Musiker: Übermensch oder überflüssig

  • Ersteller David_MiS
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Das ist deine Meinung. Ich liebe gute Rock-Songs. Ich käme mir dämlich dabei vor, bewusst etwas zu schräges komponieren um auf Teufel komm raus nicht "beliebig" zu klingen.
Wobei uns mehr rhythmische Raffinesse und eine wärmere Produktion künftig sicher besser zu Gesicht stehen würde. Diesmal wollten wirs straight und rund machen, das nächste Mal wird vielleicht etwas emotionaler und deeper. Man lernt ja nie aus und variiert öfter mal den Blickwinkel.
 
Das ist deine Meinung. Ich liebe gute Rock-Songs. Ich käme mir dämlich dabei vor, bewusst etwas zu schräges komponieren um auf Teufel komm raus nicht "beliebig" zu klingen.
Nur leider ein Genre wo man zur Perfektion verdammt ist. Bands die etwas schräges machen können sich viel mehr Fehler erlauben (zum Beispiel eine beschissene Live Band zu sein, miese Produktion, auch mal ein paar schlechte Songs auf einem Album etc.) weil ihr Alleinstellungsmerkmal eben die innovative Musik ist.

"Guten Rock" gibt es aber mittlerweile so viel dass dann einfach perfektes Handwerk erwartet wird, sonst kann man ja gleich die alten Helden hören (die ja auch schon ganz passabel gerockt haben) oder eine der vielen anderen Kapellen in dem Genre.

Ich finde ein gutes Beispiel ist da Disturbed, ohne jetzt selber Riesenfan zu sein. Eigentlich ist das Dumpfsinn und alles andere als innovativ oder neu. Aber sie überzeugen durch schlichte Perfektion. Ohrwürmer, Groove ohne Ende, dicker Sound, geiler Sänger, ins kleinste Detail durchdacht, großartige Live-Performance, das macht einfach Spaß und ich leg ohne zu überlegen für ein Konzert 40 Euro auf den Tisch. Wenn eine Band versucht mich zu "überzeugen" zu ihnen zu gehen anstatt zu Disturbed (denn unendlich viel Geld und Zeit hab ich ja auch nicht) dann muss sie entweder musikalisch interessanter (sprich etwas Neues bieten, eventuell auch was schlicht schräges) sein oder aber schlicht besser. Und das ist eine hohe Messlatte.


Nur so als Überlegung dazu.
 
Dein problem ist nicht das Buisness und das netz sondern die Beliebigkeit.

Als DJ bin ich ja weniger in der Rock-, sondern mehr in der Dance- und Schlager-Ecke unterwegs. In diesen Genres ist das Problem der Beliebigkeit noch stärker. Ob da ein Titel Erfolg hat, hängt praktisch ausschließlich vom betriebenen Werbeaufwand ab. Der Titel "Flat Beat" von Mr. Oizo etwa hebt sich kompositorisch und qualitativ in keinster Weise von den zahllosen erfolglosen Hobby-Produktionen im Internet ab. Aber für diesen Titel ist ordentlich Werbung gemacht worden, und schon verkauft es sich. Mir geht das mittlerweile dermaßen auf den Sack; ich kann gar nicht so viel essen, wie ich kotzen möchte.

Ich hoffe sehr, dass folgendes Szenario passiert: Aufgrund der illegalen Downloads gehen die legalen CD- und Download-Verkäufe immer weiter zurück. Infolge dessen bilden die Charts die Beliebtheit der Songs nicht mehr repräsentativ ab und entwerten sich somit selbst. Weil sich das Plattengeschäft für die großen Major-Labels nicht mehr lohnt, stoßen sie den Musikzweig einfach ab. Der Konsument hat keine Möglichkeit mehr, sich an Charts usw. zu orientieren und bewertert neue Musik dann nicht mehr nach Bekanntheitsgrad, sondern der eigene persönliche Geschmack gewinnt wieder mehr an Bedeutung. Derzeit ist es nämlich so - das stelle ich regelmäßig fest - allzu oft findet das Publikum einen neuen, noch unbekannten Song doof; hat aber derselbe Titel kurze Zeit später Chart-Erfolge, wollen sie ihn plötzlich hören.

DJ Nameless
 
Der Titel Flat Beat hebt sich sehr wohl von Jambabilligsounds ab. :rolleyes:
 
Hast Recht, "Flat Beat" könnte durchaus noch als "undergroundiger Electro" durchgehen. Na gut, dann eben ein anderes Beispiel :)

Wie wäre es denn hiermit? http://www.youtube.com/watch?v=xX-_mSBHDTE

Diese Platte ist kompositorisch extrem primitiv, zumal das Refrain-Sample geklaut ist. So einen Titel kann tatsächlich fast jeder an seinem Heim-PC zusammenbasteln, und ob so ein Song dann erfolgreich ist oder nicht, ist dann nur noch eine Frage des Werbeaufwandes. Ich kann auch in meiner Poitsion als DJ nicht unterscheiden, was an dem Hamster-Song nun großartig besser ist gegenüber den ganzen Hobby-Produktionen im Internet. Da stelle ich mir auch gleich die Frage: Wäre der Hamster-Song auch so bekannt geworden wie er heute ist, wenn die Plattenfirma keine Werbung dafür geschaltet hätte?
 
Wenn ein Musiker neben seiner Musik noch anderen Tätigkeiten nachgehen muss, um finanziell über die Runden zu kommen, kann nicht so gute Musik herauskommen wie bei einem, der sich den ganzen Tag mit seiner Musik auseinandersetzen kann.

Von daher muss man meiner Meinung nach wirklich Konzepte erarbeiten, wie man in der heutigen Zeit mit seiner Musik zumindest einigermaßen Geld verdienen kann. Und genau das wird immer schwieriger, weil der Markt zum einen völlig übersättigt ist, und zum anderen der Großteil des Publikums am liebsten primitive Musik wie DJ Ötzi oder Mickie Krause hören möchte.

Genau wegen dem Fazit deines zweiten Absatzes habe ich einen Problem mit deinem ersten Absatz. Die beiden gehen neben der Musik nämlich keinen anderen Tätigkeiten mehr nach, trotzdem würde ich einige befreundete Hobbymusiker rein musikalisch höher einstufen.

