Ich habe von 1997 - vor 7-8 Jahren regelmäßig live gespielt (meistens Metal) und kannte zuletzt fast alle großen Röhren-Tops und 4x12 Varianten (bis auf absolute Exoten). Die "Kemper/AxeFx"-Ära begann erst, als ich aus meiner letzten Band ausstieg und seitdem habe ich auch nicht so viele Konzerte besucht, dort war die Entwicklung hin zu Kemper + InEar auf den Bühnen aber durchaus auch für mich zu beobachten.
Ich hatte dazu Anfang des Jahres mal folgendes Erlebnis, war mit Frau und einem befreundeten Paar auf dem Konzert einer (wohl recht bekannten) deutschen Metallica-Tributeband. Eigentlich sind solche Bands nicht meine Baustelle, aber Karten von der Frau geschenkt bekommen, nette Freunde dabei, was soll's. Irgendwie habe ich mich dann doch auch gefreut, bin ich doch mit Metallica in den 80ern aufgewachsen.
Bei dem Konzert machte ich dann zwei sehr unterschiedliche Erfahrungen:
Die Vorband waren "Locals", ein Power-Trio, die eigene Songs spielten, irgendwo zwischen Rock, Grunge, Blues. Geschätzte Mittvierziger, singender, sehr agiler Gitarrist, stoischer Basser, Drummer mit ergrauter Hippie-Mähne und -Bart. Wir standen an der Bar, ich musste mich aber spätestens beim zweiten Song bei meinen Leuten entschuldigen, war fortan in der dritten oder vierten Reihe mittig zu finden, wo der Sound am besten war und rockte dort herum. Irgendetwas hatte mich gepackt ...
Dann kam die Metallica-Tribute-Band. Ich war extrem überrascht, wie sauber die Jungs das Metallica-Repertoire hoch und runter spielten und dabei auch die anspruchsvolleren älteren Songs wie "Master Of Puppets", "Battery" oder "Blackened" meisterten. Der Sänger traf Hetfields Stimmer erstaunlich gut - und die Gitarrensounds klangen e-x-a-k-t so wie die jeweiligen Originial-Sounds der verschiedenen Alben/Bandphasen...
... ich hörte mir das Konzert von der Theke aus an, fühlte mich zu keinem Zeitpunkt in irgendeiner Form mitgerissen. Und fragte mich hinterher, woran das gelegen haben mag.
Hm, die Locals hatten sich ihre Backline vor dem "Lars-Ullrich"-Kit aufbauen müssen, der Gitarrist spielte über ein Fullstack mit einem alten
Engl-Top aus den Anfängen der Firma in den 80ern, zwei unterschiedlichen 4x12ern und einem bunten Pedalboard. Der Basser hatte irgendeine kühlschrankgroße Box mit Top obendrauf, evtl. war's der klassiche SVT, ich weiß es gar nicht mehr.
Die "Metallicas" hatten keinen Amp auf der Bühne sondern seitlich hinten ihre Kemper-Racks, alle spielten mit In-Ear.
Ich kam zu dem Schluss, dass die zweite Hälfte bei/trotz aller Perfektion für mich einfach kein Rock-Konzert war. Es klang einfach wie eine über die PA angespieltes Studio-Album, zu dem sich ein paar Leute auf der Bühne mit umgehängten Instrumentren bewegten. Hatte irgendwie was von Guitar-Hero und wenig von dem, was ich unter einem Metal-, bzw. Rock-Konzert verstehe.
Den Leuten gefiel es, die Halle wirkte begeistert. Dennoch dachte ich: Hm, wenn da jetzt ein "klassisches" Rock-Metal Setting auf der Bühne wäre (schwitzende, hart arbeitende Metal-Musiker vor den typischen
Marshall-Wänden, Monitoren, Feedback, Imperfektion ...) - dann wäre bestimmt das Dach von der Halle geflogen ...
Brandmarkt mich jetzt gerne als "Analog-Esoteriker" (ich selbst sehe mich gar nicht so sondern liebe meinen THR 10 X) aber ich finde, dieses Streben nach "digitaler Perfektion" hat für mich wenig mit Musikmachen zu tun - und ich bin davon überzeugt, dass sich analog erzeugte/wiedergegebene Musik einfach eine andere Wirkung beim analogen Wesen Mensch erzielt, als die digitale Variante.
Davon losgelöst verstehe ich absolut, dass es gerade für semi-professionelle/professionelle Bands mit überschaubarem Einkommen absolut Sinn macht, solche Technik einzusetzen. Für mich hat es aber den Beigeschmack, nur die rational-materiell betrachtet bessere Lösung zu sein, nicht aber die "musikalischere".