Wie ich in einem anderen Thread schon schrieb, habe ich auch den einen oder anderen Umweg gemacht
Das ist wohl gar nicht so selten. Bei mir wurde zwar nie in Frage gestellt, dass ich ein 100%iger Sopran bin (leider! hätte klanglich viel lieber den dunklen Samt eines Mezzos), wurde aber zuerst als grosse und eher schwere Stimme gehandelt. Auch meine erste GL schätzte mich als eher schwer ein, was dazu führte, dass ich komplette falsche Stücke sang (falsches Fach und zudem auch noch viel zu schwierig, da ich selber auslesen durfte und dabei mit einem Riesentalent ein unpassendes Stück nach dem anderen wählte
).
Das alles führte dazu, dass ich, nach ersten Fortschritten, irgendwann völlig zu verkrampfen begann und am Ende schon nach 20min "einsingen" eine belegte Stimme hatte. Meine frühere GL, ein stimmliches Naturtalent wie es das vermutlich selten gibt und eine fantastische Sängerin, ist zudem selber sehr schwer (dabei aber vollkommen lyrisch-weich) und hatte es nicht so wirklich mit schnellen Läufen (sie kann es zwar, macht es aber halt nicht so gerne). Also habe ich damals fast ausschliesslich Legato-Stücke gesungen, ohne aber das Legato auch nur in Ansätzen zu beherrschen
. Erst nach dem Wechsel zu meiner heutigen GL stellte sich heraus, dass ich mit Koloraturen gut zurecht komme, auch wenn ich bei den ersten Koloraturübungen durchgeholpert und gestolpert bin, dass es zum lachen (oder weinen) war
, kannte so was bis anhin ja nicht! Aber alle Verkrampfungen haben sich mit dem neuen Repertoire auf fast wundersame Weise in ganz kurzer Zeit gelöst und die Stimme wurde immer freier. Und es zeigte sich bald, obwohl mir das damals gar nicht schmeckte, dass ich tatsächlich ein Koloratursopran bin. Mittlerweile habe ich mich damit abgefunden, gibt ja auch hier viel schönes zu singen, v.a. eben aus dem dramatischen Koloraturfach, dessen Rollencharaktere mir viel besser liegen als die sanften lyrischen Koloraturstücke.
Und mittlerweile klappt es zum Glück auch mit dem Legato besser
, so dass ich auch mal in anderen Bereichen wildern kann, ohne mich vor Scham hinter dem Ofen verkriechen zu müssen
Die grosse Puccini-Sängerin werde ich aber natürlich trotzdem nie!
Für eine Profikarriere braucht man ja nunmal mehr als nur gutes Stimmmaterial. Mittlerweile bin ich doch zufrieden mit der Nische, die ich mir gesucht habe - ich kann singen was ich will und wann ich will, das hat auch was für sich.
Geht mir genauso. Der Beruf des Sängers ist sicher einer der schönsten überhaupt, kann aber in vielen Bereichen auch extrem belastend sein! Und ja, braucht so viel mehr als nur eine hübsche Stimme!
Ich singe z. B. 2. Sopran in einem Opern-Comedy-Quartett, das macht immens viel Spaß.
Toll! So was tut sicher auch der Stimme gut, gerade auch, da es vermutlich nicht immer nach den strengen Regeln der "seriösen Klassik" gehen muss(?) Und ist wohl auch sehr kreativ?
Sie hat lange selbst viele Jahre Bühnenerfahrung und selbst das große Sopranfach (Wagner, Strauss) gesungen ,was mir sehr zugute kommt, da sie (auch) mit großen Stimmen wirklich umzugehen weiß. Ich bin doch sehr froh sie gefunden zu haben.
Ja, der/die wirklich 100% passende GL: Man kann es gar nicht genug schätzen, wenn man den/die dann tatsächlich gefunden hat. Ich habe dieses Glück mit meiner heutigen GL jetzt auch und mir tun alle sehr leid, die den für sie perfekten GL noch nicht gefunden haben. Meine GL hat übrigens auch eine sehr sehr schöne Karriere auf der Opernbühne hinter sich, allerdings eine andere Stimme (grosse, lyrisches bis jugendlich-dramatisches Fach) als ich. Aber das macht nichts, sie ist eine so wahnsinnig gute Pädagogin und hat eine immense Lehr-Erfahrung, so dass sie mit allen Stimmen umgehen kann.