Wobei ich die beiden jetzt nicht diffamieren möchte, für ihre Sachen gibt's zurecht einen Markt und zumindest bei Herrn Krause weiß ich, dass er wirklich ein klasse Live-Entertainer ist (mit dem professionellsten Verhalten bei Stromausfall das ich bisher erlebt habe). Den "primitiven" Geschmack muss man ja auch erstmal treffen können, und wenn man das auch als musikalische Qualität versteht dann kann ich deinem Post sogar voll zustimmen.

Da stelle ich mir auch gleich die Frage: Wäre der Hamster-Song auch so bekannt geworden wie er heute ist, wenn die Plattenfirma keine Werbung dafür geschaltet hätte?

Definitiv nicht.
 
Ja, Musiker sind konservative Nostalgiker, ich bin da auch keine Ausnahme.
Aber warum auch nicht? Das war doch schon immer so! Mein Vater sagte mir einmal, das die guten, alten Siebziger der Höhepunkt der Musikgeschichte waren. Meine Mutter hingegen (die zehn Jahre älter ist als mein Erzeuger), schwärmt regelmäßig über Dean Martin und Frank Sinatra. Beide sind Musiker.

Daher ist es auch verdammt schwer, über den legendären Tellerrand zu sehen. Bis vor ein paar Jahren war ich ein fanatischer Metal und Hard Rock Anhänger. Da war einfach nichts Anderes für mich. Meiner Meinung nach braucht es oftmals einen Sprung ins kalte Wasser, am besten wird man von Anderen ohne Erbarmen hineingeworfen. Bei mir waren das meine Freunde und meine Freundin, die mich auf einmal Jazz, Blues, Techno oder gar mittelalterliche Musik ausgesetzt hatten. Natürlich muss eine gewisse Offenheit des Charakters vorhanden sein, damit man sich damit dann auch auseindersetzt. Aber die Musik die ich heute mache, ist weder in eine bestimmte Schublade zu stecken, noch orientiert sie sich an einem großen Vorbild, welches wir ständig kopieren müssen. Doch kommen darauf doch die meisten Musikschaffenden früher oder später drauf. Seien wir ehrlich, kaum einer kann sich 40 Jahre lang die selben 50 Songs anhören.
Aber ich schweife ab.

Ich gebe vielen Leuten hier schon recht, das die sogenannte "Musik aus der Dose", die sich Charts nennt, eigentlich ein Armutszeugnis darstellt aber es verkauft sich. Und es wird immer Leute geben, die Musik nicht als die Kunst verstehen, die sie ist sondern nur als Hintergrundgeräusche die sie brauchen. Ist ja auch nichts Böses dran, lasst sie doch.
Aber es ist lächerlich naiv und närrisch zu behaupten, heutzutage gebe es keine gute Musik mehr! Nehmen wir doch mal den Blues her. Es gibt so viele junge Musiker, die die Tradition von Früher weitertragen. Von andren Genren ganz zu schweigen.

Die Wahrheit ist doch, das die "wahren" Musiker noch immer nach dem selben Schema berühmt werden wie vor 40 Jahren. Sie spielen für einen lächerlichen Lohn Live so oft sie können und werden entdeckt - oder eben nicht. Der Zufall und vor allem das Glück (an Beide glaube ich eigentlich nicht, allerdings würde das jetzt zu weit führen) waren schon immer ein elementarer Bestandteil der Musikgeschichte. Überlegt doch: Die Welt hätte sich genauso gut ohne die Beatles, die Stones, Led Zep oder Clapton weitergedreht. Sie wurden halt entdeckt weil sie anders als die Anderen waren. Aber ihr könnt euch ganz sicher sein, das dutzende andere Bands, die noch eine Spur kreativer, noch eine Schritt weitergegangen waren in Vergessenheit geraten sind. Sie hatten eben nicht das Glück der oben Genannten.

Um auf die eigentliche Fragestellung zu kommen:

Ich sehe mich weder als "übermenschen" noch als "überflüssig". Ich mache die Musik, die meiner Seele entspricht und die ich machen will. Ich schreibe Songs, die ich gut finde und lasse nur seltenst jemand Bandexternen in das Geschehen eingreifen (Obwohl dabei schon sehr gute Songs herausgekommen sind. Allerdings auch viel Müll und hauptsächlich Streitereien). Ich höre die Musik, die ich hören will und die mir gefällt. Das ist nunmal meistens nicht das, was gerade In ist, aber warum zur Hölle sollte mich das interessieren? Die Meinung von Anderen ist unwichtig wenn es um meinen Geschmack geht.
Ich bin mit mir selbst und mit meiner Musik im Reinen, lerne stetig dazu und entwickele mich weiter. Ich gehe den Weg des Musikers, der mir als richtig erscheint, auch wenn ich weiß, dass da noch andere Wege sind. Werde ich entdeckt bin ich happy und mache daraus das Beste, was ich kann. Wenn nicht, egal!

Um die restlichen Fragen des TE's zu beantworten:
Ich halte mit niemanden mit und niemand mit mir, verstehst du? Da niemand so ist wie ich und ich nicht so wie irgendjemand Anderes. Das kann nicht jeder von sich behaupten und darauf bin ich stolz.
Ein dickes Fell hatte ich schon immer, aber am ehesten bringst du die Kritiker durch Ignoranz zum schweigen. Das klingt vielleicht blöd, aber dir wird immer jemand versuchen ins Gesicht zu spuken. Das ist reinste Provokation, warum sollte ich mich auf so ein Niveau herablassen?
Kreativität bedeutet in der Kunst, Nie dagewesenes zu erschaffen. Mach das auf deine Weise und zieh nicht den Schwanz ein, weil der Weg, den du gewählt hast, hart ist. Das sind sie alle irgendwann einmal.
Und über das Letzte musste ich lachen. Hier etwas zum Nachdenken: warum glaubst du, zweifelst du an deiner Sicht der Dinge?
 
ich bin erst 12 aber ich hab u.a. eric claptons biografie gelesen und finde schade was mit diesen zeiten passiert als die musik noch eine gewisse aura und aussage hatte.....
bitte seht mal von meinem alter ab...
 
Ja, Musiker sind konservative Nostalgiker, ich bin da auch keine Ausnahme.
Aber warum auch nicht? Das war doch schon immer so!

Das war eben NICHT immer so. In den 50ern hat sich z. B. der Rock'n'Roll durchgesetzt, das war eine VÖLLIG NEUE Musikrichtung, die es vorher so noch nie gab. In den 60ern ist Beatmusik NEU entstanden, in den 70ern Hardrock und Punk. In den 80ern ist Synthiepop vollkommen neu entstanden, und in den 90ern setzten sich Hip Hop und Techno als völlig neuartige, noch nie dagewesene Musik durch.

