The Dude hat mich per PM aus der Gitarristen-Ecke hergelockt. Da der E-Baß letztendlich nur eine vereinfachte E-Gitarre mit weniger Saiten ist, versuche ich mal mein Glück.
Unabhängig davon, wie viele Saiten eine Elektrogitarre hat, funktioniert die Elektrotechnik immer gleich. Welch ein Glück für mich, sonst stünde ich als Gitarrist hier wohl doch etwas auf verlorenem Posten.
Ursprünglich ging es darum, einen Jazz-Baß klanglich etwas mehr in Richtung P-Baß zu bringen. Bevor wir zu der entsprechenden Schaltung kommen, folgt als erstes ein Blick auf die sogenannte Übertragungscharakteristik (Amplitudengang) der beiden Tonabnehmer. Im weiteren Verlauf werde ich vieleicht einige Begriffe verwenden, die dem einen oder anderen fremd sind. Hier hilft dann ein Blick in Guitar-Letter II und III.
1. Die Tonabnehmer des Jazz- und Precision-Baß im Vergleich
Der Pickup des Jazz-Baß ist ein reinrassiger Single-Coil, der des Preci ist ein sogenannter geteilter Single-Coil, welcher über zwei unterschiedlich gepolte Magnetfelder verfügt und dessen Spulen gegenphasig in Reihe geschaltet sind. Dadurch ist der P-Bass-PU ein Humbucker und somit brummfrei!
Mit Hilfe der von Helmuth Lemme in seinem Buch zur Verfügung gestellten elektrischen Daten der beiden Tonabnehmer, habe ich die Amplitudengänge einmal simuliert. Hier das Ergebnis:
Die blaue Kurve ist der Amplitudengang des Jazz-Bass-PU. Er hat seine Resonanzfrequenz in etwa bei 2,7kHz mit einer Ausprägung von rund 4dB. Klanglich beschreibt Lemme das als "brilliant". Ich würde sagen: Der J kann schon ganz schön "knackig" sein!
Die grüne Kurve stellt den P-Bass-PU dar. Hier liegt die Resonanzfrequenz bei "nur" 2,1kHz mit einer Ausprägung von knapp 2dB. Der Klang ist also wesentlich "runder" und "weicher".
2. J-Bass goes P-Bass
Wenn ein J-PU als wie ein P-PU "klingen" soll, dann muß die Resonanzfrequenz von 2,7kHz auf 2,1 kHz verschoben werden. Dafür stehen zwei Möglichkeiten zur Verfügung:
- Man vergrößert die Induktivität (neuer Tonabnehmer oder Reihenschaltung der beiden J-PUs) oder
- man vergrößert die Kapazität.
Beide Möglichkeiten führen zu einer Verringerung der Resonanzfrequenz. Die zweite Variante habe ich sehr ausführlich in Guitar-Letter II beschrieben. Das dort gesagte läßt sich ohne weiteres auch auf den passiven E-Bass übertragen.
Eine größere Induktivität erreicht man, wenn die beiden Tonabnehmer des Jazz-Baß nicht parallel, sondern in Reihe geschaltet werden. Dabei verdoppelt sich die Induktivität und die Resonanzfrequenz sinkt ungefähr um den Faktor 1,4. Auf diese Weise wird also aus 2,7kHz 1,9kHz. Der entsprechende Amplitudengang ist im Bild als Kurve in Pink dargestellt. Leider ist die Ausprägung der Spitze sehr "schlapp"!
Was jetzt noch fehlt ist die Beschreibung der normalen parallelen Zusammenschaltung. In diesem Fall wird die Induktivität halbiert und die Resonanzfrequenz steigt ungefähr um 1,4 an. Also 2,7kHz -> 3,8kHz. Das wäre dann die rote Kurve.
3. Dual-Sound beim koaxialen Humbucker
The Dude hat nach eigenen Angaben zwei "DiMarzio Model-J". Es handelt sich hierbei um einen koaxialen Humbucker mit 4-Ader-Anschluß. Wie ein solcher Humbucker aufgebaut ist und funktioniert, habe ich sehr ausführlich in Guitar-Letter I dargelegt.
