Auch dieser Thread sicher nicht im Sinne des TE verlaufen sein mag, er deutlich kontra bekommen hat, und sich einige Kontroversen ergeben haben, finde ich ihn doch im ganzen in keiner Weise destruktiv, im Gegenteil. Es hat auch niemand hier einen Hehl daraus gemacht, dass unter denjenigen, die sich Musiklehrer/Instrumentallehrer nennen, nicht nur ´Weizen´, sondern auch ´Streu´ ist, auch unter den Studierten. Ebenso hat niemand dem TE bestritten, dass er mit seinen Lehrern wohl schlechte Erfahrungen gemacht hat, und dass diese Lehrer womöglich wirklich nicht die besten waren.
Es sind die vielen Punkte, die der TE einerseits seinen Lehrern zum Vorwurf macht, gegen die er aber andererseits selber mit seinem Vorhaben verstößt. Ich meine damit die Kommunikation. Sein Vorwurf an die Lehrer ist doch, dass sie ihm wichtige Impulse für das Lernen des Instruments und der Musik nicht gegeben haben, im Detail vor allem keine Anregungen zum freien Umgang, zum Improvisieren mit dem musikalischen Material gegeben haben, sondern "starr" und "belehrend" "nach Noten" vorgegangen sind. In dem folgenden, ganz am Anfang des Threads zu findenden Satz wird das deutlich:
Danach habe ich autodidaktisch weitergemacht. Über die letzten ca. 13-14 Jahre habe ich mich dadurch weg von den relativ starren, belehrenden Vorgaben (und Lernen nach Noten) im Unterricht wieder hin zu einem natürlichen Lern- und Entwicklungsprozess bei der Musik entwickelt - so dass ich selbst viel mehr gelernt und nun mehr Freude damit habe als je zuvor. Wie das zu Stande kam, darüber habe ich geschrieben und vielleicht kann das ja dem ein oder anderen Hobby-/Laien-Musiker helfen, auch wieder mehr Freude mit der eigenen Musik zu haben...
Hier wird zudem ein Gegensatz zwischen dem Lernen (von und) nach Noten und einem "natürlichen Lern- und Entwicklungsprozess" konstruiert, den ich in dieser plakativen Form sehr problematisch finde. Ich stelle mir gerade vor, wie ein Klarinettenschüler es auf eine derart "natürliche" Weise es schaffen mag, irgendwann das Klarinettenkonzert von Mozart zu spielen, wenn er es weder je gehört noch die Noten davon in die Finger bekommen hat. Sicher ist diese meine Bemerkung wieder mal sehr zugespitzt, aber wenn ich die Äußerung des TE zu Ende denke, mag ich sie durchaus so verstehen, dass der "natürliche" Lernprozess stets ein von innen heraus geschehender zu sein habe, mehr oder weniger ohne einen Input, der nur "belehrend" und damit hemmend wirkt.
Mir ist schon klar, dass das Nachspielen des Mozert-Klarinettenkonzertes alleine nach Gehör, also ohne den Input durch
Noten ein ausgesprochen intensiver, kreativer und nachhaltiger Lernprozess ist, der den Spieler ausgesprochen tief in das Stück einzudringen vermag. Mir ist auch klar, dass der TE das so nicht gemeint hat mit diesem Satz. Ich will mit meiner absichtlichen Überspitzung nur deutlich machen, wie sehr seine Formulierungen daneben gehen können und es nicht verwundern kann, dass sie solchen Widerspruch erfahren.
Die Einstudierung nach Noten z.B. des Mozert-Konzertes ist für die aller-allermeisten einfach nur sehr zeitsparend. Auch nach Noten gelernt bleibt das Mozert-Konzert sehr anspruchsvoll. Und Raum für Kreativität bietet das Lernen nach Noten auch allemal.
Immer noch ist mir zudem nicht klar, inwieweit der TE sein Unbehagen seinen Lehrern gegenüber formuliert hat.
Wenn er das nicht gemacht hat, dann hätte der Titel eigentlich heißen müssen
"was ich meine Lehrer vergessen habe zu fragen". Aber ich will die Polemik nicht auf die Spitze treiben, schließlich ist sein Unterricht ja schon etliche Jahre her, da war der TE vielleicht noch nicht an dem Punkt, die nötigen Fragen zu stellen. Aber dann hätte er es berücksichtigen müssen, dass er womöglich seinerzeit nicht dazu in der Lage war.