Der Konservatismus greift erst seit ca. 10 Jahren um sich. In der letzten Dekade hat sich keine völlig neue Musikrichtung mehr breitflächig durchsetzen können. Alle erfolgreichen Acts, egal op Metal, Pop oder Dance, greifen im Grunde auf 10 oder 20 Jahre altes Soundmaterial zurück.

Ich in meiner Position als DJ stelle auch fest, dass sich das Publikum nicht mehr wirklich von neuen Klängen begeistern lassen kann. Viele neue Techno-Produktionen lösen bei den Leuten nur Langeweile aus, während die Platten aus der Anfangszeit der Dance-Musik, z. B. "Mr. Vain" oder "Rhythm Is A Dancer" nach wie vor für volle Tanzflächen sorgen. Der Unterschied ist: 1993 funktionierten diese Platten noch auch, als sie gerade neu waren. Für aktuelle Neuerscheinungen kann ich das Durchschnittspublikum hingegen nicht mehr begeistern.

Die Wahrheit ist doch, das die "wahren" Musiker noch immer nach dem selben Schema berühmt werden wie vor 40 Jahren.

Das stimmt eben nicht. Ich weiß nicht, ob sich noch jemand dran erinnern kann: Anfang der 90er gab es im WDR-Fernsehen eine Sendung namens "Hit Clip". Diese Sendung brachte jeden Tag eine halbe Stunde lang Musikvideos - und zwar auch NEUE, die noch nicht in den Charts war. Viele Titel sind erst durch diese Sendung bekannt geworden und dann in die Charts gekommen. Nach der Einstellung dieses Sendeformats um 1997 hat hier in NRW der WDR-Radiosender Eins Live sich noch drum bemüht, neue Titel vorzustellen. Viele Acts wie Niels Van Gogh, Rollergirl, Blank & Jones, Lexy & K-Paul, Nomansland, St. Etienne, Mike Koglin oder Loona sind dadurch bekannt geworden, dass Eins Live die ins Programm aufgenommen hat, als sie noch NEU waren und noch nicht in den Charts waren. Damals habe ich den Sender regelmäßig gehört und mir auch die ein oder andere Platte gekauft, wenn ich einen Song hörte und er mir gefiel. Heute meide ich Eins Live wie die Pest, weil dort nur noch Indie/Alternative läuft - also eine Musikrichtung, die musikalisch kaum mehr was Neues zu bieten hat. Die Rockmusik, die da heute läuft, hätte genau so gut vor 15 Jahren produziert worden sein können. Auch die Blackmusic-Sachen, die gelegentlich dort laufen, klingen nicht großartig neu gegenüber den HipHop-Scheiben der frühen 90er. Besonders aufregen tut mich, dass sich Eins Live dabei nach wie vor als "Jugendsender" bezeichnet, aber tatsächlich ein Progamm fährt, was so klingt, als sei es 20 Jahre alt. Die immer noch angesagteste Teenie-Band, Tokio Hotel, wird von diesem "Jugendsender" komplett boykottiert! Damit machen die sich mir als Hörer gegenüber lächerlich. Auch andere bekannte Teenie-Bands der letzten Jahre, z. B. Chipz, Shanadoo, Banaroo, Hot Banditoz oder Las Chicas wurden von Eins Live generell boykottiert. Gespielt wurden sie noch in den wöchentlichen Chart-Sendungen, aber eben logischerweise erst dann, als sie schon in den Charts drin waren.

Ich würde mir wünschen, dass die Medien wie Radio und Fernsehen mal wieder dazu übergehen, die Songs dann zu spielen, wenn sie NEU sind und nicht erst dann, wenn sie sich durchgesetzt haben. Dann wäre die Musiklandschaft auch wieder so interessant wie früher. Damals setzten sich ja auch spätestens alle paar Jahre neue Musiktrends durch, während es in den letzten 10 Jahren schlicht stagniert, weil die Medien kein Interesse daran haben, neue Styles zu pushen.

DJ Nameless
 
@ DJ Nameless:
Ich wusste nichts vom Senderboykott der genannten Bands, aber der Grund ist vermutlich ein ganz einfacher. Der Großteil der Hörer schaltet um, sobald er eine dieser Gruppen hört. Natürlich sollte ein Sender nicht immer den Weg des geringsten Widerstands gehen, aber grade bei Tokio Hotel sind die Meinungen festgefahren und wer auf sie steht, wird auch so von deren neuen Singles erfahren. Hier geht's ja nicht mehr drum Talenten ne Chance zu geben.

Auch heute werden durchaus noch Songs gespielt wenn sie neu sind. Aber da die reine Masse an neuen Songs tierisch groß ist und es vermutlich auch um denkbar viel Geld geht, werden natürlich eher die vorgestellt, welche grade gezielt von der Plattenfirma gehyped/beworben werden oder bei denen sowieso ein erfolgsversprechender Name auf der CD steht. Aber ob das früher so massiv anders war? Rückblickend war damals diese "Vorauswahl" vielleicht angenehmer zu hören, aber dass rein der persönliche Geschmack eines Moderators/Radiofritzen über die Playlist entscheidet kann doch auch "damals" nicht ernsthaft die Regel gewesen sein.
 
bobcät;4414254 schrieb:
@ DJ Nameless:
Ich wusste nichts vom Senderboykott der genannten Bands, aber der Grund ist vermutlich ein ganz einfacher. Der Großteil der Hörer schaltet um, sobald er eine dieser Gruppen hört.

Da liegt genau das Problem: Das Radio schmeißt alles raus, wo die Gefahr des Ab- oder Umschaltens besteht und sendet nur noch, wo die wenigsten Leute abschalten. Weil das nur wenige Titel sind, ist die Anzahl der Titel in der Playlist klein.

bobcät;4414254 schrieb:
Natürlich sollte ein Sender nicht immer den Weg des geringsten Widerstands gehen, aber grade bei Tokio Hotel sind die Meinungen festgefahren und wer auf sie steht, wird auch so von deren neuen Singles erfahren. Hier geht's ja nicht mehr drum Talenten ne Chance zu geben.

