Die Eingangsfrage war, ob DJs den Musikern bei Live-Auftritten zunehmend den Rang abgelaufen haben.
Ich denke, das haben wir relativ einheitlich mit „ja“ beantwortet (vielleicht mit Ausnahme von Cover-Bands...).
Und so, liebe Gemeinde, so frage ich Euch:
Wir haben mit schönen und fundierten Beiträgen die Situation exakt analysiert, umrissen und eintaxiert.Wie bekommen wir nun dahingehend die Kuh vom Eis, wie man diesen bestehenden Zustand ändern kann?Also wie bekommen wir es hin, in jeder Hinsicht wieder "attraktiv" zu werden?
Ich möchte nicht wiederholen, was ich schon geschrieben hatte, aber ich ergänze noch ein paar Sachen.
Ich persönlich sehe es auch so wie viele hier, dass man mit Fleiß, Können, Selbstmanagement etc. etc. noch Chancen hat, Auftritte zu bekommen oder „erfolgreich“ zu werden. Die Tipps hier im Thread sind alle toll und sinnvoll!
Allerdings – und das war ja auch die Frage - ist es deutlich schwerer geworden. Das heißt:
Weniger Leute erhalten die Möglichkeit, sich durch
mehr Arbeit einer
kleiner gewordenen Chance auf Erfolg anzunähern :-D
In der Musik ist es also auch so, wie in der heutigen Arbeitswelt oder sonstwo ;-)
Der allgemeine Musikgeschmack hängt von der Welt ab, in der wir leben – er ist „systemisch. Einst stand Musik zB für Aufbruch, für Rebellion, für Widerstand, für Natürlichkeit, etc. Den Großteil (nicht alles!) der populären Musik empfinde ich persönlich als 'seelenlos' – ohne Aussage, abgestumpft, ohne Authentizität, Kreativität oder Anspruch. Die aktuelle Musik steht also eher für Oberflächlichkeit, Künstlichkeit und Schnelllebigkeit - und passt zu unserer Zeit (natürlich etwas generalisiert ausgedrückt :-D ).
Wie ist es bei Filmen (laufen Indie-Filme in großen Kinokomplexen)? Beim Fernsehen (Primetime-Sendungen, Werbung))? In der Politik (Lybbyismus)? In der Bildung (Finanzierung, Ausrichtung)? Im Sport (siehe Fußball, Clubs als Investement, etc). Es geht um Geld! Wieso sollte der Musikbereich eine Ausnahme sein!? :-D
Dadurch, dass sich gewisse musikalische „Machtzentren“ gebildet haben (ich verweise noch einmal auf das Bild von Gitarre/Bass, das ich hochgeladen hatte – ich finde es einfach aussagekräftig)
kriegen die Leute ohne eigene Initiative keine Vielfalt zu hören, entwickeln kein Gespür für Musik, keine Musik-Intelligenz, etc. (möchte mich nicht wiederholen).
Wie kann sich das ändern?
Von oben:
Ich habs schon mal angedeutet – wenn es so käme, dass man mit „guter“ Musik mehr Geld generieren könnte, dann würden die Plattenkonzerne auch wieder ‚umschwappen‘. Vor ein paar Jahren kam so eine Art kleiner Folk-Euphorie auf – von Mumford & Sons mitausgelöst - daraufhin wurden mehr Folkbands gesigned, angespriesen und vermarktet.
Für mich ist es von den Konzernen mittelfristig steuerbar, welche Musik erfolgreich wird. Aber das kann auch durch „Großereignisse“ (gesellschaftliche Umwälzungen, Fußball-WM, Konflikte – Vieles ist denkbar) mitbestimmt werden. Welche Musik populär ist, ist
im Grundprinzip ja
eine Wechselwirkung zwischen Musikhörern und Plattenfirmen (Nachfrage-Angebot). Aber momentan sieht es so aus, dass es eine
einseitige Beziehung ist, und dass die Mehrheit der Musikhörer alles annehmen, was sie vorgesetzt bekommen. Also: Auf die Industrie kann man sich nicht verlassen, aber es ist möglich, dass irgendwann wieder hochwertige handgemachte Musik das Maß aller Dinge ist ;-)
Zum Beleg für die Einseitigkeit nehme ich gerne folgendes Beispiel: Der Erfolg von Castingshow-„„Künstlern““ wird damit erklärt, dass der Zuschauer
mitfiebert und eine Beziehung aufbaut – so dass sie die
Musik kaufen, obwohl die Musik minderwertig ist.
Aber: Die Castingstars aus den USA und Großbritannien sind auch bei uns erfolgreich – die gleiche schwache Musik
OHNE Bindung – aber
trotzdem wird sie gekauft. Denn sie werden
gut beworben – sie werden in deutschen Shows platziert und dürfen singen, sie laufen im Musikfernsehen, sie laufen im Radio – in Werbespots heißt es: „Der neue Superstar aus den USA etc.“.
Die Leute werden „überzeugt“ und kriegen kaum Alternativen zu hören.
(Übrigens: Am Sonntag lief auf Vox um 20:15 eine 3-stündige Doku mit dem Titel „DJs – die neuen Rockstars“. Ich wollte es mir nicht ansehen – sondern bloß erwähnen. Hat es jemand gesehen?)
Von unten:
Ich kann mich den Tipps hier nur anschließen! Zum Beispiel:
Hier mal eine kurze Zusammenfassung der Punkte, denen ich mich entsinne:
- selber organisieren statt auf Organisatoren zu bauen (Location mieten, Werbung machen, etc.),
- ein professionelleres Gesamtpaket anbieten (also nicht nur die Musik üben, sondern auch die Show verbessern),
- und vernetzen!
- Einen Chef, der respektiert wird und organisieren kann
- Ein professionelles Booking, das man selber auch sehr gut machen kann, wenn man Zeit hat
- loyale Mitarbeiter, die Geduld haben und an ein Ziel glauben
- Mitarbeiter, die sich Mühe geben und auch neue Ideen gut umsetzen
- Mitarbeiter, die nicht noch in drei anderen Firmen arbeiten...
- ein Produkt, dass der Nachfrage gerecht wird
mir hat mal jmd gesagt, erfolg haben die, die ihn am meisten wollen.
Geht raus und präsentiert eine gute Show, dann wird es eventuell etwas. Was zählt, ist ein gutes Gesamtpaket, ein gutes "Produkt", alles andere ist eine Totgeburt. Das gilt übrigens für Musiker aller Genres gleichermaßen.
> Ich glaube, dass man
im Kleinen viele Leute davon überzeugen kann, dass echte, handgemachte, hochwertige Musik das ‚einzig Wahre‘ ist. Stelle man sich bloß einen 12-jährigen vor, der aus Langeweile oder Neugier das Handy zur Seite legt und ein Konzert besucht – und
eine Energie spürt, die ihm völlig unbekannt war!
Das wird sich nämlich niemals ändern – dass echte und ernst gemeinte Musik eine Kraft und Energie erzeugen kann, die nirgends sonst zu finden ist!!
Aber das Zitat bringts auch auf den Punkt :-D
- der Durchschnittsmensch nimmt Musik halt nicht so wichtig wie wir Musiker.
Das ist richtig. Aber ob ich das jemals verinnerlichen werde? Ich hoffe nicht :-D