Und damit komme ich zu einem ganz wichtigen Punkt: Der TE formuliert
Vorwürfe, und das nicht zu knapp, er trifft abwertende Aussagen über Dritte, die wir aber nicht dazu befragen können. Ich habe auch nicht davon gelesen, dass der TE Äußerungen zu irgendeiner Kommunikation mit seinen Lehrern überliefert hätte. So muss der Leser ihm glauben, was bei seiner ansonsten sehr subjektiven Sichtweise sehr schwer fällt. Fachliches Renommee erscheint nur angelesen, aus dritter, zudem zweifelhafter Hand stammend (z.B. Hüther). Das kann nicht überzeugen, Profis, deren tägliches Brot das Unterrichten ist, schon gar nicht.
Diese behauptende Vorgehensweise mag allenfalls Menschen ansprechen oder gar überzeugen, die sich in derselben "Blase" befinden. Die Anmutung einer "Verschwörungstheorie", die ein solches Vorgehen suggeriert wurde nicht überraschend schon geäußert.
Dabei wäre der Beitrag und die Schrift des TE als reiner, subjektiver Erfahrungsbericht sicher ganz interessant gewesen.
In diesem Forum gibt es unzählige Berichte und Fragen zu Unterricht und zu Vorgehensweisen von Instrumental- und Gesangslehrern, kritische und lobende. Ich lese solche Berichte und Threads öfter (so bin ich auch auf diesen Thread aufmerksam geworden) und nutze sie gelegentlich als eine Art virtuelles Feedback. Ich lese von Unzufriedenheiten und von tollen Stunden, und ich frage mich dann oft: Wie hätte ich reagiert, hätte ich diese Frage, dieses Problem ebensogut lösen - oder eben nicht lösen können? War die Reaktion des Lehrers adäquat, angemessen, hat er richtig auf den Schüler reagiert. Hat der Schüler angemessen reagiert oder Dinge einfach nur falsch verstanden? Ist er jemand, mit dem man ganz toll und konstruktiv arbeiten kann oder im Gegenteil völlig unbelehrbar? Nimmt er die Hinweise an oder blockt er ab? Blockt er zurecht ab, weil ich ihn gerade überfordere - oder ganz dumm unterfordere? Und viele andere Fragen. Das kann sehr spannend sein.
Dabei ist vor allem der Schüler, dem die subjektive Sichtweise zusteht, er muss dabei auch nicht unbedingt immer fair sein (wohl aber zur Fairness finden, wenn er auf seine Unfairniss hingewiesen wird). Profi ist der Lehrer, bzw. er hat ein Profi zu sein, der Schüler ist eben - kein Profi.
Wenn aber jemand seinen subjektiven Blick als eine Art Objektivität verkaufen will, oder gar Regeln aus dieser Subjektivität ableiten will, und er damit ein Recht für sich reklamiert, andere herab zu machen, dabei selber bemerkenswert belehrend auftritt, als habe er die Weisheit mit Löffeln gefressen, dann reagiere ich auch verschnupft.
"Verkaufen" trifft hier ja sogar wörtlich zu, denn immerhin will der TE seine Schrift tatsächlich verkaufen. Mit diesem Schritt betritt er aber ein Terrain, das als professionell betrachtet werden kann und eigentlich so betrachtet werden muss. Die ganzen Berichte und Threads zu vergleichbaren Themen und Fragestellungen hier im Forum sind selbstverständlich kostenlos, auch die vielen Anmerkungen, Kommentare und Antworten von Profis dazu (hier im Forum wird tatsächlich sehr viel verschenkt - Altruismus scheint also doch eine natürliche menschliche Eigenschaft zu sein). Wenn ich für etwas bezahlen soll, dann will ich auch einen Gegenwert haben. Wenn der nicht gegeben ist, dann finde ich das mindestens ärgerlich.
Das ist einem Auftritt von einem Amateur versus einem Profi vergleichbar. Der Amateur mag ebenso gut die Stücke spielen können wie der Profi. Die Erwartungen an den Amateur werden aber stets niedriger sein als die an den Profi, und das zurecht, schon gar, wenn der Profi eine Gage verlangt und bekommt. Diesen geringeren Freiraum für den Profi finde ich nur recht und billig, das ist nun mal dem Profitum geschuldet. Nebenbei ermuntere ich immer meine Amateur-Schüler (hier meine ich vorwiegend die Erwachsenen, die sich selbst oft unter Druck setzen), sich diesen Freiraum und dieses "Wohlwollen" seitens der Zuhörer bewusst zu machen und diesen Freiraum zu genießen, anstatt sich einem für sie völlig unangemessenen Erwartungsdruck zu beugen - wobei es natürlich eine Selbstverständlichkeit ist, dass sie immer so gut als möglich vorbereitet sind für den Auftritt. Einer Stümperei rede ich nicht das Wort.
Wo das Wort gerade fiel: Sollte hier vielleicht das Wort "Stümperei" passen?