Lip Buzzing. also die intonierte Tonerzeugung ohne Mundstück ist eher eine Trompeterübung, glaube ich - wobei man für "hohe Töne" auf der Posaune (s. Beitrag 1) natürlich einen ganz ähnlich stabilen und kraftvollen Ansatz braucht.
Da glaubst Du falsch, Claus
Lippenbuzzing ist auch für uns Posaunisten eine sehr effektive Aufwärm- und Intonationsübung. Auch und gerade (für mich) im tiefen Register, denn ohne stabilen Ansatz geht selbst in der Kontra-Lage nichts. Ich mache Lip-Buzzing jedenfalls schon seit >25 Jahren. Jedes Mal, wenn ich (allein) mit dem Auto zu einem Auftritt oder zur Probe fahre, buzze ich auf meinen Lippen und komme so schon "vorgewärmt" an. Natürlich folgt dann noch ein Warm-Up auf dem Instrument (besser natürlich schon vorher daheim), aber selbst ohne wäre/bin ich dann warm genug, dass etwas brauchbares herauskommt.
Nichts desto trotz, Lip-Buzzing ist meiner Meinung nach für Anfänger grundsätzlich völlig ungeeignet. Man sollte nicht unterschätzen, wie sehr der Mundstückrand die Lippenmuskulatur selbst beim druckschwachen Ansatz Richtung Mundwinkel entlastet. Erstes Ziel für
@janole28 wäre, den Anpressdruck des Mundstücks nach und nach zu reduzieren, bis es überhaupt einmal ein druckschwacher Ansatz wird. Nimmt man bei einem Anfänger den unterstützenden Mundstückrand abrupt weg, werden die Mundwinkel völlig instabil und die Lippenmuskulatur kann den Luftdruck beim Ausatmen nicht mehr gezielt zur Mitte der Lippen leiten. Die feinfühlige Modulation der zentralen Öffnung zwischen den Lippen - Ziel des Lip-Buzzings - wird unmöglich, da es ja schon an den Rändern herauspfeift. Oder der Anfänger weiß das zu verhindern, indem er die Lippen über die komplette Breite mit aller Macht zusammenpresst - die zentrale Öffnung ist dann aber weg und der Ton klingt gepresst, das wollte verhindert werden. Ein Anfänger sollte am Anfang hauptsächlich mal auf dem Instrument spielen und Spaß haben. Fortgeschrittene Bläser können es dann auch auf dem Mundstück und als letzte Steigerung dann ohne Mundstück probieren. Ich selbst habe als fortgeschrittener Bläser meinen Ansatz auch über statische Halteübungen (Teelöffel zwischen Lippen waagerecht halten) zusätzlich gestärkt, aber so weit ist
@janole28 glaube ich noch lange nicht.
Viel wichtiger als eine schnelle Erweiterung des Tonumfangs ist für Anfänger die Tonqualität und das damit verbundene Erlernen des komplexen Systems der Tonbildung. Und dafür reichen bei der Posaune die unteren 2-3 Lagen (F bis f bzw. F bis b), also genau der Tonumfang, den
@janole28 ohnehin schon hat. Das Ziel sind große runde Töne in der Tiefe, die man nur sauber hinbekommt, wenn das Atemsystem gut funktioniert, der Rachen weit geöffnet ist (heiße Kartoffel) und die Lippen in der Mitte frei schwingen können statt zusammengepresst zu werden. Erst wenn dieses System grundsätzlich funktioniert und sich durch regelmäßiges Üben automatisiert (Nebeneffekt: die Lippenmuskulatur baut sich mit auf), sollte man meiner Meinung nach anfangen, den Tonraum behutsam Schritt für Schritt zu erweitern. Dabei unbedingt im Hinterkopf behalten, dass eine Überlastung der Lippenmuskulatur kontraproduktiv ist und sich der Ansatz dadurch faktisch verschlechtert. Wer permanent auf Teufel komm raus mit der Brechstange die höchsten Töne zu erzwingen versucht, macht sich nur seinen Ansatz kaputt, schlimmstenfalls dauerhaft. An die Grenzen gehen ist schon OK, aber nie dauerhaft und wenn dann gefolgt von Lockerungsübungen bzw. tiefen Tönen.
Das entscheidende für einen großen Tonumfang und insbesondere in den ganz hohen Lagen ist, immer möglichst entspannt und unverkrampft zu bleiben - also ganz das Gegenteil von Brechstange. Und man muss verstehen, dass die Tonhöhe nicht allein durch die Lippenspannung bestimmt wird. Es kommt ganz entscheidend auch auf die Luftführung an - die nur optimal funktionieren kann, wenn man nicht verkrampft.
Alles in allem ist die Investition in einen Posaunenlehrer sicherlich nicht verkehrt. Ein Anfänger tut sich schwer, die ganzen Feinheiten der Tonbildung zu begreifen und den Fortschritt selbst zu beurteilen. Es ist dann auch schwer zu verstehen, welche Übung zu welchem Zeitraum sinnvoll ist - ist man zu schnell, droht die Überlastung, ist man zu zaghaft droht die Stagnation...
Viele Grüße
Marco