Für eine junge Band führt der Einsatz dieser Stilmittel zwar relativ schnell zum Ziel, aber es limitiert die Musiker auch auf ihr Genre. Und das wiederum finde ich persönlich schade. Nichts schleift sich tiefer ein, als das, was man in jungen Jahren lernt. Wenn man es gewohnt ist, mit Hyper-Distortion zu spielen, wird es schwierig, später auf was anderes umzusatteln...
Das würde ich nicht behaupten. Viele junge Musiker oder Bands spielen am Anfang mit zu viel Verzerrung oder zu viel Geschwindigkeit. Manchmal wird auch einfach zu viel gespielt. Die Songs sind zugekleistert mit Tönen. Am besten mit Mitten voll rausgedreht und Gitarre auf Drop Z getunt. Hauptsache Hard und Heavy.
Bei vielen gibt es aber den Prozess der Weiterentwicklung. Manchmal ist weniger mehr (auch wenn Yngwie Malmsteen das nicht versteht
, "How can less be more?"). Man konzentriert sich mehr aufs Zusammenspiel, stimmt die Settings der Instrumente aufeinander ab und dreht auch mal etwas den Gain-Regler zurück. Und auf einmal klingt es total heavy, viel mehr als zuvor.
Auch der Musikgeschmack ist keine feste Eigenschaft, die einmal in jungen Jahren angenommen nicht mehr geändert werden kann. Manche verlieren das Interesse an "harter" Musik und andere erweitern ihren Horizont einfach, bleiben aber ihrem Stil treu. Der Mensch entwickelt sich weiter. Manche mehr, manche weniger und einige bleiben auf der Stelle stehen.
Ich finde es auch nicht gut, dass man heutzutage für alles gelobt wird und die Erfolgserlebnisse quasi zum Standardprogramm gehören ("Du bist was besonderes und kannst alles werden was du willst. Du musst nur daran glauben und wenn du es nicht drauf hast, drehen Mama und Papa was, damit es klappt. Ist auch nicht schlimm, wenn du später mal bei einer achtstündigen Herz-OP ein Skalpell im Patienten vergisst oder Organe verwechselst. Fehler passieren halt, du bist aber trotzdem etwas ganz besonderes.").
Trotzdem ist es doch gut, dass es die Möglichkeit gibt, auftreten zu können, auch wenn man noch kein Vollprofi ist. Irgendwie muss man ja Erfahrungen machen und wachsen. Obwohl ich mich auch nicht auf die Bühne trauen würde, wenn ich nicht ein Mindestmaß an Können habe. Entweder bin ich dann so masochistisch, dass ich mich in der Ablehnung des Publikums suhle, total naiv oder so narzisstisch veranlagt, dass ich mich sowieso für den besten halte und mir das Publikum am Ar... vorbei geht.
Ich kann bei einer Amateurband, die ihren ersten Gig spielt nicht zu hohe Erwartungen ansetzen. Wenn es mir nicht gefällt, kann ich ja rausgehen.
Es gibt aber auch das Gegenteil. Ich habe schon Bands gesehen, die trotz ihres Alters sehr professionell geklungen haben. Wären die Songs im Radio gelaufen, hätte man nicht rausgehört, dass es keine Berufsmusiker oder Rockstars sind.
Wenn man die gespielte Musikrichtung aber per se nicht mag, ist die Akzeptanzschwelle geringer. Wenn ich auf ein Hip Hop-, Schlager- oder Volksmusikkonzert gehen würde, könnten die Musiker noch so "gut" sein, gefallen wird es mir mit der größten Wahrscheinlichkeit nicht. Obwohl, man weiß ja nie.
Das die Jugend sich mehr für "Metal", besonders die extremen Spielarten interessiert, ist Zeitgeist. Psychedelischer Hippie-Prog-Rock ist momentan nicht ganz so im kommen. Vielleicht kommt das ja wieder. Ich habe aus der Sparte auch schon eine Band gesehen, die so "dicht" war, dass sie für 10 Minuten nur ein verschwobenes Riff spielen konnte und nicht mehr mitbekommen hat, wo oben und unten ist.
Kunst hat auch nicht unbedingt was mit Können zu tun. Nicht alles, was in unserer Gesellschaft als Kunst akzeptiert wird (oder von einigen akzeptiert wird, da hat jeder seine eigene Meinung), hat vom "Künstler" großes handwerkliches Können oder sonstiges Wissen abverlangt. Ich möchte nicht wissen, wie viele dieser "Künstler" sog. "Kunstinteressierten" einfach irgendeinen Mist verkaufen, den sie hören wollen.
Für einen ist es Kunst, wenn man eine besondere Maltechnik hat und so malen kann, dass es absolut plastisch und real aussieht oder man über vier Okatven singen kann. Andere sehen einen künstlerischen Akt schon darin, wenn jemand auf der Straße die Hose runterlässt und einen dicken, dampfenden Haufen setzt und diesen "Akt" dann als Rebellion gegen die herrschenden Zustände proklamiert.