Gibt es objektive Kriterien für gute Musik?

  • Ersteller sonicwarrior
  • Erstellt am

Gibt es objektive Kriterien für gute Musik?

  • Ja (bitte posten)

    Stimmen: 7 24,1%
  • Nein

    Stimmen: 22 75,9%

  • Umfrageteilnehmer
    29
Mein Fazit ist (im Moment), dass ich immer noch nicht zu einer Entscheidung kommen kann. Ich glaube, ich kann irgendwie erahnen, wo Williamsbirne her kommt und was er ausdrücken möchte, kann mich aber nicht ganz damit anfreunden, weil es eine sehr grundsätzliche Argumentation ist, die m.E. asiatische, atonale oder "chaotisch klingende" Orchestermusik weitgehend ausschließen müsste, selbst wenn die Komponisten sich alles mögliche dabei gedacht und nicht einfach nur ein bisschen Krach gemacht haben.

Gleichzeitig komme ich mit dem "gut ist, was gefällt"-Ansatz nicht zurecht, weil hier alles subjektiviert wird. Ich ahne eher, dass die Frage gar nicht zu beantworten ist und deshalb hat mir sehr gut gefallen, was x-Riff in seinem Beitrag geschrieben hat:

Mit dem Konstrukt "Intersubjektivität" kann man sich also zwischen Individuen unterhalten und zu nachvollziehbaren Einschätzungen und Urteilen kommen ohne entweder in die Falle "dass alles rein subjektiv sei" noch in die Falle "dass es etwas objektives (besonders im Sinne eines: unabhängig von Menschen existierendes) sein müsse" tappen und man kann sich dabei wesentlich entspannter unterhalten.

Ich persönlich kann der Liste der oben aufgestellten Kriterien einiges abgewinnen (wobei ich eben "Objektivität" als Kriterium ablehnen würde), habe aber erhebliche Schwierigkeiten, mir vorzustellen, dass sinnvoll (im Sinne beispielsweise von erkenntnisfördernd) sein könne von "Musik an sich" auszugehen oder von "Musik im Allgemeinen" zu sprechen.

Was mir dabei besonders gut gefällt, ist, dass er darauf hinweist, dass eine sinnvolle Diskussion letztlich zu einem Erkenntnisgewinn führen soll, von dem man etwas hat. Und zumindest mir schwirrt schon der Kopf, wenn ich über die schiere Masse an unterschiedlicher Musik beginne nachzudenken, über die wir zwangsläufig sprechen, wenn es nur die eine Musik gibt. Das kommt mir so vor wie It Might Get Loud (für die, die den Film nicht kennen, es handelt sich um eine Dokumentation, in der mit Jimmy Page, The Edge und Jack White drei Gitarristen aufeinander treffen, die an ihre jeweilige Musik sehr, sehr unterschiedlich herangehen) hoch 10. Der Ansatz, Musik in eher überschauberen Rahmen zu betrachten, scheint mir da doch sinnvoller.
 
Ich glaube, ich kann irgendwie erahnen, wo Williamsbirne her kommt und was er ausdrücken möchte, kann mich aber nicht ganz damit anfreunden, weil es eine sehr grundsätzliche Argumentation ist, die m.E. asiatische, atonale oder "chaotisch klingende" Orchestermusik weitgehend ausschließen müsste, selbst wenn die Komponisten sich alles mögliche dabei gedacht und nicht einfach nur ein bisschen Krach gemacht haben.
Es freut mich, dass es jemanden gibt, der wenigstens ansatzweise erahnen kann, was ich meine.

Zum Einwand asiatische, atonale Musik etc.:

Meines Wissens ist alle Musik überall auf der Welt zu allen Zeiten zweckgebunden gewesen. Entweder, um bestimmte Gemüts- und Bewusstseinszustände herbeizuführen, zum Tanz, zu kultischen Zwecken oder zum Vortrag gesungener Texte.

Musik um ihrer selbst Willen zu erschaffen, Musik deren letzter Zweck sie selbst ist, ist ein europäisches Phänomen. Hier wurde die Musik aus dem Zweck befreit. Ich denke, um nach dem zu suchen, was hier als "objektiv" in Rede steht, sollte man nicht den Blick durch die Musik werfen, die schon ihrer Natur nach zweckgebunden - also nicht frei - ist. Nicht, weil diese Musik nicht ebenso "gut" bzw. "objektiv gut" sein könnte, sondern weil der sie dominierende Zweck automatisch ein subjektives Moment mit hinein bringt. Nicht in die Musik, sondern in die Betrachtung dieser Musik.