Sicher, Tokio Hotel ist gerade mal eine "Ausnahme-Band", die es gerade mal nach oben geschafft haben. Es gibt aber da draußen jede Menge unbekannte Bands, die denselben Stil wie Tokio Hotel spielen. Nehmen wir mal an, mir gefällt diese Musikrichtung. Nun haben wir das Problem: Egal wo man hinschaut, ob Konzertveranstalter, Plattenfirma oder Radiosender, keine dieser Institutionen hat ein Interesse daran, diese (noch) unbekannten Bands mir als Konsument zugänglich zu machen, weil die Wahrscheinlichkeit da ist, dass jemand aus- oder umschaltet. Infolge dessen ignoriere ich das Radio- und Medien-Angebot mittlerweile praktisch komplett, weil sie keine Informationsquelle über noch unbekannte Bands und Stilrichtungen sind, sondern die Sachen erst dann spielen, wenn sie sich beim Großteil der Leute als erfolgreich herausgestellt haben.

bobcät;4414254 schrieb:
Auch heute werden durchaus noch Songs gespielt wenn sie neu sind. Aber da die reine Masse an neuen Songs tierisch groß ist und es vermutlich auch um denkbar viel Geld geht, werden natürlich eher die vorgestellt, welche grade gezielt von der Plattenfirma gehyped/beworben werden oder bei denen sowieso ein erfolgsversprechender Name auf der CD steht.

Korrekt. Wenn ein bekannter Act eine neue Platte veröffentlicht, springen die Medien tatsächlich durchaus noch recht schnell auf den Zug auf. Allerdings laufen diese Titel dann derart rauf und runter bis zum Erbrechen und gehen mir dann dermaßen auf den Geist, dass sie mir noch nicht mal den Speicherplatz der MP3 wert sind und ich sie noch nicht mal mehr kostenlos runterladen mag. Die reine Masse an neuen Songs empfinde ich eigentlich als Vorteil. Ich arbeite ja beim Webradio Musik-Train (siehe auch meine Signatur), und da spielen wir zwar auch große Top-Acts. Aber ein aktueller Robbie Williams Song läuft bei uns nicht alle drei oder vier Stunden, sondern vielleicht alle ein oder zwei Wochen mal. Der Rest der Sendezeit wird gefüllt mit Songs, die mal Hits waren, bei den großen Sendern aber nirgendwo mehr laufen. Weiterhin läuft bei uns ein großer Haufen praktisch völlig unbekannter Songs. Und was erstaunlich ist: Es ist schon öfters vorgekommen, dass eine Platte in die Charts kam, die bei uns vorher schon mehrere Monate in der Rotation war.

bobcät;4414254 schrieb:
Aber ob das früher so massiv anders war? Rückblickend war damals diese "Vorauswahl" vielleicht angenehmer zu hören, aber dass rein der persönliche Geschmack eines Moderators/Radiofritzen über die Playlist entscheidet kann doch auch "damals" nicht ernsthaft die Regel gewesen sein.

Schauen wir mal zehn Jahre zurück. Da gab es hier in NRW auf Eins Live den "Partyservice" mit Piet Blank, Mike Litt und Gast-DJ's - die Sendung habe ich damals regelmäßig gehört. Diese Leute haben wirklich ihre eigene private Plattenkiste dabei gehabt und ihre eigenen Platten gespielt. Dadurch wurde die Sendung "lebendig", z. B. wenn der Piet erzählte, dass er im Urlaub in Florida auch Plattenläden aufgesucht hat und jetzt einige Titel präsentiert, auf die gerade die Amis abfeiern. Oder einmal hat Piet erzählt, dass er nach einem DJ-Live-Gig von einem Gast eine CD in die Hand gedrückt bekam mit einem völlig unbekannten Song. und den so geil fand, dass er ihn den Radiohörern nicht vorenthalten wolle. Er hat ihn dann mit dem Kommentar "NUR HIER im Eins Live Partyservice" aufgelegt. Einmal hatte der Mann auch einen Gast-DJ aus Italien dabei, der zwar kein Wort Deutsch sprach, dann aber ein richtig geiles DJ-Set abgeliefert hat, eben überwiegend mit Platten direkt aus Italien, die hier in Deutschland gar nicht erhältlich waren. Bei Eins Live gab es auch mal mittwochs nachts eine Sendung namens "Word Cup", das war eine Hip-Hop-Sendung, und da haben auch die DJ's ihre private Plattenkiste mitgebracht. Diese Sendungen sind mittlerweile alle eingestellt.

Ich möchte endlich mal wieder ein Radio- oder meinetwegen auch Fernsehpprogramm, welches noch den Mut hat, mal Neues, Ungehörtes mir als Konsument näherzubringen. Ein Programm welches einen repräsentativen Querschnitt von dem, was produziert wird, sendet. Ich erwarte nicht, dass mir jeder Titel gefällt, sondern ich möchte die gesamte Bandbreite der Musik repräsentiert haben, damit ich einen repräsentativen Überblick habe über das, was so in der Welt produziert wird. Ich möchte Teenie-Musiik von Tokio Hotel und Scooter ebenso vetreten haben wie Italo-Pop von Al Bando & Romina Power, Hardtechno von Chris Liebing soll ebenso laufen wie griechischer Sirtaki, spanischer Flamenco oder brasilianischer Samba-Enredo. Ich möchte Musik von Karlheinz Stockhausen ebenso serviert bekommen wie türkische Musik, im Heimstudio produzierter Billig-Techno soll ebenso laufen wie Mozarts Sinfonien. Schlager-Schnulzen von Heintje sollen ebenso laufen wie Rock'n'Roll von Buddy Holly, Freejazz soll ebenso vertreten sein wie authentischer Ghetto-HipHop. Ich könnte die Liste noch länger weiterführen, aber ich denke, es ist deutlich geworden: Ich möchte, wenn ich das Radio oder Fernsehen einschalte, einen repräsentativen Überblick über das weltweite musikalische Schaffen bekommen. Denn woher soll ich wissen, ob mir eine bestimmte Platte gefällt, wenn sie nirgendwo gespielt wird?
 
Das Radio schmeißt alles raus, wo die Gefahr des Ab- oder Umschaltens besteht
und sendet nur noch, wo die wenigsten Leute abschalten.
Danke für diesen ach so tollen Artikel (zur richtigen Zeit)
Das erspart mir hier etliche Worte.

bobcät;4414254 schrieb:
dass rein der persönliche Geschmack eines Moderators/Radiofritzen über die Playlist entscheidet
kann doch auch "damals" nicht ernsthaft die Regel gewesen sein.

Letztendlich ist es eine Mischung aus Beidem.

