB ein Notebook dranhängen und dann über das Keyboard Sounds vom Rechner spielen. Oder auch nur Playalongs, Backing-Tracks oder Pausenmusik vom iPhone auf das CP schicken. Die Lautstärke von USB-Audio kann man im Menü einstellen. Klar, ein echter Fader oder Poti wie beim Montage/MODX/MoXF wäre praktischer, aber immerhin bleibt das Menü offen, wenn man derweil am Panel einen anderen Sound einstellt etc. Ich wünschte, ich hätte das in meinem Nord Stage. Wahrscheinlich zum NS 3 EX dann.
Also ich bin sehr angetan vom CP-73 und könnte es mir super vorstellen für Bands, bei denen ich a) keine außergewöhnlichen Synthsounds oder eigene Samples brauche und b) nichts moduliert werden muss. Da bin ich dann wirklich froh um die Möglichkeiten der Synth-Sektion meines Nord Stage 2. Bestimmte Sachen sind eben schon fix auf das Modwheel geroutet (z.B. der Rotary, falls er aktiv ist). Aber flexible Routing-Orgien wie beim Nord Stage, wo das Modwheel dann beliebig viele Parameter gleichzeitig morphen kann, sind hier nicht möglich.
Insofern: CP-73/88 -> Kampfansage? Auf jeden Fall. Aber (sorry, dass ich wiederhole, was vorher schon geschrieben wurde) eben nicht gegen das Nord Stage sondern gegen das Nord Piano. Bräuchte ich nur die Funktionalität des Nord Pianos, gäbe es für mich jetzt momentan keine andere ernsthafte Option als das CP-73/88.