Wann wäre Musik objektiv gut?
Objektiv gut wäre sie, wenn sie - wie die Rose, die eine Rose ist eine Rose ist eine Rose - gut wäre, weil sie gut ist weil sie gut ist. Also: Musik ist, weil sie Musik ist weil sie Musik ist.

Wie kann sie das sein?
Wenn sie ihrem eigenen Wesen entspricht.

Was ist denn ihr Wesen?
Das ist mMn die Frage, die hier zuerst beantwortet werden müsste.

Nietzsche hat sich ihrer angenommen und - zu meiner Überraschung, als ich heute darin las - ganz ähnliche Schlüsse gezogen, wie ich.

In "Über das Wesen der Musik" schreibt er:

Das Gefühl ist gar kein Maßstab für Musik;

und begründet es damit, dass dieselbe Musik bei jedem anders wirkt. Weiter schreibt er:

"Das ist aber weder ein Gefühl noch ein Erkennen, sondern ein dumpfes Ahnen des Göttlichen. Durch Bewegung entsteht dies Gefühl, wo aus der Form plötzlich der Himmelsfunke herausschlägt; symbolisch ist es Bewegung des Kosmos, Rythmus in den mannichfalt[igen] Bewegungen; Melodie Umriß des Allgemeinen im Einzelnen, so daß das Ganze wieder als Vollendung des Einzeln[en] aussieht..."

Das ist ähnlich vielem, was ich weiter vorn schrieb.
Wenn Musik also, wie Nietzsche meint, ihrem Wesen nach "die Bewegung des Kosmos" nachahmt, dann wäre sie dann gut, wenn sie...

(...und hier böte sich jetzt der Einstieg in die Diskussion an...)
 
Musik verbindet spieltrieb mit dem bedürfnis, sich zu äußern, als gesang direkte, instrumental übertragenene körpersprache
Weder gut noch schlecht, eher mehr oder weniger mund- oder handwerklich gekonnt.
Bachs "Kunst der fuge" ist für den hörer sterbenslangweilig, der die strukturen nicht durchhört, da ist vorbildung gefragt.
Das betrifft alle künste, der genuss steigert sich mit dem wissen, wobei auch spontanes anrühren durchaus möglich ist und kennerschaft zur routine werden kann.
Mein rezept: so viel wie möglich zu wissen - - - - - und es beim spielen, hören, anschauen oder lesen vergessen und sich dem eindruck und erleben hingeben. Ein anderes ist das gemeinschaftserlebnis und gruppenverhalten, was vielen gefällt, muss doch "gut" sein, oder?
Ich könnte da stundenlang aus der schule plaudern, mit definitionen kommt man der vielseitigkeit des lebens nicht bei.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nietzsche hat sich ihrer angenommen und [...] und begründet es damit, dass dieselbe Musik bei jedem anders wirkt. Weiter schreibt er: "Das ist aber weder ein Gefühl noch ein Erkennen, sondern ein dumpfes Ahnen des Göttlichen. Durch Bewegung entsteht dies Gefühl, wo aus der Form plötzlich der Himmelsfunke herausschlägt; symbolisch ist es Bewegung des Kosmos, Rythmus in den mannichfalt[igen] Bewegungen; Melodie Umriß des Allgemeinen im Einzelnen, so daß das Ganze wieder als Vollendung des Einzeln[en] aussieht..."

Ich fürchte, da hat Nietzsche sich etwas verrannt. Denn was er da als "dumpfes Erahnen des Göttlichen" umschreibt ist m.E. nichts anderes als ein unbestimmtes Gefühl der Erhabenheit, das er dann zu erklären versucht.

Wenn Musik also, wie Nietzsche meint, ihrem Wesen nach "die Bewegung des Kosmos" nachahmt, dann wäre sie dann gut, wenn sie...

(...und hier böte sich jetzt der Einstieg in die Diskussion an...)

