Eine Prognose will ich noch wagen: Es wird alles ein wenig kleiner werden, dafür aber mehr.
Damit meine ich: So etwas wie die Beatles wird es nie mehr geben, solche Erfolgsstorys wie Led Zepplin wohl auch nicht mehr. Die Zeit der Superstars ist vorbei.
Denn wenn man es sich genauer anschaut kann ein Megaerfolg wie die der Beatles nur funktionieren, wenn ein Mangel an Alternativen da ist. Nicht umsonst waren das die Zeiten, wo man Beatles oder Stones gehört hat.
Schnell aufgebaute und ebenso schnell wieder verbuddelte Eintagsstars wird es weiterhin geben, die gehören wohl mit dazu. Aber dass eine Band sowohl Musikliebhaber als auch normal-Radiohörer zugleich anspricht ist mittlerweile unwahrscheinlich. Audiophile werden bestens mit Nischenmusik versorgt, warum sollten sie sich die Charts reintun? Das würden sie nur machen, wenn man sonst an keine Musik mehr rankommt und die Industrie versuchen würde sie ebenfalls zu bedienen.
Es scheint so, als würde sich die Musikindustrie nicht mehr trauen, Bands wie Radiohead, Dream Theater oder Tool aufzubauen. Vielleicht auch zurecht, denn diese Bands besitzen oft auch der Selbstvertrauen sich von dem Label unabhängig zu machen oder diese für jedes Album zu wechseln, ist der Erfolg erstmal da.
Früher waren die Labels die Gatekeeper und haben entschieden, wer groß wurde und wer nicht. Wenn sie jetzt jemanden durch ihr Tor lassen stellen sie fest dass schon Tausend andere einfach über die Mauer geklettert sind und sie auch nur noch ein kleines Stück Erfolg abgekommen wie jeder andere auch.
Es sind gute Zeiten für die Mauerkletterer, schlechte für die Torwächter.
Ich will mal ein Beispiel anbringen:
Pornophonique. Diese Band macht ziemliche Nischenmusik, eine Mischung aus Rock, Songwriterzeugs und Gameboy-Chiptunes oder so. Meine Erfahrung mit denen ist, dass 8 von 10 Leuten die absolut unhörbar und scheiße finden, die anderen beiden großartig.
Die haben es zu einier Bekannheit gebracht, spielen anscheinend relativ oft live - wie viel sie dabei verdienen weiß ich nicht. Allerdings wären sie ohne Internet und Vertrieb unter der Creative Commons niemals über das Wohnzimmer hinausgekommen. Denn für pure Live-Promotion ist die Musik zu speziell, und ich weiß nicht ob ich mir ne CD von denen am Merch-Stand gekauft hätte wenn ich dir einfach mal so irgendwo zufällig gesehen hätte, ich glaube dann hätte einen die Musik zu unvorbereitet getroffen.
Erst mit der Verfügbarkeit der Aufnahmen kann Mund zu Mund Propaganda überhaupt richtig funktionieren. Wenn ein Kumpel mir von einer Band vorschwärmt, dann bin ich bereit auf die Seite zu gehen und mir ein paar Titel runterzuladen um sie dann anzuhören, ich bin aber nicht bereit 10 Euro an irgendeine Adresse zu schicken und ne Woche auf eine schlecht bedruckte DemoCD zu warten.
Es sind die kleinen, aber guten Bands die das Rennen machen. Sie bekommen die Stücke vom Kuchen, die sich sonst die großen Eingeheimst haben.
Wir ziehen hier lokal gerade eine Art Online-Label auf - es wird ans Netz gehen wenn wir mit meiner Band unser Album fertig im Kasten haben und die Aufnahmen zweier anderer Bands die mit dabei sind ebenfalls fertig sind. Mit dem Content können wir dann erstmal starten und noch andere Bands dazuholen, sofern wir sie großartig finden.
Es geht nicht darum, dass wir supererfolgreich werden wollen, aber wir wollen eine Art Band Kooperation starten, uns gegenseitig promoten, zusammen Konzerte veranstallten und die Webauftritte bündeln. So kann man ein wenig die Aufgaben übernehmen die sonst ein Label gemacht hätte und die man alleine nicht schaffen würde.
CD wollen wir nicht verkaufen, wozu auch? Wenn man das mal realisitisch durchrechnet kommt man höchstens auf einen minimalen Gewinn, und das auch nur wenn man die ganze Maloche fürs verschicken nicht mitrechnet. Aber Online herausgeben kostet (fast) nichts, und man kann das Format voll ausnutzen. Demos, Musikvideos, Songbücher, Studiotagebücher usw. - all das was in einem normalen Booklet nicht reinpasst kann man so veröffenlichen und per Creative Commons weit streuen. Wenn dann Nachfrage da ist kann man ja immer noch eine kleine Sammeredition in Natura auflegen, am allerliebsten in Vinyl.
Wir denken, dass dies - vielleicht nicht DER - aber einer der Wege der Zukunft sein wird. Die Creative Commons finde ich ist eine ideale Lizenz für unseren Fall und auch allgemein eine großartige Sache. Man muss nur von dem eingeimpften Superstardenken runterkommen.
Wenn man zusammenfasst: Musik ist quasi frei verfügbar, ob legal oder illegal. Die Leute die kein Geld dafür ausgeben wollen haben es vorher nicht und werden es auch nicht tun. Leute, die Geld dafür ausgeben wollen tuen es nach wie vor, und wenn ich das einfach mal schätzen darf in etwa gleichem Maße. Warum sich dann nicht anpassen, die Musik frei veröffentlichen und das vorhandene Geld Live und mit Sammlereditionen abschöpfen?
Oder andersherum: Warum lohnt es sich auf einmal wieder nebenbei auf Vinyl zu veröffentlichen und warum kann man es sich leisten, Konzerte deutlich teurer zu machen?