Mod-Paul
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Sehr richtig Und das wird einem leider zum einen nicht beigebracht und zum anderen gibt´s keine Patentrezepte, da alle Kinder auch noch unterschiedlich sindKinder für Musik und für ein Instrument zu begeistern ist genauso eine Kunst wie die Erziehungskunst selbst.
Der "Schlüssel" liegt bei jedem Kind woanders. Bei dem einen Kind reicht ein gemeinsamer Besuch bei einem Konzert, eine Sendung im Fernsehen, Opa´s Mundharmonika, `Karneval der Tiere´, ein Instrument spielender Schulfreund, usw. das kann alles mögliche sein. Als Eltern hat man die Aufgabe, wenn man möchte, dass sich sein Kind musikalisch betätigt, diese "Zeichen" zu erkennen und zu verstärken. Das hört sich leichter an, als es ist.Insgesamt seh ich's ähnlich wie's bei Euch im Wesentlichen durchklingt: anregen, einbeziehen aber nicht zwingen.
Mein eigener Werdegang hatte keinen guten Start. Mein Vater hat selbst in einer Rock´n Roll Band Gitarre gespielt und gesungen und hat, als meine Schwester und ich kamen, mit der Musik ganz aufgehört. Die schöne Gitarre - ein Bill Haley-Modell - hing nur noch an der Wand. Immer wenn ich mich mal allein wähnte, nahm ich die Gitarre und versuchte darauf zu spielen. Dabei wurde ich natürlich erwischt und es gab großen Ärger. Bis irgendwann der Zeitpunkt kam und mein Vater mir auf Bitten und Betteln 2 Akkorde zeigte und mir eine von seinen anderen Gitarren zum üben gab. Eine alte Framus mit Stahlsaiten und einer 1,5cm hohen Saitenlage. Ich fing sofort an zu üben und am nächsten Tag wollte ich noch mehr Akkorde wissen und bat meinen Vater die Gitarre zu stimmen. Da gab er mir eine Stimmpfeife, erklärte mir das System mit dem Satz: Wer spielen möchte, muss in der Lage sein, sein Instrument selbst zu stimmen und den "Rest" sollte ich mir selbst beibringen. Also hab ich mich eingehend mit der Stimmpfeife und dem Stimmen beschäftigt, hab das Radio angemacht und hab versucht "mitzuspielen". Man kann also nicht grad sagen, dass man mir den roten Teppich ausgelegt hat. Aber ich hatte Ehrgeiz und beschäftigte mich fortan fast nur noch mit der Gitarre (und das hat sich bis heute nicht viel verändert ) Meine Eltern waren anfangs überhaupt nicht davon angetan. Zum einen ließen proportional meine schulischen Leistungen nach und zum anderen bekam ich von meiner Mutter immer wieder "Davon wirst Du Dich nicht ernähren können" auf´s Butterbrot geschmiert. Das hat mich nur noch mehr angestachelt. Ich wollte es schaffen und hab´s schließlich auch geschafft. Als wirklich klar war, dass ich von der Gitarre nicht mehr abzubringen war, schwenkten meine Eltern um. Besuchten Konzerte, halfen mir durch finanzielle Engpässe, ermutigten mich usw. Oft haben sie mir später gesagt, dass sie es bereuen mich nicht sofort gefördert zu haben. Aber ich kann inzwischen gut verstehen, warum sie damals so reagiert haben und bin ihnen absolut nicht böse deswegen.
Nichtsdestotrotz wollte ich natürlich diese Fehler nicht bei meinen eigenen Kindern (2 Söhne, eine Tochter) machen und bin folgendermaßen vorgegangen. Neben dem Vorlesen div. Bücher gab es auch z.B. Gutenachtlieder zur Gitarre. Da war alles mögliche bei. Von `Guten Abend, gute Nacht´, `La Le Lu´, bis `All together now´(Beatles), dem Schalker Vereinslied oder Stücke von Clash, Queen etc war alles dabei. Zudem hörten wir zusammen bewusst Musik. D.h. wir machten es uns auf dem Sofa gemütlich hörten `Peter und der Wolf´, Frank Zappa, Beethoven, Ramones oder was halt grad auf dem Plattenteller lag. Nach relativ kurzer Zeit kristalisierten sich bei den Kindern Lieblingslieder raus. Mein damals 2-3jähriger Sohn wollte z.B. eine Kassette mit seinen Frank Zappa-Favoriten. Meine Tochter stand in dem Alter mehr auf Madness und Prokofiev und mein erstgeborener auf Beatles und Queen. Wichtig dabei war, dass jeder lernte den jeweiligen Musikgeschmack des anderen zu akzeptieren. Die große gemeinsame Schnittmenge wurde zwar mit der Zeit immer kleiner, aber die Toleranz anderen gegenüber ist geblieben
