Ich besuche die Musikmesse jetzt schon seit fast 30 Jahren und habe immer die besondere Atmosphäre mit den vielen Produkten, aber vor allem auch dem Rock n Roll, dem Glamour, die Stars und vor allem die unbekannteren Profi-Musiker genossen, die dort einmal eine Bühne hatte, um sich und die Instrumente zu präsentieren. Außerdem hat mich die Messe jedes Jahr auch wieder angespornt, selbst Musik zu machen und sicher auch zu dem einen oder anderen Kauf neuen Equipments veranlasst.
Das neue Konzept des letzten Jahres hat mir eigentlich ganz gut gefallen und ich hatte gehofft, dass die Hersteller erkennen, hier tatsächlich Werbung direkt beim Kunden machen zu können. Es gab viele Live Acts, an den Ständen Sessions und die Gelegenheit, mit den Musiker und Herstellern über Musik und das Equipment zu sprechen.
Um so enttäuschter bin ich von der Messe in diesem Jahr. Wenn man sich für Gitarre und Bass interessiert, hat man dort eigentlich nichts mehr erlebt. Und auch gute Musik habe ich nur noch vereinzelt vernommen. HiWatt und Orange als die einzigen Amp-Hersteller und Ibanez als der einzig große Gitarrenbauer im Publikunsbereich werden zukünftig nicht als Zugpferd für die Saitenfraktion dienen. Und auch die vielen tollen kleinen Instrumentenbauer aus Europa fehlen völlig. Vor wenigen Jahren stand ich fasziniert bei Luthman, Ritter, Spalt, Le Fay etc. und besitze genau deswegen jetzt auch einen Herrn Schwarz von Le Fay. Letztes Jahr habe ich bei Bassline mich bestens unterhalten und dann einen Bustiny erworben.
Live haben mich über die Jahre die Marshall Band (mit Nico McBrain am Schlagzeug!!!), Dave Weckl, Frank Itt, Doug Aldrich, Markus Setzer, Alain Caron, Joe Berger, die Dead Daisies und viele andere mehr tief beeindruckt und auch musikalisch geprägt.
In diesem Jahr haben all diese Eindrücke für Gitarre- und Bassspieler gefehlt und vor allem habe ich gute Live Acts vermisst. Die Agora Stage gab es nicht mehr, auch der Hauptbühne hat mich nicht mehr musikalisch beeindrucht. Einzig am Stand von Elexier gab es interessante Musik zu hören.
Mit dem Feierabendticket für 8 Euro Freitag ab 14 Uhr war ich in 2 Stunden durch, die meiste Zeit am Laufen vom Einigang bis in den letzten Winkel der Messe. Auf der Pro Light and Sound war deutlich mehr los, aber es wurde schon an den meisten Ständen langsam eingepackt. Und auch wenn Licht und Sound interessant sind, hat dieser Teil der Messe eine viel sterilere Atmosphäre.
Wenn ich dann gleichzeitig in der FAZ lese, dass die Hersteller und Händler sich beschweren, dass der Umsatz an Instrumenten stagniert, dann müssen sich die Entscheider in der Industrie einmal fragen, wie man wieder mehr Menschen für Musik und musizieren motivieren kann. Dies geht aus meiner Sicht nicht besser als mit einer publikumsfreundlichen Messe, so wie es noch vor 10 Jahren war. Na klar ist es laut, es ist stickig und voll und am Abend raucht einem der Kopf. Aber genau das ist doch auch der Reiz und die besondere Atmosphäre auf der Messe gewesen. Es ist nicht so, dass die Jugend abgelenkt wäre von Computerspielen und Handys. Diese Firmen beherrschen das Marketing einfach besser als die Musikindustrie. Und sicher brauchen die Hersteller auch einen B2B-Bereich, in dem sie in Ruhe ihre Geschäfte abschließen können. Aber deswegen sollten die Hersteller nicht den Kunden aus den Augen verlieren, denn YouTube ersetzt nicht das unmittelbar Erlebnis auf der Messe der früheren Jahre.
Und auch die Messe wird sich fragen müssen, ob sie das richtige Konzept hat, wenn die Anzahl der Aussteller jedes Jahr im Hunderterbereich sinkt und insbesondere die etablierten Herrsteller der Messe fern bleiben. Bei der NAMM sind alle namenhaften Herrsteller weiterhin vertreten, auch auch Europa und auch die kleineren Hersteller. Wenn der Messe Frankfurt nicht gelingt, ein zukunftsfähiges Konzept zu entwickeln, ggf. zeitlich versetzt zur NAMM im Herbst, dann wird es vielleicht bald keine publikumsorientierte Messe mehr geben, sondern nur noch eine B2B-Veranstaltung, bei der primär asiatische Firmen ihre Produkte dem europäischen Händlermarkt anbieten.