Was mich immer und immer und immer und immer wieder aufregt, ist dass es immer um eine - angebliche - Verbesserung des Klanges geht. Immer wird alles besser. Gitarren müssen eingespielt werden, dann klingen sie besser. Das Holz wird älter, dann klingt es besser. Du musst das Ding da da dran bappen, dann klingt es besser. Immer klingt es besser.
Dabei klingt es nicht immer besser. Es klingt - oft sehr subtil und an der Grenze der Hör-/Nachweisbarkeit - anders, aber nicht notwendigerweise besser.
Der Klang verändert sich. Am meisten durch den Spieler. Der Spieler stellt sich auf das Instrument ein und bevorzugt das, was "besser" klingt. Woher soll auch das arme Holz, die arme Gitarre, das arme Ding da irgendwo an/in der Gitarre wissen, was der Spieler jetzt will?
Der Klang verändert sich. Mit den Saiten und mit dem Alter der Saiten. Gerade Westerngitarre beanspruchen die Saiten bis an - und über - die Fähigkeiten des Materials. Bei einer 12-Saiter ist die g' Saite schon bei 120% bis 130% der vertretbaren Last. Das beansprucht die Saite, verändert die Struktur des Metalls (man suche nach dem E-Modul...) und damit auch auf Dauer den Klang. Man addiere Schmutz und Fingerfett, multipliziere mit Rost... und dann hat man Klangveränderungen.
Der Klang verändert sich. Im Winter ist die Luft - und damit auch das Holz de Gitarre trockener, im Sommer feuchter. Deswegen haben wir Sommer-und Winterstegeinlagen (oder massiv überdimensionierte Gitarren) und deswegen klingt die Gitarre im Winter anders. Manche sagen besser....
Der Klang verändert sich. Mit der Zeit - gemessen in Jahrzehnten - altert auch das Holz. Das führt auch zu Veränderungen im Klang.
Alte Martin HD35 zum Bleistift. Bei den ersten HD35 hat es Martin mit den "instant vintage" Sound übertrieben. Neu klangen die super. Mittlerweile haben die viel an Definition verloren und klingen eher matschig. Wobei, wenn man matschig mag, dann hat sich auch das verbessert.
Aber - und hier manifestiert sich das - es klingt nicht notwendigerweise immer besser. Es klingt anders. Wir sind allerdings auf den ursprünglichen Klang unserer Instrumente geeicht und mit Ausnahme der Verbesserung durch die Anpassung des Spielers - sind das alles sonst nur Veränderungen im Klang. Und weil das erstmal anders, ungewohnt klingt denken wir, es sei besser. Ausserdem haben wir ja viel Geld bezahlt, dann muss es ja "besser" klingen.
Wir Gitarristen - und vor allem die Stahlsaitenfraktion - sind schon ein merkwürdiges Völkchen.
Warum?
Weil wir meistens nicht "klassisch" ausgebildet sind, sondern eher "Neigungsmusiker" sind. Weil wir alle irgendwie mal mehr oder weniger ungeplant angefangen haben Griffe zu schrubben. Pianisten, Cellisten, Violonisten, Blechbläser ... alles Fraktionen, die mehr oder weniger den Weg zur Musik durch klassisches Training beschritten haben, die glauben nicht an solche "magischen" Effekte. Ich kenne keine kleine Blechkapsel mit magischem Innenleben, die aus einem Thomann Klavier einen Steinway Konzerflügel macht, wenn man das nur richtig auf den Deckel plaziert. Klassisch verbildete Musiker wissen, es gibt nur einen Weg zum besseren Klang. Hartes Training. Man kann in 20% der Zeit 80% der Klangqualität erzielen. Das ist, was wir "Amateure" (und da schliesse ich mich mit ein) machen. Die verbleibenden 20% Klangqualität kosten aber 80% der Zeit und nicht irgend ein magisches Ding oder ein magischer Trick, den der Teufel und sein Hund an irgendwelchen Strassenkreuzungen im Missisippi-Delta gegen die Seele des Spielers tauscht.
Ich sage nicht, dass diese magischen Kästchen, die magischen Tricks vom Teufel und seinem Hund nichts bringen. Sie verändern - oft, wie gesagt, subtil bis unhörbar - den Ton. Nur nicht notwendigerweise quantitativ messbar. Nur nicht notwendigerweise zum besseren.
Und - hier müssen wir jetzt auch ganz stark sein - selbst eine neue und noch teurere Gitarre verändert nicht unsere Fähigkeiten als Musiker. Auch die neue Gitarre läßt uns jetzt "besser" klingen. Was uns besser klingen läßt, ist das wir uns mit dem neuen Instrument mit neuer Begeisterung widmen, mehr üben, mehr spielen und damit auch besser werden. WIR werden besser, nicht das Instrument.
Dementsprechend kann natürlich auch so ein magisches Kästchen zum besseren Klang verhelfen. Zum objektiv besseren Klang, wohlgemerkt. Aber nicht wegen der Mechanik des Kästchens, sondern weil wir uns hinsetzen und üben, weil wir Abläufe verbessern. Allein schon der Hinweis, dass man das Ding an genau dem richtigen Fleck positionieren muss, schon 1 cm weg vom Fleck und es hilft nicht, sorgt dafür, dass wir uns hinsetzen und denselben Akkord, den selben Song, den selben Lauf x-Mal spielen. Einmal mit magischem Kasten, einmal ohne. Und dann jeweils den Kasten um Millimeter verschieben und nochmal. Und verschieben. Und nochmal. Und verschieben. Und nochmal.
Und wetten, dass wir nach 20 verschiedenen Positionen des magischen Kästchens auf einmal GENAU DIE Position des magischen Kästchens gefunden haben, bei der es jetzt aber wirklich, unwiederruflich und sogar auf der Aufnahme *viel* besser klingt.
Aber ... ist das jetzt deswegen, weil wir da die magische Dose drangebappt haben, oder ist es, weil wir ganz einfach, ganz klassisch geübt haben?
Natürlich haben wir geübt. Natürlich klingen wir sogar objektiv besser und natürlich wirkt auch so ein Ding - genau wie eine neue Gitarre - als Motivationshilfe. Natürlich klingen wir besser. Aber das hätten wir auch ohne die 89 Euro haben können, oder???