ich muss jedoch leider klarstellen, dass ich zu allererst ein grundlegendes verständnisproblem habe. klar, könnte ich mich einfach daran versuchen, "anleitungen" habe ich auch gefunden, allerdings will mir einfach noch nicht einleuchten WARUM man nun transponieren muss...
Weil Musik eine Geschichte hat und nicht aus dem möglicherweise logischen, aber luftleeren Raum heraus entstanden ist. Instrumente und die Notenschrift haben sich über Jahrhunderte entwickelt und stehen in einer bestimmten Tradition. Jeder, der ein Musikinstrument lernt, lernt daher auch die möglicherweise unlogischen Traditionen mit. Das gilt für die Notenschrift übrigens genauso wie z.B. für die Sprache: überall, wo Zeichen und Begriffe Bedeutungen vermitteln sollen, können sie unlogisch und/oder mehrdeutig sein. Dazu verändert sich ihr Gebrauch über Jahrhunderte hinweg.
Die Notenschrift kann entweder absolute Tonhöhen darstellen - das ist die Sichtweise, die du darstellst: "ich dachte nämlich eher, dass notation dazu da ist, damit eben jedes instrument genau das spielt, was man letztlich hören will und, dass ein eingestrichenes C ein eingestrichenes C ist". Andererseits kann sie aber auch eine Griffschrift sein, sodaß bei einem notierten eingestrichenen C der Spieler den tiefsten üblichen Ton seines Instrumentes spielt - und zwar egal, welches konkrete Instrument der Spieler in der Hand hält. Das macht insbesondere dann Sinn, wenn zwischen Instrumenten gewechselt wird.
Auch wenn neue Instrumente erfunden wurden wie z.B. das
Saxophon, legte der Erfinder Wert darauf, daß die Spieler von anderen Holzblasinstrumenten wie Klarinette und Flöte mindestens teilweise auf ihre erlernten Griffe und den Ansatz sowie die bekannte Notenschrift zurückgreifen konnten. Da aber z.B. das Tenorsaxophon von der Tonhöhe her im Bassschlüssel notiert sein müsste, aber auf Klarinette/Flöte der Bassschlüssel unüblich ist, wurde es zwangsläufig transponiert notiert. Wenn man z.B. Tenorsaxophon gelernt hat, kann man nach kurzer Ansatzumgewöhnung auch alle anderen Saxophone spielen, weil eben die Beziehung zwischen notierter Tonhöhe und Griff auf allen Saxophonen gleich ist. Das ist nur mit transponierter Notation möglich.
Andere Transpositionen gibt es, weil sonst zuviele Hilfslinien oder spezielle Schlüssel nötig wären, speziell die Oktavtranspositionen. So ist es unpraktikabel, eine normale (Sopran-)Blockflöte klingend zu notieren, weil ihr tiefster Ton c2 ist. Damit wird die untere Hälfte des Notensystems nicht ausgenutzt und der übliche höchste Ton, das klingende d4, würde auf der 6.Hilslinie über dem Notensystem liegen. Gleiches gilt für Kontrabass, Glockenspiel, die Tenorstimme im Chor, Piccoloflöte u.a. Instrumente.
Ich finde es irgendwie unlogisch, dass es nicht die Aufgabe des Musikers ist, seine Griffe bzw. Spielweise an die gewollten Töne anzupassen, sondern, dass der Komponist anscheinend auf alle Instrumente umschreiben muss und dass letztlich ein C eben auf einmal ein ganz anderer Ton ist.
Schau dich mal im Gitarrenbereich dieses Boards um. Gitarristen arbeiten oft mit Tabulaturen. Das ist eine Griffschrift, die dem Spieler sagt, wie er seine Finger bewegen soll, daß der gewünschte Ton entsteht (quasi: "greife mit dem 3.Finger im 3. Bund auf der A-Seite"). Diese Griffschrift ist äußerst populär bei Gitarristen, weil sie konkrete Handlungsanweisungen darstellt. Der Spieler muss nicht soviel nachdenken, sondern er muss nur nachmachen. Wenn du einem Gitarristen absolute Tonhöhen in Form von Noten vorlegst, muss er selbst überlegen und entscheiden, welcher Finger auf welcher Saite in welchen Bund kommt. Und es gibt auf der Gitarre viele Möglichkeiten für jeden einzelnen Ton, sodaß Tonfolgen (und speziell schnelle) einen ausgeklügelten Fingersatz erfordern. Die meisten Gitarristen sind nicht so sehr daran interessiert, den besten Fingersatz auszutüfteln, sondern ein Stück zu spielen. Diese Hintergründe führen dazu, daß Gitarre i.d.R. nach Tabulaturen oder auswendig gespielt wird: Noten kommen fast nur bei Profis vor. Mit Noten alleine wäre die Gitarre nie so ein weltweit populäres Instrument für die Laienmusik geworden, wie sie es glücklicherweise ist.
Es ist also durchaus so, wie du schreibst: es ist unlogisch, daß der Spieler nicht selbst die Spieltechnik an die gewünschten Tonhöhen anpasst. Idealerweise müssten Gitarristen selbst in der Lage sein, gewünschte Tonhöhen in gitarristische Spieltechniken (also: flüssige Fingersätze bzw. Handstellungen) zu übersetzen. Das ist aber faktisch realitätsfremd.
Literatur zum Thema gibt's eher nicht. Es gibt Literatur darüber, DAß transponierte Schreibweise notwendig ist, und WELCHE Transpositionen für welches Instrument erforderlich sind. Die Begründungen dafür liegen aber im Bereich der Musikwissenschaft, speziell der Instrumentenkunde. Meist sind es keine harten Fakten, die zu Transpositionen geführt haben, sondern es ist quasi "Evolution".
Harald