Was anderes, warum muss man "Gefühl" immer durch Worte beschreiben können? Wenn mich einer fragt, was is denn das für ein Gefühl, wenn du spielst, dann sag ich, komm, schau dir die Show an und vor allem hör zu.
Da brauch ich nix erklären, warum sollte ich auch.
Gefühle zu beschreiben ist tatsächlich nahezu unmöglich. Aber man sollte sie "benennen" können, wenn man sie als Bestandteil seiner Kunst nutzen will - weil man sie durchs Verbalisieren erst ins Bewusstsein ruft. Für Schauspieler ist selbstverständlich, "auf Zuruf" ein Gefühl nachzuempfinden, um es dann mittels Körpersprache und Mimik glaubwürdig darstellen zu können. Auch Maler machen sich Gedanken darüber, welche Farben welche Emotionen auslösen, seit Jahrhunderten. Ebenso ist es in der Musiktheorie üblich, Tonarten bestimmte Empfindungen zuzuordnen. Und die müssen eben einen Namen haben.
Es gibt in der deutschen Sprache zig hundert Begriffe für Gemütszustände. Dieses Vokabular zu beherrschen schadet zumindest nicht. Wenn einem Musiker schon verbal ausser "Voll geil" "Boh, Krass!" und "Kacke, ey!" nix einfällt, um Gefühle auszudrücken, dann brauchen wir uns über sein "Feeling" am Instrument nicht mehr zu unterhalten.
gut, chef, dann beschreib mal das blues-gefühl theoretisch, wenn es ja geht.
das bezweilfe ich nämlich. du stellst es irgendwie so dar, als ob etwas, was man nicht beschreiben kann, schlechter wäre als etwas, was man einfach erklären kann (wie ein dämliches rumgetapse auf 250 bpm).
welches denn genau? - das blues-gefühl halt. so einfach ist die antwort.
"the blues are easy to play - but very difficult to feel".
Tja, hm.....
Eine Teilantwort steht oben.
Ich halte nicht "Gefühl" für schlechter als "Technik". Beides ist wichtig, @nite-spot hat's perfekt zusammengefasst.
Ich halte es für "schlecht" - "nachlässig" oder "oberflächlich" wäre treffender - sich auf sein "Gefühl" zu berufen, ohne sich damit auseinandergesetzt zu haben. Welche Aussage trifft denn ein Musiker über sein Verhältnis zur Musik, wenn er sagt: "Ich interessiere mich nicht für die technischen Aspekte, ich interessiere mich nicht für die Theorie, sondern für's Gefühl. Aber eigentlich will ich das auch nicht so genau wissen....."
Ich kenn' mich im Blues recht gut aus. Ich hab hunderte von Platten gehört, Bücher gelesen und selbst etliche Konzerte gegeben. Das ist die Musik, die mich von allen am intensivsten geprägt hat. Ich bin irgendwann aus dieser Szene ausgestiegen, weil mich das hohle, verlogene Gelaber über "DAS" Bluesfeeling (vor allem seitens des Publikums, die Mucker sind eigentlich erträglich) nur noch abgestossen hat. Dass guternährte, sozial abgesicherte Mitteleuropäer sich mit Gewalt in eine Verliererrolle reinjammern wollen, empfinde ich als hochgradig peinlich.
Es gibt eben nicht EIN Gefühl im Blues. Es gibt Trauer, Resignation, Wut, Eifersucht, Zynismus - aber auch Überheblichkeit, Stolz, Lebensfreude, Albernheit, Abgeklärtheit, Trotz - die volle Palette. Von "The Thrill is gone" bis "Let the good times roll"...........alles drin.
"Das Bluesfeeling" ist deswegen nicht zu beschreiben, weil es in den allermeisten Fällen ein dummes, inhaltsleeres Klischee für die gläubigen Konsumenten ist. Denen wird billige 12-taktige Schlagermucke schöngeredet und zum Mythos stilisiert, indem man künstlich etwas reinredet, was gar nicht vorhanden ist. Zum Schaden auch der Musiker, die selbst dran glauben und einem nicht erreichbaren Ideal nachjagen.
Ich schätze guten Blues wegen einer ganz anderen Qualität - aber das behalte ich für mich.