Trotzdem ein reizvoller Gedanke: Wenn in der Musik die Entropie abnimmt, ist sie gut, d.h. etwas banal davon abgeleitet: Die Einzigartigkeit einer hoch geordneten Mahler-Sinfonie (die Chance, dass ein Komponist nochmals dieselbe oder eine zumindest sehr ähnliche Sinfonie schreiben würde, ist sehr klein) oder auch eines guten Eagles- oder Beatles-Songs (in meinen Augen beides ganz hochrangige Bands) würde sie theoretisch besser machen als ein 08/15-Pop-La-La, wo die Wahrscheinlichkeit, dass andere und wenig anspruchsvolle "Komponisten" ganz ähnliche Lieder "hinbekommen", sehr hoch ist. Ist aber, wie gesagt, nur ein kleines Gedankenspiel. ;)
 
Ich glaube mal, die schwierigkeit der Diskusion besteht in der Fragestellung.
Die Fragestellung bezieht sich auf Musik allgemein, @Williamsbirne aber auf einen bestimten Bereich von Musik, nähmlich Kunst um der Kunst willen.
Auch ich kann eine Konstruktion um der Konstruktion schön oder gut finden.
Anderseits kann ich auch eine 0815 Konstruktion um des Gefühles willen gut oder schön finden.
Zwei Seiten einer Medalie?
@Günter Sch. hat da meiner Ansicht nach einen guten Beitrag geleistet.
Das Wissen um ein Kunststück hilft.
Für mich ist die große Kunst, wenn beide Seiten der Medalie für sich auch alleine wirken können.
Als Theatermacher nervt es mich übrigens auch oft, das bei bildender und auch darstellender Kunst nur nach dem äußeren Schein geurteilt wird. Z.B. wird die Fledermaus also "soooo schööön" empfunden, hat aber einen politischen Hintergrund. Erst wenn man beides sieht wird ein Kunstwerk daraus.
Ich hoffe, irgendjemand kann meinen ungeordneten Gedankenansätzen folgen. ;-)
 
Die "Fledermaus" ist eine bitter-böse satire, aber heiter verpackt, und die ironie schimmert nur gelegentlich in der musik durch. Musikalische witze verdanken wir Haydn und Beethoven, spezifisch musikalischer humor ist jedoch selten und wird noch seltener von interpreten und hörern als solcher erkannt.
Heitere gesellschaftskritik ist heute ins politsche kabarett abgewandert, wobei dessen tage vielleicht auch schon gezählt sind, wenn ich die hinwendung zur zote statt geschliffener pointe sehe.
Interessant, wie öffentliches interesse die gattungen wechselt.
 
Irgendwann habe ich mich beim Lesen der Beiträge gefragt, ob nicht viele, wenn nicht alle derjenigen, die bestreiten, dass es objektive Kriterien für gute Musik gibt, in der eigenen Praxis zumindest nicht sicher sind, dass es keine gibt und alles nur Geschmackssache ist. Wer will schon schlechte Musik machen? Und wer will Musik machen, die der Rest der Menschheit schlecht findet? Schließlich weiss man ja, dass Musik als schlecht beurteilt werden kann... und versucht, das, was man tut, gut zu machen.

Eine Ahnung davon, dass zumindest auf der (schon genannten) inter-subjektiven Ebene nicht nur Geschmack eine Rolle spielt, über den nicht gestritten werden kann, haben wohl Alle. Und ich vermute, dass das auch für die KünstlerInnen vergangener und heutiger Zeiten gilt, deren Musik nicht ihr eigener Zweck war, sondern ad maiorem Dei gloriam komponiert oder ausgeführt wurde - wie anders könnte man Gottes Ruhm vergrößern?
 
Irgendwann habe ich mich beim Lesen der Beiträge gefragt, ob nicht viele, wenn nicht alle derjenigen, die bestreiten, dass es objektive Kriterien für gute Musik gibt, in der eigenen Praxis zumindest nicht sicher sind, dass es keine gibt und alles nur Geschmackssache ist.
Es geht aber nicht darum, dass jemand eigene Kriterien und Vorstellungen hat, bei denen er das Gefühl (oder die Erfahrung) hat, dass sie zu schöner Musik führen, die dann andere auch nett finden könnten.
Die eigenen Kriterien sind noch lange nicht objektiv, außer jemand bildet sich das ein.
Die meisten Musiker machen auch keine Musik für alle Welt sondern für ihr Genre, da steht Objektivität gar nicht zur Debatte, eher Schemas, die im Genre geläufig sind und deshalb für obligatorisch gehalten werden.