Jeder Sender, bzw Sendeplatz, hat so sein eigenes spezifisches Profil.
Diesem versucht man natürlich irgendwie treu zu bleiben.

Zur Zeit als Juma noch unter den Lebenden weilte, habe ich hier auf der Insel,
paar mal die Woche, eine deutschsprachige Radiosendung moderiert,
(Engl. u. span. wurde auch teilweise gesprochen) und habe von daher,
so einen Einblick, wie das Ganze so in etwa läuft.

Man hat so sein Konzept (musikalischer Stil, Zielgruppe), und versucht, das es aufgeht.
In dieses Konzept bringt der jeweilige Moderator, natürlich seinen persönlichen Stil
mit rein. Dieses fördert natürlich den Widererkennungsfaktor, und erzeugt Stammpublikum.

Und damit sind wir dann jetzt beim eigentlichen Punkt.
Dieses Zusammenspiel ergibt die Gesamtsumme der Zuhörer.
Radio_hoererzahl.jpg


Und genau darum geht es.
Denn schließlich geht es hier um Geld. Um Werbeeinnahmen.
Und das nicht zu knapp.

Dementsprechend, haben wir dann auch regelmäßig unsere Sendestatistiken bekommen,
die uns A) sagen, ob unser Konzept aufgeht, bzw. wie weit es, hier und da, angepasst
werden muss.
Und B) bietet es die Grundlage für die Abrechnung mit den Werbekunden.

Und jetzt kommt die Sache ins rollen.
Ein Konzept mit einer hohen Streuung(Hörerzahl), bringt natürlich die Musikindustrie
auf den Plan.

So kamen die Neuerscheinungen (natürlich Konzept-passend), die bei uns gespielt wurden,
dementsprechend, aus dem Umfeld uns bekannter Labels/Verlage und DJs.
(Woher sollte man so manche Neuerscheinungen, auch sonst her überhaupt kennen?)

Das macht es für den Hörer natürlich auch wieder interessant, denn der weiss dann,
Aha, da höre ich immer ganz tolle Sachen, und Dinge, die man sonst nirgends hört,
weil sie nämlich brandneu sind. Das wiederum erhöht................schon klar, oder?


Je größer nun also ein Radiosender ist, desdo größér ist dann natürlich auch das
Umfeld, und die damit verbundenen Interessen.

Und ab ´ner gewissen Größe, kann(muß) man sich dann nämlich aussuchen,
mit welchen Partnern man zusammen arbeitet, und lässt sich das Ganze dann natürlich
auch gerne honorieren (gibt aber keiner zu).

Aus meiner Zeit früher, als Techniker beim WDR, kann ich mich noch sehr gut erinnern,
das auf die Frage "Warum spielst du das_und_das, wer entscheidet?",
immer die gleiche verlegene Antwort kam: "Die Liste kommt VON OBEN."

Ich denke mal, es ist klar, wo die Interessen liegen.


Mit sonnigen Grüßen aus Ibiza
O-Tix
 
Jeder Sender, bzw Sendeplatz, hat so sein eigenes spezifisches Profil. Diesem versucht man natürlich irgendwie treu zu bleiben.

Und diese "Profile" gab es damals nicht. Als vor 60 Jahren die ersten Rock'n'Roll-Sachen auf den Markt drängten, passten sie in keines der damals existierenden "Profile", weil es eben Rockmusik noch gar nicht gab. Dennoch nahmen Konzertveranstalter, Radiosender usw. diese damals noch völlig neuartige Musik in ihr Programm auf, obwohl sie sich noch nicht irgendwo etabliert haben konnte, weil es sie ja vorher noch gar nicht gab.

Bei Techno in den 90ern war es genauso: Obwohl noch keiner absehen konnte, ob Techno sich durchsetzt oder nicht, entstanden die ersten Labels und Clubs, die diese völlig neue und unbekannte Musikrichtung aufgriffen. Radiosender wie Eins Live nahmen Techno-Platten als völlig neuen Trend in ihr Programm auf. Diese Musik passte damals auch in kein "Profil", weil es eben eine komplett neue Stilrichtung war.

Man hat so sein Konzept (musikalischer Stil, Zielgruppe), und versucht, das es aufgeht.
In dieses Konzept bringt der jeweilige Moderator, natürlich seinen persönlichen Stil
mit rein. Dieses fördert natürlich den Widererkennungsfaktor, und erzeugt Stammpublikum.

Und da sehe ich das Kernproblem: Ein Musiker, der nun hergeht und einen völlig neuen Sound kreiert, der noch nie so dagewesen ist, wird in keines der existenten Profile hineinpassen. Konsequenz: Es wird neuen Stilrichtungen quasi unmöglich gemacht, sich zu präsentieren und durchzusetzen.

Das Problem betrifft auch z. B. Kreuzungen zwischen verschiedenen Musikrichtungen: Als sehr bekanntes Beispiel nenne ich mal Alexander Marcus, der zu den ersten Künstlern gehörte, die Volksmusik und Electro miteinander kombinierten. Den Schlager-Wellen wie WDR 4 oder Musikantenstadel ist das natürlich viel zu Techno-mäßig, also wird es da nicht gespielt. Den Jugendsendern wie Eins Live ist es hingegen zu Volksmusik-mäßig, also wird es da auch nicht gespielt. Einen reinen Electrolore-Sender gibt es nicht, weil sich der Sound (noch) nicht weitflächig etabliert hat. Alexander Marcus hat es dann durch geschicktes Marketing doch noch zu einem kurzfristigen Erfolg gebracht. Mir aber gefällt diese Art von Musik, und ich würde gerne weitere ELectro-Volksmusik-Songs kennenlernen. Und es gibt auch sicher eine Reihe von Musikern, die solche Musik produzieren. Aber ich bekomme es kaum mit, weil es in keines der gängigen Zielgruppen-Formate hineinpasst, und sowas daher auch nicht gesendet wird.

Damit wäre auch meine Frage: Wie soll sich in einer Musik- und Medienwelt, die nach "Profilen", "Zielgruppen" und "Wiedererkennungswert" durchformatiert ist, eine völlig neue Musikrichtung, die es bis jetzt noch gar nicht gab, durchsetzen? Ich befürchte, das geht gar nicht.

DJ Nameless
 
Und diese "Profile" gab es damals nicht. Als vor 60 Jahren die ersten Rock'n'Roll-Sachen auf den Markt drängten, passten sie in keines der damals existierenden "Profile", weil es eben Rockmusik noch gar nicht gab.
Die damaligen Sender die hauptsächlich so einen Kram gespielt haben waren illegale Piratensender.