Wenn ich selbst üben musste, habe ich versucht meine Kinder mit einzubeziehen. D.h. ich habe sie z.B. auf den Schoß genommen, wenn ich Gitarre oder Klavier gespielt habe. Natürlich haben sie dann versucht "mitzuspielen". Und natürlich klang das jetzt nicht gerade toll. Aber ich habe sie dazu ermutigt weiter "mitzuspielen", was sie dann auch gerne getan haben. Manchmal hab ich ihnen eine E-Gitarre zum "schrummen" gegeben und wir haben dann zusammen "musiziert" und gesungen. Jedes mal, wenn sie selbst ein Instrument in die Hand nahmen, erklärte ich ihnen wie wertvoll so ein Instrument ist und dass man dementsprechend damit umzugehen hat. Nie hat eines der Kinder eins von meinen oder ihre eigenen Instrumente beschädigt. Das war allerdings ein schmaler Grad, auf dem man da ging. Da muss man schon sehr genau hinschauen, wann man welchem Kind vertrauen kann, dass auch wirklich nichts passiert. Aber ich glaube, dass gerade dieses Vertrauen schenken meinerseits ein wichtiger Faktor in der musikalischen Entwicklung meiner Kinder darstellt. Das was die Kinder auf den Instrumenten "spielten" hatte kein System. Das war immer mehr ein Ausprobieren, wo aber deutliche Unterschiede zu beobachten waren. Während z.B. meine Tochter mit einer unendlichen Hingabe versuchte alle Tasten auf dem Klavier gleichzeitig runterzudrücken, saß mein Kleinster oft vor einer Oktave und kombinierte alle möglichen Töne miteinander. Beides klang mitunter natürlich nicht schön, aber ich habe sie trotzdem ermutigt weiterzumachen. Ganz toll fanden es die Kinder das Pedalboard von der E-Gitarre zu "bedienen". Das Delay fand mein Kleinster am interessantesten Bei all diesen Sachen war es wichtig immer den Kindern zu erklären, warum was gerade so klingt, wie es klingt und es die Kinder selbst ausprobieren zu lassen.
Irgendwann gab es im Rahmen einer Instrumentenvorstellung in der ersten Klasse eine kuriose "Entwicklungsänderung". Mein ältester wollte Trompete lernen und meine Tochter Geige. Ausgerechnet die beiden Instrumente, mit denen ich absolut nichts anfangen kann und die ich bis dahin auch (aus div. Gründen) nicht sonderlich mochte. Trotzdem willigte ich ein, organsierte Instrumente und Unterricht. Jahre später erzählten mir beide unabhängig voneinander, dass sie sich deswegen gegen Klavier und Gitarre entschieden hatten, weil diese Instrumente von mir besetzt gewesen wären und sie nicht in Konkurrenz zu mir treten wollten. Hab also auch nicht alles richtig gemacht
Nun sah ich mich einem neuen Problem gegenüber. Zum einen die Methoden der jeweilgen Lehrer zu akzeptieren (sehr, sehr schwer!!!!) und zum anderen den Kindern zu vermitteln, dass das Lernen eines Instrumentes auch bedeutet, dass man dafür was tun muss. Das war wieder etwas leichter, weil ich es ihnen täglich vorlebe. Sie wussten also was Üben bedeutet und ich konnte Tipps geben, wie man trotzdem Spaß am Üben haben kann. Dabei überließ ich es aber den Kindern selbst ihr Tempo zu bestimmen. Während meine Tochter z.B. in einem Affenzahn durch die Notenhefte raste, ließ es mein großer Sohn etwas gemächlicher angehen. Ich habe beide nie zum Üben anhalten müssen, wobei ich es tunlichst vermied meine Tochter zu kritisieren. Irgendwann kommen die üblichen Sachen. Stellen, die gut klappen spielen die Kinder sehr schnell, die schweren Stellen zaghaft oder gar nicht. Als ich mal das Timing, oder einen falsch intonierten Ton bemängelte, hing der Haussegen aber total schief Also hielt ich mich fast völlig raus, außer die Kinder kamen und haben gefragt oder wollten Tipps. Nach kurzer Zeit spielten die Kinder auch Sachen nach Gehör, so dass es immer mehr Gelegenheiten gab zusammen zu spielen. (Was wir bis heute immer noch gerne und oft machen)
Der älteste Sohn (jetzt 19) hat nach 6 Jahren Trompete dann doch angefangen Gitarre zu spielen. Er spielt heute in div. Bands, tourt durch die angrenzenden Länder und arbeitet in einem Musikgeschäft. Meine Tochter (jetzt 18) hat zur Geige noch Klavier angefangen, spielt mit dem Jugendsinfonieorchester im Sommer ein paar Konzerte in Italien. Mein Kleinster ist inzwischen 13, spielt Klarinette (kein Mensch weiß, wie er darauf kam), spielt auch in einem Orchester und ist der einzige, den ich daran erinnern muss zu üben
Als einer der wenigen gemeinsamen musikalischen Nenner haben wir Madness, wo wir alle auf dem letzten Konzert waren. Zum alljählrichen gemeinsamen Musizieren an Weihnachten ist immer mindestens `One Step beyond´ dabei. Wir besuchen alle gegenseitig (soweit es möglich ist) unsere Konzerte und können uns an der jeweils anderen Musik erfreuen. Und vor gar nicht langer Zeit sagte meine Tochter zu mir: Papa, weißt Du, der Grund weshalb wir alle soviel Spaß an der Musik haben ist der, dass Du uns nie zu etwas gezwungen hast