Normalerweise sind bei einem Humbucker immer die Spulen in gegenphasig in Reihe geschaltet. Es gibt da nur ganz wenige Ausnahmen. Natürlich kann man auch hier mit Hilfe eines Schalters von Reihen- auf Parallelschaltung wechseln. DiMarzio nennt das Dual-Sound. Dabei sinkt die Induktivität um den Faktor 4, was zu einer Verdoppelung der Resonanzfrequenz führt. Auch hier wird also ein klanglicher Unterschied zu bemerken sein. Eine grundsätzlich Änderung der Lautstärke wird man aufgrund des Prinzips der koaxialen Humbucker jedoch nicht wahrnehmen!
4. Monster-J-Bass
Da DiMarzio keine brauchbaren elektrischen Daten zu seinen Tonabnehmern liefert, kann ich diese PUs leider nicht simulieren. Deshalb jetzt gleich eine Schaltung für den J-Bass. Für die Adern des Tonabnehmers habe ich hier die Farben nach DiMarzio genommen.
Man erkennt insgesamt drei Mini-Schalter. Die zwei mit "Tri-Sound" beschrifteten sind die Dual-Sound-Schalter. Diese Funktion ergibt sich, wenn man einen Schalter vom Typ ON/ON verwendet. Benutzt man ON/ON/ON (teuer), so erhält man in der Mittelstellung den Single-Coil-Mode. Möchte man diesen auch haben, so muß man darauf achten, daß auch die obere aktive Spule des Humbuckers eingeschaltet wird. Die untere Spule dient nur der Störunterdrückung und liefert fast kein Nutzsignal.
Der dritte Schalter ist für die Reihen-Parallelschaltung der beiden Tonabnehmer zuständig. Im Reihen-Betrieb wird dem oberen Pickup die Masse entzogen und stattdessen mit dem "heißen" Anschluß des unteren Pickup verbunden. Bei dieser Schaltung ergibt es sich, daß im Reihen-Betrieb das untere Volume keine Funktion mehr hat.
Natürlich ist es auch denkbar, den Umschalter nach den beiden Volumes einzubauen. Wenn man dann jedoch ein Pickup leise dreht, wirkt das Volume als sehr starke Dämpfung für das aktive PU, welches in der Folge seine Resonanzfrequenz verliert. Gleichwohl die normale J-Bass-Schaltung aus elektrischer Sicht schon schlecht ist, kann man sie mit dieser Variante durchaus noch toppen.
5. Der "belastete" J-Bass
Wer aufmerksam Guitar-Letter II gelesen hat, entwickelt vieleicht den Wunsch nach einem Kondensator.
Wenn ich parallel zu einem Jazz-Baß-Pickup einen Kondensator mit einem Wert von 680pF schalte, so rutsch die Resonanz von 2,7kHz runter auf 2,1kHz! Die Spitze beträgt dabei satte 5dB. Wem das zuviel ist, der dreht ein wenig am Tone. 85% führen dann zu "nur" 2,5dB.
Fazit
Wer seinen Jazz-Bass ein wenig zum Preci mutieren lassen möchte, der kann die vorgestellte Schaltung so ausprobieren. Hat man nur Single-Coils, fallen die beiden Tri-Sounds einfach weg. Man schießt mit dem Ergebnis allerdings etwas über das Ziel hinaus, wie die Simulation gezeigt hat. Aber das ist nur die Theorie! Wenn es gefällt, ist alles ok!
Ich habe unlängst bei einem alten Tokai P-Bass einen Dual-Sound-Schalter eingebaut und unser Basser ist davon sehr angetan. Merke: Erlaubt ist, was gefällt!
Die Variante mit dem zusätzlichen Lastkondensator ist ebenfalls eine Überlegung wert. Unter Umständen kommt man hier leichter und präziser seinen klanglich Vorstellungen näher. Billiger und einfacher einzubauen ist der Kondensator alle Mal. Da hilf nur eines: Unbedingt Guitar-Letter II lesen und auf den Bass adaptieren!
Was man jedoch nicht vergessen darf: Die Tonabnehmerpositionen sind bei beiden Instrumenten unterschiedlich. Was ich beschrieben habe ist lediglich eine Anpassung der Übertragungscharakteristik des Tonabnehmers. Die Klangveränderung durch seine Position bleibt davon unbeeinflusst. Aus einem Jazz-Bass wird also nicht wirklich ein Preci, genauso wenig, wie man aus einer Strat eine Paula zaubern kann!
Fröhliches Löten!
Ulf