Später wurde dass damals von dem Mainstream übernommen und damit legal, genau wie Hollywood damals auch nur ein paar Verbrecher waren die sich dort angesiedelt hatten weil sie Patentzahlungen umgehen wollten.
Bis jetzt hat es sich meistens ausgezahlt von den Piraten zu lernen, so ist fast alle Kreativindustrie entstanden. Vielleicht sollte man das heute auch nochmal machen.

Die großen Sender sind doch völlig ignorierbar. Wer neue Musik sucht ist im Internet besser aufgehoben als auf den großen Sendern. Und da gibt es keine Playliste die von oben diktiert wird.
Der Funktion eine treibende Kraft in der Kulturszene zu sein haben sich die alten Radiosender selber enthoben, das werden die auch nie mehr schaffen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Und diese "Profile" gab es damals nicht. Als vor 60 Jahren die ersten Rock'n'Roll-Sachen auf den Markt drängten, passten sie in keines der damals existierenden "Profile", weil es eben Rockmusik noch gar nicht gab. Dennoch nahmen Konzertveranstalter, Radiosender usw. diese damals noch völlig neuartige Musik in ihr Programm auf, obwohl sie sich noch nicht irgendwo etabliert haben konnte, weil es sie ja vorher noch gar nicht gab.

Bei Techno in den 90ern war es genauso: Obwohl noch keiner absehen konnte, ob Techno sich durchsetzt oder nicht, entstanden die ersten Labels und Clubs, die diese völlig neue und unbekannte Musikrichtung aufgriffen. Radiosender wie Eins Live nahmen Techno-Platten als völlig neuen Trend in ihr Programm auf. Diese Musik passte damals auch in kein "Profil", weil es eben eine komplett neue Stilrichtung war.

Naja MatthiasT hat schon recht, sofern ich historisch korrekt informiert bin, haben sich die etablierten Sender ganz schön gegen den Rock gesträubt, wodurch dann die Piratensender auf den Plan gerufen wurden. Die "großen" Sender haben diese Musik erst aufgegriffen als sie mehr oder weniger in der Mitte angekommen war.

Und da sehe ich das Kernproblem: Ein Musiker, der nun hergeht und einen völlig neuen Sound kreiert, der noch nie so dagewesen ist, wird in keines der existenten Profile hineinpassen. Konsequenz: Es wird neuen Stilrichtungen quasi unmöglich gemacht, sich zu präsentieren und durchzusetzen.

Das Problem betrifft auch z. B. Kreuzungen zwischen verschiedenen Musikrichtungen: Als sehr bekanntes Beispiel nenne ich mal Alexander Marcus, der zu den ersten Künstlern gehörte, die Volksmusik und Electro miteinander kombinierten. Den Schlager-Wellen wie WDR 4 oder Musikantenstadel ist das natürlich viel zu Techno-mäßig, also wird es da nicht gespielt. Den Jugendsendern wie Eins Live ist es hingegen zu Volksmusik-mäßig, also wird es da auch nicht gespielt. Einen reinen Electrolore-Sender gibt es nicht, weil sich der Sound (noch) nicht weitflächig etabliert hat. Alexander Marcus hat es dann durch geschicktes Marketing doch noch zu einem kurzfristigen Erfolg gebracht. Mir aber gefällt diese Art von Musik, und ich würde gerne weitere ELectro-Volksmusik-Songs kennenlernen. Und es gibt auch sicher eine Reihe von Musikern, die solche Musik produzieren. Aber ich bekomme es kaum mit, weil es in keines der gängigen Zielgruppen-Formate hineinpasst, und sowas daher auch nicht gesendet wird.

Damit wäre auch meine Frage: Wie soll sich in einer Musik- und Medienwelt, die nach "Profilen", "Zielgruppen" und "Wiedererkennungswert" durchformatiert ist, eine völlig neue Musikrichtung, die es bis jetzt noch gar nicht gab, durchsetzen? Ich befürchte, das geht gar nicht.

DJ Nameless

Man kann sagen was man will, aber dadurch, dass ältere Musik regelmäßig in Retrowellen wiederbelebt wird haben wir heute die größte musikalische Bandbreite. Und die muss Einslive nun möglichst so abdecken, dass jugendlicher Technofan, Hip-Hopper und Rock'n'Roller (und was es noch so alles gibt) am Ball bleiben. Der kleinste gemeinsame Nenner ist anscheinend dieser weichgespülte Popmist, aber man sieht ja, dass es der Verbreitung des Senders bisher nicht geschadet hat. Kein Unternehmen mit Verstand beschneidet absichtlich seine Zielgruppe, was in diesem Fall nunmal in sehr innovationslosem Programm resultiert.

Du kannst ja nicht von einem Mitten-Radiosender erwarten, dass er sich nun auf deinen Musikgeschmack spezialisiert. Du hättest gerne Alexander Marcus (der ja trotz aller Widrigkeiten in die Charts gekommen ist) Banaroo oder Tokio Hotel, ich hätte gerne Led Zeppelin, Police oder sonst irgendwas, ist auch egal weil die Beispiele beliebig sind. Wenn der Sender wirklich versuchen würde, jeden seiner Zuhörer speziell zu berücksichtigen und aus jeder Richtung innovatives zu präsentieren, würde sich im Endeffekt KEINER mehr in diesem Sender wiederfinden weil sein Geschmack zwar teilweise berücksichtigt wird, aber in der Masse eben nur nen Bruchteil darstellt und ihm der Rest gar nicht gefällt. Bei Led Zeppelin und Banaroo würde vermutlich ein Großteil der typischen Einslive-Hörer abschalten. Das mag man als traurig empfinden, aber die Schuld trägt nicht allein der Sender. Der folgt ja zT nur den Konsumgewohnheiten seines Publikums und will sich natürlich eine möglichst hohe Verbreitung sichern, was man ja keinem Wirtschaftsunternehmen ernsthaft vorwerfen kann. Wem's nicht passt der schaltet halt weg.
 
Man darf auch nicht außen vor lassen, dass die Kosten für das Produzieren eines Webradios ebenfalls verschwindend gering sind. Das heißt auch hier darf sich jeder mit ein wenig Engagement austoben und kann seine "speziellen" Radiosender erschaffen, was dann im Grunde genau wie bei Bandmusikern darauf hinausläuft, sich eine vernünftige Kundschaft zu besorgen. Auch hier ist der Markt vermutlich schon stark übersättigt, nur kann einfach niemand behaupten "er macht es, also will er dafür gefälligst Geld". Das hätte auch in den 60ern nicht geklappt, hätte es diese Möglichkeiten damals gegeben.
 
