5-Tage-Woche, 8h-Tag, € 35,-/60min, 36 Arbeitswochen im Jahr.
€ 35,- x 8h x 5 Tage x 36 Wochen = € 50400,- /Jahr
Wer weniger braucht, kann weniger arbeiten oder günstigere Preise anbieten. Wer in der Künstlersozialkasse ist, zahlt weniger Sozialversicherung.
Ein durchnittlich-gutbezahlter Auftritt ersetzt 10 Unterrichtsstunden, ein schlecht bezahlter 3.
Viele Grüße,
McCoy
So ganz verstehe ich diese Rechnung auch nicht. Wenn sich das auf einen 8-(Zeit-)Stunden Arbeitstag beziehen soll mit 5 Arbeitstagen je Woche (=40-Stunden-Woche) und 36 gearbeiteten Wochen im Jahr, erschließt sei sich mir nicht.
Wenn ich mal davon ausgehe, daß in den 8 Zeitstunden bei z.B. 30 gegebenen Unterrichtsstunden je Woche* jeweils 6 Unterrichtsstunden (= 4,5 Zeitstunden) je Arbeitstag gegeben werden, so rekrutiert sich das Einkommen tatsächlich nur aus dieser Unterrichtszeit. Die restlichen 3,5 Zeitstunden je Arbeitstag, die mit Üben, Vor- und Nachbereitung, organisatorischen Tätigkeiten, etc. verbracht werden, generieren aus sich heraus kein Einkommen, sondern müssen allenfalls für die Kalkulation des Einkommens insofern mit einbezogen werden, als sich daraus schließlich der tatsächliche Stundenlohn rechnerisch ergibt.
Um brutto 50.000,- € Einnahmen im Jahr zu erzielen, müsste jede gegebene Unterrichtsstunde auf dieser Grundlage mit 42,73 € bezahlt sein (wobei ich mit realistischeren 39 Arbeitswochen im Jahr rechne: 50.000,- € /1.170 UStd. = 42,73 €).
Bei 39 Unterrichtsstunden im Jahr hätte also jeder Kunde für 45 Min. Unterricht je Woche im Jahr 1666,66 € zu zahlen, auf 12 Monate aufgeteilt also 138,88 € je Monat.
Meiner Erfahrung nach ist dieses Honorar als Standard auf dem Markt nicht durchzusetzen, die im Thread schon erwähnten 105,- dürften schon relativ weit an der durchschnittlichen Obergrenze liegen. Auf der Basis von 105,- € errechnet sich ein brutto-Einkommen von 37.800,- € jährlich (105,- € x 30 Ustd. x 12 Monate). Rechnet man diesen Betrag auf den oben als rechnerische Grundlage gegeben 8-Stunden Arbeitstag um, kommt ein (Zeit-)Stundenlohn von 24,23 € dabei heraus.
Natürlich müsste man diese Rechnung noch viel weiter ausdifferenzieren: eine 30-Min.-UStd. ist relativ teurer als eine 45- oder 60-Min. Stunde, Gruppenstunden bringen mehr ein als Einzelstunden, etc.
Dagegen steht aber, daß man erst einmal als freischaffender diese 30 UStd. je Woche auch vollständig und dauerhaft ausgelastet bekommen muss. Ein 13. Monatsgehalt und/oder Urlaubsgeld existieren nicht und Krankheitszeiten sind oft unbezahlt. Außerdem geht diese Rechnung zusätzlich davon aus, daß die Stunden im eigenen Unterrichtsraum gegeben werden und Fahrzeiten nicht berücksichtigt werden müssen. (Die schon erwähnte Berechnung von Fahrtkosten ist also mehr als berechtigt, da die Fahrzeit ja Unterrichtszeit blockiert.)
Es kann also jeder leicht ausrechnen, wo der effektive Stundenlohn landet, wenn man seine Arbeitswoche mal so durchrechnet.
Als Profi, der nicht nur ein aufwändiges Studium zu absolvieren hatte, sondern in der Regel schon sehr viele Jahre davor erhebliche Zeit investiert hat - und natürlich in seinem Beruf nach wie vor reichlich Zeit zum Erhalt der erlernten Fähigkeiten braucht - und sich überhaupt ständig weiter bildet ("lebenslanges Lernen") halte ich den Anspruch, ein angemessenes und ordentliches Gehalt zu erzielen nicht für überzogen. Beamten- oder Öffentlicher-Dienst-Mentalität kann ich da nicht erkennen (obwohl ich diese bei fest angestellten Kollegen hinsichtlich ihrer Arbeitshaltung durchaus schon erlebt habe).
Wenn ich hier lese, was ein Arbeiter bei VW nach Hause trägt kann ich nur sagen, daß nach meiner Kenntnis so gut wie kein Freischaffender oder angestellter Musikschullehrer da dran kommt, bei weitem nicht!
Pikant finde ich zudem, daß gerade der Kreis, der schon gut verdient (z.B. als Solotrompeter in einem größeren Orchester) oft "happige" Honorare verlangt, die nicht minder qualifizierte Pädagogen-Kollegen, die auf das Gehalt bitter angewiesen sind, niemals bekommen würden. Wobei - so ist nun mal die Welt, wer als "renommiert" angesehen wird, der hat bald ausgesorgt.
So richtig wütend machen mich aber Geschichten, wie ich gerade heute ein erfahren habe. Gehört habe ich von einer Kollegin (die ich aber nicht persönlich kenne, soweit ich erfahren habe, hat sie wohl eine feste Stelle), die aus eigener Begeisterung über sehr begabte Schüler diesen
regelmäßig (!) kostenlos zusätzliche Stunden gibt. Nicht, weil ein angrenzender Schüler zufällig mal fehlt und vielleicht Leerlauf ist, sondern tatsächlich zusätzliche Stunden, die sie Samstags gibt. Begeisterung finde ich grundsätzlich toll und überhaupt als ein wesentlicher Quell für die eigene Motivation in unserem Beruf, aber hier schlägt sie für mich in grenzenlose, weltfremde Naivität um, die den ohnehin schon schlecht bezahlten Freiberuflern massiv in den Rücken fällt.
Gruß, Jürgen
*) 30 Unterrichtsstunden à 45 Min. sind laut aktuellem TVöD (früher BAT) die tarifliche Wochen-Unterrichtsstunden bei einer Vollzeitstelle, die sich mit den Zusammenhangstätigkeiten (mit in der Realität vielen "Grauzonen") auf eine 38,5-Stunden-Woche addieren. Tatsächlich liegt wegen des sog. "Ferienüberhangs" die tatsächlich geleistete Unterrichtszeit oft bei bis zu 33 Unterrichtsstunden.