Nach langer Überlegung habe ich mich nun doch entschlossen, ab und zu mal einen Beitrag zu posten. Zum einen, da mir japanische Gitarren doch sehr am Herzen liegen und zum anderen, weil dieser Thread ja auch nicht einschlafen soll.
Vielleicht sollte ich hier etwas ausholen und ein paar Worte über meine Beweggründe verlieren. So kommt meine Leidenschaft für die japanischen Kopien vor allem daher, dass, als ich noch ein Teen war, Originale von Gibson und Fender dermassen unerschwinglich teuer waren, dass so gut wie kein Teenager, mich eingeschlossen, sich so ein Teil leisten konnte. Ja, sogar Musikgeschäfte in den benachbarten Städten hatten nur vereinzelt Originale im Angebot, und selbst wenn, wurden diese fast ausnahmslos von preisgünstigeren Modellen aus Fernost flankiert. Und letztere waren es dann auch, die nicht selten ihren Weg ins Schaufenster fanden, wohlwissend eben, dass es vor allem die erschwinglichen Kopien waren, die die Teenager mit Musikerambitionen geradezu magnetisch anzogen. Musiker, die sich die Originale leisten konnten, gab es zwar schon auch, aber die konnte man sich an einer Hand abzählen, wohingegen eine simple «Mann» SG Kopie genügte, um Horden von Jugendlichen anzuziehen, die, den Blick geifernd auf das Modell der Begierde geheftet, stundenlang vor dem Schaufenster verharrten und statt Luftschlössern veritable Rockpaläste bauten. Das Feuer der Leidenschaft wurde nicht selten dadurch geschürt, dass man ja insgeheim wusste, dass man sich, zumindest, wenn man dem Nachbarn ab und zu den Rasen mähte, dem Bürglerschorschi beim Getränkeausliefern zur Hand ging und sämtliche Verwandten und Bekannten anpumpte, so ein Teil in ein paar Monaten auch hätte leisten können, wohingegen eine Gibson noch für Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte, unerschwinglich bleiben sollte.
Am Ende sollte es dann noch gut drei weitere Jahrzehnte vergehen, bis meine Leidenschaft neu entfachte und ich aktiv zum Sammeln anfing. Planlos eigentlich, wie ich zugestehen muss. Ich kaufte, was mir gefiel. Von «Aria» «Burny» LP’s über diverse «Charvel» Superstrat Modelle, eine «Fresher» Flying V ist auch dabei, diverse «Greco» LP’s, bis hin zu «Ibanez» LP's, SG's V's und Jems und «Yamaha» Lord Player LP’s. Am Ende kamen dann sogar ein paar «Originale» dazu, wenn auch ausschliesslich «Explorer» Modelle, wie es sich für jemanden gehört, der in den 80ern noch die Hard und Heavy Zeit miterlebt und mitgelebt hat.
Diese, sagen wir mal «aktive Jäger und Sammlerzeit» ist mittlerweile vorbei, aber die Freude an meinen Gitarren ist zum Glück geblieben.
Und eine davon ist nun eben die Greco Medallion Flying V, die ich heute vorstellen möchte.
Es handelt sich um eine Kopie der legendären "Gibson" Medallion Flying V, die in den frühen 70er Jahren von Greco hergestellt worden ist. Diese Teile, wie es die Modellbezeichnung «FV 900» schon ausdrückt, waren damals die höherpreisige Modelle der Fahnenstange, was sich auch am Materialaufwand bemerkbar macht. So hat die Medallion Flying V ein Ebenholz Griffbrett und ist ganze 44mm dick, wohingegen eine 81er MSV 850 38mm und eine 84er MSV600 dann noch gerademal 35 mm dick sind. Ich habe ein Foto angehängt, welches den Unterschied in der Dicke veranschaulicht.
Mein Modell kam ohne Truss-Rod Cover, die Identifikation war aber schon aufgrund der Plakette einfach. Da sich Original Trussrod Abdeckungen von Greco so gut wie nicht finden lassen, habe ich ein Gibson Trussrod Cover montiert, welches wie die Faust aufs Auge passte. Das kommt natürlich weg, wenn das Teil verkauft werden sollte. Seltsam ist, dass es sich, gemäss dem Pickup-Code, um ein Modell von 1977 handelt, wohingegen die meisten Medallion V’s bis Mitte der 70er Jahre hergestellt worden sind. Dies könnte auch der Grund sein, wieso mein Modell nicht nummeriert ist, wohingegen die frühen Modelle mit einer eingravierten Nummer auf der Plakette durchnummeriert waren. Bis jetzt sind mir nur dreistellige Nummern bekannt, meist im Nummernbereich zwischen 200 und 400.
Die Gitarre wurde vom Vorbesitzer mit den Gibson «korrekten» Mechaniken im Kluson-Stil ausgestattet, die die originalen "Star"-Tuner ersetzten und dann noch mit einem Miniswitch versehen. Die Funktion desselben hat sich mir bis heute nicht erschlossen. Wie das Ding auch eingestellt ist, der Ohm Wert verändert sich nicht und ich konnte bislang auch beim besten Willen keinen Unterschied im Klang heraushören. Das ist jetzt nicht unbedingt ein Wunder, weil mir, wie ich zu meiner Schande eingestehen muss, ein Musikergehör völlig abgeht. Für mich klingt eine Gitarre gut, oder eben nicht, sie fühlt sich gut an, respektive spielt sich gut oder eben nicht, und das ist es dann auch schon. Mit Auswüchsen wie «Der Klang ist knackig, mit direktem Ansprechen, ansprechendem Sustain, voluminös im mittleren Obertonbereich und leichter Mittenbetonung, die aber erst bei höheren Laustärken zum Überfrequentieren neigt» kann ich leider nicht dienen.
Leider hat der Vorbesitzer auch ein Bigsby Tremolo montiert, dessen Montagelöcher, obwohl geschlossen, recht gut sichtbar sind. Dazu kam ein Streifen Gummi an der Korpusunterseite, wie er bei gewissen Gibson Modellen üblich war, also der Gummistreifen, der beim Spielen im Sitzen das Abrutschen auf dem Oberschenkel verhindern soll. Dieser wohl aus einer Fussmatte oder ähnlichem Material zurechtgeschnipselte Streifen wurde mit Epoxy befestigt und hat beim Ablösen sichtliche Spuren im Finish hinterlassen. Aber diesen Anblick will ich euch lieber ersparen.
So, das war es auch schon.
Freundliche Grüsse an sämtliche «Made in Japan» Mitliebhaber.
Shortystrummer