Und diese "Profile" gab es damals nicht. Als vor 60 Jahren die ersten
Rock'n'Roll-Sachen auf den Markt drängten, passten sie in keines der damals
existierenden "Profile", weil es eben Rockmusik noch gar nicht gab.
Das ist vollkommen richtig.
Zu der Zeit war allerdings der gesamte Musikmarkt noch recht überschaubar.
Wieviele Plattenfirmen gabs zu der Zeit? Das konnte man noch etwa an 2 Händen abzählen.
Die Anzahl der Radiostationen war auch noch überschaubar, und man war halt offen für
Neues. Alleine schon um Hörer neugierig zu machen, und zu binden.
(Man sieht, das ist also nichts neues)

Neu hingegen ist jedoch heutzutage die Medienvielfalt.
Was war es doch derzeit für eine Sensation, das es dann jetzt endlich,
das Zweite Deutsche Fernsehen gab.

Was gabs in Sachen Musiksendungen?
Hitparade
Beatclub
Disco
.........und das wars.

Man konnte noch überblicken was es neues gab.
Was einem gefiel hörte/kaufte man, das andere ignorierte man halt.

Mit zunehmender Größe des Ganzen, verlor sich die Übersicht.
Was folgenden Punkt auf den Plan bringt.

Je größer nun also ein Radiosender ist, desdo größér ist dann natürlich auch das
Umfeld, und die damit verbundenen Interessen.

Und ab ´ner gewissen Größe, kann(muß) man sich dann nämlich aussuchen,
mit welchen Partnern man zusammen arbeitet,
So, und jetzt brauchen wir aus meinem Zitat, nur noch das Wort Radiosender,
durch das Wort Medienlandschaft zu ersetzen, und wir sind beim heutigen Zustand.
Das Profil ward geboren.


Und da sehe ich das Kernproblem: Ein Musiker, der nun hergeht und einen völlig neuen
Sound kreiert, der noch nie so dagewesen ist, wird in keines der existenten Profile
hineinpassen. Konsequenz: Es wird neuen Stilrichtungen quasi unmöglich gemacht, sich zu
präsentieren und durchzusetzen.
Stimmt. "Nicht-profiltaugliche-Musik", stellt heutztage wirklich ein Kernproblem dar,
in der Vermarktung(Publizierung) neuer Musik. Wenn es auch nicht unmöglich gemacht
wird, es wird auf jeden Fall erheblich erschwert.

Damit wäre auch meine Frage: Wie soll sich in einer Musik- und Medienwelt, die nach
"Profilen", "Zielgruppen" und "Wiedererkennungswert" durchformatiert ist, eine völlig
neue Musikrichtung, die es bis jetzt noch gar nicht gab, durchsetzen? Ich befürchte,
das geht gar nicht.
Es geht zumindest seeeehr schwer.
Einen Lösugsansatz hast du eben allerdings schon angesprochen.

Wenn ein (bekannter) Act eine neue Platte veröffentlicht, springen die Medien
tatsächlich durchaus noch recht schnell auf den Zug auf
Ich hab dein Wort "bekannter", hier mal in Klammern gesetzt, um eine Sache etwas zu
verdeutlichen.

Für eine neue Band, oder neuen Sound, gibt es eigentlich nur die Möglichkeit,
sich eine kleinere bis mittlere Radiostation zu suchen, die die Stücke atraktiv findet,
und oft genug spielt. (Alternativ dazu das Web)
Das macht die Band dann halt zumindest in gewissen Kreisen schon mal "bekannt".
Und dann kann man nur hoffen, das dann die "richtigen" Medien auch drauf aufmerksam werden,
und daß das obige Zitat eintrifft.

Viele andere Möglichkeiten sehe ich heutzutage, leider auch nicht.
Qualität hat eben leider nicht mehr so den Stellenwert wie früher.


Bleibt also nur, jedem, nebst seiner Kreativität,
auch noch viel Glück zu wünschen.


O-Tix
 
ANDERERSEITS... gibt's in fast allen Lebensbereichen einen Hang zur Suche nach Individualität, Customization, Selbstfindung... und dazu gehört bei einigen Menschen in meinem Umfeld auch die Musik. Man ist iPod-Freak und kauft Markenklamotten, geht aber (vielleicht sogar deshalb) auf Konzerte einer kleinen lokalen Punkband, kauft deren T-Shirts und CDs, ist stolz auf das eigene Fachwissen über (die im Mainstream total unbekannte Band) MUSE, hört eifrig Classic Rock Sender für die Basics, etc. Sowas erlebe ich gerade im eigenen Bekanntenkreis von Leuten, die keine Musik-Freaks oder gar aktive Musiker sind. Man freut sich, sich auch hier vom Pop-Mainstream abzuheben und "seine eigene" Musik auf dem iPod zu haben, die nicht jeder kennt und nicht jeder hat.

Bei meinem Papa gibt's jetzt auch nen Radiosender (Radio21, emfpangbar wohl in Südniedersachsen) mit dem Motto: "Wir spielen was WIR wollen" (WIR sind die jeweiligen Moderatoren, die da wohl wirklich wie früher auch selbst das Programm nach Lust und Laune machen). Hab' selten Britney Spears direkt hinter Led Zeppelin gehört, fand's aber erfrischend gut. Für (fast) jeden was dabei, aber in einem Maße, dass es nicht nervig wird. Also gibt's eben offenbar schon Vorgaben, nur nicht so harte. Nach einer Runde Def Leppard muss eben auch mal wieder was classic poppiges oder so kommen. Wie gesagt - nette Mischung halt.

Gerade über die modernen Web-Medien kann jede noch so kleine Band sich eine Riesen-Fangemeinde erarbeiten und - abseits des Mainstream - verdammt viel "Erfolg" haben. Oder auch son Fall wie Rammstein - hat man selbst vor dem letzten Skandälchen eh nie im Radio gehört (wie auch so Kandidaten wie die Onkelz). Selbst bei den "ganz großen" Millionsellern a la Metallica oder Bruce Springsteen ist das so - die füllen nach wie vor die Arenen, sind auf Platz 1 der Album Charts, aber HitRadio Schießmichtot spielt da nix von, weil kein Mainstream-Pop.

