Henk schrieb:
...Und wie bei jeder anderen Musik halte ich es auch für erlaubt, (in Anlehnung an eine Harald-Schmidt-Sendung) nur an die richtig guten Stellen ranzuspulen und danach was anderes zu hören.
Das ist eine Klassik-Hörern recht bekannte Vorgehensweise: Opern-Querschnitte z.B. waren lange Zeit sehr beliebt. Und das nicht nur aus Kostengründen (eine Platte ist halt billiger als 3 oder 4), sondern weil man alle Highlights schon zusammengestellt hat. Erlaubt ist erstmal alles, was man sich nicht selbst verbietet
Aber (mein ganz persönliches aber, bitte nicht "belehrend" verstehen) eine klassische Symphonie, Konzert, Oper, etc. wird mir erst dann *alles* an Emotion und Erfahrung bringen, wenn ich es komplett und in Ruhe anhöre: vieles baut aufeinander auf, Themen werden manchmal kaum bemerkbar eingeführt oder wieder variiert, der gesamte Spannungsbogen eines Stückes ist auch ein wichtiger Teil der musikalischen Aussage, usw. Diese Dinge erschließen sich nicht sofort, sondern brauchen Zeit, um das Ohr daran zu gewöhnen. Aber nochmal: es gibt keine Regeln, wie man sich klassischer Musik zu nähern hat, sondern immer nur Hinweise, was vielleicht auch noch eine lohnende Herangehensweise sein könnte (bis hin zum Mitlesen der Partitur, z.B.)
Henk schrieb:
...Als ich dann bei einem Konzert nicht der einzige ohne Anzug war, war für mich klar, dass es auch "einfach nur" Musik ist. Vielleicht kann man mit solch offenen Konzepten das Generationenproblem überwinden, wenn es denn überhaupt gewünscht ist.
Anzüge haben eigentlich gar nichts mit Musik zu tun. Lustigerweise sieht man aber bei ganz verschiedenen Arten von Musik immer wieder ganz typische Anzüge. Das Publikum bei Punk- oder Hardrock-Konzerten z.B. trägt meist sehr markante Anzüge, analog vielleicht bei Folk, Country&Western, etc. Als Experiment: geh mal im Smoking & Fliege auf ein Heavy-Metal-Konzert
Der "Anzug" birgt aber viele merkwürdige Assoziationen wie "ältere Generation", "Geld", "spiessig", "Büro", "Eltern", usw. Aber eigentlich ist's nur ein bisserl Stoff... Will sagen: für mich ist es völlig in Ordnung, im Anzug ins Konzert zu gehen (vielleicht, weil ich es für wertschätzend halte, eine ähnliche Kluft wie die Musiker zu tragen?), aber wer keinen hat, sollte sich deswegen bloß nicht vom Konzertbesuch abhalten lassen!
Ciao,
Andreas