dragonjackson schrieb:
...
- man kann sehr wohl ein gutes instrument von der fa. günstig" erwischen (und sich drüber freuen)
...
Nun, der Begriff
gut ist interpretierbar. Ist ein Daihatsu ein
gutes Auto? Manche werden sagen: Ja! Ich tendiere eher dazu, nein zu sagen. Ein Daihatsu mag ein
gutes Preis/Leistungsverhältnis haben, wenn man zugrunde Legt, dass ein BMW weit mehr als das Doppelte kostet, aber beileibe nicht doppelt so schnell fährt.
Was ist also
gut bei einer Gitarre, was ist
gut bei einem Musikinstrument? Warum gibt es Flötisten, die 10.000€ für ein gelochtes Blechrohr löhnen, wo es
fast das gleiche aus China für 199€ gibt? Sind die blöd? Sind die markengeil?
Es gibt im Grunde 2 prinzipielle Strategien, eine Marke zu vermarkten. Ich will das mal am Beispiel Gibson und Fender erläutern - 2 der erfolgreichsten Gitarrenhersteller, man kann also mal unterstellen, dass beide Konzepte funktionieren.
Eine Gibson-Gitarre kostet viel Geld. Wer Gibson auf seiner Gitarre stehen haben will, der muss tief in die Tasche greifen. Eine Fender-Gitarre gibt es hingegen in einer viel breiteren Preispalette, was früher bis hinab zu den sogenannten "Hinducasters" getrieben wurde, Billig-Gitarren, die aus der Zuschauer-Froschperspektive kaum von einer 20x so teuren Custom-Shop Fender unterschieden werden konnten. Gibson tut das nicht! Von vorn herein wurden hier die "bezahlbaren" Modelle unter einem anderen Label (Epiphone) vermarktet. Was hat das nun für Auswirkungen? Es mag Leute geben, die sagen: "Ich kauf doch keinen Mercedes, wenn die so billige Autos bauen täten, dass jeder Trottel einen Stern auf der Kühlerhaube haben kann." Der VW Phaeton verkauft sich vermutlich aus diesem Grund nicht sooo gut an Ölscheichs wie ein Mercedes S-Klasse... Trotzdem gibt es Leute, die teure Fenders spielen - zB Eric Clapton, ich nenne mal den, weil der so viel Geld haben dürfte, dass er auf Endorser-Deals nicht anspringt.
Warum spielt Herr Clapton Fender und nicht Keiper oder Spade? Leute wie Clapton haben idR ein kleines Gitarrenmuseum zu Hause - "das ist die, mit der ich damals Spoonful recordet habe"...
Und jetzt kommen wir langsam zu der eigentlichen Frage: "Was unterscheidet eine
sehr gute Gitarre von einem
ganz guten'Mittelmaß?"
Eine sehr gute Gitarre ist auch nach 10, 20, 30 Jahren noch sehr gut, vielleicht sogar noch besser. Viele Mittelmaß-Gitarren sind nach ein paar Jahren Schrott.
Eine Fender Stratocaster kostete zB 1976 ca. 2500 DM. Das war ungeheuer viel Geld. Heute ist sie aber mal locker 2500€ wert - vielleicht noch mehr. Wer also vor 30 Jahren eine Fender Stratocaster oder eine Gibson Les Paul gekauft hat, hatte 30 Jahre lang eine Supergitarre und hat keinen Cent verloren. Wer damals eine halb so teure Aria gekauft hat, hatte zumeist schon vor 20 Jahren einen Schrotthaufen.
Woran liegt das? Wie schon weiter oben von anderen angedeutet: Es liegt am Material. Es ist eben ein Unterschied, ob man einen Baum fällt, das gesägte Holz bei Wind & Wetter 12 Jahre lang zu Tonholz trocknen lässt und dann daraus eine Gitarre baut, oder ob man den gefällten Baum einem künstlichen Schnelltrockenverfahren unterzieht...
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich halte preiswerte Gitarren definitiv für eine gute Sache, weil eben nicht jeder der anfängt, gleich eine 30-Jahre-Investition tätigen will.
Wer aber die Käufer einer 3000€ teuren Fender oder Gibson pauschal zu Trotteln erklärt, ist selbst ein Trottel, weil er schlichtweg keine Ahnung hat. Den Leuten, die eine solche Gitarre kaufen, entlocken solche Kommentare, wie sie hier zT im Thread gemacht wurden nur mitleidvolles Lächeln - also weiter nicht schlimm.
Schlimm hingegen ist die wissentliche oder auch vielleicht unwissentliche Desinformation von Einsteigern, die ja auch was lernen und verstehen wollen. Denen gegenüber so zu tun, als sei kein Unterschied zwischen einer 3000€ Fender und einer Keiper, weil vielleicht eine
Squier by Fender aus einem Einsteigerpaket nicht besser ist als eine Keiper, grenzt an Verdummung und das wollen wir so hier nicht im Forum dulden.
Ganz schlimm wird es, wenn nach der hahnebüchenen ersten Schlussfolgerung des Fender/Keiper-Vergleichs die weiterführende Logik folgt, dass die Keiper wohl auch vergleichbar teuren Angeboten (Spade, Fame, Justin, Harley Benton... überlegen sei.) weil sie ein Floyd Rose hat.
Nun ja, erwarten wir mal fairer Weise nicht, dass die Keiper, Spade, Fame, Justin, Harley Benton... 30 Jahre hält. 2-5 Jahre sollte sie aber schon halten und das genau ist der Grund für die Zurückhaltung seriöser Läden. Wir reden hierbei nicht nur von Tremolos, deren entscheidende Hochbelastungskomponenten uU nicht aus Materialien gefertigt wurden, die die Garantiezeit (geschweige denn 30 Jahre) überstehen. ALLES ist relevant! Die Wirbel, der Hals, die Fräsung der Bundstäbchen, der Korpus, die PickUps... was nützt es, wenn die PickUps einer fabrikfrischen Gitarre HiGain-Verzerrung abkönnen, aber nach einem Jahr - durch Veränderungen im Mikrometerbereich irgendwie nicht mehr so tight halten und anfangen zu pfeifen??? Wie weiter oben im Tread schon erwähnt: Der EBay-Kunde sagt "Scheiße" und kauft sich ein paar Seymour-Duncans, die teurer sind als seine gesamte Klampfe... mit dem Effekt, dass 6 Wochen später das Tremolo zickt oder ein Bundstäbchen seine Lage verändert... der Musik-Service, Thomann, Store... - Kunde, schickt und den Schrott zurück und will eine neue Gitarre oder das Geld zurück, weil wir eben nicht, wie der EBay-Dealer einfach den Accout wechseln können um uns um Verbraucherschutzrechte zu drücken.