Kann mir jemand eine fundierte Antwort geben warum man mit einem Sinusgenerator und genügend Lautstärke nicht das Selbe schaffen kann?
Ich bin leider kein Fachman auf diesem Gebiet und kann deshalb nur ein wenig spekulieren.
1. Grundlagen
Fakt ist, daß eine eingespielte Gitarre anders (besser) klingt, als eine solche, die nicht gespielt wird.
Durch das Spielen wird der Korpus (inkl. Hals und Hardware) in Schwingungen verschiedenster Art versetzt, welche anscheinend eine bestimmte Ausrichtung des Materials zur Folge hat. Dazu ein Gedankenexperiment:
Auf einer Glasplatte befindet sich eine dünne Schicht feiner Sand. Unter der Platte ist ein Lautsprecher angeordnet, der die Platte beschallt. Schon nach kurzer Zeit nehmen die einzelnen Sandkörner eine bestimmte Ordnung ein, welche von der Art der Schwingungen abhängig ist. Hier ein paar mögliche Bilder:
Durch die Anregung erfolgt also eine Neuordnung der Materie. Etwas vergleichbares geschieht auch mit dem Korpus eines Musikinstrumentes, wenn es gespielt wird.
2. Das Problem
Aufgrund seiner Konstruktion entwickelt jeder Körper bestimmte Resonanzen und Antiresonanzen, die für seinen charakteristischen Klang verantwortlich sind. Da das Material eines Korpus kein Gebilde mit homogener Massenverteilung darstellt, gibt es im Material lokale Unterschiede bezüglich der Schwingeigenschaften, was sich in weiteren Resonanzen äußert. Diese können im Hinblick auf den charakteristischen Klang kontraproduktiv sein (das Schwingungsbild wird quasi gestört). Das ist der Fall, wenn bestimmte gewünschte Frequenzen entweder
- unverhältnismäßig betont werden (Resonanz) oder
- gedämpft bis ausgelöscht werden (Antiresonanz)
Diese Betrachtung gilt jetzt allerdings nur für ein akustisches Instrument. Eine Elektrogitarre verhält sich da in gewisser Weise gegensätzlich. Hier gilt:
- Korpusresonanzen dämpfen die Saitenschwingung und damit das Signal des Tonabnehmers und
- Korpusantiresonanzen verstärken die Saitenschwingung
Wenn es gelingt, diese unerwünschten Resonanzen gezielt zu entfernen, wird sich das gesamte Übertragungsverhalten des Instrumentes verändern, was ggf. als Klangverbesserung empfunden werden kann. Auch die sogenannte "Ansprache" und das "Sustain" wird davon mit großer Wahrscheinlichkeit betroffen sein.
3. Die Lösung
Der optimale Weg einer Klangoptimierung nach der Methode der Vibrationsentdämpfung müßte wie folgt aussehen.
1. Klanganalyse des Instrumentes
Hier muß zunächst festgestellt werden, wo materialspezifische Schwachstellen sind und ob es sich um eine Resonanz oder eine Antiresonanz handelt.
2. Entdämpfung
Jetzt werden die verifizierten Schwachstellen durch das Aufprägen einer mechanischen Swingung gezielt entdämpft. Hier kommt eine Elektromotor mit Unwucht zum Einsatz, der mit eine konstanten Drehzahl läuft
Nach der Patentschrift von Prof. von Reumont ist die Stromaufnahme ein Maß für die Dämpfung. Da sich diese laufend verändert, muß die Drehzahl kontrolliert und ggf. nachgestellt werden. Ändert sich die Stromaufnahme nicht mehr, so scheint der Vorgang abgeschlossen.
Das Verfahren muß vermutlich mehrfach an verschiedenen Stellen des Instrumentes und mit unterschiedlichen Frequenzen durchgeführt werden.
Fazit
Wenn man sich meine Überlegungen einmal durch den Kopf gehen läßt, wird klar, daß eine einfache Beschallung durch einen Lautsprecher nicht ausreichend sein wird. Das Ergebnis dürfte dem eines normalen Einspielens entsprechen. Eine gezielte Entdämpfung wird so mit Sicherheit nicht zu erreichen sein!
Wenn man mehr darüber wissen will, sollte man sich als erstes die beiden Patentschriften zu Gemüte führen, die schon eine Fülle von Infos bieten. Zu guter letzt bleibt auch immer noch die Möglichkeit, sich mit Emil Weiß auseinanderzusetzten.
Ulf