Oder auch so Geschichten wie Last.FM - man gibt sich einfach mal ne Stunde "70s" tag oder meinetwegen auch "Missy Higgins ähnliche Interpreten" und lässt sich inspirieren.

Ich denke mal, dass jede Mainstream-Welle bald in sich zusammenfällt (sieht man ja jetzt auch sehr schön an dem zigsten Aufguss von DSDS, Big Brother, Popstars, etc.) und durch eine neue ersetzt wird - dass es aber immer auch eine "Gegenbewegung" geben wird, die sich genau von diesem Mainstream abheben will. Ich wage nicht zu hoffen, dass diese Gruppe im Gegensatz zu den Mainstream-Jüngern wächst - aber es wird immer genug "Markt" für Musik geben. Das letzte, was wir in unserer Kultur wollen, ist alles gleich zu machen.
 
Das ist vollkommen richtig.
Zu der Zeit war allerdings der gesamte Musikmarkt noch recht überschaubar.
Wieviele Plattenfirmen gabs zu der Zeit? Das konnte man noch etwa an 2 Händen abzählen.
Die Anzahl der Radiostationen war auch noch überschaubar, und man war halt offen für
Neues. Alleine schon um Hörer neugierig zu machen, und zu binden.
(Man sieht, das ist also nichts neues)
Neu hingegen ist jedoch heutzutage die Medienvielfalt.
Was war es doch derzeit für eine Sensation, das es dann jetzt endlich,
das Zweite Deutsche Fernsehen gab.
Was gabs in Sachen Musiksendungen?
Hitparade
Beatclub
Disco
.........und das wars.
Man konnte noch überblicken was es neues gab.
Was einem gefiel hörte/kaufte man, das andere ignorierte man halt.
Mit zunehmender Größe des Ganzen, verlor sich die Übersicht.

Ich empfinde die zunehmende Musikvielfalt eigentlich als Vorteil und sehe keinen Grund, das Angebot durch "Profile" künstlich zu verknappen. Denn dieses Schubladendenken hat m. E. nur dazu geführt, dass die Fans der einen Musikrichtung intolerant gegenüber der anderen Musikrichtung sind. Man braucht bloß mal in die einschlägigen Internet-Foren zu schauen, da regt sich der Trance-Hörer über Kirmestechno auf, der Techno-Hörer macht Hip-Hop runter, und der Klassik-Hörer schimpft über Metal.

Grund hierfür ist meiner Meinung nach, dass die einzelnen Musikrichtungen nicht alle gleichberechtigt von den Medien berücksichtigt werden. Wenn der Jugendsender nur Alternative und Black spielt und Dance nicht, dann kann ich die Aufregung genauso verstehen, ebenso wenn die Stadt ein Sinfoniekonzert subventioniert und das Death-Metal-Event nicht.

Ich wünsche mir, dass Radio- und TV-Sender, Musikmagazine, Labels, Veranstalter, Internetportale usw. alle Musikrichtungen gleich behandeln, so dass die Konsumenten eben einen Überblick bekommen über das, was so in der Welt an Musik produziert wird. Was sich dann am Ende durchsetzt, soll immer noch der Konsument in der Hand haben. Aber woher soll der Konsument wissen, ob ihm eine Band oder Musikrichtung zusagt, wenn sie nirgendwo gespielt wird? Daher möchte ich, dass alle Musikrichtungen quasi gleichmäßig präsent sind. Ich möchte Chancengleichheit. Und die ist bei den Profilen, Zielgruppen und Formaten oftmals nicht mehr gegeben, weil es eben unglaublich viel Musik gibt, die in die gängigen Formate nicht reinpasst.

"Nicht-profiltaugliche-Musik", stellt heutztage wirklich ein Kernproblem dar, in der Vermarktung(Publizierung) neuer Musik. Wenn es auch nicht unmöglich gemacht wird, es wird auf jeden Fall erheblich erschwert.

Eben. Und deshalb empfinde ich, obwohl es heute eine wesentlich größere Bandbreite an Musik gibt, die musikalische Entwicklung vor 50 Jahren (auch wenn ich damals noch gar nicht lebte) interessanter und innovativer. Denn damals sind wirklich noch neue Musikrichtungen, die in kein "Profil" passten, neu entstanden, wie z. B. Rock'n'Roll, Beat oder Punk. Der Durchbruch von Techno und Hip-Hop Anfang der 90er war die letzte große Innovation im Mainstream-Musikmarkt. Dann zuerst bei den privaten, ab den späten 90er Jahren dann auch bei den öffentlich-rechtlichen Sendern kam die Idiotie mit den Zielgruppen-Profilen. Und defacto ist es tatsächlich so, dass sich im ganzen letzten Jahrzehnt (2000-2010) kein wirklich neuer Musiktrend mehr durchgesetzt hat. Ich habe auch in den ganzen letzten Jahren keinen einzigen Veranstaltungshinweis mehr gesehen, der einem etwas Anderes angekündigte als die Musikrichtungen, die man sowieso schon kennt.

DJ Nameless
 
Ich empfinde die zunehmende Musikvielfalt eigentlich als Vorteil und sehe keinen Grund,
das Angebot durch "Profile" künstlich zu verknappen.

Stimme ich dir VOLLKOMMEN zu.:great::great:
Genau so wie deinem KOMPLETTEN weiteren Text.

Ich spreche mich hier auch in keinster Weise für die "Profil-Politik" aus.
Ganz im Gegenteil.
Ich wollte in meinen Ausführungen lediglich aufzeigen, wie der Stand der Dinge halt leider nun ist,
und wie es in etwa dazu gekommen ist.

Alleine auch schon bedingt durch meinen Beruf als Toningenieur (sehr viel Live),
muss ich ja schon offen sein für alles mögliche, sonst könnte ich das garnicht machen.

Ich selber spiele ja auch sehr verschiedene Instrumente, und ebenfalls verschiedenste Stilrichtungen.

Und gerade das, macht für mich persönlich den Reiz des Musikmachens aus.
Die Vielfalt des Ganzen. Und das am liebsten sogar noch bunt gemischt.
Einflüsse aus unterschiedliche Stilen zu was Neuem zu verbinden.

Wenn du dich mal so durch meine Signatur durchhörst, wirst du sehen was ich meine.
Ich Experimentiere sehr gerne.

Doch in der heutigen Medienlandschaft ist die Experimentier-Bereitschaft leider verloren gegangen.

O-Tix
 

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