Wer will schon schlechte Musik machen?
Dem Metal-Komponisten dürfte es aber egal sein, wenn Oma oder die Klassik-Fans seine Musik voll scheiße finden. Vielleicht findet er das sogar gut.
 
Dem Metal-Komponisten dürfte es aber egal sein, wenn Oma oder die Klassik-Fans seine Musik voll scheiße finden. Vielleicht findet er das sogar gut.

Intersubjektiv will er aber gut sein. ;)
 
Intersubjektiv will er aber gut sein.
Aber meinst du er denkt, er würde dafür objektive Kriterien verwenden?
Er kann Bausteine verwenden, die im Genre üblich sind, aber deren Zusammensetzung führt auch nicht zwangsläufig zum Erfolg.
 
Bachs "Kunst der fuge" ist für den hörer sterbenslangweilig, der die strukturen nicht durchhört, da ist vorbildung gefragt.

Nicht unbedingt, diese Musik ist auch ohne die Strukturen zu kennen ausdrucksstark und zieht einen in seinen Bann.
Nur weil die Konstruktion sehr durchdacht und geordnet ist es ist nicht automatisch "tote Struktur" sondern im Gegenteil, im Falle der Kunst der Fuge handelt es sich meiner Meinung nach um sehr lebendige Musik.

Diese Balance hinzubekommen ist ja gerade die Kunst, und meisterlich gelungen bei einem der bedeutendsten Werke der Musikgeschichte.

Man höre und sehe sich zB. diese Aufnahme an



Das ist tiefgehende und sehr innige Musik, ein nicht enden wollender Strom melodischer Zwiegespräche, die Krönung von Bachs kontrapuktischem Schaffen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Irgendwann habe ich mich beim Lesen der Beiträge gefragt, ob nicht viele, wenn nicht alle derjenigen, die bestreiten, dass es objektive Kriterien für gute Musik gibt, in der eigenen Praxis zumindest nicht sicher sind, dass es keine gibt und alles nur Geschmackssache ist.
vor lauter doppelverneinungen verstehe ich den satz nicht mehr :nix:
 
vor lauter doppelverneinungen verstehe ich den satz nicht mehr :nix:

Das war dann wohl im Sinne so mancher ein objektiv guter Satz. Keiner versteht's, man erkennt aber die Komplexität und ausgereifte Struktur :D
 
Da sind wir wieder tief im subjektiven. Ich habe die kunst der fuge oft in verschiedenen besetzungen gehört und das publikum beobachtet. Ich habe das werk auch nie öffentlich gespielt, da es nicht "klaviergerecht" ist, und ich ein fugenmuffel bin.
Am liebsten sind mir die tänzerisch/rhythmischen aus den suiten Bachs.
Ich spreche mehr als spieler denn als hörer, aber am klavier habe ich immer das cembalo im sinn. Ich hatte gelegenheit, historische instrumente im Händel-Haus in Halle und in der Ruckers-sammlung in Antwerpen spielen zu dürfen. Das hat meine spielweise beeinflusst, pedalarm und mit möglichster fingerbindung.
Glen Gould war große mode, er bediente die CD-industrie, ich halte mich da zurück und ziehe (ich bin versucht zu sagen "nach mir" :engel:) András Schiff vor.Wer kennt die großen damen des cembalos aus Polen und Tschechien, Wanda Landowska und Zuzana Růžičková?
 
Zuletzt bearbeitet:
.. das viele von ihnen für besser halten als die andern Genres - oder?
Nö warum? :nix:

Wenn ich etwas mache, das mir gerade gefällt, dann heißt das nicht, dass ich andere Sachen nicht auch gut finde.
Oder dass ich Musiker oder Genres bewundere, die Stück spielen, die ich gar nicht kann.

Es ist doch auch so, dass viele von den jüngeren Leuten, die heute felsenfest behaupten, dass sie NIE etwas anderes spielen werden als Metal, irgendwann doch bei anderer Musik landen.
Die Gründe für so was wurden sicher schon angesprochen. Jeder macht neue Erfahrungen und das Gehör entwickelt sich etc.

Aber ob wir damit OBJEKTIVEN Kriterien für gute Musik nähen kommen?
Fast jeder wird feststellen, dass sich seine Hörgewohnhzeiten im Laufe der Zeit ändern.
Dafür hat er sich aber keine objektiven Kriterien zueigen gemacht, sondern er hat neuen Erfahrungen/Entdeckungen, die seine eigene Meinung beeinflusst haben.
 
Aber meinst du er denkt, er würde dafür objektive Kriterien verwenden? Er kann Bausteine verwenden, die im Genre üblich sind, aber deren Zusammensetzung führt auch nicht zwangsläufig zum Erfolg.

Ich denke, er hat schon eine bestimmte Vorstellung davon, was in seinem Genre (und zwar relativ neutral gedacht) geht oder nicht. Wieso haben wir zehntausende von Büchern, Heftchen, Youtube-Videos und Internet-Diskussion über "wie schreibe ich einen guten XXX-Song" (XXX = Genre) oder "was macht ein gutes Gitarrensolo aus"?

Da geht es nicht einfach um genretypische "Bausteine", sondern um relativ objektive Regeln. "Nudel nicht planlos die Tonleiter rauf und runter", "vermeide die Verwendung generischer Riffs, die in jedem dritten XXX-Song vorkommen", "lasst zwei Gitarren nicht die ganze Zeit unisono spielen, sondern macht unterschiedliche, sich ergänzende Sachen", "mach auch mal was anderes als immer nur Pentatonik" - das sind vielleicht etwas banale, aber ganz objektive Ratschläge, die innerhalb eines oder verwandter Genres absolut Sinn machen.

Also, runtergebrochen auf eine ganz bestimmte und dadurch noch überschaubare Ebene kann man schon einigermaßen objektiv sein - und genau das ist ja der Vorteil davon, wenn man nicht über "Musik im Ganzen" spricht. So kann z.B. mit den Tipps, was die Verzerrung der Gitarre im Metal angeht, ein Reggae-Gitarrist herzlich wenig anfangen, genauso wie wiederum ein Blueser mit dessen Tipps zur abgehackten und perkussiven Spielweise. Einfach, weil Metal, Reggae und Blues ganz anders "funktionieren".
 
Da geht es nicht einfach um genretypische "Bausteine", sondern um relativ objektive Regeln.

Ich denk wir haben hier z.T. unterschiedliche Vorstellungen des Begriffs "objektiv" bzw. wo der übehaupt zur Anwendung kommt. ;)

Natürlich hat jede Musikrichtung ihre Regeln, aber Regeln sind Regeln, bis es einer anders macht und doch toll klingt.
Und Regeln haben die lustige Eigenschaft, dass einige sie kennen aber schlecht umsetzen und andere alles richtig machen, ohne sie zu kennen.
Ich würde in dem Zusammenhang nicht das Wort "objektiv" verwenden.
Objektiv ist eine Person, wenn sie nach vorgegebenen Kriteriem so gut sie kann jemand beurteilt (z.B. bei einem Casting).
Die Kriterien selbst können fast nicht objektiv sein, da sie auch ständig Änderungen obliegen.
 
mit definitionen kommt man der vielseitigkeit des lebens nicht bei.
Schön, dass dieser Begriff endlich mal gefallen ist. Eine schwere Geburt... :rolleyes:

Musik hat also etwas mit der Vielseitigkeit des Lebens zu tun. Sie müsste also - wenn sie "gut" sein soll - vielfältig sein. Weil sie das Leben ... "die Bewegungen des Kosmos" ... nachahmt. Und beides - das Leben, der Kosmos - ungemein vielfältig ist.

Das ist schon mal ein Grund, weswegen ich mich schwer damit tue, anhand einzelner Kompositionen zu bestimmen, was (objektiv) gute Musik ist und statt dessen der Meinung bin, dass die Suche danach, was gute Musik ist, in größeren Zusammenhängen erfolgversprechender wäre.

Denn wenn die einzelne Komposition vielfältig sein will, dann wird sie ausufernd. Ein Phämomen, dass man bsp. exemplarisch in den ellenlangen Prog-Metal-Stücken beobachten kann. Da versuchen einzelne Kompositionen - zumindest hat man den Eindruck - vom Anspruch her die ganze Vielfalt des Lebens zu erfassen (jedenfalls mehr davon, als es "normale" Stücke tun). Das wird dann aber (für mich) auch schnell langweilig. Weil sich die Stücke zwangsläufig immer ähneln. Oft ist es so, dass einem langsamen Intro drei bis vier Minuten harte Musik folgen, dann wird es sphärisch, dann kommt das Gitarrensolo, dann kommt der Höhepunkt, dann kommt das Outo. Alles garniert mit Tempo- und Taktwechseln. Und dennoch irgendwie immer das selbe. Wenn ich solche Musik höre, weiß ich aus Erfahrung schon vorneweg, was mich erwartet.

Wer also versucht, in jeder Komposition extrem vielfältig zu sein, verliert u.U. genau das dabei: die Vielfalt.
(Übrigens ein "Fehler", den Beethoven auch einmal eingestanden hat. Ein meinte, als junger Komponist ständig der Versuchung erlegen zu sein, in jedes Stück jede Idee, die ihm dazu gekommen ist, einzubauen.)

Wenn ich also jetzt mal meinen ursprünglichen Ansatz aufgreife, dass es eher die Musik einer Ära oder einer Darreichungsform ist, die überhaupt "gut" sein kann, dann wäre schon am Beispiel der Vielfaltigkeit bewiesen, dass heutige Radiomusik schlecht ist. Weil sie genau das Gegenteil von vielfältig ist. Die Lieder haben überwiegend die gleiche Struktur, weitgehend die gleiche Stimmung, die Banalität der Texte ähnelt sich, das Sound hat viel zu wenig Unterschiede - sogar die Stimmen den meist jungen Akrobaten fehlt die Individualität. Indem versucht wird, jede Stimme besonders attraktiv und jugendlich klingen zu lassen, ähnelt sich das Ganze auch immer mehr. Oft weiß ich nicht einmal mehr, ob das Männlein oder Weiblein ist, die da gerade singen. Wo das noch auseinander zu halten ist, da klingen eben die Mädels alle gleich, und die Mönnä auch irgendwie.

Es gibt im Grunde heute nicht mehr als drei oder vier Entwürfe von "Lied". Und in diesem Rahmen spielt sich 95% aller Musik im Radio ab.

Und da sage ich: wenn es um Musik im Radio geht - da sah es in den 1980ern ganz anders aus. Da war jeder Song der Versuch, Individualität hörbar zu machen. Man wollte sich unterscheiden. Individualität war der Anspruch (den jede Band an sich hat, wenn sie gut sein will: den eigenen Sound finden). Heute will man offenbar gleich klingen. Diese Einnivellierung ist der Tod der Vielfalt. Sie ist nicht gut - ergo kann die ganze Musik auch nicht gut sein - völlig unabhängig davon, wie professionell oder gut das einzelne Stück sein mag.
 
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Da musik gehört und "gemocht" sein will, kommen die komponisten um mundgerechte häppchen nicht herum. Die musik muss der erwartung der hörer entsprechen, sonst ist sie l'art pour l'art.
So hört man immer dieselben schemata, in oper oder rock, gehen komponisten andere wege, sind sie erfolglos, bis sich ihr neuerertum vielleicht durchsetzt.
Bei Wagner vermisste man die "melodie" mit gefälliger "begleitung", der berüchtigten "orchesterharfe", die musiker zu tode langweilt, aber sängern bequem ist.
Manchmal gibt es eine revolution, so der übergang von walzer, marsch, polka, mazurka, galopp zu tango, foxtrott, English waltz, von violine, klavier, akkkordeon zu saxophon und trompete, von Schrammelmusik zur jazz- und Big Band und schließlich zum gitarren-sound. Da gehts eher "in" und "out" statt "gut" und, ja was? Manches geht auch noch eine weile nebeneinander, wenn auch in nischen, stadl, Clayderman, André Rieu usw., manches kehrt alljährlich wieder wie Weihnachten, Karneval und Oktoberfest.
Eins ist geblieben und unerlässlich: das schlagzeug, nicht mal Weihnachten kommt ohne aus.

Ei warum, ei darum: Nur wegen dem Tschingdarassa bum."
 
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